Basis (Vektorraum)

Teilmenge eines Vektorraumes
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Der mathematische Begriff Basis bezeichnet in der linearen Algebra eine Teilmenge eines Vektorraumes, mit deren Hilfe sich jeder Vektor des Raumes eindeutig durch Koordinaten beschreiben lässt. Wenn Verwechslungen zu befürchten sind, nennt man eine solche Teilmenge auch Hamelbasis.

Definition und grundlegende Begriffe

Eine Basis eines Vektorraums   ist eine Teilmenge   von   mit folgenden gleichwertigen Eigenschaften

Charakterisierende Eigenschaften

  1. Jedes Element von   lässt sich als Linearkombination von Vektoren aus   darstellen und diese Darstellung ist eindeutig.
  2.   ist ein minimales Erzeugendensystem von  .
  3.   ist eine maximale linear unabhängige Teilmenge von  .
  4.   ist ein linear unabhängiges Erzeugendensystem von  .

Grundlegende Begriffe

Ein Erzeugendensystem eines Vektorraums   ist eine Teilmenge   mit der Eigenschaft, dass jeder Vektor von   sich als Linearkombination aus   darstellen lässt.

Eine Linearkombination aus   ist eine endliche Summe skalarer Vielfacher von Elementen aus  . Das heißt, sind   aus dem Vektorraum   und   Skalare des Körpers, dann ist   eine Linearkombination.

Eine Teilmenge   des Vektorraums   heißt linear unabhängig, wenn die Darstellung des Nullvektors   als Linearkombination von   eindeutig ist. Für eine linear unabhängige Teilmenge   gilt also: Wenn   eine Darstellung des Nullvektors durch eine Linearkombination aus   ist, dann folgt daraus, dass alle Skalare   gleich 0 sein müssen.

Die Begriffe "maximal" und "minimal" beziehen sich auf die Halbordnung, die durch die Inklusion (Teilmengenrelation) gegeben ist. Eine maximale linear unabhängige Teilmenge von   ist also eine linear unabhängige Teilmenge, die keine echte Obermenge hat, welche linear unabhängig ist. Ein minimales Erzeugendensystem von   ist ein Erzeugendensystem, das keine echte Teilmenge hat, welche selbst ein Erzeugendensystem von   ist.

Die Elemente einer Basis heißen Basisvektoren. Eine Basis lässt sich als Familie von Basisvektoren schreiben; endliche Basen werden dabei oft in der Form   geschrieben.

Die Skalare, die in der Darstellung eines Vektors auftreten, nennt man die Koordinaten des Vektors, zusammen bilden sie ihrerseits einen Koordinatenvektor (der allerdings in einem anderen Vektorraum liegt, dem Koordinatenraum).

Weitere wichtige Eigenschaften

  • Jeder Vektorraum hat mindestens eine Basis. Eine Beweisidee für diese Aussage ist im Abschnitt Existenzbeweis (Skizze) angegeben.
  • Alle Basen eines Vektorraumes enthalten dieselbe Anzahl von Elementen. Diese Anzahl (die auch eine unendliche Kardinalzahl sein kann) nennt man die Dimension des Vektorraums.
  • Eine Teilmenge   eines  -Vektorraumes   definiert eine Abbildung
 
Diese Abbildung ist genau dann
  • injektiv, wenn die   linear unabhängig sind;
  • surjektiv, wenn die   ein Erzeugendensystem bilden;
  • bijektiv, wenn die   eine Basis bilden.
Diese Charakterisierung überträgt sich auf den allgemeineren Fall von Moduln über Ringen, siehe Basis (Modul).

Beispiele

  • In der Euklidischen Ebene   gibt es die so genannte kanonische Einheitsbasis  . Darüber hinaus bilden in dieser Ebene zwei Vektoren genau dann eine Basis, wenn sie nicht dieselbe (oder entgegengesetzte) Richtung haben.
 
e1 und e2 bilden eine Basis der Ebene
  • Allgemeiner ist die kanonische Einheitsbasis des Vektorraums   die  -elementige Menge  .
  • Der einelementige Vektorraum   hat Dimension 0; seine (einzige) Basis ist die leere Menge.
  • Als  -Vektorraum wird für   meist die Basis   verwendet. Eine Menge   ist genau dann eine Basis von   über  , wenn   keine reelle Zahl ist.
  • Als  -Vektorraum hat   eine Basis, die man aber nicht explizit angeben kann.
  • Der Vektorraum der Polynome über einem Körper hat die Basis  . Es gibt aber auch viele andere Basen, die zwar umständlicher anzuschreiben sind, aber in konkreten Anwendungen praktischer sind, z.B. die Legendre-Polynome.
  • Im Vektorraum der reellen Zahlenfolgen bilden die folgenden Vektoren zwar ein linear unabhängiges System, aber keine Basis, denn es wird zum Beispiel die Folge   nicht davon erzeugt:
 

Beweis der Äquivalenz der Definitionen

Die folgenden Überlegungen skizzieren einen Beweis dafür, dass die vier charakterisierenden Eigenschaften, die in diesem Artikel als Definition des Begriffs Basis genannt werden, äquivalent sind. (Für diesen Beweis wird das Auswahlaxiom oder Lemma von Zorn nicht benötigt.)

  • Wenn sich jeder Vektor als Linearkombination von Vektoren in   darstellen lässt, dann ist   ein Erzeugendensystem (nach Definition).
    Wenn   nicht minimales Erzeugendensystem ist, dann gibt es eine echte Teilmenge  , die auch ein Erzeugendensystem ist. Sei nun   ein Element von  , welches nicht in   liegt. Dann lässt sich   auf mindestens zwei verschiedene Arten als Linearkombination von Vektoren in   darstellen. Nämlich einmal als Linearkombination von Vektoren in   und einmal als  . Es ergibt sich ein Widerspruch und daher ist   minimal.
    Also gilt (1) → (2).
  • Jedes minimale Erzeugendensystem muss linear unabhängig sein. Denn wenn   nicht linear unabhängig ist, dann gibt es einen Vektor   in  , welcher sich als Linearkombination von Vektoren in   darstellen lässt. Dann aber lässt sich jede Linearkombination von Vektoren in   auch durch eine Linearkombination von Vektoren in   umschreiben und   wäre nicht minimal.
    Also gilt (2) → (4).
  • Jedes linear unabhängige Erzeugendensystem   muss eine maximale linear unabhängige Menge sein. Wäre nämlich   nicht maximal linear unabhängig, so gäbe es ein   (das nicht in   liegt), welches zusammen mit   linear unabhängig wäre. Aber   lässt sich als Linearkombination von Elementen von   darstellen, was der linearen Unabhängigkeit widerspricht.
    Also gilt (4) → (3).
  • Ein maximal linear unabhängiges System   ist ein Erzeugendensystem. Sei   ein beliebiger Vektor. Wenn   in   enthalten ist, dann lässt sich   als Linearkombination von Elementen von   schreiben. Wenn aber   nicht in   enthalten ist, dann ist die Menge   eine echte Obermenge von   und damit nicht mehr linear unabhängig. Die Vektoren  , die in einer möglichen lineare Abhängigkeit   vorkommen, können nicht alle aus   sein, daher muss einer davon (sagen wir  ) gleich   sein, mit   ungleich 0.
    Daher ist  .
    Also gilt (3) → (1).

Existenzbeweis (Skizze)

Mit dem Lemma von Zorn kann man beweisen, dass jeder Vektorraum eine Basis haben muss, auch wenn man sie oft nicht explizit angeben kann. (Umgekehrt kann man aus dem Satz, dass jeder Vektorraum eine Basis hat, auch das Auswahlaxiom oder das Lemma von Zorn beweisen. Daher kann man in einer Mengenlehre ohne das Auswahlaxiom oder äquivalente Aussagen nicht beweisen, dass jeder Vektorraum eine Basis hat.)

Es folgt eine kurze Darstellung des Beweises (für die lange Variante vgl. die Diskussionsseite zu diesem Artikel!).

Sei   ein Vektorraum. Man möchte eine maximale linear unabhängige Teilmenge des Vektorraums finden. Es liegt also nahe, das Mengensystem

   linear unabhängig  

zu betrachten, das durch die Relation   halbgeordnet wird.

Man kann nun leicht zeigen:

  1.   ist nicht leer (zum Beispiel enthält   die leere Menge. Besteht   nicht nur aus dem Nullvektor, dann ist zusätzlich auch jede Einermenge   mit   in   und   ein Element von  .
  2. Für jede Kette   ist auch   in  .

Aus dem Lemma von Zorn folgt nun, dass   ein maximales Element hat. Es folgt sogar, dass jedes Element   von   in einem maximalen Element von   enthalten ist. Die maximalen Elemente von   sind nun aber genau die maximalen linear unabhängigen Teilmengen von  , also die Basen von  . Daher hat   eine Basis und es gilt darüber hinaus, dass jede linear unabhängige Teilmenge von   in einer Basis von   enthalten ist.

Weitere Aussagen über Basen

  • Austauschlemma von Steinitz (nach E. Steinitz): Sind   eine Basis eines Vektorraumes   und   ein weiterer vom Nullvektor verschiedener Vektor aus  , so kann man einen der Basisvektoren gegen   "austauschen", d.h. es existiert ein Index  , so dass   ebenfalls eine Basis von   ist.
    Diese Aussage wird häufig dazu benutzt, um zu zeigen, dass alle Basen eines Vektorraumes aus der gleichen Anzahl an Vektoren bestehen.
  • Jeder Vektorraum ist ein freies Objekt über seiner Basis. Dies ist eine universelle Eigenschaft von Vektorräumen im Sinne der Kategorientheorie. Konkret heißt dies:
  1. Eine lineare Abbildung eines Vektorraums in einen anderen Vektorraum ist bereits durch die Bilder der Basisvektoren vollständig bestimmt.
  2. Jede beliebige Abbildung der Basis in den Bildraum definiert eine lineare Abbildung.
  • In einem  -dimensionalen Vektorraum über einem endlichen Körper mit   Elementen gibt es
 
verschiedene Basen.

Basisbegriffe in speziellen Vektorräumen

Reelle und komplexe Vektorräume tragen meist zusätzliche topologische Struktur. Aus dieser Struktur kann sich ein Basisbegriff ergeben, der vom hier beschriebenen abweicht.

Abweichender Basisbegriff in Innenprodukträumen

Beim Studium von reellen oder komplexen Innenprodukträumen, besonders von Hilberträumen gibt es noch eine andere, dort zweckmäßigere Art, die Elemente des Raumes darzustellen. Eine Basis besteht dabei aus paarweise orthogonalen Einheitsvektoren, und es werden nicht nur endliche, sondern auch unendliche Summen (sog. Reihen) von Basisvektoren zugelassen. Ein solches vollständiges Orthonormalsystem ist in einem unendlichdimensionalen Raum im allgemeinen keine Basis im hier definierten Sinne, zur besseren Unterscheidung spricht man auch von Schauderbasis. Der im vorliegenden Artikel beschriebene Basis-Typ wird zur Unterscheidung auch Hamelbasis genannt.

Abgrenzung der Basisbegriffe

  • Sowohl eine Hamelbasis als auch eine Schauderbasis ist eine linear unabhängige Menge von Vektoren.
  • Eine Hamelbasis oder einfach Basis, wie sie in diesem Artikel beschrieben ist, bildet ein Erzeugendensystem des Vektorraums, d. h. ein beliebiger Vektor des Raums lässt sich als Linearkombination aus endlich vielen Vektoren der Hamelbasis darstellen.
  • Bei einem endlichdimensionalen reellen oder komplexen Innenproduktraum ist eine Ortonormalbasis (d. h. ein minimales Erzeugendensystem aus normierten, zueinander senkrechten Vektoren) zugleich Hamel- und Schauderbasis.
  • Bei einem unendlichdimensionalen, vollständigen reellen oder komplexen Innenproduktraum (speziell also in einem unendlichdimensionalen Hilbertraum) ist eine Schauderbasis nie eine Hamelbasis und umgekehrt. Im unendlichdimensionalen Fall lässt sich eine Hamelbasis häufig nicht einmal orthonormieren.
  • In Hilberträumen ist mit Basis (ohne Zusatz) meistens eine Schauderbasis gemeint, in Vektorräumen ohne Innenprodukt immer eine Hamelbasis.

Auerbachbasen

Eine Auerbachbasis ist eine Hamelbasis in einem normierten Vektorraum, die zusätzliche Verträglichkeitseigenschaften mit der Norm des Raums aufweist.

Siehe auch