Schwache Ableitung

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. September 2006 um 18:07 Uhr durch Jckr (Diskussion | Beiträge) (Einleitung überarbeitet, Abschnitt über Distributionen gelöscht (teilweise in Distribution eingearbeitet)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Eine schwache Ableitung ist in der Funktionalanalysis, einem Teilgebiet der Mathematik, eine Erweiterung des Begriffs der gewöhnlichen Ableitung. Er ermöglicht es, Funktionen eine Ableitung zuzuordnen, die nicht (stark) differenzierbar sind.

Schwache Ableitungen spielen eine große Rolle in der Theorie der partiellen Differentialgleichungen. Räume schwach differenzierbarer Funktionen sind die Sobolew-Räume.

Ein noch allgemeinerer Begriff der Ableitung ist die Distributionenableitung.


Definition für reelle Funktionen

Eine reelle, lokal integrierbare Funktion   auf einem Intervall   besitzt eine schwache Ableitung  , deren Werte gegeben sind durch

 

für jede Testfunktion  , d.h.   ist unendlich oft differenzierbar und hat einen kompakten Träger  .

Einer integrierbaren Funktion   kann man via

 

immer eine Distribution   zuordnen. Diese Abbildung ist manchmal umkehrbar, das heißt man kann unter Umständen wieder von einer Funktion als schwacher Ableitung sprechen. Oft wird dann in der Notation zwischen der Funktion   und der Distribution   nicht unterschieden.

Es gibt auch mathematische Zugänge zur schwachen Ableitung, die den Weg über Distributionen vermeiden.

Ist f differenzierbar, so ist die Distribution f` das durch Integration mit der Funktion f` definierte Funktional, d.h. mit der Produktregel der Differentiation bzw. der Integrationsregel der partiellen Integration ergibt sich

 .

Höhere Dimensionen und andere Definitionsmengen

Durch Verwendung partieller Ableitungen lässt sich dieser Begriff auf Funktionen verallgemeinern, die auf beliebigen Teilmengen des   definiert sind:

Sei   ,

  d.h.
  bzw.  sind über jedem beschränkten Teilgebiet von   integrierbar

und   ein gegebener Multiindex, so heißt w die schwache Ableitung von u bezüglich  , falls

  für   und  

Hierbei ist   und  

Wichtig: Die Ableitung bezieht sich hierbei immer auf das komplette Gebiet   und ist NICHT punktweise definiert

Insbesondere lassen sich die Definitionen erweitern auf unbeschränkte Mengen (also ganz R oder  ), Räume periodischer Funktionen oder Räume auf der Kugel oder höherdimensionalen Sphären.

Einige Eigenschaften

Schwache Ableitung Absolutbetrag
Schwache Ableitung Absolutbetrag

Manchen Distributionen kann unter Umkehrung obiger Zuordnung  wieder eine Funktionen zugeordnet werden. Die schwache Ableitung einer differenzierbaren Funktion fällt dann im Allgemeinen mit ihrer klassischen Ableitung zusammen (wobei hier nur eine Gleichheit im  -Sinn vorliegt: zwei Funktionen sind genau dann gleich, wenn  ). Betrachtet man das Beispiel der Betragsfunktion   (vgl. Beispiel nicht differenzierbare Funktion), so ist die Funktion   tatsächlich auf ganz   die schwache Ableitung von  . Ferner kann man zeigen, dass eine stetige Funktion genau dann eine schwache Ableitung besitzt, wenn sie absolutstetig ist.

Induktiv kann man nun auch schwache Ableitungen höherer Ordnung definieren. Tatsächlich lassen sich in einer weiteren Verallgemeinerung auch Ableitungen gebrochener Ordnung gewinnen.

Ferner kann man zeigen ("Einbettungssätze"), dass eine Funktion, die hinreichend oft schwach differenzierbar ist, auch "stark" (also im üblichen Sinne) differenzierbar ist.


Anwendungen

Schwache Ableitungen werden systematisch untersucht in Sobolew-Räumen und zum Beispiel bei der Lösung von partiellen Differentialgleichungen verwendet.