Tschetnik

irregulärer Kämpfer
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Das Wort Tschetnik (serbisch: četnik, Mehrzahl:četnici - четници) hat seinen Ursprung im serbischen Wort četa, was im deutschen soviel wie Garde oder Schutztruppe bedeutet. Im 19. Jahrhundert organisierten sich serbische Freischärler zunächst zum Schutz der Grenze und der serbischen Bevölkerung gegenüber dem Osmanischen Reich. Im 1. Weltkrieg bildeten sie Diversionstruppen im von den Mittelmächten besetzten Serbien. Während des nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Königreichs Jugoslawien blieben die Tschetniks als Milizen aktiv und ihre Tradition wurde in der königlichen jugoslawischen Armee gepflegt. Ihre Gesinnung war überwiegend radikal nationalserbisch.

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Tschetniks im 19. Jhd.

Im Zweiten Weltkrieg bildeten serbische Offiziere, die 1941 die Kapitulation Jugoslawiens gegenüber Deutschland abgelehnt hatten, den Kern von pro-serbischen und monarchistischen Partisanengruppen, die "Jugoslawische Armee im Vaterland" (Jugoslovenska vojska u otadžbini - JVUO), die gegen die deutsche Besatzung, in serbisch besiedelten Gebieten Kroatiens Bosnien-Herzegowinas gegen die Ustascha sowie in zunehmendem Maße auch gegen die jugoslawischen Partisanen kämpften. Die offizelle Miliz der Tschetniks unter ihrem Präsidenten Kosta Pečanac entschloss sich aber für die Zusammenarbeit mit den deutschen Besatzern. Doch die meisten Mitglieder zogen den Widerstand vor und schlossen sich der JVUO an. Sie nannten sich wiederum auch Tschetniks. So gab es dann zwei Gruppen von Tschetniks, die der JVUO um Draža Mihailović und diejenigen des Kollaborateurs Kosta Pečanac. Sie kämpften offiziell gegeneinander, pflegten aber oftmals engste Kontakte. Kosta Pečanac wurde 1944 von der JVUO gefangen genommen und wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Die Tatsache, daß es zwei Gruppen von Tschetniks gab, irritierte die Alliierten, was von den Tito-Partisanen propagandistisch geschickt ausgenutzt wurde um auch der JVUO die Kollaboration mit den Besatzern anzulasten. Tatsächlich entsagten einige Anführer der JVUO ihrem Kommandanten Draža Mihailović und gründeten unter deutscher Protektion 1945 in Istrien, gemeinsam mit den slowenischen Domobrani, die Jugoslawische Nationalarmee (nicht zu verwechseln mit der Jugoslawischen Nationalarmee der Tito-Partisanen), die aber niemals zum Einsatz kam. Sie wurden nach Beendigung des Krieges von den Briten an die Tito-Partisanen ausgeliefert, der Großteil von ihnen verstarb eines gewaltsamen Todes in den Wäldern von Bleiburg.

Der Grund für die Kämpfe zwischen der JVUO und deren Tschetniks und den Tito-Partisanen waren Streit um die dominierende Stellung im Widerstand und unterschiedliche Vorstellungen über die anzustrebende Nachkriegesordnung: Während die JVUO für die Vorkriegsordnung und die Kontinuität des Königreichs Jugoslawien in Anlehnung an den Westen standen, die Tschetniks dagegen mehrfach einen monarchisch geführten großserbischen Staat anstrebten, traten die kommunistischen Tito-Partisanen für die Gleichberechtigung aller südslawischen Völker und für grundlegende Umwälzungen der Gesellschaft in Anlehnung an die Sowjetunion ein.

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Tschetniks 1944

Der Kampf zwischen Tschetniks und Tito-Partisanen überlagerte in zunehmendem Maße den Kampf gegen die Besatzungsmächte. Er war wechselvoll und wurde von allen Seiten gnadenlos geführt. Die Tschetniks kollaborierten dabei zunehmend mit den Besatzungsmächten, zunächst mit den Italienern, später auch mit der deutschen Wehrmacht.

Der JVUO-Führer Draža Mihailović wurde zunächst zum Kriegsminister der Londoner Exilregierung von König Petar II. Karađorđević ernannt und von Großbritannien militärisch unterstützt.

Auf der Konferenz von Teheran Ende 1943 beschlossen die USA und Großbritannien aufgrund der Verständigung mit der Sowjetunion über die künftigen Interessenssphären die Unterstützung für die JVUO einzustellen. Ihre Gesamtstärke betrug zu diesem Zeitpunkt rund 12.000 bis 15.000 Mann.

Bis 1944 wurden die JVUO und Tschetniks weitgehen dezimiert. Viele Mitglieder liefen angesichts der politischen und militärischen Entwicklung zu den Partisanen über. Draža Mihailović konnte sich zunächst noch einige Zeit in Ostbosnien versteckt halten und wurde nach seiner Gefangennahme durch die Kommunisten 1946 wegen angeblicher Kollaboration mit den Deutschen zum Tode verurteilt und erschossen.

Wieder unter dem Namen "Tschetniks" kämpften 1991 nationalistische serbische Freischärler in Kroatien und von 1992 bis 1995 in Bosnien für die Durchsetzung nationalserbischer Ziele.

Siehe auch: Geschichte Serbiens, Jugoslawischer Bürgerkrieg, Balkankonflikt

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