Maurikios

oströmischer Kaiser von 582 bis 602
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Maurikios (* 539, † 602) war von 582 bis 602 Kaiser des oströmischen Reiches und einer der wichtigsten frühbyzantinischen Herrscher, wobei seine Regierungszeit vor allem vom Abwehrkampf an den Grenzen geprägt war.

Solidus des Maurikios

Leben

Perserkrieg und Thronbesteigung

Flavius Mauricius Tiberius stammte aus Arabissos in Kappadokien und war ein erfolgreicher Feldherr. Er wurde von seinem Vorgänger, Kaiser Tiberios I., adoptiert und nach dessen Tod sein Nachfolger. Seine Regierungszeit ist eine besonders gut dokumentierte Phase der ausgehenden Spätantike (wichtigste Quelle ist der Historiker Theophylaktos Simokates).

In dem bereits unter Justin II. 572 erneut ausgebrochenen Krieg mit dem persischen Sassanidenreich (siehe dazu Römisch-persische Kriege) diente Maurikios zunächst als Feldherr und brachte den Persern 581 eine vernichtende Niederlage bei. Ein Jahr später heiratete er die Tochter des Kaisers Constantina und folgte ihm am 13. August 582 auf dem Thron. Er übernahm einen bankrotten Staat, der enorme Tributzahlungen an die Awaren leisten musste, dessen Balkanprovinzen von den Slawen jährlich verwüstet wurden und der sich im Kriegszustand mit Persien befand.

Den Krieg mit den Persern musste Maurikios auch als Kaiser zunächst fortführen. Er konnte ihn schließlich mit der Rückführung des sassanidischen Großkönigs Chosrau II. und dem Sieg über den persischen Usurpator Bahram Chobin 591 zu einem für die Römer erfolgreichen Ende bringen. Wie vorher vereinbart, trat Chosrau II., der wohl von Maurikios adoptiert worden war, zum Dank für die oströmische Hilfeleistung den Norden Mesopotamiens inklusive der vorher vielumkämpften Stadt Nisibis, Armenien bis zu einer Grenze unmittelbar westlich der Hauptstadt Dvin im Norden bis zum Vansee im Süden und Iberien (Ostgeorgien) bis hin zur Hauptstadt Tbilisi an Byzanz ab. In der Folge zwang Maurikios den Armeniern eine Kirchenunion mit Konstantinopel auf.

Krieg auf dem Balkan

Nach dem Sieg an der Ostgrenze wandte sich Maurikios dem Balkan zu und transferierte zu diesem Zweck auch Kontingente des armenischen Adels nach Südosteuropa. Die Slawen, die seit Jahrzehnten immer wieder Plünderungszüge in den römischen Balkanprovinzen unternommen hatten, gingen seit den frühen 580er Jahren zur dauerhaften Ansiedlung über. 582 ging das strategisch bedeutende Sirmium an die Awaren verloren, 584 bedrohten die Slawen die Hauptstadt und 586 awarische Angreifer Thessaloniki.

Die mit wechselhaften Ausgang geführten Feldzüge des Kaisers in Thrakien gegen die Awaren und Slawen ab 591 ließen zunächst an eine Wende glauben. 592 eroberten seine Truppen Singidunum von den Awaren zurück. Seine Feldherren Priskos und Petros besiegten 593 und 597 die Slawen, Awaren und Gepiden jenseits der Donau im eigenen Land. 598 wurde ein Vertrag mit dem Awarenkhagan geschlossen, was diese aber nicht von weiteren Einbrüchen in Thrakien abhielt, und 602 konnten die Slawen entscheidend geschlagen werden. Die Römer konnten nun die Donaulinie wieder weitgehend halten.

Innenpolitische Maßnahmen

Im Westen ließ Maurikios die Exarchate von Karthago und Ravenna einrichten und konnte das Vordringen der Langobarden in Italien zumindest verlangsamen. Dass Maurikios offenbar weiterhin an den römischen Herrschaftsrechten im Bereich des alten Imperiums festhalten wollte, zeigt sich wohl auch in der um 597 von ihm festgelegten Regelung seiner Nachfolge: Das Reich sollte - wohl einschließlich der großteils unter germanischer Herrschaft stehenden weströmischen Gebiete, die der Kaiser damit weiterhin für sich beanspruchte - von seinen vier Söhnen gemeinsam regiert werden. Da dabei aber die Reichseinheit gewahrt bleiben sollte, erinnert die Konzeption an die diokletianische Tetrarchie. Der gewaltsame Tod des Kaisers und seiner Söhne setzte diesen Plänen aber ein Ende. In der Religionspolitik verhielt er sich gegenüber den Monophysiten, obwohl selbst Anhänger des Chalkedonense, recht tolerant.

Insgesamt scheinen die Maßnahmen des Kaisers zur Konsolidierung des Reiches auch dank der Ruhe im Orient langsam Erfolge gezeitigt zu haben. Seine anfängliche Popularität soll im Laufe seiner Herrschaft immer weiter, vor allem aufgrund seiner Haushaltsführung abgesunken sein. Bereits 588 hatte seine Bekanntmachung, sämtliche Militärzuteilungen um ein Viertel zu kürzen, an der persischen Front zu gefährlichen Revolten geführt. 599 soll er sich aus Spargründen geweigert haben, zwölftausend Gefangene freizukaufen, die daraufhin von den Awaren getötet wurden.

Das Ende

Als Maurikios Ende 602 das Heer im Kriegsgebiet jenseits der Donau überwintern lassen wollte, kam es zu einer Meuterei der Truppen: Wohl in Verkennung der Lage hatte der Kaiser den erschöpften Soldaten wiederholt befohlen, eine neue Offensive zu eröffnen, statt sich in die Winterquartiere zurückzuziehen. Als die Truppen nach einigem Hin und Her den Eindruck gewannen, Maurikios werde seiner Rolle als ihr Patron nicht mehr gerecht, empörten sie sich und hoben den Offizier Phokas auf den Schild. Im November 602 konnten die Aufständischen, die von der grünen Zirkuspartei unterstützt wurden, Konstantinopel einnehmen. Maurikios und seine Familie wurden am 27. November desselben Jahres grausam getötet (in der orthodoxen Kirche wird er als Heiliger verehrt), woraufhin Phokas (602–610) den Thron bestieg. Den Sturz seines Schutzherren Maurikios nutzte Chosrau II. als Vorwand, den Krieg gegen Ostrom zu erneuern.

Beurteilung

Maurikios, an dessen Hof (ebenso wie in Armee und Verwaltung) noch Latein gesprochen wurde, war insgesamt betrachtet ein sehr fähiger Kaiser und General, auch wenn seine Schilderung bei Theophylakt vielleicht etwas zu positiv ausfällt. Es scheint, als habe Maurikios noch einmal versucht, den kaiserlichen Herrschaftsanspruch in bezug auf das alte Imperium Romanum auch faktisch durchzusetzen, doch stieß er damit, wie sein Ende belegt, wohl auf erheblichen inneren Widerstand. Er machte sich auch um die Wissenschaften und die Künste verdient; angeblich hat er auch das berühmteste spätantike Militärhandbuch verfasst, das Strategikon (Taktika), unterteilt in zwölf Bücher. Sein Sturz ist insofern ein Wendepunkt in der Geschichte, da der nach seinem Tod wiederaufgeflammte Krieg mit Persien beide Reiche so geschwächt hat, dass die Slawen sich auf dem Balkan ansiedeln konnten und dass die Araber bei ihrer Expansion ein leichtes Spiel hatten. Der englische Historiker A.H.M. Jones ließ mit dem Tod des Maurikios nicht ohne Grund die Spätantike enden, denn während der Krisen, die Ostrom in den folgenden 40 Jahren erschüttern sollten, veränderte sich der Charakter von Staat und Gesellschaft grundlegend.

Literatur

  • John Martindale: The Prosopography of the Later Roman Empire IIIb. Cambridge 1992, S. 855–860.
  • Peter Schreiner: Theophylaktes Simokates: Geschichte. Stuttgart 1985.
  • Franziska E. Shlosser: The Reign of the Emperor Maurikios (582–602). A reassessment (Historical Monographs 14). Athen 1994.
  • Michael Whitby: The Emperor Maurice and his Historian – Theophylact Simocatta on Persian and Balkan Warfare. Oxford 1988.
Commons: Maurikios – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


VorgängerAmtNachfolger
Tiberios I.Kaiser von Byzanz
582602
Phokas