Der Wirtschaftskreislauf ist ein vereinfachtes Modell einer Volkswirtschaft, in dem die wesentlichen Tauschvorgänge zwischen den Wirtschaftssubjekten dargestellt werden. Die Idee kam bereits bei Richard Cantillon auf. Später entwickelte François Quesnay das Tableau économique.
Einfacher Wirtschaftskreislauf
Dieses Modell reduziert das Wirtschaftsleben auf zwei Teilnehmer, die privaten Haushalte einerseits, die Unternehmen andererseits. Der Wirtschaftskreislauf stellt die wesentlichen Geldströme und Güterströme zwischen beiden dar. Einflüsse von Staat, Banken und Kapitalsammelstellen sowie Außenwirtschaft werden dabei nicht betrachtet.
Bei dieser Betrachtungsweise bringt der Haushalt die Produktionsfaktoren auf und produziert keine Güter. Für das Bereitstellen der Produktionsfaktoren, insbesondere ihrer Arbeitskraft, aber auch z.B. Mieten, wird der Haushalt von den Unternehmen entlohnt. Diese Form der Entlohnung bezeichnet man als Faktoreinkommen.
Die gesamte Entlohnung gibt der Haushalt auf dem Gütermarkt für Produkte und Dienstleistungen der Unternehmen aus. Somit ist der Kreislauf geschlossen.
Einfacher Wirtschaftskreislauf mit Kapitalsammelstellen
Der einfache Wirtschaftskreislauf mit Kapitalsammelstellen schließt die Möglichkeit ein, dass Haushalte nicht ihr gesamtes Einkommen konsumieren, sondern auch ein Teil davon sparen. Die Ersparnisse fließen an eine Kapitalsammelstelle. Letztere darf hier im Kontext des Wirtschaftskreislaufs nicht als Bank im eigentlichen Sinne verstanden werden, sondern als jede Form von Vermögensbildung, z. B. auch als Rücklage in den Unternehmensbilanzen. Aus der Ersparnis fließen ebenfalls Einkommen, nämlich Zinserträge.
Auch die Unternehmen leisten einen Beitrag zur Vermögensbildung, etwa indem sie Rücklagen bilden (=Ersparnis der Unternehmen) oder Abschreibungen auf ihre Produktionsanlagen vornehmen. Diese Abschreibungen sind Kosten, die durch Abnutzung der Maschinen entstehen, aber in den Unternehmen nicht zu Auszahlungen führen, also für Investitionen zur Verfügung stehen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden diese Geldströme in der Grafik nicht dargestellt.
Die Kapitalsammelstellen stellen die Spargelder dem Unternehmenssektor für Investitionen in Produktionsanlagen zur Verfügung. Investitionen sind im vorliegenden Zusammenhang als Sachanlageinvestitionen zu verstehen, nicht als Finanzinvestitionen, die eine Form der Ersparnis sind.
Eine Verzinsung des zur Verfügung gestellten Kapitals wird den Haushalten in Form von Faktoreinkommen gezahlt.
Betrachtet man die den Kapitalsammelstellen zufließenden und die von ihnen abfließenden Geldströme, so wird eine wesentliche Bedingung deutlich, die erfüllt sein muss, damit sich der Kreislauf im Gleichgewicht befindet: In einer Volkswirtschaft müssen Sparen und Investieren, genau Nettoinvestitionen (Investitionen abzüglich Abschreibungen) übereinstimmen.
Sind z. B. die Investitionen geringer als die Ersparnis, fließt nicht das gesamte Geld wieder in den Kreislauf zurück, die Unternehmen können damit nur noch geringere Einkommen zahlen und der Kreislauf stagniert, d. h. die Wirtschaftsleistung sinkt.
Erweiterter Wirtschaftskreislauf einschließlich Staat
Der Staat beeinflusst den Wirtschaftskreislauf in mehrfacher Hinsicht. Einerseits nimmt er Steuern und Sozialabgaben von den Wirtschaftssubjekten, wobei man die Steuern der Haushalte als Direkte Steuern, die der Unternehmer als Indirekte Steuern bezeichnet. Andererseits zahlt er Einkommen (Löhne und Transfereinkommen) an die Haushalte und tätigt bei den Unternehmen Käufe (staatlicher Konsum).
Die Beziehungen des Staates zu den Kapitalsammelstellen verdeutlichen die Ambivalenz staatlicher Aktivitäten. Ist in einer Volkswirtschaft das Sparen größer als die Investitionen, die Wirtschaft also im Ungleichgewicht, so kann eine Staatliche Kreditaufnahme (Staatsverschuldung) ein Gleichgewicht herstellen (Kreditangebot = Kreditnachfrage). Entsprechen sich aber Sparen und Investieren bereits (Gleichgewichtseinkommen) und der Staat verschuldet sich trotzdem, so verdrängt der Staat private Kreditnachfrager und somit Investitionen (→ Verdrängungseffekt).
Wirtschaftskreislauf einer offenen Volkswirtschaft
In diesem Wirtschaftskreislauf wird zu den vorhandenen Sektoren der Sektor Ausland mit hinzu genommen. Er kann jeden Sektor beeinflussen (HH, U, St, K). Die Haushalte können beispielsweise ausländische Faktoreinkommen erhalten (z.B. Arbeiter ist im Ausland beschäftigt und wohnt im Inland, sein Einkommen fließt also vom Ausland zu den inländischen Haushalten) und umgekehrt können inländische Faktoreinkommen von den Unternehmen ins Ausland fließen (z.B. Gastarbeiter im Inland nehmen Ihren Lohn/Gehalt mit ins Ausland). Des Weiteren können Sparleistungen vom Ausland in die inländischen Kapitalsammelstellen fließen (z.B. legt das Ausland Geld im Inland an um Zinserträge zu bekommen), oder Sparleistungen von den inländischen Haushalten ins Ausland (z.B. versuchen Inländer im Ausland höhere Zinserträge zu erwirtschaften). Der wichtigste Teil in diesem Wirtschaftskreislauf ist der (positive/negative) Außenbeitrag. Dieser ergibt sich aus den beiden Strömen Export und Import. (z.B. wenn die Ex > Im sind haben wir im Inland ein positiven Außenbeitrag, d.h. es fließt zusätzlich Geld vom Ausland ins Inland. Umgekehrt liegt ein negativer Außenbeitrag vor wenn die Ex < Im sind. Die Geldmenge im Inland sinkt, da Geld ins Ausland fließt.) Derzeit können wir in Deutschland unsere schlechte Binnennachfrage über den positiven Außenbeitrag nur zum Teil ausgleichen.