Verfolgungsjagd

polizeiliche Verfolgung eines flüchtenden Täters oder Verdächtigen
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Eine Verfolgungsjagd (zukünftig als V. abgekürzt) ist ein wichtiges wiederkehrendes Stilelement in Literatur, Film und Computerspielen, welches die Spannung erhöhen und kanalisieren will. Typischerweise verfolgt eine Person A eine andere Person B mit dem Ziel diese einzufangen. Der Weg dahin unterscheidet die Verfolgungsjagden voneinander und obliegt dem Regisseur und/oder Drehbuchautor. Eine Verfolgungsjagd ist ein zeitlich begrenztes Duell zwischen den Beteiligten, bei dem der Jäger (Person A) das Ziel hat den Gejagten (Person B) einzufangen, wobei der Gejagte die genau umgekehrte Zielstellung verfolgt - nämlich dem Jäger zu entkommen.

Wortherkunft

Das Wort Verfolgungsjagd setzt sich aus den Wörtern Verfolgung und Jagd zusammen. Beide Wörter sind eng miteinander verbunden und besitzen einen gemeinsamen Bedeutungskern. Einige Sprachwissenschaftler deuten Verfolgung aber als das Nachgelaufen-werden, und Jagen als Hinterherlaufen. Hierbei wird die gegenseitige Abhängikeit von Jäger und Gejagtem betont. Beide sind voneinander abhängig, sonst würde die V. nicht zustande kommen. Eine andere Theorie deutet das Wort als Verdopplung (Pleonasmus) desselben Wortsinnes, bei der der duale Charakter der V. hervorgehoben werden soll, denn in der elementarsten Form sind nur zwei Personen mit entgegengesetzten Zielstellungen an der V. beteiligt. Die Verdopplungstheorie trägt auch der pointierten Komponente des Wortes Rechnung. Allgemein läßt sich durch die Kombinierung mit Jagd ein animalischer Urinstinkt ausmachen, denn die Jagd ist und war eine typisch männliche Tätigkeit aus der Urgesellschaft, die alle Kräfte des Mannes beanspruchte.

Funktion

Eine Verfolgungsjagd ist nicht an das Genre gebunden, obwohl sie verstärkt in Actionfilmen oder Krimis auftritt. Der allgemeine Charakter einer Verfolgungsjagd läßt sich in zwei Teile aufspalten:

1. innermediale (intrinsische) Funktion

V. als Funktional der Handlung. Durch die V. wird ein Ereignis ausgelöst, das typischerweise die Handlung voranbringt, und Auswirkungen darauf hat. Funktion: Handlungstragend.

2. außermediale (extrinsische) Funktion

Folgt im wesentlichen dem medientheoretischen Kommunikationsmodell zwischen Autor und Rezipient. Die V. als Stilelement, das Reaktionen beim Zuschauer auslöst. In diesem Sinn ist eine Verfolgungsjagd ein Spiel mit dem Zuschauer, bei der der Regisseur und/oder Drehbuchautor mit den Emotionen des Zuschauers spielt, denn der Reiz der V. liegt darin, dass praktisch die Handlung in eine extrem kurze Zeitspanne gespresst wird. Das Sujet der Verfolgungsjagd ist nämlich das Fangen der gejagten Person, wobei dieses Problem üblicherweise durch Geschwindigkeit oder Finesse erreicht wird, und somit ist die V. ein Film im Film, ein Spiel im Spiel, denn die V. stellt eine abgeschlossene Einheit dar, mit klarem Anfang und Ende. Letzteres ist erreicht wenn der Gejagte entkommen ist, oder vom Jäger gestellt wurde. Durch diese Abgeschlossenheit im übergeordneten Medium wird Handlung vorausgenommen, denn abstrakt gesehen wird hier ein Problem gelöst, nur eben im kleinen, genau so wie auf der übergeordneten Ebene im Gesamtwerk. Meistens läuft die V. sehr hektisch ab, in der der Zuschauer von Sinneseindrücken und dem Zeitdruck überwältigt wird, der auch eine vermehrte Hormonausschüttung beim eigentlich passiven Beobachter zur Folge hat. Verschiedene Untersuchungen haben ergeben, dass gerade Männer durch das hierbei ausgestoßene Adrenalin besonders aktiviert werden und quasi eine erhöhte Veranlagung (Prävalenz) besitzen. Funktion: Spannungsfördernd, Stress- und Emotionsauslösend.

Die V. ist gleichsam interessante Allegorie auf den Sinn des Lebens, denn wir Menschen suchen und verfolgen ein Ziel, das wir mit schwachem oder starkem Willen verfolgen, und so gibt es auch Beispiele für metaphorische Verfolgungsjagden. Im Film Forrest Gump beispielsweise fängt Forrest an durch Amerika zu laufen, um den Sinn in seinem Leben zu finden. Anfangs kennt er den Grund nicht und sagt er läuft aus keinem besonderen Grund, aber tief drin, weiß er, dass er sich durch den Lauf befreit, und verkörpert so das amerikanische Freiheitsideal. Der Weg wird hier zum Ziel, die Methode zum Sinn, der Lauf zur Jagd nach Freiheit.

Wie auch in anderen Kunstbereichen gibt es keine objektiven Parameter um eine V. zu beurteilen, denn sie ist zum Ersten Teil des Gesamtkunstwerkes, und Zweitens obliegt die Rezeption dem Geschmack des Zuschauers.


Beschreibung

Eine V. baut auf dem Spiel Fangen auf, das um weitere visuelle Elemente erweitert wird. Denn anders als das Spiel, hat das Stilelement noch eine Präsentations- oder außermediale Funktion. Eine typische Verfolgungsjagd läuft nach einem wiederkehrenden Muster ab. Aus einem triftigen Grund fängt nämlich Person B an, vor Person A wegzulaufen. Üblicherweise ist das corpus delicti Angst vor dem zukünftigen Verfolger, die die Person B veranlaßt wegzulaufen. Eine Verfolgungsjagd kann aber nur zustande kommen, indem Person A hinterher jagt - sie verfolgt nun Person B. Erst durch diese Verbindung wird der Gejagte zum Gejagten, denn ohne Verfolger, würde er nicht mehr gejagt werden - er wäre frei. Beide Personen sind nun zutiefst abhängig voneinander. Alle Verfolgungsjagden lassen sich in drei Einheiten aufteilen:

1.Anfang

Person B fängt an vor Person A auf Grund von C wegzulaufen. Person A setzt nach und versucht Person B zu erhaschen. Gründe einer Verfolgungsjagd sind zu vielschichtig um hier in aller Vollständigkeit aufgeführt zu werden. Exemplarisch seien hier berufliche Auslöser (Der Gendarm jagt den Verbrecher) und private Gründe (Nebenbuhler stellen) angesprochen.

2.Mittelteil

Die eigentliche Jagd. Person B läuft weg. Person A hinterher. Typische Gestaltungen sind Hektik, Geschwindigkeit, Motorisierung, akrobatische Einlagen, Schusswechsel.

3.Ende

Eine V. kann prinzipiell auf zwei Arten beendet werden. Person B entkommt und ist frei; Person A unterbricht die Jagd und hat verloren. Person B wird von A gestellt oder gefangen genommen; Person B hat verloren.

Eine V. ist ein Spiel mit den Fähigkeiten der Beteiligten, die sich einem Duell gleich ein Wettrennen mit entgegensetzten Zielstellungen liefern.

Abgrenzung zu anderen Stilelementen

Eine Verfolgungsjagd läßt sich unschwer von anderen prototypischen Elementen des Filmes abgrenzen, wie zum Beispiel Dialog, Monolog, Rückblende, Gadget-Präsentation, Duell, Sexszene, Gewaltausbruch, surrealistisches Element, usw.

Verfolgungsjagdkategorien

Motorisierte Verfolgungsjagd

Die Verfolgungsjagd findet nicht per pedes sondern mit verschiedenen motorisierten Gefährten statt.

 
Das Ende einer Verfolgungsjagd.
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Eine reale Verfolgungsjagd.

Realistische Verfolgungsjagd

Hier dürfen die Protagonisten auch Anzeichen von Schwäche oder Erschöpfung zeigen. Es kann sogar zum Abbruch kommen, weil der Verfolger nicht mehr in der Lage ist Schritt zu halten. Ein typisches Beispiel ist Kurt Wallander, der öfters mit seiner Physis zu kämpfen hat. Bei diesem Typus ist die Zeitspanne der V. relativ kurz.

Unrealistische Verfolgungsjagd

Legendär ist die Verfolgungsjagd zwischen Reda und dem Mönch aus "Die purpurnen Flüsse 2". Fünf Minuten geht die Hatz, in der ein schier übermenschlicher Mönch dem Kommisar zu entfliehen versucht, und quasi die Stadt zu seinem persönlichen Turngerät macht. Unrealistische Verfolgungsjagden zeichnen sich dadurch aus, dass die Protagonisten nicht ermüden, unmögliche Akrobatik nutzen, bombastische Szenarien durchlaufen, explosive Kollateralschäden verursachen, die nur dem Zwecke dienen, den Zuschauer zu beeindrucken. Üblicherweise sind diese Jagden sehr ausgedehnt und zeitintensiv.

Metaphorische Verfolgungsjagd

Die V. ist hierbei nicht physisch, sondern metaphorisch zu betrachten. Person A jagt keine andere Person, sondern ein anderes Ziel, zum Beispiel Geld, die Liebe, oder ähnliches.

Berühmte Verfolgungsjagden

Der Film "Speed" ist eine einzige lange Verfolgungsjagd. "Lola rennt" besteht aus mehreren aneinandergereiten Verfolgungsjagden nach Geld, und ist ein typischer Vertreter der metaphorischen Kategorie. Legendär sind die oppulenten und ausgedehnten Verfolgungsjagden aus "Star Wars III" (Jagd auf General Grievous) und "Mad Max II" aus der unrealistischen Kategorie.

Verfolgungsjagden in anderen Medien

"Ultima 7 Teil 2" ist eine einzige V. in der der Spieler in Gestalt des Avatars den Sektenführer Batlin verfolgt. Das "Märchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen" ist ein literarischer Vertreter der metaphorischen Kategorie. Autorennen sind prototypische Vertreter der Verfolgungsjagd, bei denen die ausgeübten Funktionen der Beteilgten (Jäger und Gejagter) zusätzlich ständig wechseln können.

Ausblick

Allgemein läßt sich ein Trend zu immer spektakuläreren Verfolgungsjagden feststellen.

  • [1]: Witzige Verfolgungsjagd mit einem Jumbojet