Der Panavia 200 „Tornado“ MRCA ist ein zweisitziges Mehrzweck-Kampfflugzeug, das als Jagdbomber, Abfangjäger und Aufklärer eingesetzt wird.



Geschichte
Seit 1967 projektierten die Niederlande, Belgien und Kanada zusammen mit Großbritannien, Italien und der Bundesrepublik Deutschland ein Kampfflugzeug als Nachfolger des Starfighter. Im Jahr 1968 unterzeichneten die Länder ein Memorandum, das ein gemeinsames Projekt zum Ziel hatte. Wegen unterschiedlicher militärischer Forderungen stellten kurz nach der Unterzeichnung die Staaten Niederlande, Belgien und Kanada ihre Mitarbeit ein. Großbritannien und Deutschland arbeiteten weiter an dem Projekt und stellten am 1. Mai 1969 eine erste Studie vor. Im Juli 1970 wurde das Projekt offiziell zur Konstruktion freigegeben und es bekam den Projektnamen Multi-Role Combat Aircraft (kurz: MRCA). Eine Gesellschaft zur Produktion des bis dahin nur MRCA genannten Flugzeuges, namens Panavia, wurde gegründet. 1976 erhielt das bis dahin namenlose Flugzeug den Namen PA 200 Tornado.
Die damals gesetzten Kriterien für den Einsatz und Entwurf der Tornado waren:
- Erdkampfunterstützung
- Gefechtsfeldabriegelung
- Luftüberlegenheit
- Luftabfangjäger
- Marineeinsatz
- Aufklärung
- Ausbildung
Es war aber nicht möglich alle gesetzten Kriterien zu verwirklichen. Deshalb haben sich im Laufe der Entwicklung die Prioritäten in Richtung Jagdbomber verlagert. Die Rolle der Tornado im Luftkampf besteht deshalb nur noch im begrenzten Einsatz zur Selbstverteidigung.
Italien, Großbritannien und die Bundesrepublik Deutschland schlossen einen Vertrag über die Lieferung von 809 Exemplaren. Später wurde die deutsche Bestellung von 700 auf 324 Stück reduziert, der Preis des Waffensystems war während der Entwicklung um 800 Prozent auf etwa 60 Mio DM gestiegen. Der Jagdbomber hatte seinen Erstflug am 14. August 1974, seit 1982 erfolgte die Auslieferung an die Einheiten.
Die Herstellung oblag einem Konsortium aus British Aerospace, Messerschmitt-Boelkow-Blohm (MBB) / DASA (Deutschland) und Aeritalia SpA / Alenia (Italien), die hierzu 1969 die oben genannte Panavia Aircraft GmbH mit Sitz in München gegründet haben.
Bauanteile der Herstellernationen Italien, Großbritannien und Deutschland:
- Cockpitsektion, Hecksektion und Seitenleitwerk: Großbritannien
- Rumpfmittelteil und Lufteinläufe: Bundesrepublik Deutschland
- Tragflächen und Hochauftriebshilfen: Italien
Insgesamt wurden 977 Exemplare hergestellt, die in verschiedenen Luftstreitkräften zum Einsatz kommen.
Technische Daten
Die Besatzung besteht aus Pilot und Waffensystemoffizier (WSO).
Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei Mach 2,2 in 11.000 Metern Höhe. In Bodennähe erreicht der zweistrahlige Schulterdecker mit Schwenkflügeln eine Geschwindigkeit von Mach 1,3. In Start- und Landestellung haben die Flügel eine Pfeilung von 25 Grad, in der Stellung für hohe Geschwindigkeit 67 Grad. Der Aktionsradius liegt bei 1.200 Kilometern, die Überführungsreichweite bei 4.830 Kilometern.
Besonderes Merkmal des Tornado ist seine Fähigkeit zum Tiefstflug in Baumwipfelhöhe. Das Terrain Following Radar (kurz: TFR, deutsch: Geländefolgeradar) ermöglicht den (vom Autopiloten gesteuerten) extremen Tiefflug in 200 ft (ca. 60 Meter) Flughöhe über Grund bei nahezu jedem Wetter. Im Sichtflug und bei manueller Steuerung durch den Piloten kann die Flughöhe bis auf 100 ft verringert werden.
Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass die Triebwerke des Tornado nicht nur mit Nachbrennern, sondern auch mit Schubumkehr ausgestattet sind, um die nötige Landebahnlänge zu verkürzen.
Bewaffnung
Ein Tornado kann eine Waffenlast von maximal 8.200 Kilogramm tragen und ist ein Mehrzweckkampfflugzeug. Er besitzt zwei 27mm Mauser-Maschinenkanonen mit je 180 Schuss (außer ECR Variante). Als Zusatzbewaffnung kann der Tornado verschiedene Raketen und Bombenlasten tragen. Dazu gehören:
- AIM-9-L / I Sidewinder Luft-Luft-Raketen/Ihr Nachfolger AIM-132 ASRAAM
- HARM Anti-Radar-Raketen
- IRIS-T Luft-Luft-Raketen (in der Erprobung; Wurde erfolgreich von einem Tornado abgeschossen)
- Freifall-, gebremste-, Clusterbomben und lasergesteuerte Bomben (Paveway) bis 1000kg-Klasse (Version GBU-24)
- Kormoran 1/2 Anti-Schiff-Raketen
- Marschflugkörper TAURUS, Storm Shadow
- Sky Flash Missile / AMRAAM Luft-Luft-Raketen
Der Tornado kann alternativ mit einem MW-1 Munitionsbehälter ausgestattet werden, der es erlaubt, z. B. Landebahnen mit speziellen Bomben zu zerstören, oder aber Gelände mit unterschiedlichen Minen zu belegen, ebenso ist es möglich, Ziele mit Kleinbomben des Types KB44 zu bekämpfen. Entgegen mancher Behauptung ist er nicht mit AGM-65 Maverick-Lenkflugkörpern ausgerüstet.
Primäre Funktion
Der Tornado wird als Jagdbomber (IDS (Inter-Diction-Strike), ECR), Aufklärer (Reconnaissance, kurz: Recce) und Abfangjäger (ADV (Air Defense Variant, zu deutsch: Luftverteidigungsversion)) eingesetzt. In der Öffentlichkeit ist der Tornado bekannt als Aufklärungsflugzeug zur Unterstützung der Polizei bei der Suche nach vermissten Personen.
Einsatzgebiete
Tornados sind in der Regel bei NATO-Geschwadern der Luftwaffe und der Marine stationiert.
Neben der deutschen Luftwaffe (357 bestellte Exemplare) wird die Maschine noch von der britischen Royal Air Force (398 Exemplare), der italienischen Luftwaffe (99 Exemplare), sowie von Saudi Arabien (120 Exemplare) eingesetzt. In der Luftwaffe wird der Tornado bis voraussichtlich 2015 beim Aufklärungsgeschwader 51 "Immelmann" (AG 51) in Jagel (Kropp, Schleswig-Holstein), beim Jagdbombergeschwader 32 "ECR" (JaboG 32 "ECR") in Lechfeld (Lagerlechfeld, Bayern) und beim Jagdbombergeschwader 33 in Büchel mit wahrscheinlich 83 Flugzeugen im Dienst bleiben. Das Marinefliegergeschwader 2 (MFG 2) in Eggebek, Schleswig-Holstein, hatte im Sommer 2005 seinen letzten Flug mit dem Tornado und wird aufgelöst. Die "maritimen" Aufgaben werden durch das AG 51 übernommen.
Ende 1989 gab es vom US-Verteidigungsministerium eine Untersuchung, die sich mit der Verwendung des Tornados in der "Wild-Weasel"-Rolle bei der US Air-Force befasste. Die Überlegung bestand darin, dass die Tornados die damals im Einsatz befindlichen F-4G ersetzen sollten. Diese Überlegung wurde allerdings Anfang der 1990er Jahre wieder verworfen und zugunsten der vorhandenen F-16 gestrichen.
Tornadotypen der Deutschen Luftwaffe
- Tornado IDS: IDS = Interdiction/Strike; Hauptversion des Tornado. In Deutschland stationiert beim JaboG 31 „Boelcke“ in Nörvenich, beim JaboG 33 in Büchel. Die Ausbildung findet in Holloman (USA) statt, wo eine Staffel IDS stationiert ist. Einige weitere Maschinen mit Doppelsteuerung sind aber auch in den anderen Verbänden zu Ausbildungszwecken vorhanden.
Weitere Nutzer waren die aufgelösten Marinefliegergeschwader 1 in Jagel, Marinefliegergeschwader 2 in Eggebek, das Jagdbombergeschwader 34 „Allgäu“ in Memmingen sowie das Jagdbombergeschwader 38 in Schortens.
- Tornado RECCE: (RECCE = englischer Militär-Jargon für „Reconnaissance“, dt. Aufklärung). Diese Version ist eigentlich ein Tornado IDS, unterscheidet sich aber durch den angehängten Aufklärungsbehälter, den sog. „RECCE-Pod“ an der mittleren Unterrumpfstation und durch ein zusätzliches Bedienpanel im Cockpit. Der RECCE-Tornado ist ausschließlich beim Aufklärungsgeschwader 51 Immelmann in Jagel/Kropp stationiert.
- Tornado ECR: (ECR = Electronic Combat Reconnaissance) Es wurden nach Auslieferung der IDS weitere 35 Maschinen bestellt, welche mit speziellen Sensoren ausgestattet sind und somit feindliche Radarstellungen erkennen, identifizieren und bekämpfen können, bevor das Luftfahrzeug selbst vom feindlichen Radar geortet wird. Der Tornado ECR ist ausschließlich beim Jagdbombergeschwader 32 „ECR“ in Lagerlechfeld stationiert.
Da kein weiterer NATO-Partner über ein vergleichbares, in diesem Maß technisch ausgereiftes, Waffensystem verfügt, wurden die ECR-Tornados für den Einsatz im ehemaligen Jugoslawien angefordert.
Der Tornado wurde von der deutschen Luftwaffe, sowohl im Bosnien-Konflikt, als auch im Kosovo-Krieg, zu Aufklärungszwecken sowie für die Bekämpfung feindlicher Radarstellungen eingesetzt.
Tornadotypen der Royal Air Force
- Tornado GR.1: ursprünglicher Jagdbomber, vergleichbar IDS; 142 umgerüstet auf GR4, Rest ausgemustert
- Tornado GR.1A: Aufklärer basierend auf GR.1, umgerüstet auf GR.4A oder ausgemustert
- Tornado GR.1B: spezialisierte Marinefliegerversion, umgerüstet auf GR.4 oder ausgemustert
- Tornado GR.4: verbesserter Jagdbomber, Weiterentwicklung vom GR.1, ; stationiert auf den Stützpunkten RAF Lossiemouth und RAF Marham
- Tornado GR.4A: verbesserter Aufklärer basierend auf GR.4 ; stationiert auf der RAF Basis Marham
- Tornado F.2: ursprünglicher Abfangjäger, aufgrund von Problemem mit dem Radar nur 18 gebaut
- Tornado F.3: verbesserter Abfangjäger; stationiert auf den Basen RAF Leeming, RAF Leuchars sowie auf den Falklandinseln
Während der Operation Desert Storm im zweiten Golfkrieges wurden die Tornados der britischen Luftwaffe unter anderem in der ersten Angriffswelle gegen die irakischen Flugplätze Tallil, Al Asad, Mudaysis und Al Taquaddum eingesetzt. Auch während des Kosovokrieges kamen zwei Geschwader mit Tornados zum Einsatz. Der bisher größte Kampfeinsatz erfolgte während der Operation Iraqi Freedom im dritten Golfkrieg im Jahr 2003. Hierbei wurde ein Flugzeug versehentlich von einer US-amerikanischen Patriot Boden-Luft-Rakete abgeschossen. Die Tornado GR4 und GR4A werden voraussichtlich noch etwa 10 Jahre im Einsatz bleiben. Sie sollen anschließend durch einen von BAE SYSTEMS entwickelten unbemannten Bomber (englisch: Unmanned Combat Air Vehicle (UCAV)) ersetzt werden.
Panavia Tornado Air Defence Variant
Die Ausdehnung des britischen Verteidigungsbereichs erfordert eine beträchtliche Zahl an Langstreckenabfangjägern, deren Schlagkraft von luftgestützten Frühwarnsystemen verstärkt wird. Bereits früh in der Entwicklung der Tornado IDS war abzusehen, dass diese Maschine relativ einfach zu einem Abfangjäger umgebaut werden konnte, um die McDonnell Douglas F-4 abzulösen. Der erste Prototyp des Tornado ADV flog im Oktober 1979 und debütierte 1986 im Einsatz.
Der Wunsch nach einer halb eingelassenen Vorrichtung für die Hauptbewaffnung mit Sky Flash Missiles führte zu einem verlängerten Rumpf, mit dem zusätzlichen Vorteil der größeren Tankkapazität und feinerer Linien für reduzierte Ultraschallverzerrung. Gleichzeitig wurde die Nase verändert zum Einbau des schwierigen, aber potentiell exzellenten Foxhunter Radar mit Neuerungen in Displays und Elektronik.Er genießt aufgrund dieser baulichen Maßnahmen den Spitznamen "Longnose/Langnase"
Die ersten von 180 Flugzeugen traten 1984 als Tornado F.2 mit Turbo-Union RB 199 Mk 103 Triebwerken in Dienst, aufgrund von anfänglichen Problemen mit den Radar wurden aber nur 18 F.2 gebaut. Die Endversion ist die ab 1986 ausgelieferte F.3 mit funktionierendem Radar und stärkeren Triebwerken. 2004 gab die Royal Air Force überraschend bekannt, bereits bis 2008 alle Tornado F.3 durch den Eurofighter Typhoon zu ersetzen.
Technische Daten Tornado F.3
- Typ: zweisitziger Allwetter-Abfangjäger
- Antrieb: zwei Turbo-Union RB 199 Mk 104 Turbofan-Triebwerke mit je 8550 kg Schub, mit Nachbrenner
- Flugleistung: Höchstgeschwindigkeit 2340 km/h oder Mach 2,2; Reichweite 1853+ km
- Abmessungen: Spannweite 13,91 m bei 25° und 8,6 m bei 67° Pfeilung; Länge 18,082 m
- Gewicht: leer: 14.500 kg; max. Startgewicht 27.986 kg
- Bewaffnung: eine 27 mm-Kanone, Luft-Luft-Raketen und schwere abwerfbare Zusatzlast (z.B. Tanks) außen
- Betreiber: Großbritannien, Saudiarabien
Tornadotypen der Aeronautica Militare
Die 100 Maschinen der italienischen Luftwaffe waren ursprünglich ausschließlich Tornados in der IDS-Version (davon einige Trainer mit Doppelsteuerung und einige Recces mit Aufklärungspod). Anfang der 90er Jahre plante man den Kauf von 15 weiteren Tornados in der ECR-Version, wozu es dann doch nicht kam. Stattdessen baute Italien 12 Tornado IDS zu Tornados in die ECR-Version um. Die italienischen Tornados nahmen u.a. am Golfkrieg und an der NATO-Operation gegen Serbien teil, wo die italienischen ECR-Tornados erstmals zum Einsatz kamen. Heute sind vier Staffeln mit dem Kampfflugzeug ausgerüstet:
- 154º und 102º Gruppo/6º Stormo in Ghedi bei Brescia
- 155º Gruppo/50º Stormo in Piacenza (Tornado ECR)
- 156º Gruppo/36º Stormo in Gioia del Colle bei Bari
Von der britischen Royal Air Force leaste die italienische Luftwaffe zwischen 1994 und 2004 wegen der Verspätungen bei der Einführung des Eurofighters insgesamt 24 Tornado F.3 Abfangjäger als Zwischenlösung. Diese wurden vorwiegend bei der 12º Gruppo/36º Stormo in Gioia del Colle eingesetzt. Nach Ablauf des Leasingvertrages schenkte die RAF dem italienischen Luftwaffenmuseum einen Tornado ADV. Italien verzichtete zugunsten der F-16ADF (und der nunmehr im Zulauf befindlichen Eurofighter) auf eine Verlängerung des Leasingvertrages. Die italienischen Tornados erhielten mittlerweile ein Kampfwertsteigerung und sollen noch bis 2020 im Dienst bleiben.