Inländer

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 30. März 2022 um 11:38 Uhr durch Claus aus Leipzig (Diskussion | Beiträge) (Inländer gemäß Erbschaftssteuergesetz: Körperschaften etc. eingefügt.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Inländer werden sind je nach Kontext natürliche, juristische Personen und wirtschaftliche Einheiten bezeichnet, die bestimmte Kriterien erfüllen.

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen

Im Kontext der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen wird das Wort Inländer wie auch das Wort Gebietsansässiger abkürzend für den im System of National Accounts – SNA 2008 definierten Begriff resident insitutional unit benutzt, der im Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen – ESVG 2010 mit gebietsansässige institutionelle Einheit übersetzt wird.[Anmerkung 1]

Diese Verwendung wird durch die folgenden Beschreibungen des Bruttonationaleinkommens deutlich.

Während es im SNA 2008 heißt[1]

Thus GNI [gross national income] is the sum of gross primary incomes receivable by resident institutional units or sectors.

übersetzt:

Somit ist das BNE [Bruttonationaleinkommen] die Summe der Bruttoprimäreinkommen, die von gebietsansässigen institutionellen Einheiten oder Sektoren bezogen werden.

schreibt das Statistische Bundesamt:[2]

Das Bruttoinlandsprodukt bezieht sich auf wirtschaftliche Vorgänge im Wirtschaftsgebiet und misst die wirtschaftliche Leistung im Inland. Dagegen stellt das Bruttonationaleinkommen eine Größe dar, die die wirtschaftliche Leistung der Inländer erfasst. Als Inländer gelten in diesem Zusammenhang alle Gebietsansässigen eines Wirtschaftsgebietes unabhängig von der Staatsangehörigkeit und der Rechtsform.

Betrachtete Wirtschaftsgebiete müssen hierbei keine Länder sein. So wird auch das Bruttoinlandsprodukt europäischer Regionen ausgewiesen.

Laut ESVG 2010 sind hierbei institutionelle Einheiten „wirtschaftliche Einheiten, die Eigentümer von Waren und Vermögenswerten sein können und eigenständig Verbindlichkeiten eingehen, wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben und Transaktionen mit anderen Einheiten vornehmen können“.[3] Hierzu zählen insbesondere natürliche Personen, juristische Personen (des privaten und des öffentlichen Rechts) und Personengesellschaften.

Im Sinne der oben angegebenen Verwendung der Worte Inland und Inländer wird auch gesagt, das Bruttoinlandsprodukt basiere auf dem Inlandsprinzip, während das Bruttonationaleinkommen auf dem Inländerprinzip beruhe.

Wirtschaftliche Einheiten, die nicht gebietsansässig sind, werden auf Englisch non-resident units und auf Deutsch gebietsfremde Einheiten genannt.[4] Gebietsfremde Einheiten werden vom Statistischen Bundesamt auch Gebietsfremde genannt, hierfür wird auch das Adjektiv „ausländisch“, seltener das Substantiv „Ausländer“ benutzt.[2] Die Zusammenfassung der gebietsfremden institutionellen Einheiten wird übrige Welt genannt.[5]

EU-Inländer und EU-Ausländer

In der Politik- und Mediensprache innerhalb der Europäischen Union (EU) werden Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates als „EU-Ausländer“ und ihre Staaten als „EU-Ausland“ bezeichnet, um sie von „Inländern“ im engeren Sinne und von Staatsangehörigen von „Drittstaaten“ bzw. „Drittländern“ zu unterscheiden. Die Amts- und Rechtssprache unterscheidet dagegen nur zwei Kategorien: „EU-Nationals“ und „Non-EU-Nationals“ (z. B. Passkontroll-Schalter auf Flughäfen).

Es kann je nach Kontext rechtlich unsinnig sein, dass die EU-Bürger, die verfassungsmäßig dieselbe Unionsbürgerschaft, dieselben EU-Reisepässe haben und in derselben Verfassungs- und Rechtsordnung leben, gegenseitig als „EU-Ausländer“ bezeichnet werden.

Inländer gemäß Erbschaftssteuergesetz

Das deutsche Erbschaftssteuergesetz definiert den Begriff des Inländers in § 2 Abs. 1 ErbStG. Als Inländer gelten hiernach insbesondere „natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben“, sowie „Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben“. Inländer unterliegen dabei der unbeschränkten Steuerpflicht.

Inländer im Außenwirtschaftsrecht

Im deutschen Außenwirtschaftsrecht sind Inländer entsprechend der Begriffsbestimmungen in § 2 Abs. 15 AWG

  • natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland,
  • juristische Personen und Personengesellschaften mit Sitz oder Ort der Leitung im Inland,
  • Zweigniederlassungen ausländischer juristischer Personen oder Personengesellschaften, wenn die Zweigniederlassungen ihre Leitung im Inland haben und es für sie eine gesonderte Buchführung gibt,
  • und Betriebsstätten ausländischer juristischer Personen oder Personengesellschaften im Inland, wenn die Betriebsstätten ihre Verwaltung im Inland haben.

Ausländer sind entsprechend der Begriffsbestimmungen (natürliche und juristische) „Personen und Personengesellschaften, die keine Inländer sind“.

Bis 2013 wurde anstelle des Begriffs des Inländers der Begriff des Gebietsansässigen und anstelle des Begriffs des Ausländers der Begriff des Gebietsfremden benutzt, wobei hier allerdings anstelle des Inlands das sogenannte Wirtschaftsgebiet zugrunde gelegt wurde, das aus der Bundesrepublik Deutschland und den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg bestand (§4 Abs. 1 AWG in der Fassung von 2009).[6]

Umgangssprachliche Bedeutung

In der Umgangssprache wird dieses Wort mit negativer Konnotation auch als Gegenteil von Ausländer verwendet. Umgekehrt wird in der Rechtswissenschaft neuerdings der Begriff „De-facto-Inländer“ für solche „Ausländer“ verwendet, die mehr oder weniger lange und integriert im Inland leben, ohne die Staatsbürgerschaft des jeweiligen Landes zu besitzen.

Literatur

  • Gerold Schmidt, Sprachwandel und Sprachneubildung durch die Vereinigung Europas, in: Muttersprache, 84. Jg. 1974, S. 409–419
  • Ders., EU-Inländer, in: General-Anzeiger, Bonn, v. 11. März 2008 S. 15
Wiktionary: Inländer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Anmerkungen

  1. Die Parallelität zwischen „resident institutional unit“ und „gebietsansässige institutionelle Einheit“ zwischen ESA 2008 und ESVG 2010 ist jedoch gerade bei der Definition des Nationaleinkommens durchbrochen. Während es im ESA 2008 (in Punkt 8.94) heißt: „Gross (or net) national income (at market prices) represents total primary income receivable by resident institutional units“, heißt es im ESVG 2010 nur: „Das Nationaleinkommen (brutto oder netto) zu Marktpreisen ist gleich dem von den gebietsansässigen Einheiten per saldo empfangenen Primäreinkommen“. Das französische SEC 2010 folgt ESA 2010: „Le revenu national brut (ou net) (aux prix du marché) représente l’ensemble des revenus primaires reçus par les unités institutionnelles résidentes“

Einzelnachweise

  1. System of National Accounts – SNA 2008. S. 34, 2.143 (un.org [PDF]).
  2. a b Statistisches Bundesamt: Inlandsprodukt und Nationaleinkommen nach ESVG 2010 – Methoden und Grundlagen. In: Fachserie 18 – Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen. Reihe S. 30, 2016 (destatis.de).
  3. Eurostat: Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen – ESVG 2010. S. 14, Punkt 1.57 (europa.eu [PDF]).
  4. Eurostat: Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen – ESVG 2010. S. 14, Punkt 1.62 (europa.eu [PDF]).
  5. Eurostat: Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen – ESVG 2010. S. 14, Punkt 1.57 (europa.eu [PDF]).
  6. § 4 - Außenwirtschaftsgesetz. In: butzer.de. Abgerufen am 30. März 2022.