Stellwerk

Anlage der Eisenbahn zur Fernbedienung von Weichen, Flankenschutzeinrichtungen und Signalen
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Ein Stellwerk ist eine Bahnanlage der Eisenbahn, von der aus die beweglichen Teile im Schienenfahrweg für Zugfahrten und beim Rangieren zentral gestellt werden. Mechanische, elektrische und elektronische Abhängigkeiten zwischen dem Signal, das die Fahrt eines Zuges gestattet, und dem Stellwerk sichern beim Herstellen der Signalabhängigkeit den Schienenfahrweg und bilden so eine Fahrstraße.

Die Signalabhängigkeit sorgt dafür, dass das Signal erst auf Fahrt gestellt werden kann, wenn alle Einrichtungen des Fahrweges richtig gestellt sind und diese verschlossen bleiben, bis sie wieder freigefahren sind.

Stellwerke regeln darüber hinaus mit Hilfe des Streckenblocks auf der freien Strecke das Fahren der Züge im „Raumabstand“, auch Blockabstand genannt. Das wird durch die Einteilung der Strecke in Blockabschnitte oder -strecken gewährleistet, die meist mit Signalen begrenzt sind.

Stellwerke werden in Deutschland aufgrund der getrennten Entwicklung in den Ländern unterschiedlich gekennzeichnet. Zur betrieblichen Kennzeichnung und Unterscheidung der Stellwerke wählte man im ehemaligen Preußen und als Folge in den norddeutschen Direktionsbezirken, dann weiträumig bei der (ehemaligen) DB und in der Nordhälfte des DR-Netzes sowie in Thüringen Buchstabenkürzel, die auch am Stellwerksgebäude angebracht sind. Der erste Buchstabe, ein Grossbuchstabe, gibt dabei den Bahnhofsnamen (i.d.R. den Ortstnamen) an, die folgenden Buchstaben bezeichnen die Lage (Himmelsrichtung, n,w,s,o), die Funktion des Stellwerks, wie ein „f“ für ein Fahrdienstleiterstellwerk oder die Zugehörigkeit zu einem Personen-, Güter- oder Rangierbahnhof (p,g,r), sofern zwischen mehreren Stellwerken eines Ortes unterschieden werden muss, ansonsten kann die Lagebezeichnung entfallen. In Sachsen und den süddeutschen Direktionen wurden die Stellwerke in Richtung der Kilometrierung nummeriert, später ergänzt durch Kennbuchstaben für die betriebliche Funktion:

B: Befehlsstellwerk/Befehlsstelle (Fahrdienstleiterstellwerk)

W: Wärterstellwerk

R: Rangierstellwerk (an Zugfahrten nicht beteiligt)

Bauformen

 
Ehemaliges mechanisches Reiterstellwerk in Konstanz
 
Reiterstellwerk aus Konstanz, wiederaufgebaut als Museum am Bahnhof Blumberg der Wutachtalbahn
 
„Standardstellwerk“ im Ilmenauer Bahnhof (Stellwerk Süd), errichtet 1881

Stellwerke werden, je nachdem mit welcher Technik sie die Einrichtungen im Fahrweg stellen und sichern, wie folgt unterschieden:

Stellwerke mit herkömmlicher Technik

  • Bedienung mit Stellhebeln
  • mechanische Kraftübertragung zu den Außenanlagen mittels zwei verschiedener Systeme:
  • mechanische Abhängigkeiten
  • Bedienung mit Stellhebeln oder Drehschaltern
  • elektrisch angetriebene Außenanlagen
  • mechanisch und elektrisch wirkende Abhängigkeiten,

Gleisbildstellwerke

  • elektrische und mechanische Abhängigkeiten
  • ursprünglich Bedienung mit Druck- oder Zugtasten. Heute werden auch Relaisstellwerke mit Maus und Tastatur Ferngesteuert.
  • elektrisch angetriebene Außenanlagen
  • rechnergesteuerte Abhängigkeiten
  • Bedienung mit Tastatur, Grafiktablett oder Maus
  • elektrisch angetriebene Außenanlagen


In Deutschland werden Relaisstellwerke und elektronische Stellwerke Gleisbildstellwerke genannt, weil sie mit Bedienelementen bedient werden, die auf einem Stelltisch, einer Stelltafel oder auf Monitoren in einem schematischen Gleisbild angeordnet sind.

Mechanische und elektromechanische Stellwerke sind in der Regel hoch stehend gebaut, um dem Bediener einen möglichst vollständigen Überblick über seinen Stellbereich zu geben. Diese Stellwerke müssen wegen der begrenzten Länge der Übertragungswege zu den Außenanlagen innerhalb ihres Stellbereichs aufgestellt sein. Diese Notwendigkeiten bestehen bei Gleisbildstellwerken nicht mehr: Hier übernimmt die Gleisfreimeldeanlage das Besetztmelden des Zugfahrweges im Rahmen der vor jeder Zugfahrt obligatorischen Fahrwegprüfung. Außerdem lassen sich hier die Übertragungswege theoretisch unbegrenzt ausdehnen. Dennoch wurden auch diese Stellwerke noch lange Zeit nach den herkömmlichen Kriterien nahe am Zuständigkeitsbereich gebaut.

Bediener

Der Bediener eines Stellwerkes wird in Deutschland Wärter genannt. Ein Wärter, der die Durchführung der Zugfahrten eigenverantwortlich nach den Vorgaben des Fahrplanes leitet, heißt Fahrdienstleiter. Wärter, die keine Fahrdienstleiter sind, heißen Weichenwärter. Sie bedienen ihr Stellwerk eigenverantwortlich beim Rangieren und wirken bei Zugfahrten im Einzelauftrag des Fahrdienstleiters mit. Die dazu erforderlichen technischen Abhängigkeiten schaffen die Einrichtungen des Bahnhofsblocks.

Aufgaben

Fahrdienstleiterstellwerk

 
Fahrdienstleiterstellwerk als Zentralstellwerk

Stellwerke, die mit einem Fahrdienstleiter besetzt sind, heißen Fahrdienstleiterstellwerke oder Befehlsstellwerke, was in der meist außen am Stellwerksgebäude angebrachten Kurzbezeichnung an dem kleinen „f“ zu erkennen ist. Sie steuern und disponieren den Zugverkehr im örtlichen Bereich eines Bahnhofs oder einer anderen Betriebsstelle. Der Fahrdienstleiter ist in der Regel alleiniger Bediener des Fahrdienstleiterstellwerks. Ihm können aber zum Bedienen der Weichen in großen mechanischen und elektromechanischen Stellwerken ein oder mehrere Weichenwärter zugeteilt sein. In großen Gleisbildstellwerken unterstützen ein oder mehrere Helfer den Fahrdienstleiter.

Wärterstellwerk

In kleineren und mittleren Bahnhöfen mit mechanischen oder elektromechanischen Stellwerken sind außer einem Fahrdienstleiterstellwerk in der Regel auch ein oder mehrere Wärterstellwerke, die von einem Weichenwärter bedient werden, vorhanden. Im Bereich der ehemaligen Reichsbahn sind sie an dem kleinen „w“ in der Kurzbezeichnung erkennbar, im Bereich der ehemaligen Bundesbahn fehlt das „f“ in der Bezeichnung, dort gab der Buchstabe „w“ die Lage des Stellwerkes (=West) an. Weichenwärter agieren beim Rangieren selbstständig, bei Zugfahrten im Einzelauftrag des Fahrdienstleiters. In großen Bahnhöfen, z. B. Rangierbahnhöfen, gibt es Wärterstellwerke, die ausschließlich dem Rangieren dienen. Sie werden Rangierstellwerke oder, wenn sie an einem Ablaufberg stehen, Ablaufstellwerke genannt.

Zentralstellwerk

Große Fahrdienstleiterstellwerke mit speziellen Einrichtungen und Aufgaben bezeichnet man als Zentralstellwerke. Zentralstellwerke stellen die Weichen und Signale im örtlichen Bereich, etwa in einem großen Bahnhof und in ferngestellten oder ferngesteuerten Betriebsstellen – das sind meist die dem Zentralstellwerk zugeordneten kleineren Bahnhöfe und Abzweigstellen. Als ferngestellt gilt eine Betriebsstelle, wenn die Weichen und Signale unmittelbar vom Stellwerk aus gestellt werden. Ferngesteuert sind Betriebsstellen, die ein eigenes örtlich nicht besetztes Stellwerk besitzen, das vom Zentralstellwerk aus mithilfe einer speziellen Fernsteuertechnik bedient wird.

Streckenstellwerk

Als Streckenstellwerk bezeichnet man ein Stellwerk, das ausschließlich einen Streckenabschnitt mit ferngesteuerten Betriebsstellen bedient. Nach Schaffung der Betriebszentralen wird es diese Art von Stellwerken künftig nicht mehr geben.

Betriebszentrale

Die Betriebszentrale (BZ) vereinigt die Aufgaben moderner Stellwerke mit anderen Aufgaben zur Lenkung und Steuerung von Bahnbetriebs-notwendigen Einrichtungen, beispielsweise die Zugnummermeldeanlagen und Zugleitrechner. Sie gehört zu einem noch im Aufbau befindlichen integralen System der Deutschen Bahn AG, das künftig den gesamten Bahnbetrieb regional steuern, sichern und disponieren soll – in Teilbereichen ist es heute schon in Betrieb. In jeder der sieben Betriebszentralen sind – jeweils am Standort der Niederlassungen der DB Netz AG – alle damit zusammenhängenden Aufgaben konzentriert. Voraussetzung für die Steuerung und Sicherung des Bahnbetriebes durch die Betriebszentralen sind flächendeckend installierte elektronische Stellwerke, deren Technik das Einstellen der Fahrstraßen für Züge und beim Rangieren über große Entfernungen hinweg ermöglicht. Auch neuere Relaisstellwerke lassen sich in die Betriebszentrale integrieren und können von ihr aus ferngesteuert werden.

Die Entwicklung zu einer derart starken Zentralisierung wird auch kritisch gesehen. Bei normalem, fahrplanmäßigem Betrieb kann ein BZ-Bediener die Zugbewegungen in seinem Bereich beobachten. Bei mehreren Störungen in seinem Bereich ist er jedoch mitunter überfordert. Durch die Fernbedienung von Bereichen muss befürchtet werden, dass über die Jahre bei den Bedienern das Wissen über die örtlichen Strecken und Bahnhöfe verloren geht.

Museumsstellwerke

Neben den Museumsbahnen entstanden in den letzten Jahren auch einige Museumsstellwerke, die der interessierten Öffentlichkeit die Funktion der Sicherungstechnik der Eisenbahn näherbringen soll. Solche Museumsstellwerke stellen zum Beispiel das Museumsstellwerk Mfw Mühldorf oder das Museumsstellwerk in Rheine dar.