Schuhmacher

Handwerker, der Schuhe in Handarbeit herstellt und repariert
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Schuhmacher (offizielle Bezeichnung; von althochdeutsch „skuohbuozo“; nhd. »Schuhbosser« = Schuhmacher) ist ein Handwerksberuf, der der Herstellung und Reparatur von Schuhen dient. Synonym wird die Bezeichnung Schuster für diesen Handwerker verwendet.

Schuhmacher um 1568

Offizieller Feiertag: 25. Oktober (Es wird des Schutzheiligen der Schuhmacher und Gerber, Sankt Crispin, gedacht.)

Aufgaben des Schuhmachers

 
Der Schuhmacher (aus Was willst du werden, um 1880)

Auf den Schuhmacher kommen in der Praxis mehr Aufgaben als „nur“ die Herstellung und die Reparatur von Schuhen zu. Das Spektrum seiner Aufgaben umfasst folgende Kerngebiete:

  • Schuhherstellung - heute nur noch Maßschuhmacher oder Orthopädieschuhmacher
  • Schuhreparatur - alle Schuhmacher
  • Kundenberatung - engagierte Schuhmacher (Schuh-/Lederpflege, Furnituren- und Passformberatung)
  • Verkauf - alle Schuhmacher (Furnituren und teils auch Schuhe)

Je nach Reparaturbetrieb werden auch einige Täschner- und Sattlerarbeiten angeboten.

Insbesondere die Beratung seiner Kunden ist eine wichtige Aufgabe, da niemand außer dem Schuster sowohl von der handwerklichen Seite als auch hinsichtlich fußorthopädischer Fragestellungen und andere die Schuhtragepraxis betreffenden Faktoren so viel Fachwissen hat. Sicher hat ein Facharzt für Orthopädie mehr Kenntnisse die Fußgesundheit betreffend, doch der Schuhmacher ist das erste Glied in dieser Kette: er vermag einfachere Problemstellungen der Fußgesundheit hinreichend genau zu erfassen, so dass er den Kunden hilfreich zu beraten vermag, was unter Umständen auch den Rat zu einer ärztlichen Untersuchung einschließt.

Weil der Schuhmacher als Fachmann den Kunden nicht nur zu Fragen der Schuhreparatur kompetenter Partner ist, sondern darüber hinaus auch fachliche Tipps zur Schuh- und Lederpflege zu geben vermag, ist er für den Endverbraucher ein wichtiger Ratgeber wenn es um Schuhe geht. Anhand der individuellen Abnutzung getragener Schuhe des Kunden sowie eventuell die in Augenscheinnahme dessen Füße, vermag der Fachmann kompetente Hinweise zur Lösung von Passformproblematiken und Tragekomfortmerkmalen zu geben. In seinen Aufgabenbereich fallen auch Serviceleistungen wie beispielsweise das Durchführen von Hochglanzpolituren, das Erstellen eines Antikfinishs oder das Entfernen von Flecken im Oberleder, Umfärben von Schuhen etc.

 
Manuelle Schuhherstellung: Über den Leisten gezwickter und an der Brandsohle befestigter Schaft (Schuh von der Unterseite betrachtet)

So ist der Schuster für den Endverbraucher mit Fragen rund um den Schuh (und Leder) der wichtigste Ansprechpartner. Um derartige Aufgaben verlässlich erfüllen zu können, bedarf es einer soliden handwerklichen Ausbildung, mehrjähriger Erfahrung und nicht zuletzt auch einer gewissen Liebe zum Beruf. Denn um sein Wissen auf Stand zu halten bleibt oft nur die Freizeit, in der der Fachmann sich fortbildet, Fachzeitschriften und Bücher zum Thema liest oder sich mit Kollegen austauscht.

Situation

Das ehemals viele Beschäftigte aufweisende Handwerk (alle Schuhe wurden früher manuell gefertigt) ging mit der Einführung der maschinellen Schuhproduktion ab etwa 1870 stark zurück. Heute arbeiten neben den in der Industrie beschäftigten Schuhmachern und den Orthopädieschuhmachern die Meister und Gesellen fast ausschließlich als Reparaturschuhmacher (so genannter Flickschuster).

Weil die überwiegende Zahl der heutigen Schuhe nur noch geklebte Massenware darstellt, wird auch fast nur noch derartiges Schuhwerk repariert, so dass der Schuhmacher nur noch selten hochwertige, genähte (zum Beispiel rahmengenähte) Schuhe zur Reparatur erhält. So kommt es, dass nur noch eine Minderheit der Schuhmacher vom Maschinenpark und auch von ihrer handwerklichen Übung und den zugehörigen Kenntnissen her (zur Meisterprüfung ist es keine Pflicht, einen genähten Schuh zu bauen) in der Lage ist, hochwertiges Schuhwerk angemessen in Stand zu setzen. Denn die überwiegenden Reparaturen sind Klebearbeiten. Nur die Maßschuhmacher, Orthopädieschuhmacher und die selten gewordenen angestellten Schuhmacher in Theatern oder die Ballettschuhmacher in Opernhäusern erfüllen noch die Berufsbezeichnung „Schuhmacher“ im Wortsinn.

Auf den zunehmenden Wandel der Marktgegebenheiten (die meisten Schuhschäfte sind inzwischen nicht mehr aus Leder und die meisten Schuhe werden aus fernöstlichen Ländern als Billigware importiert) der bereits mit den neuen Möglichkeiten der Schuhherstellung (AGO-Schuhe und Direktbesohlung als verbreitete Machart) spätestens seit dem zweiten Weltkrieg einsetzte und sich nach wie vor weiter voran schreitet, hat das Schuhmacherhandwerk nicht ausreichend flexibel reagiert. Man verharrte in alten Strukturen und Gewohnheiten. Nicht zuletzt, so die Meinung vieler Schuhmacher, führen auch die herrschenden Organisationsstrukturen (die Schuhmacherinnung, so wie sie sich zur Zeit vielerorts darstellt) dieses Handwerks vermehrt zu einer Lähmung.

In Deutschland ist von der Zulassung von Nicht-Meistern zu einigen Handwerksberufen auch das Schuhmacherhandwerk betroffen. So nahmen in den letzten Jahren die Schuhbars (Schnellreparatur-Services à la Mr. Minit) zu und die mehr und mehr um Nachwuchs besorgten Meisterbetriebe ab. In Betriebszahlen ausgedrückt, sind in Deutschland 3.759 Schuhmacherbetriebe in der Handwerksrolle eingetragen. Hinzu kommen die 1.232 Betriebe ohne Meister, die nur "einfachere Reparaturen" ausführen dürfen. Zusammengenommen ergeben sich somit 4.991 Betriebe. (Statistik des Deutschen Handwerkskammertages Mitte 2005) Das entspricht einem statistischen Mittel von einem Betrieb für die Versorgung von etwa 16.000 Einwohnern.

Auswege aus der Situation

Spricht man mit Schuhmachern, wird die allgemeine Situation von den meisten beklagt. Doch statt kreativ nach neuen Möglichkeiten zu suchen und sein Auskommen rund um das Thema Schuhe zu verdienen (und sei es beispielsweise mit einem Schuhputzserviceangebot), sucht man vielfach durch berufsfremde Tätigkeiten, wie das Gravieren von Schildern oder das Nachmachen von Schlüsseln, verlorengegangene Umsätze wieder auszugleichen.

Dennoch versucht man seit der Jahrtausendwende im Schuhmacher-Handwerk verstärkt, neue Wege zu gehen und traditionelle Strukturen zu reformieren. So haben sich beispielsweise in Deutschland die mit dem Schuhhandwerk verbundenen Frauen in dem Verein „Fachfrauen e. V.“ zusammengeschlossen und treffen sich einmal jährlich. Und seit dem Jahr 2003 bündeln eine Gruppe von Meistern ihre gemeinsamen Interessen, versuchen ihre Situation zu verbessern und eine Vorwärtsbewegung in das Schuhmacher-Handwerk zu bringen. Die daraus resultierende bundesweite „Blakebest“-Vereinigung (siehe Weblink) trifft sich regelmäßig an wechselnden Orten zu lockeren Seminarwochenenden und steht allen interessierten Schuhmachern offen. Dort tauscht man sich dann untereinander aus, lädt Fachleute zu Vorträgen, plant gemeinsame Einkäufe und Aktionen. Eine ähnliche Entwicklung haben übrigens auch die österreichischen Maßschuhmacher dank der Initiative von Dr. Materna (Wien) und Karl Ivants (Baden) seit ein paar Jahren erfahren. Auch dort hat man erkannt, das man mit einer Zusammenarbeit weiterkommt, als wenn jeder für sich allein den Weg sucht. So werden Erfahrungen weitergegeben und auch sehr fachspezifische Herstellungsarten diskutiert. Man lernt voneinander und alle profitieren davon.

Ausbildung

Die Ausbildungsdauer zum Schuhmacher beträgt in Deutschland 3 Jahre (Orthopädie-Schuhmacher 3 1/2 Jahre). Diese kann aber durch eine Fachhochschulreife auf 2,5 Jahre verkürzt werden.

Wortherkunft und Bezeichnung des Handwerkers

Schuhmacher und Schuster sind zwei gängige Bezeichnungen für ein und den selben Handwerker. Die Bezeichnung Schuster kommt von althochdeutsch sutari, das wiederum aus dem Lateinischen sutor = "Näher" stammt. Erst im 5. vorchrislichen Jahrhundert trennte sich der Beruf des Gerbers von dem des Schusters. Im Altgriechischen spricht man vom Lederarbeiter oder Lederschneider, wenn man den Schuhmacher meint; im Lateinischen nennt man ihn Ledernäher (sutor). Das hing mit der Art der Hauptfußbekleidung der Römer zusammen, dem Calceus, wo das Zusammennähen der Schaftteile einerseits und von Schaft und Boden andererseits die Haupttätigkeit darstellten. Um sich vom rangniederen Sandalenmacher (sandalarius) abzugrenzen, ließen sich die römischen Schuster auch gerne calceolarius nennen. Neben diesen, neues Schuhwerk produzierenden Handwerkern (heute im weitesten Sinn vergleichbar den Maßschuhmachern und Orthopädieschuhmachern), gab es noch die Flickschuster (sutor cerdo oder sutriballus), deren Aufgabe die Ausbesserung getragener Schuhe war. Damals wie heute von allen Schustertätigkeiten die verbreitetste. Und damals wie heute haben einige Mitglieder des Schuhmacherhandwerks Probleme mit der Bezeichnung „Schuster“ und achten darauf sich „Schuhmacher“ zu nennen - ungeachtet der Tatsache, ob sie Schuhe machen oder reparieren.

Handwerkszeug

Pfriem, Ahle (Nagelort, Plattort, Querort), Leisten, Brenneisen, Rißöffner, Brandsohlenhobel, Putzholz, Leistenhaken ...

Literatur

  • Schuhmacherin/Schuhmacher: Ausbilden leicht gemacht, Erläuterungen und Praxishilfen, BW Bildung und Wissen Verlag, Nürnberg, 2005, 90 S., ISBN 3-8214-7161-1. Umfassende Information einschließlich der aktuellen Ausbildungsordnung.
  • Helge Sternke: Alles über Herrenschuhe. Nicolai Verlag, Berlin, 2006, 560 S., 450 Abb., ISBN 3-89479-252-3.
Ein eigenes Kapitel beschäftigt sich mit der Schuhreparatur und Tipps, wie ein kompetenter Schuhmacher zu finden ist.
  • Paul Weber: Der Schuhmacher - Ein Beruf im Wandel der Zeit. AT-Verlag, Aarau/Stuttgart, 112 S., 1988, ISBN 3-85502-316-6.