Niederwald ist ein Stadtteil von Kirchhain im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Niederwald Gemeinde Kirchhain
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Koordinaten: | 50° 50′ N, 8° 53′ O |
Höhe: | 196 m ü. NN |
Fläche: | 4,37 km²[1] |
Einwohner: | 799 (30. Juni 2019)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 183 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Februar 1971 |
Postleitzahl: | 35274 |
Vorwahl: | 06422 |
![]() Stadtgebiet von Kirchhain mit Lage der zwölf Ortsteile
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Geographie
Das Dorf liegt knapp 3 km westnordwestlich von Kirchhain am Rand des Amöneburger Beckens in der Aue der Ohm, an der zum Schutz der Ortschaften etwa südöstlich des Dorfs das Hochwasserrückhaltebecken Kirchhain/Ohm liegt. Nördlich vorbei an der Ortschaft verläuft etwa in Nordwest-Südost-Richtung die Bundesstraße 62.
Geschichte
Die älteste bekannte Erwähnung des von Niederwald erfolgte im Jahr 1243 als „Nyderwalde“, als Erzbischof Siegfried III. von Mainz dem Kloster Arnsburg einen Güterbesitz bestätigt.[1]
Der Dorfadlige Berthold von Niederwald war 1253 Finanzverwalter des Klosters Haina. Seit 1282 gab es eine Mühle, für 1356 ist eine zweite erwähnt. Um 1700 wurde die Hirsenmühle erbaut, die bis 1846 bestand.
Zum 1. Februar 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Niederwald im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis als Stadtteil in die Stadt Kirchhain eingegliedert.[3][4] Für Niederwald, wie für alle ehemals eigenständigen Stadtteile von Kirchhain, wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[5]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Niederwald lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6]
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Amt Marburg
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Amt Marburg[7]
- 1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg), Amt Marburg
- ab 1648: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Marburg
- ab 1592: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Kirchhain
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Oberhessen, Amt Kirchhain
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Kirchhain
- ab 1815: Kurfürstentum Hessen, Amt Kirchhain[8]
- ab 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain
- ab 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
- ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain
- ab 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1932: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Marburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
Gerichte seit 1821
Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung (1807–1813 und endgültig 1822) sind die Ämter neben der Verwaltung für die Rechtsprechung (meist Niedere Gerichtsbarkeit bzw. Erste Instanz) zuständig. Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Nun waren Justizämter für die erstinstanzliche Rechtsprechung zuständig, die Verwaltung wurde von Kreisen übernommen. Der Kreis Kirchhain war für die Verwaltung und das Justizamt Kirchhain war für Niederwald als Gericht erster Instanz zuständig. Das Oberste Gericht war das Oberappellationsgericht in Kassel. Untergeordnet war das Obergericht Marburg für die Provinz Oberhessen. Es war die zweite Instanz für das Justizamt Kirchhain.[9]
Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen wurde das Justizamt 1867 zum königlich Preußischen Amtsgericht Kirchhain. Im Juni 1867 erging eine königliche Verordnung, die die Gerichtsverfassung im vormaligen Herzogtum Nassau und den vormals zum Großherzogtum Hessen gehörenden Gebietsteilen neu ordnete. Die bisherigen Gerichtsbehörden sollten aufgehoben und durch Amtsgerichte in erster, Kreisgerichte in zweiter und ein Appellationsgericht in dritter Instanz ersetzt werden.[10] Im Zuge dessen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Kirchhain. Die Gerichte der übergeordneten Instanzen waren das Kreisgericht Marburg und das Appellationsgericht Kassel.[11]
Auch mit dem in Kraft treten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Marburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerentwicklung
Einwohnerzahlen
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1502: | 21 Männer |
• 1577: | 49 Hausgesesse |
• 1604: | 41 Hausgesesse |
• 1629: | 43 Hausgesesse (3 fünfspännige, 6 vierspännige, 3 zweispännige, 4 einspännige Ackerleute, 26 Einläuftige) |
• 1697: | 29 Hausgesesse |
• 1838: | 362 Einwohner (Familien: 87 nutzungsberechtigte, 35 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 16 Beisassen). |
Niederwald: Einwohnerzahlen von 1768 bis 2019 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1768 | 301 | |||
1800 | ? | |||
1834 | 361 | |||
1840 | 389 | |||
1846 | 365 | |||
1852 | 401 | |||
1858 | 394 | |||
1864 | 382 | |||
1871 | 386 | |||
1875 | 410 | |||
1885 | 425 | |||
1895 | 406 | |||
1905 | 443 | |||
1910 | 438 | |||
1925 | 461 | |||
1939 | 507 | |||
1946 | 692 | |||
1950 | 674 | |||
1956 | 637 | |||
1961 | 615 | |||
1967 | 648 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 816 | |||
2015 | 816 | |||
2019 | 799 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Kirchheim:[12][2]; Zensus 2011[13] |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Niederwald 816 Einwohner. Darunter waren 15 (1,8 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 162 Einwohner unter 18 Jahren, 333 zwischen 18 und 49, 186 zwischen 50 und 64 und 135 Einwohner waren älter.[13] Die Einwohner lebten in 336 Haushalten. Davon waren 99 Singlehaushalte, 87 Paare ohne Kinder und 117 Paare mit Kindern sowie 27 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 57 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 228 Haushaltungen lebten keine Senioren/-innen.[13]
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1861: | alle Einwohner evangelisch-lutherisch |
• 1885: | 424 evangelische (= 99,76 %), ein katholischer (= 0,24 %) Einwohner |
• 1961: | 588 evangelische (= 95,61 %), 26 katholische (= 4,23 %) Einwohner |
Erwerbstätigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1768: | Erwerbspersonen: 3 Schmiede, 2 Wirte, 2 Wagner, 2 Schneider, 1 Bender, 1 Maurer, 2 Zimmerleute, 1 Müller, 1 Leineweber, 5 Tagelöhner, 4 Tagelöhnerinnen. |
• 1838: | Familien: 65 Ackerbau, 61 Gewerbe, 10 Tagelöhner. |
• 1961: | Erwerbspersonen: 127 Land- und Forstwirtschaft, 115 Prod.Gewerbe, 36 Handel und Verkehr, 34 Dienstleistungen und Sonstiges. |
Vereine
Das Dorfleben prägen folgende Niederwälder Vereine:
- Bayern Fanclub Ohmtal e. V.
- Burschenschaft Niederwald
- Damengymnastikgruppe des VfR 1920 Niederwald
- Dorfverschönerungsverein Niederwald
- Freiwillige Feuerwehr Niederwald
- Kirchenchor Niederwald
- Männergesangverein 1884 Niederwald
- Posaunenchor Niederwald
- VfR 1920 Niederwald
Infrastruktur
In Niederwald gibt es eine Kirche, ein Dorfgemeinschaftshaus, eine Grundschule, einen Kindergarten, ein Feuerwehrhaus mit Schulungsraum, eine Grillhütte und verschiedene Sportanlagen. Östlich des Ortes befinden sich mehrere Kiesgruben.
Weblinks
- Stadtteil Niederwald. In: Webauftritt. Stadt Kirchhain
- Niederwald, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Niederwald nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Niederwald, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 21. Oktober 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ a b Haushaltsplan 2020. In: Webauftritt. Stadt Kirchhain, S. 3, abgerufen im November 2020.
- ↑ Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 6, S. 248, Punkt 328, Abs. 54 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2 MB]).
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 402 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF; 41,1 MB]).
- ↑ Hauptsatzung. (PDF; 193 kB) § 6. In: Webauftritt. Stadt Kirchhain, abgerufen im November 2020.
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Die Zugehörigkeit des Amtes Kirchhain anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
- ↑ Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 115 f. (online bei Google Books).
- ↑ Neueste Kunde von Meklenburg/ Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts, Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
- ↑ Verordnung über die Gerichtsverfassung in dem vormaligen Herzogthum Nassau und den vormals Großherzoglich Hessischen Gebietstheilen mit Ausschluß des Oberamtsbezirks Meisenheim vom 26. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1094–1103)
- ↑ Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 26. Juni d. J. in dem vormaligen Herzogthum Nassau und den vormals Großherzoglich Hessischen Gebietstheilen, mit Ausschluß des Oberamtsbezirks Meisenheim, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 218–220 )
- ↑ Einwohnerzahlen von 30. Juni 2015. In: Webauftritt Stadt Kirchhain. ( vom 23. Dezember 2015 im Internet Archive)
- ↑ a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 28 und 68 .
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