Die Große Nordische Expedition (auch Zweite Kamtschatka-Expedition) war eine im Auftrag Zar Peters des Großen durchgeführte Expedition unter der Leitung des Dänen Vitus Bering, die zwischen 1733 und 1743 Sibirien erforschte und Seewege von dem nordöstlichen Teil des russischen Asiens nach Nordamerika und Japan erkundete.
Die Vermessung der nördlichen und nordöstlichen Küsten Sibiriens fand vor dem Hintergrund der Suche nach der Nordostpassage statt. Mit der Auffindung eines Seewegs entlang der Nordküsten Asiens sollten die kostenaufwendigen Landtransporte im russischen Chinahandel entfallen. Die Erschließung Sibiriens diente dem Aufbau von Verkehrswegen und Nachrichtenverbindungen sowie der Suche nach wirtschaftlichen Ressourcen. Mit Seereisen von Kamtschatka über den Nordpazifik zur Nordwestküste Nordamerikas und von Ochotsk nach Japan sollte die Möglichkeit der Aufnahme direkter Handelsbeziehungen geprüft werden.
Im Auftrag der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften führte eine Gruppe von Gelehrten Untersuchungen zur Geologie, Geographie, Astronomie, Botanik, Zoologie, Geschichte und Völkerkunde durch. An ihrer Spitze standen der Naturforscher und Botaniker Johann Georg Gmelin, der Historiker Gerhard Friedrich Müller und der Astronom Louis De l'Isle de la Croyère, die durch eine große Schar von Zeichnern, Topographen und Schreibern begleitet wurden. Der russische Student Stepan Petrowitsch Krascheninnikow erforschte − ab 1740 unter der Leitung Georg Wilhelm Stellers − die Halbinsel Kamtschatka.
Mit über 3.000 direkt und indirekt beteiligten Personen gilt die Große Nordische Expedition als das größte Expeditionsvorhaben der Geschichte. Die Kosten des Unternehmens beliefen sich auf die für damalige Zeiten unvorstellbar hohe Summe von rund 360.000 Rubeln.
Literatur
Quellen
- Doris Posselt (Hrsg.): Die große nordische Expedition: von 1733 bis 1743; aus Berichten der Forschungsreisenden Johann Georg Gmelin und Georg Wilhelm Steller, München 1990, ISBN 3-406-33596-9.
- Georg Wilhelm Steller, Stepan Krašeninnikov, Johann Eberhard Fischer: Reisetagebücher 1735 bis 1743, bearbeitet von Wieland Hintzsche, Halle 2000, ISBN 3-930195-64-X.
Darstellungen
- Gudrun Ziegler: Der achte Kontinent: die Eroberung Sibiriens, Berlin 2005, ISBN 3-550-07612-6
Ausstellungskataloge
- Terra incognita Sibirien: die Anfänge der wissenschaftlichen Erforschung Sibiriens unter Mitwirkung deutscher Wissenschaftler im 18. Jahrhundert; eine Ausstellung der Franckeschen Stiftungen zu Halle in Zusammenarbeit mit dem Archiv der Russischen Akademie der Wissenschaften St. Petersburg, Halle/Saale 1999
- Wieland Hintzsche (Hrsg.): Die Große Nordische Expedition: Georg Wilhelm Steller (1709−1746); ein Lutheraner erforscht Sibirien und Alaska; eine Ausstellung der Franckeschen Stiftungen zu Halle, [12. Mai 1996 bis 31. Januar 1997], Gotha 1996, ISBN 3-623-00300-X.
Weblinks
Digitalisate von Veröffentlichungen der Expeditionsteilnehmer (Auswahl)
- Gerhard Friedrich Müller: Sammlung rußischer Geschichte, 10 Bände, Sankt Petersburg 1732−1818, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbiblithek (SUB Göttingen).
- Johann Georg Gmelin: Flora Sibirica sive historia plantarum Sibirae, 4 Bände, Petropoli 1747, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen (die im Original prachtvollen Farbabbildungen wurden bitonal eingescannt, so daß dieser Teil der Digitalisate weitestgehend unbrauchbar ist).
- Johann Georg Gmelin: Leben Herrn Georg Wilhelm Stellers, Frankfurt 1748, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen.
- Johann Georg Gmelin: Reise durch Sibirien, von dem Jahr 1733 bis 1743, 4 Bände, Göttingen 1751–1752, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen.
- Stepan Petrowitsch Krascheninnikow: Opisanie Zemli Kamcatki, 2 Bände, Sankt Petersburg 1755, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen.
- Georg Wilhelm Steller: Beschreibung von dem Lande Kamtschatka, dessen Einwohnern, deren Sitten, Nahmen, Lebensart und verschiedenen Gewohnheiten, hrsg. von Jean Bénoît Schérer, Frankfurt a. M. [u.a.] 1774, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen.