Hutewald

Waldweide mit typischen Spuren von Verbiss an Bäumen
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Die Hutung oder Waldmast ist eine Weidewirtschaftsform der Großtierhaltung.

Hutung leitet sich von „Vieh hüten“ ab: Bei dieser Art der Haltung wird das Vieh, meist Schweine, Hausrinder oder Pferde, in den Wald getrieben, wo es sich hauptsächlich von Baumfrüchten (z. B. Eicheln, Bucheckern), von Pilzen, Wildkräutern oder den Trieben und Knospen junger Bäume ernährt.

Daneben bezeichnet Hutung auch die für Waldmast vorgesehenen Areale, die auch Waldweide oder Hutewald, Hudewald genannt werden. Überreste derselben sind heute als Hutebaum erhalten.

Der Hutewald

Hutewälder sind licht bis räumdig[1], da durch die Beweidung die natürliche Verjüngung verhindert wird. Die nicht weideharte, krautige Vegetation wird häufig vernichtet. Die Artenzusammensetzung ändert sich hin zu lichtliebender Bodenvegetation. Die wenigen Bäume - oft mächtige, jahrhundertealte, zerklüftete und bereits sterile Eichen - bilden große ausladende Kronen aus. Da im 19. Jahrhundert fast überall in Mitteleuropa die Waldweide wegen ihrer schädlichen Auswirkung auf den Wald, gesetzlich verboten wurde, gibt es hierzulande heute nur noch wenige der vor allem im Mittelalter und in der Neuzeit entstandenen Hutewälder.

Auswirkungen der Hutung auf die Landschaft

Bei intensiver Waldweide entstehen Heiden oder Wiesen als anthropo-zoogenene Pflanzengesellschaften mit bedornten Pflanzen wie z.B. Schlehe, Pflanzen mit ätherischen Ölen, wie Wacholder (Wacholderheiden), Minze etc. Bei stärkerer Beweidung entstehen Weiden, siehe auch: Überweidung. Der Erhalt einer Hutung setzt längere Phasen (also 20 bis 100 Jahre) der Wiederbewaldungen, gefolgt von Wiederaufnahme der Beweidung voraus, da sowohl beim Ausbleiben als auch beim Einstellen der Nutzung der Hutewald verschwindet.

 
Hutewald im Reinhardswald

Daher findet man in heutigen Wäldern manchmal einzelne alte Bäume, meist Eichen oder Rotbuchen mit ausladender Krone, als Hutbaum bezeichnet, die lange als Solitär in Hutungen standen. So gibt es beispielsweise im sogenannten "Urwald" im polnischen Białowieża-Nationalpark solche Bäume, deren Entstehung auf die alte Bewirtschaftsform der Waldweiden zurückgehen könnte.

Geschichte

Die Hutung ist eine sehr alte Form der Landnutzung, die bereits in der Antike betrieben wurde. Im Mittelalter wurde sie in der Nähe der Siedlungen ausgeweitet. Die Hutewäldern wurden häufig gerodet, um sie als Acker oder Grünland zu nutzen. Im Hochmittelalter bedeckten im dicht besiedelten Mitteldeutschland zwischen den Siedlungen und Feldfluren Hutewälder große Flächen.

Nach den Wüstungen der Pestperioden und nach dem 30-jährigen Krieg wurde in der Neuzeit wieder verstärkt das Vieh in die Wälder getrieben, sodass eine neue "Hutewaldperiode" begann, die auch in Pollenanalysen nachweisbar ist. Das Ende der Hutewälder begann bereits im 17. Jahrhundert durch das Verbot ungeregelter Waldnutzungen. Holz wurde knapp, Hutewälder wurden weiter gerodet oder wegen der Holznot aufgeforstet. Die Landwirtschaft entwickelte sich weiter, steigende Preise machten intensiveren Ackerbau lohnender - später wurden ehemalige Hutewälder gerodet.

 
Dehesa in Spanien

Im Reinhardswald in Nordhessen waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts große Flächen durch übermäßige Viehweide devastiert, so dass sie teilweise entwaldet waren. In der Folge wurden gezielt Hutewälder mit Eichen angelegt, die durch ihre Mast die Fütterung des Viehs gewährleisten und Holz produzieren sollten. Die Bäume wurden in einem Verband von 12x8 oder 12x6 m gepflanzt. Noch heute sind aus dieser Zeit etwa 600 ha Hutebestände vorhanden, die unter Schutz stehen.

Noch heute gibt es wirtschaftlich bedeutsame Hutewälder bspw. in Zentral- und Südwestspanien (dort dehesas genannt).

Siehe auch

Hutewälder in Deutschland:

Literatur

Einzelnachweise

  1. zum Begriff „räumdig“ siehe Diskussion:Hutewald#Quellen zu "Räumdig"