Ein Politikwissenschaftler (oder Politologe) widmet sich dem wissenschaftlichen Studium der Politik.
Die Berufsbezeichnung ist im deutschsprachigen Raum relativ jung, da sich der Fachbereich in Deutschland und Österreich erst nach dem Zweiten Weltkrieg etablieren konnte. Gleichwohl gab es bereits vorher Versuche, eine solche Disziplin im Deutschen Reich zu etablieren: So wurde 1920 die Deutsche Hochschule für Politik Berlin gegründet. An dieser lehrten hauptsächlich Wissenschaftler aus anderen Disziplinen, da es zu diesem Zeitpunkt eine Politikwissenschaft in Deutschland noch nicht gab — anders als in den USA. Die Politikwissenschaft wurde in der Zwischenkriegszeit und zunächst auch nach dem Zweiten Weltkrieg als Integrationswissenschaft aufgefasst, die Methoden und Inhalte anderer Wissenschaften vereint. Die Politikwissenschaftler beanspruchen deshalb auch öfters Bereiche der politischen Philosophie, Geschichte, Nationalökonomie und Soziologie für sich. Insbesondere in den Anfängen der deutschen Politikwissenschaft entstammten viele Politikwissenschaftler den genannten Nachbardisziplinen. Die Politikwissenschaft orientierte sich in der Nachkriegszeit sehr stark am Vorbild der US-amerikanischen Political Science, wobei der Akzent vielfach auf der Politischen Bildung und der Lehrerbildung lag und tatsächlich auch vielfach liegt, weil Lehramtsstudierende an vielen Hochschulen einen großen Teil der Studierenden darstellen und weiters die Politische Bildung aus historischen Gründen wie der nationalsozialistischen Diktatur sowie der Wende 1989 als wichtige Aufgabe der Politikwissenschaft angesehen wird.
An den Universitäten, Hochschulen und später Fachhochschulen entstand nach dem Zweiten Weltkrieg ein grosser Bedarf an Lehrpersonal, weswegen die Politikwissenschaft eine attraktive Karrierechance für viele politikwissenschaftlich interessierte Wissenschaftler aus den Nachbardisziplinen darstellte.
Anders als oft vermutet ist die Politikwissenschaft keine Ausbildung zum Politiker, sondern eine zum Wissenschaftler. Außerhalb des engen Berufsfeldes der Wissenschaft finden sich dennoch viele Politikwissenschaftler in der praktischen Politik als Mitarbeiter von Mandatsträgern und Fraktionen, in der Verwaltung, im Journalismus, der Erwachsenenbildung oder zunehmend in Wirtschaftsunternehmen sowie der Unternehmensberatung. Von Politologen und Vertretern anderer staatswissenschaftlicher Disziplinen wie Verwaltungswissenschaftlern, Soziologen und Volkswirten wird seit Jahren das Juristenmonopol in der öffentlichen Verwaltung und der Politik kritisiert, was nach ihrer Meinung zu schlechteren Karrierechance für Politologen, Verwaltungswissenschaftler, Soziologen und Volkswirte führt.
Deutschland
Ein Studium der Politikwissenschaft lässt sich in Deutschland mit verschiedenen Abschlüssen beenden. Sowohl das Diplom als auch ein Abschluss als Magister Artium sind möglich. Zahlreiche Hochschulen bieten bereits Bachelor- und MasterAbschlüsse an. Das Staatsexamen für Lehramt befähigt zur Ausübung des Lehramtes (Lehrerberuf): das korrespondierende Fach heißt von Bundesland zu Bundesland verschieden; beispielsweise Sozialkunde, Gemeinschaftskunde, Wirtschaft und Politik etc. Hier müssen dann noch zusätzlich soziologische und ökonomische Lehrveranstaltungen besucht werden und die Inhalte sind Bestandteil der Staatsexamensprüfung.
In den kommenden Jahren sollen auch ín der Politikwissenschaft die Abschlüsse auf Master- und Bachelor-Abschlüsse hin ungestellt werden. Auch in der Politikwissenschaft ist der Wert und der Sinn dieser neuen Abschlüsse umstritten.
An fast jeder größeren deutschen Universität kann man Politikwissenschaft studieren. Kleinere Universitäten bieten aber mitunter nur das Magisterstudium an, weil ihnen für einen Diplomstudiengang die personellen und fachlichen Ressourcen fehlen. Daneben lehnen andere Universitäten wie das Geschwister-Scholl-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München die Einrichtung eines Diplomstudiengangs ab, weil sich das Fach nach Meinung des Instituts nicht dafür eigne.
Bekannte Institute finden sich an der Freien Universität Berlin (Otto-Suhr-Institut (OSI), ehemals Deutsche Hochschule für Politik Berlin), Universität Konstanz, Universität Marburg, Universität München (1. Geschwister-Scholl-Institut (GSI) 2. Hochschule für Politik München an der Universität München), Universität Freiburg, Universität Tübingen, Universität Heidelberg (Institut für Politische Wissenschaft, IPW) und der Universität Hamburg. Wegen der Vielzahl der Schwerpunkte ist es jedoch schwierig, für alle Bereiche gültige Bewertungen auszusprechen.
Besondere Studienformen
Es ist auch möglich, an der Universität der Bundeswehr Hamburg im Diplomstudiengang Politikwissenschaft zu studieren. Voraussetzung hierfür ist eine Verpflichtung in der Offizierslaufbahn zum Soldaten auf Zeit für mindestens 12 Jahre. Eine Besonderheit ist die Organisation des Studienablaufs in Trimestern statt in Semestern. Man studiert somit im Jahr drei Trimester anstatt zweier Semester. Der Arbeits- und Lernaufwand für ein Trimester entspricht dabei dem eines Semesters. Somit sind weniger Studienjahre bis zum Abschluss erforderlich, wodurch der Diplomstudiengang bereits nach 3 Jahren abgeschlossen werden kann. Neben- und Ferienjobs sind bedingt durch die Intensität des Studiums nicht möglich, dies ist aber auch nicht erforderlich, da die Studenten während ihres Studiums Soldaten sind und somit Sold erhalten.
Ein Fernstudium der Politikwissenschaft ist an der Fernuniversität Hagen möglich. Hier wird der Bachelorstudiengang Politik und Organisation angeboten.
Wichtigster Berufsverband ist die Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW).
Österreich
Ein Studium der Politikwissenschaft wird in Österreich mit der Verleihung des Diploms zum Magister (meistens Magister Philosophiae, abgekürzt Mag. Phil.) abgeschlossen. Danach ist die Promotion möglich. Neben dem wissenschaftlichen Abschluss eines Diplomstudiums ist auch ein Lehramtsabschluss möglich, bei dem Politikwissenschaft innerhalb des Lehrfachs Geschichte-Sozialkunde-Politische Bildung studiert wird.
Schweiz
Bekannte Politikwissenschaftler
Als Wissenschaftler bekannt
- Wolfgang Abendroth
- Giorgio Agamben
- Ulrich von Alemann
- Gabriel A. Almond
- Hannah Arendt, erste Frau als Professorin in Princeton
- Robert Axelrod
- Stefano Bartolini
- Isaiah Berlin
- Klaus von Beyme
- Lothar Brock
- Ernst-Otto Czempiel
- Robert Dahl
- Maurice Duverger
- Theodor Eschenburg
- Jürgen W. Falter
- Ernst Fraenkel
- Francis Fukuyama
- Daniel Jonah Goldhagen
- Michael Th. Greven
- Wilhelm Hennis
- John Hollowy
- Samuel Huntington
- Eugen Kogon
- William Kymlicka
- Paul F. Lazarsfeld
- Arend Lijphart
- Seymour Martin Lipset
- Peter Lösche
- Konrad Löw
- Peter Mair
- Renate Mayntz
- Robert Michels
- Herfried Münkler
- Julian Nida-Rümelin
- Dieter Nohlen
- Joachim Raschke
- Stein Rokkan
- Richard Rose
- Giovanni Sartori
- Takeshi Sasaki
- Fritz W. Scharpf
- Manfred G. Schmidt
- Carl Schmitt
- Hans-Peter Schwarz
- Quentin Skinner
- Theo Stammen
- Dolf Sternberger
- Rudolf Steinberg
- Leo Strauss
- Wolfgang Streeck
- Kenneth Waltz
- Alfred Weber
- Max Weber
- Eric Voegelin
- Laurence Whitehead
- Michael Zürn
Als Politiker bekannt
- Bill Clinton (war Professor für Politikwissenschaft am Rhodes College)
- Marion Caspers-Merk
- Hugo Chavez
- Heinz Fischer Bundespräsident Österreichs, Professor für Politikwissenschaft in Innsbruck
- Theo-Ben Gurirab
- Henry Kissinger
- Ólafur Ragnar Grímsson, Präsident Islands seit 1996. Etablierte das Fach Politikwissenschaft in Island und lehrte 18 Jahre an der Universität Reykjavík.
- Erkki Liikanen
- Tobias Pflüger
- Rudolf Scharping
- Gesine Schwan, Kandidatin für das deutsche Bundespräsidentenamt, Rektorin der Europa-Universität Frankfurt/Oder
- Dietrich Stobbe
- Hans-Christian Ströbele
- Helmut Kohl
- Günter Verheugen EU-Kommissar
- Bernhard Vogel, rheinland-pfälzischer und thüringischer Ministerpräsident a.D., 1960-1967 Wissenschaftlicher Assistent und Lehrbeauftragter an der Universität Heidelberg.
Andere
- Frédéric Beigbeder, Schriftsteller