Neu Drontheim
Neu Drontheim war der Name einer neuen projektierten Großstadt, die die Führung des Dritten Reichs im Zusammenhang mit einer Marinebase etwa 20 km außerhalb Trondheims (Norwegen) geplant hatte.
Geschichte
Man nimmt an, dass das Führerhauptquartier in Berlin bereits im Herst 1940 begonnen hat, einen gigantischen deutschen Marinehafen zu planen, der wegen der strategisch günstigen Lage am Trondheimsfjord errichtet werden sollte. Adolf Hitler deutete schon sehr bald an, dass dieser Hafen die rasche Errichtung einer Stadt mit einem Wohnangebot für 250.000 - 300.000 Einwohner - vornehmlich Deutsche - in unmittelbarer Nähe notwendig mache.
Hitler überantwortete die Planung Albert Speer, seinem Lieblingsarchitekten und späterem Rüstungsminister. Am 1. Mai 1941 erhielt Speer von Vizeadmiral Fuchs die notwendigen Daten und Rahmenbedingungen. Und am 21. Juni präsentierte er mit Großadmiral Erich Raeder das Projekt dem Führer in der Reichskanzlei. Anschließend entschied Hitler die genaue Lage der Stadt.
1943 gab es erste Sprengungen auf dem Gelände. In Øysand wurden ein Kriegsgefangenenlager und eine Reservelandebahn angelegt. Heute noch kann man in diesem Bereich des Trondheimsfjords Betonfundamente am Ufer stehen sehen. Aber mit dem Kentern der Tirpitz 1944 und wegen dem ungünstigen Kriegsverlauf wurden weitere Arbeiten eingestellt und die Pläne aufs Eis gelegt.
Lage, Ausmaße und Pläne
Gebaut werden sollte auf dem Gebiet von Øysand an der Byvik-Bucht, ca. 20 km südlich von Trondheim. Für die bis zu 300.000 Bewohner Neu Drontheims sollten 55.000 Wohnungen auf einem Areal von etwa 700 ha zur Verfügung stehen und nach Hitlers Worten Singapore im Vergleich dazu wie ein "Kinderspiel" aussehen lassen. Neben der Wohnanlage waren in Trondheim noch Werften, Docks und U-Boot-Basen (siehe: Dora 1 und 2) geplant.
Mit der Planung war Albert Speer betraut. In Zusammenarbeit mit Admiral Karl Dönitz, Großadmiral Erich Raeder und Vizeadmiral Fuchs entwickelte sich dieses Projekt bis zu einem mehrere Meter großen Modell in Hitlers Modellhalle und ersten Sprengungen auf dem Gelände 1943. Das Modell wurde bei einem alliierten Bombardement der Reichskanzlei und der Modellhalle zerstört.
Strategische Bedeutung
Neu Drontheim und der dazugehörige Marinehafen sollte Teil des großen Atlantikwalls werden, der von Spanien bis zum Nordkap eine Verteidigungslinie den Alliierten gegenüber bilden sollte. Unter den Nürnberger Prozessen wurde auch bekannt, dass Hitler geplant hatte, nach dem Krieg einzelne große Hafenstädte wie Brest in Frankreich wie auch Trondheim als deutsche Enklaven und Basen im Dritten Reich zu behalten. Neu Drontheim sollte somit quasi zu einer deutschen Kolonie mit deutschen Bewohnern werden. Ähnliches hatte man mit Städten der Sowjetunion vor, wo sich ehemalige Frontsoldaten - sogenannte Wehrbauern - mit ihren Familien niederlassen sollten.
Es gab verschiedene Überlegungen die zur Auswahl Trondheims als neue Marinebase führte:
- Zum Beispiel musste das grosse Schlachtschiff Tirpitz für Reparaturen bis nach Frankreich fahren, ein Weg der zu nahe am Feind vorbei führte, was ihrem Schwesternschiff Bismarck im Mai 1941 zum Verhängnis wurde.
- Nachdem die deutschen Luftangriffe auf Großbritannien 1941 nicht den gewünschten Erfolg brachten, erkannte Hitler, dass die Schlacht um die Insel zur See gewonnen werden musste. Bereits der Seestratege und Vizeadmiral Wolfgang Wegener verwies auf die strategischen Vorteile von Basen entlang der Norwegischen Küste für Deutschland.
- Zusätzlich zur Bedeutung im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die Briten ist Trondheim auch günstig für weiterreichende Aktivitäten der Kriegsmarine im Nordatlantik gelegen.
Diese Gründe führten dazu, dass Norwegen im Allgemeinen und Trondheim im Speziellen als strategisch wichtig eingestuft wurde. Aufgrund der Initiative von Admiral Karl Dönitz und Großadmiral Erich Raeder wurde das Trondheimprojekt bald zu einem der favorisiertesten Vorhaben Hitlers.
Nachdem die Tirpitz im November 1944 schwer getroffen kenterte, die Führung der Kriegsmarine ausgetauscht wurde und der Kriegsverlauf nicht die notwendigen Erfolge zeigten, wurden die Arbeiten an Neu Drontheim gestoppt und die Pläne auf Eis gelegt.
Weblinks
Literatur
Albert Speer:Erinnerungen, Berlin: Ullstein 1969, 610 S. ISBN 3-549-07184-1