Geschichte des Kosovo

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Die Geschichte des Kosovo wird von Serben und Albanern gewissermaßen als geistiges Schlachtfeld angesehen, auf dem der Kampf um dieses Gebiet mit intellektuellen Mitteln (weiter)geführt wird. Im wesentlichen geht es dabei - wie man auch anhand verschiedenster Versionen dieses Artikels nachvollziehen kann - um vier Streitfragen:

  1. Wer siedelte zuerst im Kosovo? Die Beantwortung dieser Frage soll das historische Recht auf die heutigen Besitzansprüche untermauern.
  2. Wer hatte wann die Bevölkerungsmehrheit? Auch die Beantwortung dieser Frage wird zur Begründung eigener Besitzansprüche herangezogen.
  3. Wer hat im Laufe der Geschichte ein wie auch immer geartetes Recht auf den Besitz des Kosovo erworben - etwa durch Errichtung von Kulturdenkmälern oder den Kampf gegen fremde Besatzer (Türken, Deutsche)?
  4. Wer hat wann an wem welche Gräueltaten/Massaker/Vertreibungen begangen? Dies dient zur moralischen Untermauerung der eigenen Ansprüche. Und die Geschichte des Kosovo bietet reiche Beispiele für beide Seiten.
Die Schlacht auf dem Amselfeld

Kriterien westlicher Geschichtswissenschaft werden bei Antworten auf diese Fragen von Serben und Albanern in der Regel nicht angelegt. Oft werden nationale Mythen verbreitet, die der Nachprüfung durch Historiker nicht standhalten. Geschichtliche Fakten, die den Anspruch der jeweiligen Gegenseite untermauern könnten, werden bestritten. Dargestellt werden jeweils lediglich die Fakten, die eigene Ansprüche bekräftigen.

Vorgeschichte und Antike

  • 1000 v. Chr.: Verschiedene Stämme der Illyrer bewohnen die westliche Hälfte der Balkanhalbinsel vom Norden des heutigen Griechenlands bis nach Pannonien. Die albanische Forschung sieht die Albaner als Nachfahren der alten Illyrer. Westliche Forscher gehen davon aus, dass die Albaner aus einem altbalkanischen Volk hervorgingen, dass die Romanisierung im unzugänglichen Berggebiet Nordalbaniens überdauerte.
  • 2. Jhdt. v. Chr. - 1. Jhdt. n. Chr.: Integration der illyrischen Siedlungsgebiete in das Römische Reich. Seit der Kaiserzeit gehört das heutige Kosovo zur Provinz Moesia superior. Kaiser Diocletian teilt Ende des 3. Jahrhunderts die Provinzen neu ein. Kosovo und Teile des heutigen Mazedonien bilden nun die Provinz Dardania in der Diözese Moesia. Die wichtigste römische Ansiedlung auf dem Gebiet des Kosovo war das zur Zeit Kaiser Trajans gegründete Municipium Ulpiana. Seine Ruinen liegen nahe Prishtina. Ansonsten war das Gebiet des heutigen Kosovo zu römischer Zeit eine städtearme Landschaft. Archäologisch nachgewiesen sind vor allem spätantike Siedlungen. Die uralbanische Bevölkerung des Berglandes hat Kontakt zu den Römern, wie Übernahmen lateinischer Wörter zeigen.
  • 6. Jahrhundert: Einzug und die Verbreitung der Slawen über den ganzen Balkan.

Mittelalter und erster serbischer Staat

siehe auch Geschichte Serbiens

Nach der Völkerwanderung und dem Einbruch der Slawen auf den Balkan konnte sich das Byzantinische Reich im 7. Jahrhundert wieder stabilisieren. Obwohl nun zum großen Teil von Slawen bewohnt herrschten die griechischen Kaiser bis Anfang des 9. Jahrhunderts über das Gebiet des heutigen Kosovo. 814 wurde das Gebiet vom bulgarischen Zarenreich erobert. Nordwestlich des Kosovo begann im 10. Jahrhundert die Entstehung der ältesten serbischen Fürstentümer (Raszien). Im 11. Jahrhundert folgt eine letzte Periode der byzantinischen Herrschaft über Kosovo.

Um 1200 begründen die Serben unter der Dynastie der Nemanjiden einen mittelalterlichen Staat mit einem serbischen König und einer serbisch-orthodoxen Nationalkirche. Zwischen dem Ende des 12. Jahrhunderts (Eroberung des östlichen Kosovo und den ersten zwei Jahrzenten des 13. Jahrhudnerts (spätestens 1216 wurde die Stadt Prizren erobert) wird das Kosovo Teil des serbischen Königreiches der Nemanjiden. Das serbische Reich wird im 13. und 14. Jahrhundert aufgrund der Schwäche des byzantinischen Reiches zur Hegemonialmacht auf dem Balkan.

Der erste König Stefan Nemanjić, auch Stephan II. gennannt (1196-1227), wird 1217 gekrönt, sein Bruder, der Mönch Sava von Serbien (1169-1236) begründet als erster serbischer Erzbischof (1219-1233) die selbständige (autokephale) Serbisch-orthodoxe Kirche. 1345 lässt sich der serbische König Stefan Uroš IV. Dušan (1331-1355) zum „Zaren der Serben und Rhomäer“ krönen und erhebt so den Anspruch, als Nachfolger des Oströmischen (Byzantinischen) Reiches zu gelten. 1346 wird der serbische Erzbischof zum Patriarchen erhoben, er nimmt seinen Amtssitz im Dreifaltigkeitskloster in Peć. Die Region Metochien (serb. Metohija) rund um Prizren wird in dieser Zeit als Handelsstadt eines der Zentren des mittelalterlichen serbischen Staates. Das Kosovo ist auch die wirtschaftliche Basis dieses Reiches: es ist Kornkammer, Weinanbaugebiet und Weideland; dort werden Eisenerz, Blei, Silber und Gold gefördert.

Im serbischen Mittelalter lebten die Albaner schon im Kosovo, allerdings als Minderheit. In vielen serbischen schriftlichen Überlieferungen aus dieser Zeit werden sie als Hirten bezeichnet.

Das Serbische Reich des Mittelalters dient in der Gegenwart als Folie, auf deren Hintergrund serbische Ansprüche geltend gemacht werden: Das Kosovo ist im serbischen Selbstverständnis die Geburtsstätte der nationalen Kultur. Das Kloster von Peć war - von 1346 bis 1463 und von 1557 bis zur Aufhebung des Patriarchats durch die Türken im Jahre 1766 - Sitz des serbischen Patriarchen. Auch heute noch trägt der Patriarch der Serbischen-Orthodoxen Kirche – obwohl er seit 1920 in Belgrad residiert – den Titel des Erzbischofs von Peć. Charakteristisch ist die enge Verflechtung zwischen serbischer Nationalbewegung und eigener Nationalkirche: Die Kirche selbst versteht sich als Träger nationaler Kultur und Staatlichkeit.

Eroberung durch die Osmanen

siehe auch Osmanisches Reich

Nach seiner größten Machtentfaltung unter Stefan Uroš IV. Dušan zerfiel das serbische Reich sehr schnell in eine Reihe mehr oder weniger miteinander rivalisierender Teilfürstentümer, diese teilten auch das Kosovo. Diese Entwicklung, verbunden mit der Rivalität benachbarter christlicher Staaten, begünstigte die Niederlage der Reste des orthodoxen serbischen Reiches und die Expansion des muslimischen Osmanischen Reiches.

Nach dem Einfall der Osmanen (1385) kommt es 1389 zur Schlacht auf dem Amselfeld. Die Bedeutung dieser Schlacht für die Realgeschichte ist eher gering (sie endete vermutlich unentschieden), für die Geistesgeschichte jedoch sehr groß: Die Berichte über die Schlacht begründen den im 19. Jahrhundert geprägten serbischen Mythos vom Opfertod bei der Verteidigung der Christenheit und prägen die serbische nationale Identität bis heute. Nach der Schlacht wurden die serbischen Fürsten, die das Kosovo beherrschten zu osmanischen Vasallen. Mit der Einnahme von Konstantinopel 1453 gingen die Osmanen dazu über, das Kosovo direkt zu regieren. Seit 1455 ist das Kosovo ganz unter osmanischer Herrschaft.

In der Folge kehren sich die Siedlungsbewegungen der Serben um: Während der Expansion des serbischen Reiches hatten sie sich von Norden nach Süden ausgebreitet, nun wanderten - bedingt durch die Ausbreitung des osmanischen Reiches - die Zentren der serbischen Siedlung aus dem Kosovo Richtung Norden.

Osmanenherrschaft

Unter türkischer Herrschaft beginnen gleichzeitig die Albaner sich immer stärker auf dem Balkan auszubreiten. Begünstigt wird dieser Prozess in den nächsten Jahrhunderten durch mehrere Faktoren.

  • Die Übernahme des Islam durch die Albaner macht diese zu bevorrechtigten Bürgern im Osmanischen Reich.
  • Aus den vergleichsweise kargen Gegenden des heutigen Nordalbanien wandern die Albaner aus wirtschaftlichen Gründen in die weitaus fruchtbareren Gebiete des Kosovo aus, was von den türkischen Behörden teilweise gefördert wird.
  • Ein Teil der Serben nimmt ebenfalls den Islam an und wird albanisiert; eine ähnliche Tendenz lässt sich bei den Bosniaken beobachten oder bei Tscherkessen, die im 19. Jahrhundert in das Kosovo einwanderten.

Gleichzeitig kommt es zu massiven Auswanderungen der Serben in die Habsburger Monarchie. 1686 erobern die Habsburger Budapest von den Türken, 1689 Belgrad. In einem nachfolgenden Feldzug dringen habsburgische Truppen bis in das Kosovo und nach Mazedonien vor. Die Türken können sie jedoch aus dieser Region vertreiben. Die Serben des Kosovo, welche die habsburgischen Truppen als Befreier begrüßten, fliehen 1690 vor der Rache der Türken. Mehrere 10.000 serbische Familien (schätzungsweise 100.000 bis 300.000 Menschen) ziehen mit dem Patriarchen von Pec in die habsburgisch beherrschte Vojvodina.

Zerfall des osmanischen Reiches und Balkankriege

siehe auch Balkankriege

Mit der Gründung der unabängigen Staaten Serbien, Bulgarien, Griechenland und Rumänien im Verlauf des 19. Jahrhunderts und dem absehbaren Zerfall des Osmanenreiches stellte sich die Frage, was mit den noch unter osmanischer Herrschaft stehenden Gebieten auf dem Balkan werden sollte. Die balkanischen Kleinstaaten stritten darum erbittert, zudem verfolgten die rivalisierenden Großmächte Österreich-Ungarn und Russland ihre eigenen Interessen in Südosteuropa, wodurch die Lage noch komplizierter wurde. An die Gründung eines albanischen Staates dachte bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts niemand, auch die Albaner nicht. Mehrheitlich muslimischen Glaubens sahen sie ihre Zukunft weiterhin unter der Herrschaft des Sultans. Sie wollten Reformen im Osmanischen Reich, das albanische Sprachgebiet sollte in einem Vilayet vereinigt und Albanisch Unterrichtsprache werden. Diese Forderungen vertrat die Liga von Prizren, die sich 1878 gebildet hatte, um die Abtretung albanisch besiedelter Gebiete des Osmanischen Reiches an die slawischen Nachbarstaaten zu verhindern.

Mitte der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts begannen die Osmanen ihre europäischen Provinzen verkehrstechnisch zu erschließen. Europäische Gesellschaften wurden mit dem Eisenbahnbau beauftragt. Eine wichtige Strecke sollte von Thessaloniki über Skopje und das Kosovo nach Sarajewo führen. Die Planung folgte der traditionellen Hauptroute des Balkanhandels, die über das Amselfeld verlief. Bis zum Ausbruch des Serbisch-Türkischen Krieges, 1876, war nur die Strecke bis nach Kosovska Mitrovica fertiggestellt. Nach dem Verlust Bosniens 1878 wurde nicht mehr weitergebaut. Später (1885) wurde die Strecke von Skopje über Vranje mit der serbischen Eisenbahn verbunden. Die wichtigste Nord-Süd-Verbindung auf dem Balkan verlief nun von Thessalonike über das Vardar- und das Moravatal nach Nis und Belgrad. Kosovo war damit von der zentralen Verkehrsader abgeschnitten und wurde zu einer Randprovinz. Dies sollte sich später auch unter der serbischen Herrschaft nicht mehr ändern.

Die Annexion Bosnien-Herzegowinas durch die Donaumonarchie im Jahr 1878 hat Serbien sehr verärgert, da man dieses Land als von Serben bewohntes Territorium für sich oder einen südslawischen Gesamtstaat beanspruchte. Seit dieser Zeit wuchsen die Gegensätze zwischen Habsburgermonarchie und Serbien. Serbien bekam auf dem Berliner Kongress nur das Gebiet zwischen Niš und Vranje zugesprochen. Die in der Gegend von Vranje lebenden Albaner wurden in das noch unter osmanischer Herrschaft stehende Kosovo vertrieben, womit dort der albanische Bevölkerungsanteil deutlich angewachsen ist. Die serbische Regierung bemühte sich in den folgenden Jahrzehnten, ihr Territorium auf Kosten des Osmanischen Reiches nach Süden auszudehnen. Im Ergebnis des ersten Balkankriegs 1912 verlor das Osmanische Reich, abgesehen von Ostthrakien, seine restlichen europäischen Besitzungungen. Kosovo und Vardar-Mazedonien fielen an das Königreich Serbien. Österreich-Ungarn versuchte seinerseits die Ausdehnung Serbiens zu begrenzen und erreichte, dass den Serben von der Botschafterkonferenz der Großmächte ein Zugang zur Adria (die heute albanische Hafenstadt Shkodra) verwehrt wurde. Gleichzeitig unterstützte man die Bildung eines albanischen Staates.

Eine schmale politische Elite der Albaner hatte sich erst seit etwa 1910 mit der Frage befasst, was aus den Albanern werden soll, wenn die osmanische Herrschaft vom Balkan verschwindet. Als die Sieger des ersten Balkankriegs begannen, die eroberten Gebiete aufzuteilen, entschlossen sich deren politische Führer im November 1912 zur Ausrufung des unabhängigen Staates Albanien. In der Deklaration in Vlora waren auch Kosovaren, z.B. Isa Boletini, beteiligt. Die künftigen Grenzen waren völlig unklar und die provisorische Regierung Albaniens hatte keinerlei Macht, erstrebte aber trotzdem die Vereinigung aller albanischen Siedlungsgebiete im albanischen Staat. Kosovo und das nordwestliche Mazedonien fielen jedoch an Serbien, Ioannina und Umgebung an Griechenland. Freilich waren all jene Regionen gemischt besiedelt und die Albaner stellten noch nicht einmal in allen Gebieten eine Mehrheit. Dies galt vor allem für Epirus aber auch für Teile des Kosovo, wo es weite Landstriche gab, in denen mehrheitlich Serben wohnten. (Vgl. auch Geschichte Albaniens)

Seit 1912 jedenfalls verlief die Geschichte der Albaner in Albanien und im Kosovo in sehr unterschiedlichen Bahnen: Schon die bei der Eroberung des Kosovo von der serbischen Armee verübten Grausamkeiten - etwa 10.000 Zivilisten sind dabei umgekommen - haben das Verhältnis der Albaner zu den neuen Machthabern von Anfang an schwer belastet. Die serbische Regierung hatte geplant, die neu gewonnenen Gebiete möglichst schnell dem restlichen Staatsgebet anzugleichen. Dazu gehörte auch, dass überall die serbische Staatssprache und das serbische Schulwesen durchgesetzt wurde. Nicht nur bei den Albanern, sondern auch bei den Mazedoniern und anderen betroffenen Minderheiten waren diese Maßnahmen nicht sehr populär. Schon vor 1915 hatte die Auswanderung von Türken, Albanern und slawischen Muslimen in die Türkei eingesetzt, weil diese Muslime nicht unter christlicher Herrschaft leben wollten und teilweise auch schon unter Repressionen der neuen Herren zu leiden hatten. Diese Abwanderung setzte sich auch in der Zwischenkriegszeit in mehr oder weniger starken Schüben fort.

Erster Weltkrieg

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1914) und die Besetzung Serbiens (1915) verhinderte jedoch, dass die Pläne zur Serbisierung des Kosovo schnell in die Tat umgesetzt werden konnten. Als die Österreicher den Krieg gegen Serbien begannen, kam es im Kosovo zu Aufständen gegen die serbische Herrschaft. Die österreichisch-ungarischen Truppen wurden von den Albanern 1915 als Befreier begrüßt. Die Besatzungsmacht übergab die lokale Verwaltung in die Hände der Einheimischen und investierte in die Infrastruktur. Neben kriegswichtigen Straßen haben die Österreicher auch zahlreiche Grundschulen eingerichtet, in denen erstmals Unterricht in albanischer Sprache erteilt wurde. Nach dem Abzug der Österreicher im Herbst 1918 kam es zu Racheakten der zurückkehrenden serbischen Truppen an der kosovarischen Bevölkerung, weil diese mit dem Feind kollaboriert hatte.

Bei Kriegsende formierte sich um Hasan Bej Prishtina und Bajram Curri eine Widerstandsbewegung der albanischen Kosvaren, die gegen die wieder ins Kosvo einrückenden Serben kämpften und einen Anschluss der Provinz an Albanien erreichen wollten. Im Oktober 1919 ging Hasan Prishtina mit einer kosovarischen Delegation nach Paris, um bei der Friedenskonferenz für den Anschluss des Kosovo an Albanien zu sprechen. Die kosovarische Delegation durfte aber an keiner offiziellen Sitzung teilnehmen und ihr Anliegen wurde nicht debattiert.

Noch bis Anfang der zwanziger Jahre wurde die Provinz von Aufständen der Albaner erschüttert, die sich der serbischen Herrschaft nicht unterwerfen wollten. Zehntausende sind zwischen 1918 und 1920 nach Albanien geflohen, wo die Versorgung der Flüchtlinge lange Zeit nicht gewährleistet werden konnte.

1919-1941

1919 verzichtete das Ökumenische Patriarchat zu Gunsten der Serbisch-Orthodoxen Kirche auf die Kirchenhoheit über die Eparchien in Kosovo und Mazedonien.

Schon 1921 sprach eine Delegation der Kosovo-Albaner beim Völkerbund in Genf vor, um sich über die Missachtung ihrer Menschen und Minderheitenrechte zu beklagen. Ihre Beschwerde wurde dort aber ignoriert.

Nach dem Ersten Weltkrieg begann die serbisch dominierte Regierung des SHS-Staats mit der Serbisierung des Kosovo. Idologisches Leitmotiv war dabei, dass die ethnische Struktur wiederhergestellt werden müsse, die im Kosovo vor der türkischen Eroberung im 15. Jahrhundert bestanden hat. Die gesamte Verwaltung wurde mit serbischen Beamten besetzt, Serbisch war die einzige Amtssprache und auch in allen staatlichen Schulen wurde nur in dieser Sprache unterrichtet. Mit der Vergabe von Land an Zuzügler aus Serbien und Montenegro versuchte die Regierung in den zwanziger Jahren den slawischen Bevölkerungsanteil zu erhöhen. Dafür wurde der Grundbesitz ausgewanderter Türken und Albaner beschlagnahmt, darüber hinaus enteignete man einige muslimische Großgrundbesitzer. Das ganze Programm war wenig erfolgreich. Kurzfristig stieg zwar der serbische Bevölkerungsanteil, aber schon zu Beginn der dreißiger Jahre wanderten mehr Slawen aus, als neu ins Kosovo kamen. Mancher serbische Neubauer verkaufte das von der Regierung erhaltene Land sogar an Albaner, was das besondere Missfallen der Regierung erregte. Grund für die serbische Auswanderung war die katastrophale wirtschaftliche Lage des Kosovo. Im Gegensatz zu den Albanern hatten die Angehörigen der Staatsnation bessere Chancen, in den nördlichen Regionen Jugoslawiens Arbeit zu finden. Deshalb neigten sie eher zur Abwanderung.

Die Regierung Jugoslawiens hatte vor dem Zweiten Weltkrieg weder ein schlüssiges Konzept noch die finanziellen Mittel, die Wirtschaft der armen südlichen Gebiete zu entwickeln. Sie blieben Auswanderungsländer. Die Schuld für den desolaten Zustand gab man teilweise den Türken und Albanern, die mit ihrer orientalischen Lebensweise und der Obstruktion gegen die serbische Herrschaft jede Entwicklung des Kosovo von vornherein unmöglich machen würden.

1937: Die Vertreibung der Albaner als Planspiel

Die Enttäuschung über die fehlgeschlagene Serbisierung des Kosovo spiegelt sich auch in der 1937 von Vaso Čubrilović verfassten Denkschrift, die sich mit dem weiteren Vorgehen im Kosovo auseinandersetzt. In Die Aussiedlung der Albaner vertrat der Historiker die Überzeugung, dass das Albanerproblem nur mit Gewalt zur Zufriedenheit der Serben gelöst werden könne. Er plädierte für eine vollständige Vertreibung der muslimischen Kosovaren in die Türkei und nach Albanien. Die albanische Regierung wollte Čubrilović durch Finanzhilfen und durch Bestechung einzelner Politiker für den Plan gewinnen. Außenpolitische Probleme, so meinte Čubrilović, würde die "Aussiedlung" nicht auslösen: Wenn Deutschland Zehntausende von Juden vertreibt und Russland Millionen von Menschen von einem Teil des Kontinents zum anderen verlegen konnte, so wird die Vertreibung von einigen Hunderttausend Albanern schon nicht zum Ausbruch eines Weltkrieges führen. (Zitat) Im Gegensatz zu den vorherigen wenig erfolgreichen Kolonisationsprojekten würde die nachfolgende Wiederbesiedlung erfolgreich sein, weil man den Kolonisten nun die Häuser und den beweglichen Besitz, den die Albaner auch zurücklassen müssten, zur Verfügung stellen könne. Zusätzlich plädierte Čubrilović für die Etablierung eines Zwangsdienstes jugoslawischer Jugendlicher zur Unterstützung der Neusiedler. Ausdrücklich nannte er den Reichsarbeitsdienst Hitlers als Vorbild.

Čubrilović wurde nach dem Zweiten Weltkrieg Mitglied der Akademie der Wissenschaften, und zumindest in den fünfziger Jahren wurden seine Überlegungen in Ansätzen aufgegriffen, als im kommunistischen Jugoslawien rund 200.000 Türken und Albaner in die Türkei vertrieben wurden.

Das Kosovo im Zweiten Weltkrieg

Der deutsche Überfall auf Jugoslawien im April 1941 führt schnell zur Niederlage und zum Zusammenbruch des jugoslawischen Staates. Wie die Kroaten beteiligten sich auch die Albaner kaum an der Verteidigung des ungeliebten Staates. An der Aufteilung des eroberten Landes nahmen auch Deutschlands Verbündete Italien und Bulgarien teil. Kosovo und Teile Mazedoniens wurden mit dem bereits unter der Herrschaft des faschistischen Italien stehenden Albanien vereinigt. Die Zivilverwaltung lag in der Hand der Albaner, die nun ihrerseits die serbische Minderheit unterdrückten.

Die Achsenmächte nutzten die Feindschaft zwischen den Balkanvölkern geschickt, um ihre Herrschaft in Südosteuropa zu stabilisieren. Die meisten Opfer hatten dabei die Serben zu beklagen, die dem Hass ihrer albanischen, kroatischen und bulgarischen Nachbarn ausgeliefert waren. Nach dem Ausscheiden Italiens aus dem Krieg im Sommer 1943 besetzten die Deutschen das Kosovo. Elastisch modifizierten die Nazis ihre Rassenideologie, indem sie die Albaner zur höherwertigen Rasse im Vergleich zu den Slawen erklärten. Auf diese Weise gewannen sie einen großen Teil der Albaner für den Kampf gegen die jugoslawischen Partisanen.

Seit 1943 war Kosovo zunehmend zum Aktionsgebiet jugoslawischer Partisanenverbände geworden. Ihre Angriffe auf die deutschen Truppen und die albanische Polizei wurde mehrfach durch die Ermordung serbischer Zivilisten vergolten. Personen die im Verdacht standen, die Partisanen zu unterstützen, wurden zum Teil auch in das kroatische KZ Jasenovac verschleppt. 1944 wurde die kosovo-albanische SS-Division Skanderbeg aufgestellt. Ihr Standort war Prizren, ihr hauptsächliches Operationsgebiet das Kosovo. In ihrem brutalen Vorgehen unterschied sie sich nicht von den deutschen Verbänden. So tötete sie am 28. Juli 1944 im Dorf Veliko 380 Ortsansässige (darunter 120 Kinder) und steckte 300 Häuser in Brand. Im April 1944 deportierte sie 300 Juden.

In Titos Partisanenverbänden kämpften auch Albaner und es gab schon während des Krieges eine eigene kommunistische Parteiorganisation im Kosovo. In deren Führungsgremium waren die Albaner bis 1945 in der Mehrheit. Tito hatte den albanischen Kommunisten das Recht auf nationale Selbstbestimmung zugesagt, nur müsste Jugoslawien erst von den Faschisten befreit sein. Allerdings ist nie genau definiert worden, was mit dem Recht auf Selbstbestimmung gemeint ist, und ob auch die Lostrennung des Kosovo von Jugoslawien darunter fallen würde. Unter den albanischen Kommunisten war diese Hoffnung jedenfalls weit verbreitet.

Neben den Partisanen Titos operierten im Kosovo auch albanische Partisanenverbände die der Befehlsgewalt der albanischen KP Enver Hoxhas unterstanden. Es kam zum Streit zwischen den kommunistischen Parteien beider Länder, denn man war sich nicht einig, wem das Kosovo nach dem Krieg zufallen sollte. Im Frühjahr 1944 verzichtete die KP Albaniens aber auf jegliche Ansprüche im Kosovo. Tito und Hoxha kamen überein, dass die Vorkriegsgrenzen zwischen Albanien und Jugoslawien wiederhergestellt werden sollen.

Ende 1944 zogen sich die Achsenmächte aus dem Kosovo zurück und die kommunistischen Partisanen übernahmen die Kontrolle.

In Titos kommunistischem Jugoslawien

 
Die autonomen Provinzen Serbiens

1945-1966

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kosovo in das föderal organisierte Jugoslawien Josip Broz Titos integriert. Das Gebiet gehörte zur Teilrepublik Serbien. Von Selbstbestimmungsrecht für die Albaner war keine Rede mehr. In der regionalen KP-Führung wurde auf bürokratischem Weg die albanische Mehrheit gekippt. Man verkleinerte das Führungsgremium mittels einer Weisung aus Belgrad und ab 1945 waren nur mehr sechs Serben und fünf Albaner darin vertreten.

1945 kam es zu unorganisierten Aufständen verschiedener albanischer Gruppen gegen die neuerliche slawische Dominanz im Kosovo. Sie konnten von jugoslawischen Armee- und Polizeiverbänden ohne Schwierigkeiten niedergeschlagen werden. Die kommunistische Regierung Albaniens hielt sich aus diesen inneren Auseinandersetzungen beim damaligen Bündnispartner komplett heraus.

Ende der vierziger Jahre kehrten die jugoslawische und die serbische Regierung vollends zu den Vorkriegstraditionen der Kosovo-Politik zurück. Die Zurückdrängung der albanischen Mehrheit entweder durch Slawisierung oder durch Vertreibung stand dabei im Zentrum. Minderheitenrechte für die Albaner gab es im sozialistischen Staat der Südslawen vorerst nicht. Die gewährte man 1950 nur der kleinen türkischen Minderheit. Damit gelang es vorläufig, die Albaner zu schwächen. Über 30.000 muslimische Albaner bekannten sich bei der Volkszählung von 1951 zur türkischen Nationalität, denn damit war die Möglichkeit zur Ausreise in die Türkei verbunden. Das war die einzige Möglichkeit den staatlichen Repressionen zu entgehen, denn Albanien weigerte sich Flüchtlinge aus dem Kosovo aufzunehmen, zudem bot das Wenige was man im Kosovo über die Terrorherrschaft Enver Hoxhas in Albanien wusste, kaum einen Anreiz in das Mutterland auszuwandern. Bis 1966 sind mehr als 200.000 Türken/Albaner in die Türkei ausgewandert.

Wie vor dem Krieg bekamen serbische Neusiedler im Kosovo staatliche Unterstützungen. Entscheidend für den Zuzug in den Kosovo war aber, dass man hier leicht verhältnismäßig gut dotierte Stellen in der staatlichen Verwaltung bekommen konnte, die bis in die sechziger Jahre zum größten Teil mit Serben besetzt wurden. Den meisten Albanern fehlten dafür die notwendigen Qualifikationen und sie konnten diese auch nur unter Schwierigkeiten erwerben, weil es ihnen an Kenntnissen in der Staatssprache Serbokroatisch mangelte. In den fünfziger und sechziger Jahren wuchs aber eine Generation heran, die die serbische Schule absolvierten. Auch der Militärdienst in anderen Teilen Jugoslawiens trug zur Verbreitung des Serbokroatischen unter den Albanern bei.

Wirtschaftliche Probleme

Anders als in der Zwischenkriegszeit bemühte sich die jugoslawische Regierung nach 1945 viel intensiver um die wirtschaftliche Entwicklung des Kosovo. Es wurde viel in die Infrastruktur, in den Bergbau und die Schwerindustrie investiert. Bezahlt wurde das mit Transferleistungen, die aus den nördlichen Teilrepubliken in die Kasse des Bundes flossen. Zu keiner Zeit jedoch konnte die kommunistische Wirtschaftspolitik, in Kosovo eine selbsttragende Ökonomie und genügend Arbeitsplätze für die stark wachsende Bevölkerung schaffen. Die Jugoslawen hatten mit der Zeit das Gefühl, dass ihr Geld in der Albanerprovinz sinnlos verschwendet wird, während die Albaner meinten, dass die Zentralregierung nicht genug für Kosovo tun würde.

1966-1989

Zu einer Wende in der jugoslawischen Kosovo-Politik kam es durch machtpolitische Auseinandersetzungen im Politbüro des Bundes der Kommunisten. Während ein Flügel um Tito allgemeine Reformen einleiten wollte, sperrte sich ein serbisch dominierter Flügel unter Innenminister Aleksandar Ranković. Dieser war als Befehlshaber der Polizei maßgeblich für die staatlichen Gewaltmaßnahmen gegen die albanische Bevölkerung verantwortlich. Ranković wurde 1966 aus dem Politbüro entfernt und musste seinen Ministerposten abgeben. Damit war der Weg für eine neue Kosovo-Politik frei. Tito verbesserte nun schrittweise die Lage der Albaner und gestand ihnen mehr Autonomie zu. In der neuen jugoslawischen Bundesverfassung von 1974 wurde das Kosovo (wie auch die Vojvodina) als autonome Provinz und Föderationssubjekt etabliert. In der Regierung und im Parteiapparat der Provinz dominierten fortan die Albaner. Allerdings blieben die Provinzen Bestandteil der Teilrepublik Serbien. Albanisch wurde zweite Amts- und Unterrichtssprache, albanische Kultur wurde gefördert und es kam zur Einrichtung der Universität Prishtina. Aus ihr ging in den folgenden 15 Jahren eine große Zahl albanischer Akademiker hervor.

Nach jahrzehntelanger Unterdrückung der Albaner kam es nun in den 1970er Jahren zur Albanisierung des öffentlichen Lebens im Kosovo. Spätestens nach Titos Tod (1980) begannen die Serben in und außerhalb Kosovos ihren Unmut darüber zu äußeren. Zur selben Zeit wanderte eine große Anzahl Serben aus dem Kosovo ab (ca. 50.000 bis 1981). Ein Grund dafür mag das Gefühl gewesen sein, dass man sich nun fremd im eigenen Land fühlte. Wichtigste Ursache - so haben serbische Demographen 1991 herausgefunden - war aber die nach wie vor schlechte wirtschaftliche Lage. Hinzu kommt, dass die Serben ihre Privilegien aus der Zeit vor 1966 verloren hatten und nun mit den Albanern um die Jobs im Verwaltungsapparat konkurrieren mussten. Dadurch hat sich die ökonomische Situation der serbischen Minderheit in kurzer Zeit sehr verschlechtert.

Die albanische Führung der Provinz konnte die wirtschaftlichen Probleme ebensowenig lösen wie die serbische zuvor. Misswirtschaft, Arbeitslosigkeit und Korruption kennzeichneten die Situation zu Beginn der achtziger Jahre. Die Schuld schob man der jugoslawischen Zentralregierung und der serbischen Regierung in Belgrad zu. Damit wurde der mühsam zwischen den Volksgruppen hergestellte Frieden gefährdet. Soziale Unruhen unter den Albanern hatten daher in den achtziger Jahren zumeist auch eine nationale, antiserbische Komponente. Dadurch wuchs unter den Kosovo-Serben das Gefühl der Bedrohung durch die Mehrheit.

1981 kam es zu gewalttätigen Demonstrationen der albanischen Studenten in Prishtina, die gegen die schlechten Lebensbedingungen und die Perspektivlosigkeit - die meisten erwartete nach dem Abschluss die Arbeitslosigkeit - aufbegehrten. Als es so aussah, als ob die Kosovo-Regierung des Aufstandes nicht Herr werden könnte, rückten Polizisten aus dem engeren Serbien in Prishtina ein und knüppelten den Aufstand brutal nieder. Die Führung des Kosovo wurde auf Befehl Belgrads ausgewechselt. Seitdem nahmen die Spannungen zwischen Albanern und Serben stetig zu, und die Regierungsorgane auf Bundes- wie auch auf Provinzebene waren nicht in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen. Vielmehr heizten sie den Nationalitätenkonflikt durch gegenseitige Schuldzuweisungen weiter an.

Nach den Unruhen im Kosovo bildete sich ein "Komitee der Serben und Montenegriner", das mit Petitionen und Protestmeetings versuchte, auf die von ihnen als schlecht empfundene Lage ihrer Volksgruppe im Kosovo aufmerksam zu machen. Seine Mitglieder waren neben ansässigen Serben auch pensionierte Militärs, entlassene Polizisten und Geheimdienstler aus der Rankovic-Ära sowie Kriminelle. Für seine erste Petition sammelte es zwar nur 76 Unterschriften, nach vier Jahren war die Zahl der Unterstützer jedoch auf 50.000 angewachsen. Slobodan Milosevic, damals Chef des BdK Serbiens, besuchte am 24. April 1987 das Kulturhaus in Kosovo Polje, nachdem er sich vier Tage zuvor mit den Anführern dieses Komitees abgesprochen und eine landesweite Fernsehübertragung sichergestellt hatte. Während seiner Rede inszenierten Mitglieder des Komitees vor dem Kulturhaus eine Schlägerei mit der mehrheitlich albanischen Polizei. Milosevic trat vor die Menge und rief: "Niemand soll es wagen, euch zu schlagen!" Dieser Auftritt wurde in den folgenden Wochen ständig im Fernsehen wiederholt und begründete Milosevics weiteren politischen Aufstieg.

Der Zerfall Jugoslawiens

Mit dem Tod Titos war die föderale Verfassungskonstruktion von 1974 in eine Krise geraten. Zuerst zeigte sich dies im Kosovo. Mit dem Argument, sie seien nach Serben und Kroaten die drittgrößte Nation in Jugoslawien verlangten die Albaner den Status eines Staatsvolks und die Loslösung Kosovos von Serbien. Die Provinz sollte gleichberechtigte Republik innerhalb der jugoslawischen Föderation werden. Die übrigen Teilrepubliken sowie die jugoslawische Bundesregierung verweigerten dies und Serbien setzte die kosovarische Provinzregierung ab. Das Zusammenleben zwischen Serben und Albanern verschlechterte sich zusehends. 1987 wurde Slobodan Milošević Präsident der SR Serbien. Zwei Jahre später, am 28. Juni 1989, hielt er im Kosovo die bekannte Amselfeld-Rede, die als Vorbote des Krieges im ehemaligen Jugoslawien betrachtet wird.

== Serbische Machtausdehnung im Kosovo == [(es gab NIE eine)]

Am 28. März 1989 hob das serbische Parlament einstimmig den Status des Kosovo als autonome Provinz auf und zerstörte damit die jugoslawische Bundesverfassung von 1974. Bei den darauffolgenden Demonstrationen im Kosovo wurden nach offiziellen Angaben 29 Demonstranten und zwei Polizisten getötet. Albanische Schulen wurden geschlossen, sowie Lehrer und Dozenten, die auf Albanisch unterrichten, entlassen. Dasselbe Schicksal ereilte auch die albanischen Polizisten. Ab 1989 wurde über das Kosovo der Ausnahmezustand verhängt, wozu auch willkürliche Verhaftungen ohne juristische Basis oder Beistand gehörten.Der Ausnahmezustand im Kosovo machte Serbien zur Region mit der schlechtesten Menschenrechtsbilanz in Europa.

In Serbien gab es jedoch auch Kritik an der staatlichen Kosovo-Politik. Der serbische Soziologe und Oppositionspolitiker Zoran Djindjic schrieb 1988 : "Es wäre falsch, zu glauben, das Konstitutionsproblem Serbiens (werde) durch eine Rückkehr des Kosovo unter seine (Serbiens) staatliche politische Obhut gelöst. Dann... (wird) der Kosovo in jedem künftigen serbischen Staat eine permanente Quelle der Repression sein. Serbien kann sich als politische Gemeinschaft nur konstituieren, wenn seine Grenzen durch den Willen seiner (faktischen und potentiellen) Einwohner festgelegt sind".


Vom gewaltfreien Widerstand zum Guerillakrieg der UÇK

Die Albaner reagierten erst mit einem friedlichen Totalboykott, doch als es auch nach dem Dayton-Abkommen dem 1992 gewählten albanischen Präsidenten Ibrahim Rugova nicht gelang, die Probleme im Kosovo zu internationalisieren und die serbische Unterdrückung im Kosovo immer mehr zunahm, tauchte 1997 die bis dato schon im "Geheimen" operierende "Ushtria Çlirimtare e Kosovës" (UÇK) (Befreiungsarmee Kosovos) auch öffentlich auf.

Die internationale Staatengemeinschaft stufte die UÇK zunächst als terroristische Organisation ein, da sie gewaltsame Aktionen auf serbische Sicherheitskräfte, aber auch auf serbische Zivilisten und zivile Einrichtungen verübte. Die Aktionen richteten sich auch gegen Kosovo-Albaner, die ein gutes Verhältnis zu den serbischen Behörden anstrebten. Laut einem Ende 2000 veröffentlichten Bericht des parlamentarischen Rates der NATO - einem vom Bündnis unabhängigen Gremium - arbeitete die UÇK gezielt auf eine Eskalation der Lage im Kosovo hin, um einen akuten Handlungsbedarf der NATO zu inszenieren. Im Laufe des Konfliktes wurde die UÇK aber mehr und mehr zum Verhandlungspartner für westliche Regierungen, zuerst für die USA.

Die Intervention der NATO

Nach einer Reihe von Käpfen der serbischen Sicherheitskräfte mit der UCK und der Ablehnung des Vertrag von Rambouillet durch Slobodan Milošević begann die militärische Intervention der NATO.

NATO-Luftangriffe zwangen Slobodan Milošević schließlich zur Kapitulation. Da bei den NATO-Luftangriffen nicht nur serbische militärische Ziele angegriffen wurden, sondern auch serbische Kraftwerke, Fabriken, Brücken, Bürogebäude sowie durch Fehlabwürfe auch Wohnhäuser und Flüchtlingskonvois, kamen dadurch nach einer Untersuchung des Kriegsverbrechertribunals in den Haag etwa 500 Serben und Albaner ums Leben.

Der Rückzug der serbischen Armee beendete vorerst die blutigen Auseinandersetzungen im Kosovo. Das Kosovo wurde vorläufig Protektorat der UNO. Die Zahl der während des Konfliktes 1998/1999 Getöteten schwankt zwischen 9000 und 150.000. Es gelten bis heute 4000 Menschen als vermisst, davon etwa 1500 Albaner. Es ist aber anzunehmen, dass eine Vielzahl niemals gefunden wird, da diese verstreut im Kosovo in Massengräbern liegen. Das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag befasst sich zurzeit mit den Geschehnissen. Seit dem Jahr 2000 wurden insgesamt 65 mutmaßliche Massengräber im Kosovo von den Kfor-Truppen gefunden, allein 42 davon im britischen Sektor. Dabei wurde festgestellt, dass in einem beträchtlichen Anteil der Massengräber serbische Tote vergraben sind. Ein Teil der identifizierten serbischen Leichen gilt schon seit 1997/1998 als vermisst.

Siehe auch

Literatur

  • Jens Reuter/Konrad Clewing (Hrsg.): Der Kosovo Konflikt - Ursachen, Verlauf, Perspektiven.Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Klagenfurt 2000, ISBN 3851293290
  • Jens Reuter: Die Albaner in Jugoslawien. Oldenbourg, München 1982. ISBN 3-486-51281-1
  • Noel Malcolm: Kosovo. A short History. London 1998 ISBN 0-333-66612-7
  • Tim Judah: Kosovo. War and Revenge. New Heaven/London 2000 ISBN 0-300-08313-0
  • Miranda Vickers: Between Serb and Albanian. A History of Kosovo. London 1998 ISBN 1850652783
  • John Julius Norwich: Byzanz. Band 1 bis 3 Bechtermünz-Verlag 2000. ISBN: 3-8289-0374-6
  • Steven W. Sowards: Moderne Geschichte des Balkans. Der Balkan im Zeitalter des Nationalismus, BoD 2004, ISBN 3-8334-0977-0
  • Bartl, Peter: Albanien. Vom Mitttelalter bis zur Gegenwart. Regensburg 1995 ISBN 3-7917-1451-1
  • Hösch, Edgar: Geschichte der Balkanländer. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. (4. erw. Aufl. München 2002) ISBN 3-406--49019-0
  • Stadtmüller, Georg: Forschungen zur albanischen Frühgeschichte. (= Albanische Forschungen.2) Wiesbaden 1966 (2. Aufl.)
  • Michael Weithmann (Hrsg.): Der ruhelose Balkan. München 1993, 2. Aufl. 1994 ISBN 3-423-04612-0
  • Tucović, Dimitrij: Srbija i Arbanija. Jedan prilog kritiće zavojevacke politike srpske burzoazije. Beograd 1914. (dt.: Serbien und Albanien. Ein kritischer Beitrag zur Unterdrückungspolitik der serbischen Bourgeoisie. Wien 1999 ISBN 3-901831-11-8). Eine etwas holprige Übersetzung im Netz findet man hier.
  • Gjon Bisaku, Shtjefën Kurti u. Luigj Gashi: La Situation de la minorité albanaise en Yougoslavie. (Albanisches Memorandum an den Völkerbund, Genf 1930). in engl. Sprache hier
  • Dusan T. Batakovic: The Kosovo Chronicles. Plato, Belgrad 1992. ISBN 86-447-0006-5
  • Alex N. Dragnich, Slavko Todorovich: The Saga of Kosovo. Columbia University Press, New York 1984. ISBN 0-88033-062-7
  • Howard Clark: Civil Resistance in Kosovo Pluto Press 2000 ISBN 0-7453-1569-0 Publikation des Albert-Einstein-Instituts über den zivilen Widerstand im Kosovo in den 90er Jahren, soll auch auf Deutsch erhältlich sein