Sowjetische Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg
Verbrechen der sowjetischen Streitkräfte, die in Europa während und nach dem Zweiten Weltkrieg begangen wurden, werden sowohl in Russland als auch in Teilen Deutschlands noch immer tabuisiert [1] oder (häufiger noch) als Verleumdung abgetan.
Bis auf wenige russische Ausnahmen (Alexander Solschenizyn, Lew Kopelew) stützen sich die Beweise auf deutsche und US-amerikanische Quellen.
Als die Rote Armee 1945 auf deutsches und auf ungarisches Gebiet vorrückte, kam es zu Plünderungen, Vergewaltigungen und Ermordungen von Zivilisten, obwohl die Gesetze der Roten Armee dies offiziell untersagten. Die allgemeine Erklärung geht dahin, dass diese Aktivitäten Rache für auf sowjetischem Gebiet begangene Gräueltaten seitens deutscher Militärs sei. Diese Erklärung wird jedoch zumindest hinsichtlich der Massenvergewaltigungen von dem Militärhistoriker Anthony Beevor bestritten. Seine Nachforschungen ergaben, dass Angehörige der Roten Armee auch russische und polnische Frauen nach ihrer Befreiung aus Konzentrationslagern vergewaltigten.[2] Auch erkannte die sowjetische Führung den Beitritt des Zarenreiches zur Haager Landkriegsordnung nicht als bindend an [3].
Todesopfer unter der Zivilbevölkerung
siehe auch: Treuenbrietzen, Demmin, Nemmersdorf
Vergewaltigungen
Britische Kriegsgefangene sagten nach ihrer Rückkehr aus deutscher Kriegsgefangenenschaft in die britisch besetzte Zone Deutschlands aus : "Im Gebiet um unser Internierungslager, wo die Orte Schlawe, Lauenburg, Buckow...lagen, vergewaltigten die Roten Soldaten in den ersten Wochen nach der Eroberung jede Frau und jedes Mädchen zwischen 12 und 60 Jahren...Väter und Gatten, die versuchten, die Frauen zu schützen, wurden erschossen, und Mädchen, die zuviel Widerstand leisteten, wurden ebenfalls ermordet." [4].
Die unten angegebenen deutschen Quellen schätzen, dass Angehörige der Roten Armee gegen Ende des Zweiten Weltkrieges und in der Zeit nach Beendigung des Krieges über 2 Millionen deutsche Frauen vergewaltigten, Mehrfachvergewaltigungen nicht eingerechnet. Davon starben etwa 200.000 an Verletzungen, wurden ermordet oder begingen Selbstmord. Erst Mitte 1947 versuchte die Führung der Roten Armee, das Problem einzudämmen, [5] dabei reichten die Strafen von Arrest bis zur Hinrichtung. Die Rote Armee wurde räumlich von der Wohnbevölkerung getrennt. Im März 1949 schließlich erließ das Präsidium des Obersten Sowjets einen Erlass, der das Strafmaß vereinheitlichte und erhöhte. Die sowjetischen Besatzungstruppen wurden instruiert, dass die neuen Gesetze auch für sie gelten [6]. Eine Vergewaltigung zog zwingend eine Strafe von 10 bis 15 Jahren Arbeitslager nach sich, schwere Fälle eine Strafe von 10 bis 20 Jahren.
Die Schätzung über die Vergewaltigungsopfer lässt sich wie folgt konstatieren : Ostgebiete: 1.400.000; Sowjetische Besatzungszone ohne Berlin: 500.000; Berlin: 100.000. [7][8][9][10] [11][12] Auch der Historiker Norman Naimark bestätigt die 2 Millionen deutscher Vergewaltigunsopfer [13] [14]. Während des Kampfes um Budapest wurden schätzungsweise 50.000 Frauen vergewaltigt.[15][16]
Solchem Verhalten der Truppe wurde von der Führung nicht genügend entgegengesteuert, im Gegenteil hatte beispielsweise der russiche Schriftsteller Ilja Ehrenburg in einem Flugblatt geäußert: »Die Deutschen sind keine Menschen. Von jetzt ab ist das Wort 'Deutscher' für uns der allerschlimmste Fluch ... für uns gibt es nichts Lustigeres als deutsche Leichen.« Es gibt viele ähnliche Beispiele von anderen Autoren. [17]
Thomas Darnstädt und Klaus Wiegrefe beschreiben die Propaganda der sowjetischen Truppenzeitungen und machen sie mit verantwortlich für Ausschreitungen der sowjetischen Armeeangehörigen : "Etwa die Aufrufe Ilja Ehrenburgs: Wenn Du im Laufe eines Tages einen Deutschen nicht getötet hast, ist Dein Tag verloren. Zähle nicht die Tage,..., zähle nur eins: die von Dir getöteten Deutschen. Töte den Deutschen." [18].
Vertreibungen
Während der Flucht und Vertreibung aus den damaligen deutschen Ostgebieten Schlesien, Ostpreussen und Pommern beschossen Jagdflieger der russischen Armee die Flüchtlingstrecks, Panzer überrollten die Wagen der Flüchtenden, [19] [20], Flüchtlingszüge wurden gestoppt, die Flüchtenden weggetrieben, erschossen, vergewaltigt. [21].
Völkerrechtswidrige Behandlung von Kriegsgefangenen
siehe auch: Katyn
Die sowjetische Führung war der Genfer Kriegsgefangenen-Konvention (Genfer Konvention) von 1929 nicht beigetreten.
Plünderungen und Beutekunst
siehe auch: Schatz des Priamos
Von 1945 bis 1947 wurden durch sowjetische "Trophäenkommissionen" zahlreiche deutsche Kulturgüter beschlagnahmt und als Beutekunst in die UdSSR verbracht. In einem deutsch-russischen Vertrag wurde vereinbart, "unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter an den Eigentümer" zurückzugeben. Ein geringer Teil wurde bisher bereits zurückgegeben. In der Folgezeit führte jedoch die Handhabe der Beutekunst zu massiven innenpolitischen Auseinandersetzungen in Russland. Mehrfach erklärte die Duma gegen den Widerstand von Präsident Boris Jelzin die Beutekunst zum ständigen Eigentum Russlands. Die Beutekunstfrage gilt als das einzige derzeit noch ungelöste Problem in den deutsch-russischen Beziehungen.
Sowjetrussische Propaganda
Nationalsozialistische Propaganda
In Polen
Die Rote Armee setzte ihre im Bürgerkrieg bewährte Geiselnahme von Zivilisten im Polnisch-Sowjetischen Krieg von 1920 fort, um Widerstand von Freischärlern zu bekämpfen. In einem Fall wurden diese Geiseln sogar zu militärischen Übungszwecken mit Säbeln ermordet. Ausserdem nahmen die Bolschewiki keine Gefangenen, wenn sie keine Möglichkeit sahen, diese nach dem Gefecht entsprechend zu sichern. Kurz vor dem Rückzug aus Grodno ermordeten die Sowjets sämtliche polnischen Gefangenen in der Stadt [22].
Nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Ostpolen 1939 versuchten viele Polen, dem Zugriff des sowjetischen NKWD durch Flucht zu entkommen, wurden jedoch meist von sowjetischem Militär verhaftet und anschließend nach Sibirien deportiert [23].
Auch nach der Potsdamer Konferenz und dem Abschluß des Grenzvertrages zwischen der Polnischen provisorischen Regierung und der Sowjetführung, durch den die polnische Bevölkerung bei der Westverschiebung Polens aus den östlichen Gebieten Polens in die westlichen neu hinzugekommenen Gebiete transportiert wurde, arbeiteten sowjetische Armee und NKWD zusammen. So beteiligten sich Rotarmisten gemeinsam mit Angehörigen des NKWD an Ausplünderungen von Transportzügen [24].
Besetzung Ungarns
Der ungarische Historiker Kristian Ungvary gibt an, dass den Soldaten der Roten Armee bei der Besetzung Ungarns gegen Ende des Zweiten Weltkrieges von der Armeeführung erlaubt worden sei, "drei Tage lang zu rauben, zu plündern und zu vergewaltigen", Kriegsgefangene seien massenhaft exekutiert worden. Ungvarys Angaben zufolge wurden Kunstwerke aus Museen sowie Bankvermögen geraubt. Auch die bedeutenden Kunstsammlungen, die der ungarische Staat zuvor ungarischen jüdischen Eigentümern entzogen hatte, hätten der Beschlagnahme unterlegen und seien in die Sowjetunion verbracht worden.
Die Armeeführung habe sich ab Februar 1945 bemüht, Notzuchtverbrechen einzuschränken. Bis dahin seien Tausende ungarische Frauen von Angehörigen der Roten Armee vergewaltigt worden [25].
Verhalten in Afghanistan
Während der Besetzung Afghanistans 1979 soll es zu Folterungen und weiteren Menschenrechtsverletzungen sowie Kriegsverbrechen durch die sowjetische Armee gekommen sein [26]. So schreibt Amnesty international in seinem Länderbericht vom 11. Januar 2001 : " Bei der Verfolgung ihres Zieles, die Mujaheddin zu zerschlagen, begingen die afghanische Regierung und die sowjetischen Streitkräfte schwere Menschenrechtsverletzungen, u.a. auch häufig angewandte Folterungen und Hinrichtungen. Berichten zufolge führten sie in ländlichen Gebieten wahllos Bombardements aus der Luft durch. 1989 berichtete der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), dass mehr als fünfeinhalb Millionen Afghanen zu Flüchtlingen geworden waren. (UN High Commissioner for Refugees, The State of the World's Refugees: Fifty Years of Humanitarian Action, 2000 (Oxford Unviersity Press), page 119)
Während der sowjetischen Besatzung waren Tausende von politischen Gefangenen inhaftiert. Unter ihnen befanden sich gewaltlose politische Gefangene, die wegen gewaltloser Opposition zur Regierung und ihres Eintretens für Friedensverhandlungen festgenommen worden waren und ohne Anklage festgehalten oder nach unfairen Gerichtsverfahren ohne Recht auf Verteidigung oder Berufung verurteilt wurden."
Strafverfolgung durch internationale Militärgerichtsbarkeiten
siehe auch: Nürnberger Prozesse, Katyn
Quellen
- ↑ Russians angry at war rape claims Telegraph.co.uk 01/25/2002
- ↑ Red Army troops raped even Russian women as they freed them from camps
- ↑ Haager Landkriegsordnung
- ↑ Congressional Record, Senate, Washington, 4. 12.1945, S. 11374 in : Alfred M. de ZayasDie Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen, Ullstein, 1988
- ↑ Hubertus Knabe Tag der Befreiung? Das Kriegsende in Ostdeutschland, Propyläen 2005, ISBN 3549072457
- ↑ Hubertus Knabe Tag der Befreiung? Das Kriegsende in Ostdeutschland, Propyläen 2005, ISBN 3549072457
- ↑ Bundesarchiv Koblenz [1], Ostdokumentensammlung , Ost-Dok. 2 Nr. 8,13,14; Ost-Dok.2/51, 2/77,2/96
- ↑ Bundesarchiv/Militärarchiv Freiburg [2], Akten Fremde Heere Ost, Bestand H3, Bd. 483, 657, 665, 667, 690
- ↑ Archiv der Charité and Landesarchiv Berlin[3]
- ↑ Helke Sander and Barbara Johr. BeFreier und Befreite. Krieg, Vegewaltigung, Kinder Fischer Taschenbuch Verlag (2005), ISBN 3-596-16305-6
- ↑ Franz W. Seidler and Alfred M. de Zayas. Kriegsverbrechen in Europa und im Nahen Osten im 20. Jahrhundert Hamburg-Berlin-Bonn (2002), S.122, ISBN 3-8132-0702-1
- ↑ Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa, 5 Bde, 3 Beihefte, Bonn 1953-1961
- ↑ Naimark, Norman N. Die Russen in Deutschland. Die sowjetische Besatzungszone 1945 bis 1949 Propyläen 1999, ISBN 3548265499
- ↑ William I. Hitchcock The Struggle for Europe The Turbulent History of a Divided Continent 1945 to the Present ISBN: 978-0-385-49799-2 (0-385-49799-7)
- ↑ Mark, James "Remembering Rape: Divided Social Memory and the Red Army in Hungary 1944-1945" Past & Present - Number 188, August 2005, pp. 133
- ↑ "The worst suffering of the Hungarian population is due to the rape of women. Rapes - affecting all age groups from ten to seventy are so common that very few women in Hungary have been spared." Swiss embassy report cited in Ungváry 2005, p.350. (Krisztian Ungvary The Siege of Budapest 2005)
- ↑ Die große Flucht aus dem Osten http://alfreddezayas.com/Chapbooks/Flucht_de.shtml#
- ↑ Thomas Darnstädt, Klaus Wiegrefe "Vater, erschieß mich!" in Die Flucht, dtv und SPIEGEL-Buchverlag, ISBN 3423341815
- ↑ ARD 60 Jahre Kriegsende
- ↑ Thomas Darnstädt, Klaus Wiegrefe "Vater, erschieß mich!" in Die Flucht, dtv und SPIEGEL-Buchverlag, ISBN 3423341815
- ↑ Thomas Darnstädt, Klaus Wiegrefe "Vater, erschieß mich!" in Die Flucht, dtv und SPIEGEL-Buchverlag, ISBN 3423341815
- ↑ Davies, Norman : White Eagle - Red Star, Pimlico, London 2003, S. 238ff
- ↑ Thomas Urban Der Verlust, Verlag C. H. Beck 2004, ISBN 3406541569
- ↑ Thomas Urban Der Verlust, Verlag C. H. Beck 2004, ISBN 3406541569
- ↑ Kristian Ungvary Sowjetische Verbrechen nach der Besetzung Ungarns in Franz W.Seidler, Alfred M.de Zayas Kriegsverbrechen in Europa und im Nahen Osten im 20. jahrhundert, Verlag Mittler, Hamburg, Berlin, Bonn 2002, ISBN 3813207021
- ↑ Amnesty international Länderbericht vom 11. Januar 2001
Literatur
- Elizabeth B. Walter, Barefoot in the Rubble 1997, ISBN 0-9657793-0-0
- Marta Hillers, A Woman in Berlin: Six Weeks in the Conquered City Translated by Anthes Bell, ISBN 0-8050-7540-2
- Beevor, Antony. Berlin: The Downfall 1945, Penguin Books, 2002, ISBN 0-670-88695-5
- Max Hastings Armageddon: The Battle for Germany, 1944-1945, Chapter 10: Blood and Ice: East Prussia ISBN 0-375-41433-9
- John Toland The Last 100 Days, Chapter Two: Five Minutes before Midnight ISBN 0-8129-6859-X
- Alfred-Maurice de Zayas A Terrible Revenge: The Ethnic Cleansing of the East European Germans, 1944-1950
- Franz W. Seidler Verbrechen an der Wehrmacht, Selent: Pour le Mérite, 1998 und 2000, 2 Bände, ISBN 3932381033 und ISBN 393238105X
Externe Links
- Swiss Legation Report
- German rape victims find a voice at last, Kate Connolly, The Observer,
- "They raped every German female from eight to 80", Anthony Beevor, The Guardian,
- Remembering Rape: Divided Social Memory and the Red Army in Hungary 1944–1945, James Mark, Past & Present (2005))
- Excerpt, Chapter one The Struggle for Europe: The Turbulent History of a Divided Continent 1945-2002 - William I. Hitchcock - 2003 - ISBN 0-385-49798-9 )
- http://alfreddezayas.com/Chapbooks/Flucht_de.shtml
- http://hungarianconsulate.co.nz/mszo82/82_en_4.html
- HNet review of The Russians in Germany: A History of the Soviet Zone of Occupation, 1945-1949.