Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Möglichkeit, sich zugleich Beruf und Familie widmen zu können
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Oktober 2006 um 20:11 Uhr durch Carolin (Diskussion | Beiträge) (+ Bild: Mitgliedsstaaten der OECD). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bezieht sich auf die Möglichkeiten für Erwachsenen im arbeitsfähigen Alter, sich zugleich Beruf und Karriere einerseits und dem Leben in der Familie und der Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Personen andererseits zu widmen, und auf die Schwierigkeiten, die dabei auftreten können.

Ursprünglich mehr als die Frage angesehen, ob sich Mutterschaft und Berufstätigkeit überhaupt vereinbaren lassen[1][2], entwickelte sich der gesellschaftliche Diskurs in den Industrienationen im Zuge der Emanzipation in die Richtung der Frage, wie sich für Mütter und Väter eine Berufstätigkeit mit der Erziehung der Kinder zeitlich vereinbaren lässt.

Gesellschaftlicher und politischer Kontext

Sinkende Geburten- und Fertilitätsraten stellen in manchen Ländern die bisherige Sozial- und Familienpolitik sowie die Arbeitsmarktpolitik in Frage. Im Rahmen der Veränderung der Bevökerungspyramide und höherer Lebenserwartung in vielen Ländern rückt inzwischen auch die Betreuung und Pflege älterer oder pflegebedürftiger Angehöriger näher in den Mittelpunkt des Interesses und wird in der Politik oft in die selbe Thematik einbezogen. Parallel dazu vollzieht sich eine gesellschaftliche Debatte und womöglich ein allmählicher Paradigmenwechsel[3][4] in Bezug auf Beschäftigungsmodelle sowie in Bezug auf das zugrundeliegende Gesellschafts- und Familienmodell - inwieweit es gewünscht ist, dass beide Eltern teilweise oder voll berufstätig sind, bzw. wie auch die Unterstützung von Alleinerziehenden im Vergleich zu dem traditionellen Familienmodell zu gestalten ist.

 
Weltkarte nach Fertilitätsraten

Bis in die 1950er Jahre war die Erwerbslosigkeit der Ehefrau - auch in der kinderlosen Ehe - Teil des bürgerlichen Familienideals. Um die Jahrtausendwende steht das Kindeswohl im Zentrum des Interesses. Die Meinung, Vorschulkinder litten unter der Berufstätigkeit der Mutter, herrscht vor allem in den alten Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland, und zwar stärker als in jedem anderen Land der EU. Studien belegen, dass die Frage, ob Kinder aus der Situation einen Nachteil oder auch einen Vorteil beziehen, nicht mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden kann: Die Wirkung der Berufstätigkeit auf das Kind hängt von Kontextfaktoren ab, insbesondere auch vom Berufskontext, von der Art der Verwendung von Zeit und Geld, von der Qualität der nichtelterlichen Kinderbetreuung und von der Zufriedenheit der Frau mit ihrer Rolle. [5]

Teilweise vertreten verschiedene gesellschaftliche Standpunkte jeweils den Standpunkt der Wahlfreiheit, allerdings mit unterschiedlicher Gewichtung: die eine Seite hebt die Möglichkeit zur Erwerbsarbeit auch mit Kindern hervor, die andere betont die Wahlfreiheit auch zur traditionellen Familienform [6]. Bei dieser gesellschaftlichen und politischen Debatte geht es immer auch um die Folgen für die Gesellschaft als Ganzes, etwa um ökonomische Wirkungen spezifischer Umstände und Maßnahmen.

Heute gilt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als eine der zentralen Herausforderungen der Beschäftigungs- und Sozialpolitik in Europa[7][8] und in den einzelnen europäischen Staaten z.B. Deutschland[9][10], Österreich[11] und der Schweiz[12], und steht im engen Zusammenhang mit dem Ziel der Gleichstellung von Mann und Frau in der Gesellschaft.

Länderübergreifende Studien

Studien der OECD

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist Thema länderübergreifender Studien geworden, insbesondere vergleichende Studien der OECD zu Australien, Dänemark und Den Niederlanden [13], zu Österreich, Irland und Japan[14], zu Neuseeland, Portugal und der Schweiz [15][16], sowie zu Kanada, Finnland, Schweden und Großbritannien [17], welche zu einer Reihe von Empfehlungen führten [18][19].

 
OECD Mitgliedstaaten

Laut OECD bringt eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf vielfachen Nutzen für die Gesellschaft mit sich: eine höhere Beschäftigungsrate, sichereres Familieneinkommen, eine Stärkung der Gleichstellung von Mann und Frau und eine Förderung der Kindsentwicklung [20].

  • Sie hat einen Einfluss auf die Karriere- und Familienplanung und dadurch auf die demographische Entwicklung, insbesondere die Altersverteilung: OECD-Analysen deuten auf eine mögliche Steigerung der Geburtenrate durch finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern sowie durch Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf [21].
  • Die Verfügbarkeit, Qualität und Kosten der Kinderbetreuung haben Einfluss auf die Entscheidung der Eltern, ob und wieviel Betreuungszeit in Anspruch genommen wird und somit für den Beruf zur Verfügung steht. So ist etwa in Dänemark, wo diese Faktoren für Eltern günstig sind und Eltern angeben, Vertrauen in die Qualität der Kinderbetreuung zu haben, die Mehrzahl der Frauen in Vollzeit berufstätig [20]. Umgekehrt führen zum Beispiel in den Niederlanden hohe Betreuungskosten für Kleinkinder dazu, dass Mütter mehrerer Kinder oft in Teilzeit arbeiten oder ihren Beruf ganz aufgeben [20]. Darüberhinaus haben Öffnungszeiten und Flexibilität von Betreuungseinrichtungen einen Einfluss darauf, ob die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Einzelfall tatsächlich gelingt.
  • Vielfach, so etwa in Australien, Dänemark und den Niederlanden, erfahren Väter Nachteile, wenn sie familienbedingte Ansprüche geltend machen wollen; dies festigt laut OECD-Studie bestehende Rollenmodelle in der Arbeitswelt und behindert die Gleichstellung von Mann und Frau auf dem Arbeitsmarkt [20].
  • Probleme bezüglich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf treten bis weit über das Kleinkindalter hinaus auf. Laut eines OECD-Reports wird diesem Umstand noch kaum Rechnung getragen, allerdings sehen diesem Grunde die Niederlande für alle Eltern ein Anrecht auf eine Mitentscheidung über die Arbeitszeit vor [20].
  • Wenn Eltern sich genötigt sehen, länger zu arbeiten als sie es sich wünschen, kann in einigen Fällen die Partnerschaft zerbrechen oder die Kindsentwicklung negativ beeinflusst werden [22].

Studie der Bosch-Stiftung

Die Robert Bosch Stiftung stellte eine Studie (B.S.)[23] auf, in denen Schweden, Frankreich und Großritannien als Best-Practice-Länder mit der Bundesrepublik Deutschland verglichen wurden, wobei jedes dieser Länder eine unterschiedliche Art repräsentiert, Familie und Beruf miteinander in Einklang zu bringen (B.S. Seite 32)[23]. In jedem der drei Länder gibt es verglichen mit Deutschland eine besser ausgebaute Kinderbetreuung; in Schweden und Frankreich sind außerdem die Finanztransfers zu Familien mit Kindern hoch, ebenso wie in Deutschland, während sie in Großbritannien niedriger sind.

  1. In Schweden gibt es eine flächendeckende staatliche Kinderbetreuung, und die Elternversicherung reduziert die auf Kinder zurückzuführenden Einkommensverluste.
  2. In Frankreich sind nach jüngsten Reformen der „Politik des dritten Kindes“ 99 % der 3- bis 6-jährigen Kinder in öffentlicher oder privater Kinderbetreuung, es gibt staatliche Beihilfen zur häuslichen und außerhäuslichen Kinderbetreuung und Serviceleistungen des Staates zum Beispiel bei Krankheit eines Kindes; die Löhne der Frauen im Vergleich zu denen der Männer sind höher als in den Vergleichsländern.
  3. Großbritannien weist unter anderem eine vorbildliche staatliche familienunterstützende Dienstleistung in Form eines transparenten Informationsangebotes rund um das Thema Familie auf.

Eines der Ergebnisse dieser Studie ist die Empfehlung von privat oder öffentlich organisierte Dienstleistungsagenturen, die eine vermittelnde Rolle einnehmen mögen, um Familien den Zugang zu familienunterstützende Dienstleistungen zu erleichtern (B.S. Seite 59)[23].

Weitere Studien

Gemäß einer Veranstaltungsreihe der Konrad-Adenauer-Stiftung stellt sich, basierend auf einem Vergleich zwischen Frankreich und Deutschland, die hohe Kinderlosigkeit in Deutschland vor allem als ein Ergebnis mentaler Einstellungen und erst in zweiter Linie das Ergebnis struktureller und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen dar: Ehe, Familie und Kinder haben in Frankreich einen höheren Status als in Deutschland, und es besteht eine kinderfreundlichere Grundhaltung in der Gesellschaft. [24]

Maßnahmen in Europa

Einzelne Aspekte der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind in Artikel 33 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union[25] (Artikel II-93 des Vertrags für eine Verfassung für Europa[26]) verankert:

Artikel 33 - Familien- und Berufsleben
(1) Der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie wird gewährleistet.
(2) Um Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang bringen zu können, hat jede Person das Recht auf Schutz vor Entlassung aus einem mit der Mutterschaft zusammenhängenden Grund sowie den Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und auf einen Elternurlaub nach der Geburt oder Adoption eines Kindes.

Die weiteren Ausführungen beziehen sich -vorläufig- zunächst auf folgende (deutschsprachige oder teilweise deutschsprachige) Staaten:

Deutschland

Vorlage:Link-Bild-Inline Im Gegensatz zu denjenigen Mitteln der Familienpolitik, die die Familie an sich (zum Beispiel Ehegattensplitting), das Aufziehen von Kindern (beispielsweise Kindergeld) oder die sekundäre Bildung (etwa BAFöG) der Kinder unterstützen, bezieht sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf Maßnahmen, die direkt auch mit einer beruflichen Tätigkeit von Eltern in Zusammenhang stehen. Eine dieser Maßnahmen ist das am 29. September 2006 vom Bundestag beschlossene Elterngeld, das für Kinder, die ab dem 1. Januar 2007 geboren sind, das Erziehungsgeld ersetzt. Das Elterngeld soll bis zu 12 oder 14 Monate lang die durch Kleinkindbetreuung entstehenden Einkommensverluste teilweise ausgleichen. Von Kritikern wird entgegengehalten, dass das Elterngeld nicht sozial gerecht sei, und dass es auch für berufstätige Eltern insofern keine Lösung darstelle, da im Anschluss an diese Zeit weiterhin nicht ausreichend Krippenplätze zur Verfügung stehen und somit die berufliche Kontinuität ohnehin nicht gegeben sei.

Andere Aspekte der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, so etwa in Bezug auf die Arbeitszeitgestaltung, werden mehr der Arbeitsmarktpolitik zugerechnet als der Familienpolitik; hingegen gehört die steuerliche Absetzbarkeit oder Subvention von Kosten für Haushaltshilfe und Kinderbetreuung zum Bereich der Finanzpolitik.

Im Jahr 2005 wurde von der Prognos AG in Zusammenarbeit mit dem Familienministerium und "Die Zeit" der Familienatlas[27][28] herausgegeben, einer Klassifikation von Kreisen und Städten Deutschlands anhand von Familienfreundlichkeitsprofilen. Insbesondere werden dabei auch Aspekte der Infrastruktur bezüglich Krippen, Kindergärten, Ganztagsbetreuung, familienfreundichen Unternehmen und Flexibilität des Arbeitsmarkts ausgewertet, die als Indikatoren für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf angesehen werden [29].

In der Kinderbetreuung bestehen markante Unterschiede zwischen West und Ost. In den neuen Bundesländern besuchen Kinder berufstätiger Eltern in der Regel eine Krippe, einen Kindergarten und anschließend einen Schulhort, wobei diese drei Formen der Kindertagesbetreuung oft in einer ganztägig geöffneten Kindertagesstätte zusammengefasst sind. In Westdeutschland besteht kein solch homogenes staatliches Betreuungsangebot; so spielen informelle Netzwerke und private Betreuungsformen eine größere Rolle, wobei das Engagement der Eltern, etwa im Alltag von Betreuungseinrichtungen und Schulen sowie für die Hausaufgabenbetreuung, oft als selbstverständlich gilt. [30]

Gesetze

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlicht Informationen unter anderem zu Gesetzen und Gesetzesentwürfen zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Österreich

Vorlage:Link-Bild-Inline Ein Kinderbetreuungsgeld (KBG) in Höhe von 436 monatlich ersetzt für alle ab 1. Januar 2002 geborenen Kinder das bis dahin geltende Karenzurlaubsgeld; im Bedarfsfall ist zusätzlich eine rückzahlbare Überbrückungshilfe in Höhe von 181 monatlich möglich. Dabei kann bis zu einer bestimmten Grenze ohne Leistungskürzungen hinzuverdient werden: bis zu 14.600 im Kalenderjahr, wobei nur die Einkünfte des Elternteils, das das KBG erhält, berücksichtigt werden [38]. Die Möglichkeit, anrechnungsfrei hinzuzuverdienen, soll auch den Wieder- oder Neueinstieg von Eltern mit Kleinkindern in den Arbeitsmarkt erleichtern [39]. Das Kinderbetreuungsgeld wird 30 Monate gezahlt, oder aber maximal 36 Monate sofern sich beide Eltern der Kinderbetreuung widmen [39]; der Kündigungsschutz besteht allerdings nur bis zum zweiten Geburtstag des Kindes [40].

Ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz besteht in Österreich nicht, wird aber diskutiert [41][42][43].

Ein Rechtsanspruch auf Teilzeitbeschäftigung (Elternteilzeit) bei gleichzeitigem Recht auf Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit besteht seit 1. Juli 2004 in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten nach einer Beschäftigungsdauer von mindestens 3 Jahren (wobei eine eventuelle Karenzzeit angerechnet wird [40]) für Eltern von Kindern bis zum vollendeten 7. Lebensjahr des Kindes, beziehungsweise bis zu seinem Schuleintritt, sofern dieser später ist. [44][45]. Auch eine Verlegung der Arbeitszeit kann verlangt werden, etwa eine Vier-Tage Woche bei gleicher Wochenstundenzahl [46]. Der Kündigungsschutz für Eltern, die sich in der Elternteilzeit befinden, besteht bis vier Wochen nach dem 4. Geburtstag des Kindes [40]. Kritiker bemängeln die Erfordernisse der dreijährigen Betriebszugehörigkeit und der Betriebsgröße von über 20 Mitarbeitern, sowie Schwierigkeiten der Umsetzung des Rechtsanspruchs in den Unternehmen, insbesondere für Führungskräfte [47]; andere befürchten negative Auswirkungen auf die Neueinstellung junger Frauen[48].

Schweiz

Vorlage:Link-Bild-Inline Die eidgenössiche Volksabstimmung über die Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (für Dienstleistende und bei Mutterschaft) vom 26. September 2004 ergab 55% Ja-Stimmen. Das entsprechende Gesetz trat am 1. Juli 2005 in Kraft; seitdem erhalten erwerbstätigen Frauen 14 Wochen nach der Geburt 80% des zuletzt erzielten Lohnes mit einer Grenze von 172 SFr. pro Tag. [49]. Die Schweizer Kantone haben zum Teil großzügigere Bestimmungen; mehr Informationen dazu siehe Schweizer Mutterschaftsversicherung.

Bis Anfang 2005 wurden finanzielle Leistungen während der Zeit des mutterschaftsbedingten Beschäftigungsverbotes, wie auch bei sonstiger Arbeitsunfähigkeit, nur für eine meist kürzere, vom Dienstalter abhängige Zeitspanne gewährt [50]; die Eidgenössische Volksinitiative für einen wirksamen Schutz der Mutterschaft war 1984 gescheitert.

Ein wichtiges Element für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Schweiz sind die betrieblichen Rahmenbedingungen. Die "Plattform für Familie und Beruf" [51]eine Zusammenarbeit des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes, Pro Familia und Pro Juventute, stellt Unternehmen mit familienfreundlichem Profil vor. Darin stechen Merkmale wie individuelle Arbeitszeitmodelle (gleitende Arbeitszeiten, vier-Tage-Woche bei vollem Lohn, Job-Sharing, Teleworking, Heimarbeit, flexible Verteilung der Arbeitszeit über das Jahr, Teilzeitarbeit auch für Führungskräfte), unbezahlte Urlaube, betrieblicher Vaterschaftsurlaub, Kinderbetreuung (etwa Arbeitgeberkrippe und Hort) oder auch das Bemühen um langfristig angelegte und strategisch ausgerichtete familienfreundliche Betriebstrukturen hervor. Diese sind umso wichtiger, als die gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Vereinbarkeit in der Schweiz oft als schwieriger empfunden werden as in anderen Nationen [52]. So stellte auch das Schweizer Bundesamt für Statistik fest, dass Anfang des 21. Jahrhunderts eine zufriedenstellende Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Schweiz weder für Mütter noch für Väter gewährleistet ist [53].

Betrieb, Familie, Dienstleistungen und öffentlicher Raum

Ganz abgesehen von ihrer politischen Dimension stellt das Vereinbaren von Familie und Beruf auch einen Aspekt der Unternehmensstrategie und ein konkrete Herausforderung für berufstätige Eltern dar.

Informationsportale

Eine Vielzahl von Stellen, teilweise mit öffentlichen Mitteln gefördert, bieten zu praktischen Fragen Informationen, Anregungen und Beratung an:

  • Eine alphabetisch und thematisch geordnete Liste relevanter Maßnahmen und verwandter Aspekte wird durch die Initiative berufundfamilie der gemeinnützigen Hertie-Stiftung geführt[54].
  • Das vom Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen geförderte Projekt fast-4ward [55] stellt für Eltern sowie für Arbeitgeber eine umfangreiche Informationssammlung mit Diskussionsforum zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie zur Verfügung.
  • Der Verbund für Unternehmen und Familie e. V.[56] unterstützt familienorientiertes Personalmanagement in den Mitgliedsunternehmen durch Beratung, Qualifizierung, Fachveranstaltungen und Informationen.
  • Das Projekt MittelstandundFamilie, initiiert durch die bundesweite Initiative "Allianz für die Familie", eine Kooperation der Bundesregierung mit den Gewerkschaften und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft, führt eine Liste von Homepages zum Thema Vereinbarkeit [57], mit dem Ziel, Arbeitgeber bei der familienfreundlichen Gestaltung von kleinen und mittelständischen Betrieben zu unterstützen.
  • Das Wiki-Portal hochschulkarriere.de[58] vermittelt Links und Literatur zum Thema Hochschulkarriere mit Kind.

Familienfreundlicher Betrieb

Zu den relevanten Themen rund um den familienfreundlichen Betrieb, die in den oben genannten Informationsportalen behandelt werden, gehören unter Anderem:

  • Teambildung [59], Teamarbeit im gemischten Team [60], Personalführung [60][61];
  • Planung vor Ausfallzeiten durch Mutterschutz oder Elternzeit zur Sicherstellung einer adäquaten Stellvertretung [62], zur Vorbereitung des Wiedereinstiegs [62] und zur Minimierung von Risiken [63]; eventuelle Tätigkeit während der Betriebsfreistellung [59];
  • Gesetzliche Bestimmungen [64];
  • Gestaltung der Arbeitszeiten, beispielsweise abgestufte Teilzeit nach Erziehungsfreistellung als schrittweiser Wiedereinstieg [59];
  • Betriebseigene Kinderbetreuung für Kleinstkinder [59], Verlängerung der Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen [59], Betriebliche Kinderbetreuung in den Ferien [65];
  • Kosten-Nutzen-Analyse betrieblicher Maßnahmen [59];
  • Werbewirksame öffentliche Darstellung als familienfreundlicher Betrieb etwa in Form eines Tages der offenen Tür [59].

Bestrebungen, familienunterstützende Maßnahmen in Betrieben durchzusetzen, insbesondere auch die Wahlmöglichkeit kürzerer und flexiblerer Arbeitszeiten für Männer und Frauen, werden auch unter dem Begriff Work-life-balance thematisiert. Dieser Ausdruck steht für ein anzustrebendes Gleichgewicht zwischen Berufstätigkeit und Familie sowie auch persönlichen Freizeitinteressen. Vereinzelt wird kritisch angemerkt, er impliziere eine private Angelegenheit und Verantwortung und blende den gesellschaftlichen Blickpunkt aus [66].

Herausforderungen innerhalb der Familie und im öffentlichen Leben

Beide Lebensbereiche in Einklang zu bringen stellt Familien vor konkrete Probleme, die flexible Lösungen erfordern.

  • Mobilität der Kinder: Für Kinder im schulpflichtigen Alter stellt sich die Frage des Schulwegs und des Bringens und Abholens für außerschulische Aktivitäten. Je nach am Schulort vorliegendem Angebot an Aktivitäten innerhalb oder außerhalb der Schule und je nach den Möglichkeiten der Kinder, die entsprechenden Orte selbständig zu erreichen, setzen sich Eltern gegebenen Falles als „Elterntaxi“ ein. Offensichtlich spielen dabei das öffentliche Verkehrsnetz oder auch Schulbusse, sowie Schülerlotsen und Verkehrserziehung eine wichtige Rolle. Laut „La città dei bambini“ von Francesco Tonucci[67] hat die von den Bürgern empfundene Sicherheit - im Straßenverkehr sowie in Bezug auf Kriminalität - wichtigen Einfluss darauf, in wie weit sich Kinder im öffentlichen Bereich alleine bewegen können. Verkehrsberuhigungen und Spielstraßen können die Verkehrssicherheit für Kinder verbessern[68]. Somit wirken auch diese Faktoren indirekt, bei Kindern im schulpflichtigen Alter, auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Auch bereits im Kindergartenalter muss das Bringen und Abholen für altersspezifische Nachmittagsaktivitäten organisiert werden. Pädagogische Angebote innerhalb der Kindergärten sind im Hinblick auf Raumbelegung, reibungslosen Ablauf des Kindergartenalltags und Teilnehmerzahl meist eng begrenzt.
  • Hausarbeit: Eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten erleichtert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die meisten Personen (Kunden), erschwert sie aber für die im Handel Angestellten. Eine eventuell resultierende Schließung kleinerer Geschäfte - mancherseits als mögliche Folge einer Flexibilisierung genannt - und daraus resultierende längere Einkaufswege wären auch für Kunden nachteilig. Zusätzliche Optionen bieten Dienstleistungsangebote wie Einkaufen mit Lieferservice oder auch Online-Einkaufen. Die zunehmende Automatisierung im Haushalt zur Erleichterung der Hausarbeit kann unter Umständen dazu führen, dass den Beteiligten mehr Zeit zur Verfügung steht.
  • Unterstützung für Familien: Im Rahmen finanzieller und organisatorischer Möglichkeiten und sofern sie rechtzeitig herangezogen werden, können externe Dienstleistungen (etwa Haushaltshilfe, Babysitter, Gärtnerdienste, Winterdienste, Abhol- und Taxidienste). Einen wichtigen Platz, insbesondere bei der Betreuung und Beaufsichtigung der Kinder, nehmen unbezahlte Unterstützungen ein. In Deutschland werden diese vorwiegend durch die erweiterte Familie, sowie - seltener, zumeist bei unvorhergesehene Situationen - durch das informelle soziale Netzwerk im Wirkungskreis von Freundschaften, der Nachbarschaft oder dem Kollegenkreis geleistet. [30]

Soziale Maßnahmen, die zum Teil durch öffentliche Mittel und Krankenkassen organisiert oder finanziert werden und allgemein familienunterstützend wirken, stellen die vielfältig verfügbaren Angebote zur Stressvermeidung und der Alltagsbewältigung in Familie und Beruf, dar: so gibt es für familiäre Belastungssituationen (etwa psychische Belastung, postnatale Depression, übergroße Müdigkeit, Partnerschaftsprobleme, Schreibaby) neben der ärztlichen Versorgung auch häusliche Hebammenbetreuung, Elternkurse, psychologische Beratung, Stillberatung, Mutter-Kind-Kuren; für Schwierigkeiten auf beruflichen Gebiet (etwa bei psychische Belastungen, Mobbing) gibt es Möglichkeiten des Coachings, der beruflichen Weiterbildung, der psychologischen Beratung und des Teambuildings, die teilweise auch betriebsintern angeboten werden.

Anhang

Siehe auch

Bei der folgenden Stichwortliste geht es darum, nach Themenbereichen geordnet weitere Artikel aufzuzeigen, die im Zusammenhang mit diesem Themenbereich von Interesse sein können - ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Einige Aspekte, die für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf relevant sein können, sind insbesondere:

Referenzen

  1. Die deutsche Mutter, Buch von Barbara Vinken
  2. Familie und Beruf. Eine deutsche Geschichte, Kapitel I. Familienlaborium Deutschland, Michael Opielka, Politik und Zeitgeschichte (B 22-23/2002) (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung)
  3. The New Paradigm Project: Women, Men, Work, Family, and Public Policy, Institute for Women and Work, Cornell University
  4. Neue Studie zeigt Dilemma der Väter zwischen Beruf und Familie, Die Welt, 6. März 2006
  5. Rabenmütter? Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gertrud Nunner-Winkler, Max-Planck-Forschung 2000, Max-Planck-Gesellschaft
  6. Familie und Beruf. Eine deutsche Geschichte, Kapitel II. Die Parteien zwischen Frauenerwerbstätigkeit und Familiengeld, Michael Opielka, Politik und Zeitgeschichte (B 22-23/2002) (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung)
  7. Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Europäische Kommission, Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (in: Kurzer Wegweiser zur EU Beschäftigungs- und Sozialpolitik)
  8. 1.2 Arbeit und Familienleben miteinander vereinbaren, Die Beschäftigungs- und Sozialpolitik der EU im Überblick (Beschäftigung, soziale Angelegenheit und Gleichberechtigung, Europäische Kommission)
  9. Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik
  10. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutschland
  11. "Vereinbarkeit Familie Beruf" des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz]
  12. Familie und Arbeit - Vereinbarkeit erfordert Taten, ZV 5/06, Zentralverband Staats- und Gemeindepersonal Schweiz, Mai 2005
  13. Babies and Bosses, Reconciling Work and Family Life (Vol. 1): Australia, Denmark, The Netherlands, 2002, OECD
  14. Babies and Bosses - Reconciling Work and Family Life (Vol. 2): Austria, Ireland and Japan, 2003
  15. Kinder und Karriere, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Kurzfassung des OECD-Ländervergleichs zu Neuseeland, Portugal und der Schweiz mit besonderer Berücksichtigung der Teile zur Schweiz
  16. Babies and Bosses - Reconciling Work and Family Life (Vol. 3): New Zealand, Portugal, Switzerland, OECD, 2004
  17. Babies and Bosses - Reconciling Work and Family Life (Vol. 4): Canada, Finland, Sweden and the United Kingdom, OECD, 2005
  18. Babies and Bosses: OECD Recommendations to help families balance work and family life, OECD, 2005
  19. Babies and Bosses: OECD Recommendations to Help Families Balance Work and Family Life, OECD, 2004
  20. a b c d e Family-Friendly Policy Can Generate a Range of Benefits to Society, 2002, OECD
  21. Trends and Determinants of Fertility Rates: The Role of Policies (Social, Employment and Migration Working Paper No 27), OECD, 2005
  22. Babies and Bosses, Reconciling Work and Family Life (Vol. 1): Australia, Denmark, The Netherlands, 2002, OECD
  23. a b c Unternehmen Familie. Studie von Roland Berger Strategy Consultants im Auftrag der Robert Bosch Stiftung, 2006
  24. Politik für Familie a la francaise. Was können wir von unseren Nachbarn lernen? Resumé der Veranstaltung vom 5./6. März 2004, St. Martin, Konrad-Adenauer-Stiftung
  25. Charta der Grundrechte der Europäischen Union
  26. Vertrag für eine Verfassung für Europa (pdf)
  27. http://www.bmfsfj.de/Kategorien/Publikationen/Publikationen,did=23758.html
  28. http://www.prognos.com/familienatlas/
  29. http://www.prognos.com/familienatlas/p_familienatlas_karten.html
  30. a b Isolde Ludwig, Vanessa Schlevogt: Bessere Zeiten für erwerbstätige Mütter? Eine neue Balance zwischen Arbeit und Privatleben als Zukunftsmodell für Frauen und Männer, in: WSI Mitteilungen, 3/2002 (abgerufen am 02.20.06)
  31. Mutterschutzgesetz
  32. Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge bei juris.de
  33. Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG)
  34. Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Tagesbetreuungsausbaugesetz - TAG)
  35. http://www.bmfsfj.de/Politikbereiche/Familie/kinderbetreuung.html
  36. Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung
  37. Kinderbetreuungskosten künftig besser absetzbar, BMFSFJ
  38. Umsetzungsbericht 2. Nationaler Aktionsplan für soziale Eingliederung 2003 – 2005, Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz im Auftrag des Ministerrates, Wien, Juni 2005, Abschnitt 4. "Good Practice", Seite 38
  39. a b Umsetzungsbericht 2. Nationaler Aktionsplan für soziale Eingliederung 2003 – 2005, Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz im Auftrag des Ministerrates, Wien, Juni 2005, Abschnitt 3.1.3. "Vereinbarkeit von Familie und Beruf", Seite 17
  40. a b c Elternkarenz bei www.femail.at
  41. Mehr Rechte für Kinder und Jugendliche nötig, Ernst Berger, bei: www.sozialstaat.at
  42. [1]
  43. Bildungsland Österreich - Vom Mittelfeld zur Spitze, Antrag für den Bundeskongress der Grünen am 4./5. März 2006
  44. Österreich >> erfolgreich: Die Halbzeitbilanz des ÖVP-Parlamentsklubs, Dezember 2004
  45. Arbeitsrechtliche Änderungen 2004 und 2005 im Überblick bei www.htv.or.at
  46. Recht auf Elternteilzeit auch in kleinen Unternehmen? bei www.dbj.at
  47. "Elternteilzeit" schwächelt in der Umsetzung bei dieStandard.at, 10.07.2006
  48. Probleme mit der Elternteilzeit bei dieStandard.at, 14.11.2005
  49. Bundesamt für Statistik » Regional » Frauen- und Gleichstellungsatlas Schweiz » Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie » Mutterschaftsversicherung
  50. Babies and Bosses - Reconciling Work and Family Life (Vol. 3): New Zealand, Portugal, Switzerland, Tabelle A.4, Seite 215
  51. "Plattform für Familie und Beruf"
  52. http://www.familienplattform.ch/familienplattform/unternehmen-ibm.htm
  53. Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie, Frauen- und Gleichstellungsatlas Schweiz des Bundesamts für Statistik
  54. Maßnahmen und Anregungen, Initiative berufundfamilie, Hertie-Stiftung
  55. Informationsportal www.fast-4ward.de
  56. Verbund für Unternehmen und Familie e.V.
  57. Homepages zum Thema Vereinbarkeit, MittelstandundFamilie (Projekt initiiert durch die bundesweite Initiative "Allianz für die Familie")
  58. Uni mit Kind, Portal hochschulkarriere.de
  59. a b c d e f g http://www.beruf-und-familie.de/index.php?c=infothek.massnahmen
  60. a b http://www.fast-4ward.de/base/show_cat.php?c=131
  61. http://www.verbund-fuer-unternehmen-und-familie.de/informationen_unter.html
  62. a b http://www.fast-4ward.de/base/show_cat.php?c=129
  63. http://www.fast-4ward.de/base/show_cat.php?c=130
  64. http://www.fast-4ward.de/base/show_cat.php?c=132
  65. Betriebliche Kinderbetreuung in den Ferien: Unternehmen und Beschäftigte profitieren, Erfolgsfaktor Familie, BMFSFJ, Pressemitteilung vom 10. Juli 2006
  66. Elegant, leicht, aber irreführend: `Work-Life-Balance´ - Expertinnen tagten zum Thema „Bildungs- und Karrierewege von Frauen“, Katja Haug, Bildung PLUS, 06.06.2005
  67. Francesco Tonucci, La città dei bambini - Un modo nuovo di pensare la città, Editori Laterza, ISBN 88-420-7551-5, Erstausgabe 2005
  68. Kinderfreundliche Stadtgestaltung, Uta Pioch, Aktiv für Kinder (Projekt des Arbeitskreis Neue Erziehung e.V.)

Länderübergreifend

Einzelne Länder