Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist der in Deutschland bekannteste Zweig der Invaliditätsversicherung. Sie kann auch als Zusatzversicherung (Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, BUZ) zu einer Lebensversicherung abgeschlossen werden, was aufgrund abweichender Rückstellungsvorschriften durchaus preiswerter sein kann.
Im Allgemeinen wird mit dem Begriff Berufsunfähigkeitsversicherung eine privatwirtschaftliche Versicherung bezeichnet, allerdings gibt es auch im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung den Begriff der Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese greift jedoch nur noch für Personen, die vor dem 1. Januar 1961 geboren sind, wer nach diesem Datum geboren ist muss privat vorsorgen, um sich abzusichern. Zur Invaliditätsversicherung wird neben der Berufsunfähigkeitsversicherung die Erwerbsunfähigkeits-, die Grundfähigkeits-, die Dread Disease- und die private und gesetzliche Unfallversicherung gerechnet, die in Ihren Bedingungen aber unterschiedliche Ausprägungen haben.
Leistungen
Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt dem Versicherten eine vereinbarte Berufsunfähigkeits-Rente, wenn er den vereinbarten Beruf aus gesundheitlichen Gründen physischer oder psychischer Art nicht mehr ausüben kann.
Hierbei ist zu beachten, dass die Definition des ausgeübten Berufs im Versicherungsvertrag unter Umständen vom alltäglichen Sprachgebrauch abweichen kann.
Vertragsgestaltung
- Das Alter, bis zu welchem die Berufsunfähigkeitsrente maximal gezahlt wird, kann bei den heute angebotenen Tarifen in der Regel bis höchstens zum vollendeten 65. Lebensjahr vereinbart werden.
- Davon abweichend kann bei den meisten angebotenen Tarifen die Versicherungsdauer extra vereinbart werden: Sie beschreibt das Alter, bis zu dem der Versicherungsfall eintreten muss, um einen Leistungsanspruch gegenüber dem Versicherer zu haben. So kann beispielsweise eine Versicherungsdauer bis zum 55. Lebensjahr und eine Leistungsdauer bis zum 65. Lebensjahr vereinbart werden. Wird die versicherte Person in diesem Beispiel mit 54 berufsunfähig, dann erhält die für die Erlebensfall-Leistungen bezugsberechtigte Person eine Berufsunfähigkeitsrente bis zum 65. Lebensjahr der versicherten Person ausgezahlt. Tritt die Berufsunfähigkeit erst mit 56 ein, werden keine Leistungen fällig. Das Auseinanderfallen von Versicherungs- und Leistungsdauer führt zu erheblichen Beitragsreduzierungen und eignet sich deswegen vor allem für Berufseinsteiger. Gute Gesellschaften bieten daher sog. Einsteigermodelle an, bei denen am Ende der ursprünglichen Versicherungsdauer der Vertrag ohne erneute Gesundheitsprüfung verlängert werden kann. Da das Risiko berufsunfähig zu werden mit steigendem Lebensalter zunimmt, sind Versicherungen, bei denen die Versicherungsdauer mit 56 endet, mit einem entsprechenden hohem Risiko für den Versicherten behaftet.
- Der versicherte Beruf für welchen der Schutz vereinbart wird. Auch wenn für den Laien ein Maler gleich einem Maler ist, so unterscheiden die Versicherer bis zu 30.000 unterschiedliche Berufseinstufungen. Für den Beruf des Malers sind dies immerhin mehr als 160 Feinabstufungen. Für Berufe mit höherem Risiko (z.B. handwerkliche Berufe, aber auch Lehrer) wird üblicherweise die tariflich zulässige Versicherungsdauer bis zum vollendeten 55. oder 60. Lebensjahr begrenzt oder es werden Höchstversicherungsgrenzen festgelegt. Wer den falschen Beruf versichert hat, verstößt somit u.U. unwissentlich gegen die Annahmerichtlinie des Versicherers und gefährdet seinen Versicherungsschutz, da der Versicherer wegen Irrtums anfechten könnte.
- Verzicht auf eine sogenannte abstrakte Verweisung. Hierbei verzichtet der Versicherer darauf, den Versicherungsnehmer auf ähnliche Tätigkeiten zu verweisen, die ggf. noch ausgeübt werden können (Beispiel: Chirurg mit Handlähmung könnte als ärztlicher Gutachter arbeiten).
Für behinderte Menschen kann es unter Umständen schwierig sein, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Der Gesetzgeber hat im §20 II 2 AGG geregelt, dass Behinderte nur in begründeten Ausnahmefällen abgelehnt werden dürfen. Das Gesetz ist am 18. August 2006 in kraft getreten und wird schnell zu neuen Produkten führen.
Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB)
Seit der Deregulierung des deutschen Versicherungsmarktes 1994 kommen den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) im Rahmen der privatwirtschaftlichen Berufsunfähigkeitsversicherung in Deutschland besondere Bedeutung zu: In keinem anderem Versicherungszweig findet ein solch intensiver Wettbewerb der Anbieter auf Basis der AVB statt. Die qualitativen Unterschiede sind bedeutend, so dass der reine Prämienvergleich nur ein Anhaltspunkt für die Auswahl des günstigsten Versicherers bietet. Obwohl Rating-Agenturen die einzelnen Bedingungen bewerten und einen Anhaltspunkt bieten, muss jeder Kunde sich selbst ein Bild machen, da die Rating-Urteile auch nur subjektive Ansichten der Rater sind. Zwischen Rating-Agenturen und Versicherungsgesellschaften bestehen Geschäftsbeziehungen, die unter Umständen auch die Ratingergebnisse beeinflussen können.
Für Versicherungskunden hat diese Entwicklung zu erweiterten Deckungszusagen geführt, was für sich eine gute Nachricht ist. Die Kehrseite der Medaille könnte jedoch in einigen Jahren erst noch zum Vorschein kommen, wenn nämlich die Versicherer die versprochenen Leistungen tatsächlich erbringen müssen. Die erweiterten Deckungszusagen könnten im Einzelfall ohne entsprechende versicherungsmathematische Kalkulation erteilt worden sein, weil beispielsweise für neu übernommene Risiken (z.B. Terrordeckung) die statistischen Grundlagen fehlen. Gleichzeitig verzichteten viele Anbieter im Bedingungswettbewerb auf ihr Recht zur Prämienanpassung (§ 172 Abs. 1 VVG), um dem Kunden die Sicherheit eines festen Beitrags zu bieten. Sind die Risiken tatsächlich nicht ausreichend kalkuliert, können die betroffenen Versicherer die erhöhten Kosten nicht durch Prämienanpassungen abfangen, was bei großen Vertragsbeständen bis zur Zahlungsunfähigkeit des Versicherers führen kann. Durch die einkalkulierten Sicherheitsmargen ist dieses allerdings äußerst unwahrscheinlich und würde dann auch über die Auffanglösung "Protektor" aufgefangen werden, so dass für die Kunden kein Risiko besteht. Ein Blick auf die Finanzkraft der Versicherers kann hier hilfreich sein. Auch hierfür gibt es unabhängige Ratingagenturen.