In dem 1784 in der Dezember-Nummer der Berlinischen Monatsschrift veröffentlichten Essay Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung ging Immanuel Kant auf die Frage des Pfarrers Johann Friedrich Zöllner „Was ist Aufklärung?“ ein, die ein Jahr zuvor in derselben Zeitung erschien. Kant lieferte in diesem Aufsatz seine berühmte Definition der Aufklärung.

In der Dezemberausgabe der Zeitschrift „Berlinische Monatsschrift“ von 1783 veröffentlichte der Berliner Pfarrer Johann Friedrich Zöllner den Artikel: "Ist es rathsam, das Ehebündniß nicht ferner durch die Religion zu sanciren?" In einer Fußnote stellte er die provozierende Frage „Was ist Aufklärung?“. Zöllner war ein Gegner der Aufklärungsbewegung und spielte mit der Frage auf die Tatsache an, dass es noch keine eindeutige Definition der Bewegung gab, obwohl diese schon seit Jahrzehnten bestand. Diese Frage des protestantischen Berliner Pfarrers, versteckt in einer Fußnote, war als Replik gedacht auf den anonym mit "E.v.K" gezeichneten und erschienenen Beitrag des Mitherausgebers der BMS Johann Erich Biester im Septemberstück 1783, mit dem als ketzerisch empfundenen Titel: "Vorschlag, die Geistlichen nicht mehr bei Vollziehung der Ehen zu bemühen". Damit wurde die so genannte "Aufklärungsdebatte" eröffnet, die sich als äußerst folgenreich und fruchtbar für die Geschichte der Philosophie, besonders in Preußen, erwies. In der Septemberausgabe der „Berlinischen Monatsschrift“ von 1784 veröffentlichte der Philosoph Moses Mendelssohn als Antwort einen Aufsatz mit dem Titel „Über die Frage: was heißt aufklären?“. Zwei Monate später erschien in der Dezemberausgabe dann der berühmte Aufsatz von Immanuel Kant „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“ mit der bekannten Definition der Aufklärung. In einer später hinzugefügten Anmerkung am Schluss schreibt Kant, dass ihm der Aufsatz von Mendelssohn noch nicht bekannt war und er ansonsten den seinigen zurückgehalten hätte.
Kant beginnt seinen Aufsatz unmittelbar mit einer axiomatischen Definition. (Ein Axiom ist in der Logik und der Mathematik ein Grundsatz, der unmittelbar einleuchtet und seinerseits nicht weiter zu begründen ist, z.B. „Das Ganze ist mehr als seine Teile.”) Nach ihm ist Aufklärung der „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“ In den folgenden zwei Sätzen werden diese Begriffe erläutert. Unmündigkeit ist das „Unvermögen sich seines Verstandes ohne die Leitung eines anderen zu bedienen“. Diese Unmündigkeit ist selbstverschuldet, wenn ihr Grund nicht ein Mangel an Verstand ist, sondern die Angst davor sich seines eigenen Verstandes ohne die Anleitung eines anderen zu bedienen. Daraufhin fügt Kant den Wahlspruch der Aufklärung ein: „Sapere aude!“, was etwa bedeutet „Wage zu wissen!“ und von Kant mit „Habe den Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ erläutert wird. Später lieferte Kant an anderer Stelle auch noch eine einfachere Definition der Aufklärung: „Die Maxime, jederzeit selbst zu denken, ist die Aufklärung.“.
In dem nun folgenden Absatz erklärt Kant, warum ein großer Teil der Menschen, obwohl sie längst erwachsen sind und fähig wären selbst zu denken, Zeit ihres Lebens unmündig bleiben und dies auch noch gerne sind. Der Grund dafür sei „Faulheit und Feigheit“. Denn es sei bequem unmündig zu sein. Das „verdrießliche Geschäft“ des eigenständigen Denkens könne leicht auf andere übertragen werden. Wer einen Arzt hat, muss seine Diät nicht selbst beurteilen, anstelle sich selbst Wissen anzueignen kann man sich auch einfach Bücher kaufen, wer sich einen „Seelsorger“ leisten kann braucht selber kein Gewissen. Somit sei es nicht nötig selber zu denken, und der Großteil der Menschen (darunter das „ganze schöne Geschlecht“) mache von dieser Möglichkeit Gebrauch. Somit wird es für andere leicht, sich zu den „Vormündern“ dieser Menschen aufzuschwingen. Diese Vormünder sorgen auch dafür, dass die „unmündigen“ Menschen „den Schritt zu Mündigkeit“ außer für beschwerlich auch noch für gefährlich halten. Kant vergleicht hier die unaufgeklärten Menschen drastisch mit „Hausvieh“, das dumm gemacht worden sei. Sie wurden eingesperrt in einen „Gängelwagen“, dies war im 18. Jahrhundert ein Korbgestell auf Rädern mit dem Kinder das Laufen lernten. Diese „Eingesperrten“ werden von ihren Vormündern stets die Gefahren gezeigt die ihnen drohen, wenn sie versuchen selbstständig zu handeln. So wird es für jeden einzelnen Menschen schwer sich alleine aus der Unmündigkeit zu befreien. Zum einen weil er sie „liebgewonnen“ hat weil sie bequem ist und zum anderen weil er inzwischen größtenteils wirklich unfähig ist sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, weil man ihn nie den Versuch dazu machen ließ und davor abschreckte.
Daraufhin behandelt Kant die Aufklärung des Einzelnen im Gegensatz zur Gesamtöffentlichkeit. Wegen der vorher beschriebenen Zustände hat der einzelne Mensch nur geringe Möglichkeiten, sich selbst aufzuklären. Wahrscheinlicher ist es, dass sich ein „Publikum“, also im Gegensatz zum Individuum die gesamte Bevölkerung eines Staates, aufklärt. Denn unter der Vielzahl der unmündigen Bürger fänden sich immer ein paar „Selbstdenkende“. Als Vorbedingung fordert Kant Freiheit. Unter dieser Voraussetzung scheint ihm die Aufklärung der Öffentlichkeit „beinahe unausbleiblich“. Diese durch eine Revolution durchzusetzen lehnt Kant ab. Eine Revolution würde nie eine „wahre Reform der Denkensart“ ermöglichen. Er setzt also auf Reform statt Revolution.
Die von Kant als notwendige Voraussetzung der Aufklärung geforderte Freiheit ist das Recht von seiner Vernunft in allen Bereichen öffentlichen Gebrauch zu machen. Der öffentliche Gebrauch der Vernunft ist derjenige, den jemand als Privatmann, also z.B. als Gelehrter vor seinem Lesepublikum, macht. Im Gegensatz dazu steht der Privatgebrauch der Vernunft. Dies ist derjenige Gebrauch von der Vernunft den jemand als Inhaber eines öffentlichen Amtes ausübt, z.B. ein Offizier oder ein Beamter. Der öffentliche Gebrauch der Vernunft beinhaltet also die Redefreiheit, das Recht der freien Meinungsäußerung in Rede und Schrift. Er muss, so Kant, „jederzeit frei sein“. Dagegen kann (und muss auch teilweise) der Privatgebrauch der Vernunft öfters sehr eingeschränkt sein. Dies sei der Aufklärung nicht weiter hinderlich. Zur Erklärung führt Kant folgendes Beispiel an: Wenn ein Offizier im Kriegsdienst von seinen Vorgesetzten einen Befehl erhält, darf er nicht im Dienst über die Zweckmäßigkeit oder Nützlichkeit diese Befehls räsonieren sondern muss gehorchen. Allerdings kann ihm später nicht verwehrt werden, über die Fehler im Kriegsdienst zu schreiben und dies dann seinem Lesepublikum zur Bewertung vorzulegen.
Amtsträger, aber auch die einzelnen Bürger, sind demnach im Bereich ihres Amtes bzw. ihrer staatsbürgerlicher Pflichten wie das Zahlen von Abgaben zu Gehorsam verpflichtet, um die Ordnung und Sicherheit des Staates und seinen Institutionen zu gewährleisten. Dadurch aber, dass sie als Gelehrte öffentlich von ihrer Vernunft Gebrauch machen können, ergibt sich die Möglichkeit der öffentlichen wissenschaftlichen Diskussion der Verhältnisse im Staat. Auf diesem Weg kann der Monarch zur Einsicht und zur Änderung der Verhältnisse bewegt werden. So können also nach Kant Reformen erreicht werden.
Kant scheint in seinem Denken geprägt von Furcht vor Revolte und Anarchie und misst der Sicherheit des Staates große Bedeutung zu. Sein Aufsatz wurde oft abwertend als Spiegelbild der preußischen Staatsaufklärung bezeichnet. Kritik liegt auch nahe. Denn in Kants Entwurf gibt es keinerlei verfassungsmäßige Garantien, dass der Monarch die von den Bürgern angestoßenen Reformideen auch umsetzt. Somit sind die Bürger angewiesen auf einen wohlwollenden und aufgeklärten Monarchen. Kant bestätigt also scheinbar eine undemokratische und paternalistische Regierungsform, welche eigentlich im Widerspruch zu den Ideen der Aufklärung steht. Zur Erklärung lässt sich Kants Prägung durch den preußischen Staat anführen. Denn dieser war einerseits zu Kants Zeit unter Friedrich I. und Friedrich II. für damalige Verhältnisse sehr modern und liberal. Andererseits bestanden aber „preußischen Tugenden“ wie Gehorsamkeit, Obrigkeitshörigkeit und Pflichterfüllung weiter und übten großen Einfluss auf die Gesellschaft (und wohl auch auf Kant selber) aus.
Die Frage „Leben wir jetzt in einem aufgeklärten Zeitalter?“ verneint Kant, aber man lebe jetzt in einem Zeitalter der Aufklärung. Besonders in „Religionsdingen“ seien die meisten Menschen noch sehr weit davon entfernt sich selbst ihres Verstandes ohne fremde Leitung zu bedienen. Allerdings gebe es doch auch deutliche Anzeichen dafür, dass die allgemeine Aufklärung voranschreite.
Literatur
- Ehrhard Bahr (Hrsg.): Was ist Aufklärung? Thesen und Definitionen. Kant, Erhard, Hamann, Herder, Lessing, Mendelssohn, Riem, Schiller, Wieland. ISBN 3-15-009714-2
- Höffe, Otfried. (2004). Immanuel Kant, 6. überarbeitete Auflage. Verlag C.H. Beck, München.