Kniesenack-Bier

Bier
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. März 2022 um 23:51 Uhr durch MVmath20 (Diskussion | Beiträge) (Altdeutsche Bierstube Kniesenack). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das Kniesenack-Bier war ein historisches Bier, welches seit dem Mittelalter im mecklenburgischen Güstrow gebraut wurde. Daneben war im 16. und 17. Jahrhunderts aus Güstrow auch das Bernausche Bier aus sehr bekannt.[1] Über die Entstehung des Namens ist nichts genaues bekannt. Kniesenack könnte in etwa „Fürstenbier“ bedeuten. Im slawischen ist "Knäs" (der Herr) und "nack" (das Bier). Das Kniesenack-Bier wird als starkes, kräftiges, vermutlich obergäriges Bier bezeichnet, das rein aus Gerste gebraut wurde. Das Malz soll gut geröstet und nicht zu fein gemahlen gewesen sein. Also ein "Braunbier", lange gelagert, schwach gehopft und trübe.[2]

Kniesenack-Bier - Werbung der Brauerei Sagemüller
Altdeutsche Bierstube Kniesenack um 1920


Eingang zur Kniesenack-Gaststätte 1990
Bierglas Kniesenack

Geschichte des Kniesenack-Bieres

Der Überlieferung nach ist das Kniesenack schon zu wendischen Zeiten in Güstrow gebraut worden. Dies lässt sich jedoch nicht sicher belegen.[3] Kniesenack war früher in ganz Deutschland, besonders an den Universitäten, berühmt. In alten Berichten wird es im Vergleich zu den bekannten Starkbieren als ebenbürtig erwähnt.[3] An den Höfen galt das Kniesenackbier als Luxusartikel, da es aufwendig herzustellen und entsprechend teuer war.[2]

Andere Städte und auch der Fürstenhof in Güstrow hatten versucht, das Bier zu brauen. Sie hatten aber keinen Erfolg dabei. Auch wenn das Rezept grundsätzlich überliefert war: auf eine Tonne von ca. 115 Liter kamen fünf bis sechs Scheffel (ca. 56 Liter) Gerstenmalz, waren die Details der Herstellung wohl doch besonders wichtig.[4]

Das Bier wurde ursprünglich in einem Haus Ecke Grüner Winkel/Markt gebraut.[4] Das originale Kniesenack ist noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts in Güstrow gebraut worden. Dann wurde die Herstellung eingestellt. In der Folge hat es Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts zwei „Wiederbelebungsversuche" gegeben. In den Jahren 1850-60 wurde das Kniesenack auf Anregung des Schuldirektors Raspe in der Feltenschen Brauerei in der Mühlenstraße wieder gebraut. Dann folgte wiederum eine Pause, bis der Brauereibesitzer Carl Müller sich 1884 veranlasst sah, die Herstellung des Kniesenack wieder aufzunehmen.[3][2]

Bis 1902 war die Brauerei im Besitz von Carl Müller Senior und auch nach ihm benannt - Brauerei Carl Müller. Sein Sohn (ebenfalls Carl) leitete die Brauerei dann noch von 1902 bis 1904. Ab 1904 war sie bis zur Enteignung 1945 als Kniesenack-Brauerei Gerhard Sagemüller bekannt. Im Zuge der Umstrukturierungen in der damaligen DDR wurde die Brauerei ab 1950 Volkseigener Betrieb (VEB) und nannte sich VEB Kniesenack Brauerei. Seit 1974 gehörte die Brauerei zum Getränkekombinat Schwerin und nannte sich nun VEB Getränkekombinat Schwerin / Werk Güstrow.

Lobschrift von 1624

Im Jahre 1624 wurde eine Lobschrift zur Verherrlichung und zur Werbung weiterer Absatzmöglichkeiten verfasst. In der Schrift "Altes und neues aus Mecklenburg (Teil XII) von David Franck aus dem Jahre 1624 hieß es hierzu: "Damals ließ der Buchdrucker Moritz Sachs ein Büchlein vom Kniesenack, dem berühmten Bier zu Güstrow, drucken, welches aber dem Magistrat allda wegen der unflätigen Zoten, so drein vorkommen, gar nicht gefiel." Von diesem ersten Druck von 1624 scheint kein Exemplar erhalten zu sein. Auf Basis einer noch vorhandenen Handschrift ließ der Güstrower Hofmedikus Detherding im Jahre 1724 die Lobschrift über das Kniesenack erneut drucken.

Die Lobrede ist gekleidet in Form eines Briefes an einen Freund. Zum 700jährigen Jubiläum seiner Vaterstadt Güstrow (1928) hat der in Güstrow geborene Journalist Rudolf Pechel (1882 - 1961) die Lobschrift neu herausgegeben. Die bibliophile Rarität erschien im Format 13,5 x 7,5 cm.[5]

Die Lobschrift mit dem Titel "Encomium oder Lob-Spruch Des weitberühmten, gesunden, kräfftigen und wohlschmeckenden Gersten-Biers Kniesenack genannt" ist digital verfügbar bei der Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek.

Geplanter Neustart für das Kniesenack in Güstrow

Im Jahr 2021 wurde in der Presse darüber berichtet, dass Güstrow ein Verein gegründet werden soll, der zum Ziel hat, die alte Kniesenack-Brautradition zu bewahren und Geselligkeit pflegen. Der Verein möchte möchte den Kniesenacker Gerstensaft als Kulturgut für die Barlachstadt wieder aufleben lassen.[6]

Altdeutsche Bierstube Kniesenack

Seit 1875 existierte im Wohnhaus der Brauereibesitzer Müller eine Bierstube. In der sogennaten Altdeutschen Bierstube wurden die eigenen Marken 'Kniesenack' und 'Paternoster' ausgeschenkt. Das Bier gelangte direkt aus der Brauerei mittels Kupferleitung an den Tresen. Das Lokal gehörte im 20. Jahrhundert zu den beliebtesten Kneipen der Stadt. Seit den 1920er Jahren war Frieda Hübner Pächterin des Lokals. Ihre individuelle Art das Geschäft zu führen machte sie zu einem Güstrower Original und verschaffte dem Lokal den Beinamen Bei Mutter Hübner.[4] Ab etwa 1935 übernahm dann ihr Sohn Erich Hübner mit seiner Frau das Lokal. Der Zugang zum Lokal erfolgte über einen langen Gang im Erdgeschoss. Zunächst betrat man das größere Gastzimmer.[4] An den Wänden gab es Borde mit altem Zinngeschirr, welche noch aus dem Oldenburgischen Familienbesitz der Sagemüller stammte. An den großen Raum schloss sich der kleine Schankraum mit weiteren Tischen und Stühlen an. Seitwärts gab es noch ein kleines Zimmer mit einem Biedermeier-Sofa, Tisch und einigen Stühlen. Dies war die sogenannte Hölle, vorbehalten besonderen Stammgästen. Hübner führte das Lokal bis 1958. Dann es wurde dann von der Handelsorganisation (HO) übernommen. Wegen eines an die Decke gemalten Schweins wurde die Gaststätte im Volksmund auch das Schweinchen genannt. Die Altdeutsche Bierstube war insbesondere auch bei den Studenten der Pädagogischen Hochschule beliebt.

Der Journalist Rudolf Pechel schrieb über die Altdeutsche Bierstube: "Was das Kniesenack jedem Güstrower bedeutet hat ..., darüber gibt es eine eigene lebendige Tradition, vor allem unter den Schülern der höheren Lehranstalten Güstrows. ... In der alten verräucherten Gaststube der Brauerei Müller am Berge sind an dem großen runden Tisch und in der "Hölle" Feste bei Tag und bei Nacht gefeiert worden, die unter der Wirkung des edlen Trankes zu den beschwingtesten, kraftvollsten und fröhlichsten Stunden unserer Jugend gehören."[3]

Die Altdeutsche kniesenacksche Bierstube existierte bis Anfang der 1990er Jahre. Aufgrund mangelnder Instandhaltung und Sanierung war das aus Renaissancezeit um 1600 stammende Haus mit der Wende von 1990 von Baufälligkeit bedroht. Bei der 2011/12 erfolgten Sanierung war das Hinterhaus und damit die Altdeutsche Bierstube nicht mehr zu retten. Heute dient das Gebäude ausschließlich Wohnzwecken.[7]

Einzelnachweise

  1. Archiv für Landeskunde in den Großherzogtümern Mecklenburg. 1856, abgerufen am 8. März 2022.
  2. a b c Digitale Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern: Lob-Spruch des weitberühmten ... Gersten-Biers Kniesenack. Abgerufen am 8. März 2022.
  3. a b c d Rudolf Pechel: Kniesenack macht die Räusche freundlich. In: Güstrow - Eine Stadt wie in der Toscana. Konrad Reich Verlag, Rostock 2000, ISBN 3-86167-108-5.
  4. a b c d Wilhelm Mastaler: Knesenac = Kniesenack Bier. 2019, abgerufen am 8. März 2022.
  5. Gernot Möller: Über das "weitbekannte" Güstrower Kniesenack Bier. Abgerufen am 8. März 2022.
  6. Christian Menzel: Bierfreunde wollen einen Verein gründen. 28. Oktober 2021, abgerufen am 8. März 2022.
  7. Thomas Pilz: altdeutsche-bierstube-kniesenack. Abgerufen am 20. Februar 2022.