Sezession
Sezession (aus dem Lateinischen secessio für Abspaltung, Absonderung) bezeichnet im Politischen die Loslösung einzelner Landesteile aus einem bestehenden Staat mit dem Ziel, einen neuen, souveränen Staat(überlegenen Staat) zu bilden.

Sezessionsbestrebungen einer Teilbevölkerung werden auch als Separatismus (aus dem Lateinischen separatus für getrennt, abgesondert) bezeichnet und gehen oft mit kriegerischen Auseinandersetzungen einher. Im engeren Sinne bezeichnet Separatismus die ideologische Grundlage oder die politisch-soziale Aktion, die bei Erfolg zur Sezession führt. Separatismus kann, aber muss nicht identisch sein mit Regionalismus oder Nationalismus von Minderheiten.
Recht auf Sezession?
Unter Völkerrechtlern ist umstritten, ob das Selbstbestimmungsrecht der Völker auch das Recht von Minderheiten einschließt, aus einem Staatsverband auszutreten. Die in der Rechtswissenschaft vorherrschende Meinung lehnt ein solches offensives Selbstbestimmungsrecht unter Hinweis auf das Integritätsinteresse bestehender Staatsverbände, also das defensive Selbstbestimmungsrecht ab[1]. Herdegen etwa vertritt dagegen die Ansicht, dass einer diskriminierten Minderheit, deren Menschenrechte fundamental verletzt werden und die vom Prozess der politischen Willensbildung ausgeschlossen ist, ein Recht auf Sezession einzuräumen ist[2].
Problematisch ist darüber hinaus, was eigentlich ein "Volk" im Sinne des Selbstbestimmungsrechts der Völker ist.
Historische Beispiele
Als secessio plebis wurde im alten Rom der legendäre Auszug des Volkes aus der Stadt auf den Mons Sacer, den heiligen Berg, im Jahre 494 v. Chr. bezeichnet. Die nichtadligen Plebejer erreichten mit dieser Protestaktion die Einrichtung des Volkstribunats und damit ein politisches Mitspracherecht in der von den adligen Patriziern regierten Stadt.
Der bekannteste Fall einer politischen Sezession war die Trennung der sklavenhaltenden Südstaaten von den USA im Jahr 1860/61 und die Bildung der Konföderierten Staaten (CSA). Sie hatte den Sezessionskrieg zur Folge, der mit der Wiederherstellung der staatlichen Einheit endete.
Erfolgreiche Unabhängigkeitskriege waren die der Schweizer Eidgenossenschaft vom Ende des 13. Jahrhunderts an und die der Niederlande ab 1568. Beide richteten sich gegen die Herrschaft des Hauses Habsburg und erreichten im Westfälischen Frieden von 1648 die Anerkennung ihrer Selbständigkeit.
In Deutschland kam es zuletzt während der französischen Rheinlandbesetzung im Jahr 1923 zu Sezessionsbestrebungen Rheinischer Separatisten. Sie traten für eine Trennung des Rheinlands vom Deutschen Reich bzw. vom Land Preußen ein, scheiterten aber an der fehlenden Unterstützung der Bevölkerungsmehrheit.
In den Jahren nach den beiden Weltkriegen versuchte die französische Besatzungsmacht den Separatismus im Saarland zu fördern. Die Pläne scheiterten aber beide Male in Volksabstimmungen. Statt für die Unabhängigkeit oder die Angliederung an Frankreich votierte die Bevölkerung 1957 für die Eingliederung des Saargebiets als eigenes Bundesland in die Bundesrepublik Deutschland.
Aktuelle Beispiele
Bedeutende Unabhängigkeitsbewegungen existieren in Westeuropa in Schottland (SNP) und Wales (Plaid Cymru), im Baskenland (ETA); auf Korsika - hier mit der Frontu di Liberazione Naziunalista Corsu bzw. der "FLNC-Union des Combattants" und davon abgespalten die "FLNC des Dissidents" als treibende Kräfte; in Norditalien (Lega Nord). In Deutschland existieren politisch unbedeutende friesische und bayrische Separatistengruppierungen (in Bayern etwa die Bayernpartei), wobei sich in letzter Zeit auch im nordöstlichen Teil des alemannischen Sprachraumes im Südwesten Deutschlands Strömungen formieren, die einen Anschluss an die Schweiz fordern (Alemannischer Separatismus).
Separatistische Bewegungen spielten 1991 eine große Rolle bei dem Zerfall der Staaten des ehemaligen Ostblocks und der Sowjetunion in die Staaten Armenien, Aserbaidschan, Estland, Georgien, Kasachstan, Lettland, Litauen, Kirgisistan, Moldawien, Russland, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan und Weißrussland. In vielen dieser Staaten gab und gibt es nach der Unabhängigkeit kriegerische Auseinandersetzungen.
Die Loslösung der früheren Teilrepubliken Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina aus dem jugoslawischen Staatsverband in den Jahren 1991-1992, löste mehrere Kriege aus, die 1995 mit dem Daytoner Abkommen beendet wurden. Der Konflikt um die serbische Teilrepublik Kosovo, deren albanische Bevölkerungsmehrheit ebenfalls die Trennung von Rest-Jugoslawien anstrebt, konnte bis heute nicht beigelegt werden. Im Mai 2006 stimmte auch die Bevölkerung von Montenegro mehrheitlich für eine Auflösung der Union mit Serbien.
Ein langwieriger Krieg ging dagegen der 1993 erreichten Unabhängigkeit Eritreas von Äthiopien voraus. Zu den erfolgreichen Unabhängigkeitsbewegungen der letzte Jahre gehört die in Osttimor, die 2002 nach mehrjährigem Bürgerkrieg die Trennung ihres Inselteils von Indonesien durchsetzte.
Weitere aktive Unabhängigkeitsbewegungen existieren derzeit u. a. in den Kurdengebieten der Türkei, des Irak und des Iran, in Tibet, in den christlich-animistisch geprägten Gebieten des Süd-Sudan, in der russischen Teilrepublik Tschetschenien und in einigen Minderheitengebieten Georgiens und Aserbaidschans. Auch Grönland strebt für die nahe Zukunft die Unabhängigkeit von Dänemark an.
Folgende Gebiete haben ihre Sezession erklärt, sind aber derzeit noch nicht als unabhängige Staaten anerkannt:
- Abchasien - betrachtet sich seit 1992 als unabhängig von Georgien und wird von Russland unterstützt.
- Bergkarabach - offiziell Teil Aserbaidschans, seit 1991 unabhängig bzw. von Armenien besetzt.
- Palästina - im Jahre 1988 durch die PLO ausgerufen.
- Somaliland - seit 1991 international nicht anerkannte Unabhängigkeit von Somalia.
- Südossetien - erklärte sich 1991 als unabhängig von Georgien.
- Transnistrien - seit 1991 von Moldawien abgespalten.
- Tschetschenien - völkerrechtlich Teil von Russland, erklärte sich 1991 als unabhängig von der damaligen Sowjetunion.
- Türkische Republik Nordzypern - betrachtet sich seit der Besetzung durch türkische Truppen 1974 nicht mehr als Teil der Republik Zypern.
Siehe auch
Literatur
- Matthias Herdegen: Völkerrecht, 4. Aufl., München 2005.
Quellen
Weblinks zu aktuellen Sezessionsbewegungen
Europa
- Bayernpartei, Deutschland
- Scottish National Party, Großbritannien
- Separatisten in Elsass-Lothringen, Frankreich
- Über Autonomisten/Separatisten auf Korsika, Frankreich
- Für ein unabhängiges Gibraltar, Spanien
- Plattform für Selbstbestimmung, Südtirol. ("Brennerbasisdemokratie")
- Fürstentum Seborga, Italien
- Lega Sud Ausonia, Italien
- Duesicilie - süditalienische Separatisten, Italien
- Sardische Separatisten, Italien
- Mähren und Schlesien, Polen
- Schlesische Separatisten, Polen
- Okzitanische (provenzalische) Unabhängigkeitsbewegung, Frankreich
- Für ein freies Savoyen, Frankreich
Amerika
- Amerikanische Konföderierte
- Separatisten aus Missouri
- Separatisten aus South Carolina (auch SZ-Bericht)
- Alaskan Independence Party
- Free Hawaii
- Second Vermont Republic