Numerus clausus (von lat. numerus = "Anzahl" und clausus = "geschlossen") bezeichnet eine begrenzte Anzahl von Studienplätzen in bestimmen Studienfächern an Hochschulen und wird synonym gebraucht mit „Zulassungsbeschränkungen“ beim Zugang zu einem Studium an einer Hochschule.
Deutschland
Laut Grundgesetz hat jeder Deutsche das Recht auf freien Zugang zu Bildung und zu Hochschulen, sofern die formalen Qualifikationen (Fachhochschulreife oder Allgemeine Hochschulreife – Abitur) vorliegen. Übersteigt jedoch in bestimmten Studienfächern die Nachfrage nach Studienplätzen die Kapazität dieser Fächer, können die Bundesländer oder einzelne Hochschulen Zulassungsbeschränkungen beim Zugang zur Hochschule beantragen.
Siehe hierzu Numerus-Clausus-Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Die Studienplatz-Kapazitäten für ein Studienfach werden von der jeweiligen Hochschule ermittelt. In diese Kapazitätsberechnung fließen die vorhandenen Personalmittel (verfügbares Lehrpersonal), die sächliche und die räumliche Ausstattung eines Studienfachs ein. Die Kapazitätsberechnung ergibt dann die an einer Hochschule in einem Fach verfügbaren Studienplätze.
Bei Kapazitätsüberschreitung erfolgt eine Auswahl der Bewerber für die verfügbaren Studienplätze, die Auswahlregelungen sind in einem Staatsvertrag der Bundesländer sowie in den Hochschulgesetzen der Bundesländer geregelt. Wesentliches Auswahlkriterium ist zum einen die Durchschnittsnote im Abitur, zum anderen die Wartezeit, die zwischen dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung und der Bewerbung um den Studienplatz vergangen ist.
Örtliche Zulassungsbeschränkungen
Bei Studienfächern, die nur an wenigen Hochschulen angeboten werden, haben diese Hochschulen ebenfalls die Möglichkeiten, ihre Studierenden auszuwählen. In den meisten Fällen wenden die Hochschulen die Regelungen an, die auch für das Auswahlverfahren der ZVS gilt. Allerdings haben die Hochschulen auch die Möglichkeiten, weitere Kriterien für die Auswahl der Bewerber heranzuziehen. Dies können sein: Auswahlgespräche, Eignungstests, Berufserfahrung und Praktika, die Gewichtung bestimmter Noten im Abitur.
Zurzeit zeigt sich, dass einige Hochschulen diese erweiterten Möglichkeiten der Bewerberauswahl nutzen und dass die Regelungen von Hochschule zu Hochschule und von Fach zu Fach differieren, so dass die Auswahlregeln für Bewerberinnen und Bewerber immer unübersichtlicher werden. In vielen Fällen ist es daher erforderlich, vor der Bewerbung um einen Studienplatz genaue Informationen bei jeder infrage kommenden Hochschule einzuholen.
Über die Bewerbungs- und Zulassungsregelungen bei der Aufnahme eines Hochschulstudiums berät die Studienberatung der jeweiligen Hochschule.
NC-Werte
NC-Werte - oder besser: der "Zulassungsrang" - werden nicht festgelegt, weder vom Land noch von der Hochschule. Sie ergeben sich vielmehr in jedem Verfahren neu auf Grund der aktuellen Voraussetzungen der einzelnen Bewerberinnen und Bewerber. Eine Zulassungsgrenze (Zulassungsrang) drückt aus, welche Note (in der Regel Abiturdurchschnittsnote) oder wieviele Wartesemester (Zeiten ohne Einschreibung seit Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung) die letzte zugelassene Person aufweist. Hierbei ergeben sich in der Regel 3 unterschiedliche Werte, da jede Bewerberin und jeder Bewerber in Wirklichkeit an bis zu 3 Zulassungsverfahren (Ranglistenverfahren) teilnimmt (gilt seit dem Wintersemester 2005/06):
1. Die ersten 20% der zur Verfügung stehenden Plätze werden entsprechend der Abiturdurchschnittsnote ("Leistungsquote") vergeben;
2. Weitere 20% der Zulassungen erfolgt nach der Zahl der Wartesemester ("Warteliste").
3. Die verbleibenden 60% können die Hochschulen selbständig nach festgelegten Kriterien verteilen ("Auswahlverfahren der Hochschule" AdH). Zulässige Auswahlkriterien sind
- Abinote oder
- Berufspraxis oder
- gewichtete Einzelfachnoten oder
- fachspezifischer Test oder
- Auswahlgespräch oder
- Ortspräferenz oder
- Kombination dieser Kriterien.
Dabei muss der Abiturdurchschnittsnote aber in jedem Einzelfall maßgebliche Bedeutung zukommen. Wie die Auswahl vorgenommen wird, regeln die Hochschulen in eigenständigen Satzungen. Dabei ergeben sich von Land zu Land und von Hochschule zu Hochschule erhebliche Unterschiede.
Bei den Zulassungsverfahren nehmen in der Regel alle Bewerberinnen und Bewerber an den drei verschiedenen Verfahren teil; es kann allerdings sein, dass die Hochschulen für das AdH nur eine begrenzte Zahl an Bewerberinnen und Bewerber zulässt; in diesem Fall wird eine Vorauswahl vorgenommen. Die Vorauswahl erfolgt nach den zuvor genannten Kriterien. Zusätzlich kann für die sog. ZVS-Fächer noch die von den Bewerbern angegebenen Orstpräferenz für die Teilnahme am AdH maßgeblich sein.
Die ZVS sowie viele Hochschulen geben auf Ihren Internetseiten aktuelle Übersichten über die jeweiligen Auswahlgrenzen. Bei diesen Übersichten werden die Werte zumeist geteilt angegeben. Die Angabe "1,9 / 3" bei der Leistungsquote (s.o. Nr. 1) und dem Auswahlverfahren der Hochschule (s.o. Nr. 3) bedeutet, dass die letzte zugelassene Person eine Abiturdurchschnittsnote von 1,9 und 3 Wartesemester aufweist. D.h. alle Bewerberinnen und Bewerber mit besseren Noten oder 3 und mehr Wartesemester wurden zugelassen. Gab es mehr Leute mit 1,9 und 3 Wartesemestern entscheidet übrigens ein Losverfahren.
Bei den Wartesemestern (s.o. Nr. 2) wird zunächst nach Wartesemester sortiert, dann nach Note, schließlich nach Loswert. Der Zulassungsrang für die letzte noch zugelassene Person wird bspw. mit "10 / 3,3" angegeben. D.h., alle Bewerberinnen und Bewerber mit 10 Wartesemestern (maximal sind 16 möglich) haben einen Platz bekommen, und wer 10 Wartesemester und eine bessere Note als 3,3 hatte, wurde ebenfalls genommen, bei gleicher Zahl von Wartesemestern (10) und gleicher Note (3,3) wurde gelost.
Schweiz
In der Schweiz gibt es einen Numerus clausus für Studierende der Medizin (Human-, Zahn- und Veterinärmedizin), und die Zahl der Studenten wird jedes Jahr für die gesamte Schweiz festgelegt. Die Universitäten Fribourg, Basel, Bern und Zürich beschränken so den Eintritt in das erste Studienjahr, während in Lausanne und Genf der Eintritt in das erste Jahr unbeschränkt ist - allerdings mit der Numerus-clausus-Selektion vor Beginn des zweiten Jahres.
Verfügbare Studienplätze in der Medizin für das Studienjahr 2006/2007:
Humanmedizin | Zahnmedizin | Veterinärmedizin | |
---|---|---|---|
Basel | 118 | 40 | 0 |
Bern | 125 | 35 | 70 |
Fribourg | 103 | 17 | 0 |
Genève | 187 | 20 | 0 |
Lausanne | 167 | 13 | 0 |
Neuchâtel | 47 | 8 | 0 |
Zürich | 200 | 50 | 80 |
Total | 947 | 183 | 150 |
Nur die Universitäten von Bern und Zürich bieten Veterinärmedizin an. Der Numerus clausus wird aktiv, sobald die Zahl der Anmeldungen 120% der verfügbaren Studienplätze übersteigt. Effektiv werden aber auch 120% der verfügbaren Studienplätze verteilt, um nach der ersten Jahresprüfung keine unterbesetzten Kurse anzubieten.
Der schweizerische Numerus clausus besteht aus einem Eignungstest, der einem Intelligenztest ähnelt. Es geht vor allem um Logik und räumliches Vorstellungsvermögen. Der Test beinhaltet wesentlich mehr Fragen, als in der vorgegebenen Zeit gelöst werden können, und die Studenten, welche am besten abschnitten, erhalten die Studienplätze. Wer im vorherigen Jahr am Test teilgenommen hat, kann auf die Wiederholung des Tests verzichten und auf der Verwendung der letztjährigen Punktzahlen bestehen. Diese werden allerdings auf die jährlich aktualisierte Skala umgerechnet (Gauss-Normalverteilung).
In andern populären Studiengängen wie Psychologie, Publizistik, Pflege- und Sportwissenschaften kann es wegen beschränkten Studienplätzen je nach Universität auch Eignungsprüfungen geben.
Informationen zum Medizin-Numerus clausus der Schweizerischen Rektorenkonferenz CRUS: http://www.crus.ch/deutsch/Med/
Numerus clausus an Gymnasien: Im Jahre 2004 führte der Kanton Graubünden für alle Aufnahmeprüfungen an den Gymnasien einen versteckten Numerus clausus ein, d.h. anstatt Notenschnitte oder Punktzahlen festzulegen, mit denen man die Prüfung bestand, erstellte man eine Rangliste und nahm, gemäß Rang, nur ein bestimmte Anzahl auf. Mit dieser Maßnahme versucht man wegen finanzieller Schwierigkeiten die Anzahl Gymnasiasten um zehn Prozent zu reduzieren. Diese Einschränkung war für die Jahre 2004-2007 geplant. Aufnahmereglement http://www.afm.gr.ch/gesetze/RV_2006dt.pdf.
Ein Jahr später zog der Kanton Glarus nach, indem er definitiv aber nur fürs Untergymnasium (6. und 7. Schuljahr) Zulassungsbeschränkungen beschloss. Er beschränkte die Anzahl Aufzunehmender auf 44, auch wenn einige Kandidaten in der Prüfung die üblicherweise geforderten 27 Punkte oder mehr erreichten. Selektion nach Rang, natürlich. Aufnahmereglement Art 8a. Siehe http://www.afm.gr.ch/gesetze/RV_2006dt.pdf
Eine eigentlich erfolgreiche Kandidatin erhob Beschwerde dagegen und zog die Klage bis vor das höchste Schweizer Gericht. Das Bundesgericht entschied in seinem Urteil vom 14. März 2006, dass ein solcher Numerus clausus nicht rechtens sei. Die Einführung eines Numerus clausus bedürfe grundsätzlich einer Verankerung auf der Stufe des formellen Gesetzes. Formelle Gesetze können in der Schweiz nicht von der legislativen Behörde beschlossen werden. Dazu braucht es ein Volksmehr (Urneabstimmung oder Landsgemeinde)
Österreich
Nach dem Urteil des europäischen Gerichtshofes, sind die Zugangsbeschränkungen für nicht-österreichische Studenten nicht EU-Konform. Da die Studienplätze in Österreich in bestimmten Studienrichtungen sehr knapp sind, wurden nun für diese Studienrichtungen allgemeine Zugangsbeschränkungen eingeführt, die sich je nach Universität anders auf die Aufnahmebedingungen auswirken. Offiziell gibt es in Österreich keinen Numerus clausus. Die Medizinischen Universitäten Wien und Innsbruck haben sich bereits auf ein gemeinsames Aufnahmeverfahren für das Studienjahr 2006/07 geeinigt. Alle, die entweder ein Human- oder Zahnmedizinstudium an einer der beiden Universitäten beginnen wollen, müssen sich dem so genannten EMS (Eignungstest für medizinische Studiengänge) stellen.