Tacitus
Ich schrieb:
- "Widerspruch zu den antiken Quellen:
Die Zuschreibung des Vornamens Publius ist angesichts der eindeutigen antiken Überlieferung (Plinius, Tacitus, Plutarch, siehe Titus Petronius, Abschnitt „Name“) nicht zu rechtfertigen. Für die Namensklärung des Satyricondichters richtet die Inschrift des Publius Petronius Niger nichts aus."
Nun hast du Tacitus mit der Begründung gelöscht, er habe weder Publius noch Titus. Das aber ist es doch gerade, auch auf ihn kann man sich nicht berufen, wenn man als Praenomen Publius präferiert. Du hast aber recht, dass die Tacitus-Überlieferung nicht "eindeutig" ist. Sollte aber vielleicht doch irgendwie erwähnt werden. Gruß,--Thomas Völker 20:47, 11. Sep 2006 (CEST)
- In der Anmerkung 5 bei Titus Petronius habe ich etwas dazu ergänzt. Vielleicht sollten wir versuchen, die Diskussion zur Identitäts- und Namensfrage zentral in einem Artikel zu haben und nicht über zwei verteilt; leider habe ich im Moment wenig Zeit, mich darum zu kümmern.--StefanC 07:02, 12. Sep 2006 (CEST)
Komma
"καί Νικήρατος καί Ρετρώνιος Νίγερ τε καί Διόδοτος. (Diosk. De mater. med. I praef.)
Allerdings wurden die Worte Petronios und Niger wohl durch ein Komma getrennt, so dass die Lesung unsicher ist..."
Das erscheint mir missverstaendlich. Kommata kannte die Antike ja nicht; da das te enklitisch an Niger angehaengt ist, ist die hier gegebene Lesung eindeutig darin, dass Petronius und Niger getrennt sind. Ich kenne die Spezialdiskussion nicht, vermute aber, dass sich der Unmut der Philologen eher auf das te richtet, das entweder in einigen Hs. fehlt oder in der Vergangenheit wegkonjeziert wurde, da es in der parallelen Konstruktion mit kai...kai...kai in der Tat seltsam anmutet. (Grammatikalisch richtig ist ausserdem hier "Woerter")
Ich wuerde auch eine Uebersetzung vorschlagen, etwa: Nikeratos, Petronius (,) Niger und Diodotos. Man koennte dann mit der Richtigkeit des Kommas in der Uebersetzung argumentieren. Rominator 18:56, 20. Sep 2006 (CEST)
"Dieser Petronius scheint bereits zu Beginn des 1. Jhs. gelebt zu haben. ... Galen nennt ihn 'Petronios Musas'. Wellmann vermutete eine Verwendung der pharmakologischen Bücher des Petronius durch Sextius Niger."
Hier erscheinen mir jeweils Referenzen sinvoll. Rominator 19:44, 20. Sep 2006 (CEST)
- Ich habe hier nur [| Smith] und die RE.
- Smith: "Fabricius (Bill. Gr. vol. xiii. p. 361, ed. vet.) supposes his name to have been Petronius Niger but this is uncertain, and in the latest edition of Dioscorides (/. c.), where the words καί Νικήρατος καί Ρετρώνιος Νίγερ τε καί Διόδοτος occur, a comma is placed between Ρετρώνιος and Νίγερ. In Pliny (ff. N. xx. 32), he is called Petronius Diodotus, but probably the text is not quite sound [...]"
- Beim nochmaligen Lesen wird mir deutlich, dass das Komma demnach in einem um 1860 gedruckten Text steht. Wäre ich ohne Dich nicht drauf gekommen. Mein Griechisch ist leider eher rudimentär, ich kann zu der Frage leider sonst nichts oder nur wenig Gescheites beitragen. Ich verlass mich auf Dein Wissen, dass mit Komma nicht noch irgendwas anderes gemeint ist, und habs mal etwas abgeändert. Aber wenn Du es Dir zutraust, dann ändere doch den Satz so, dass ihn auch ein Gräzist versteht. Schau nochmal drüber, ob das so geht.
- Die Referenzen betr. Galen und für die These von Wellmann (er scheint auch Dioskurides herausgegeben zu haben) habe ich nachgetragen. Sie schienen mir hier entbehrlich, da es ja kein Artikel über den Pharmakologen ist (der muss noch geschrieben werden), sondern über den mit ihm verwechselten Niger.
- K. Deichgräber schreibt in der RE XIX Sp. 1193:
- "Doch ist abzuwarten, welche Lesung die Hss.-Überlieferung bei Gal. XIII 462. 502 und XII 989 ergeben wird. Hier wird in Aufzählungen älterer und jüngerer Pharmakologen [...] jedesmal an fast gleicher Stelle der Reihenfolge ein Musas, Petronius Musas und Antonius Musa (Leibarzt des Augustus [...] genannt."
- Leider weiß ich nicht, was die Hss.-Überlieferung seit 1938 ergeben hat. Jedenfalls sind es mit Sicherheit nur Wörter, keine Worte...! Danke für Deine Hinweise! --Thomas Völker 05:09, 21. Sep 2006 (CEST)
Ok, ich habe heute eh Forschungstag und sitze in der Bibl. Die erste Textstelle habe ich gefunden, neueste Edition ist nach wie vor Wellmann in der 2. Aufl. von 1958. Meine Vermutung, dass das te in einigen Handschriften fehlt, war richtig. Ich habe den Absatz jetzt so unformuliert, dass ein Graezist wohl keine Einwaende mehr haette, das ganze aber auch noch verstaendlich bleibt.
Smith bezieht sich auf eine aeltere Edition von 1830, da die Erstausgabe von Wellmann erst 1912 erschienen ist. Wellmann setzt kein Komma, ist allerdings auch nicht noetig. Ein Komma zur Trennung der Namen wuerde wohl hoechstens ein Englaender erwarten, da die englische Interpunktion dies vorsieht. Nach der neueren Edition von Wellmann ist die Sache praktisch eindeutig. Wenn die aeltere Edition allerdings auch schon das te hatte, dann sehe ich keinen Grund, warum Smith noch mit dem Komma argumentiert, hoechstens um zu sagen: Der Hrsg. von 1830 hat das auch so gesehen, dass das te eindeutig die Namen trennt, und deshalb ein Komma gesetzt. Vielleicht war er auch am Vortag in der Kneipe und musste irgendwas zu Papier bringen...
Zu der Galen-Stelle ist zu sagen, dass die Vorkriegs-RE zur philologischen Leistung kuenftiger Generationen wohl zu optimistisch war. Nach meinen Recherchen habe ich keine kritische Ausgabe zu Galen nach 1938 mehr gefunden. Die heute immer noch gaengige von Kuehn, 1965, ist ein unveraenderter Nachdruck von 1827, also die gleiche Edition, auf die sich die RE bezieht. Es ist natuerlich nicht ganz auszuschliessen, dass jemand spaeter nochmal dieses Spezialproblem behandelt hat. In dem Fall wuerde man aber nur durch moderne prosopographische Werke weiterkommen. Wenn darin kein Artikel ueber den Pharmakologen zu finden ist, wurde das Thema zu 99% nie wieder behandelt.
Rominator 00:42, 22. Sep 2006 (CEST)
Na, dann sind wir doch auf der Höhe der Zeit! Fridolf Kudlien schrieb 1979 im Kleinen Pauly (II Sp. 675), dass Kühn (1821-1833) völlig unkritisch, aber immer noch die einzige Gesamtausgabe von Galen ist. Es gäbe aber einige kritisch editierte Schriften im Corpus Medicorum Graecorum (V 4, V9, V10).
Brandaktuell kann ich noch folgendes beitragen: Vor gut 400 Jahren hat sich Janus Antonius Saracenus schon mal mit der Frage beschäftigt (Pedacii Dioscoridis Anazarbaei De Materia medica: libri V; Frankfurt 1598):
- "Dioscorides Petronium & Diodotum, tanquam * diversos rei herbariae scriptores commemorat. At Plinius tum lib. xx. cap. 8. tum etiam xxv.cap.9. unum & eundem Petronii nomine designare videtur. (abgedruckt in Pieter Burmann Titi Petronii Arbitri Satyricon etc. (Amsterdam ²1743) II, p. 324)
Bei Burmann gibt es dann folgende Anmerkung, (offenbar durch Burmann selbst):
- *Verba Discoridis sunt: Ρετρώνιος Νίγερτε καί Διόδοτος, Petronius Nigerque & Diodotus: id est, uterque tam Niger, quam Diodotus. Non ergo duos diversos auctores Dioscorides facit Petronium & Diodotum, sed duos diversos Petronios: scilicet Petronium Nigrum, & Petronium Diodotum. Nec minus quam saracenus, etiam Hermolaus Barbarus in hoc loco falsus fuit. Et forte ad alterutrum horum duorum Petroniorum spectant carmina illa de Medicina, quae se vidisse Volterranus testatur. Nam Petronii Arbitri esse nemo mihi umquam persuaserit."
Ich denke aber nicht, dass das etwas an Deinem Ergebnis ändert, denn Burmann las ja eindeutig das τε.
Deine Änderung finde ich vortrefflich. Dank und Gruß --Thomas Völker 13:40, 22. Sep 2006 (CEST)