Der Kraichgau ist eine Hügellandschaft zwischen dem Odenwald im Norden, dem Schwarzwald im Süden, der Oberrheinischen Tiefebene im Westen und den etwas höheren Hügellandschaften Stromberg und Heuchelberg im Osten. Er wird häufig - wie auch das Markgräflerland - als badische Toskana bezeichnet.
Namensherkunft
Der Name Kraichgau geht vermutlich auf das keltische Wort "Creuch" für Schlamm und Lehm zurück. Der Begriff Gau bezeichnet ein offenes waldfreies Gebiet bzw. Ackerland. Im 8. Jahrhundert wird der Name Craichgoia erstmals urkundlich erwähnt. Kraich findet sich sich auch in einigen Landschaftsnamen wieder, wie vor allem im Fluss Kraichbach (auch als Kraich bezeichnet) und im Ort Kraichtal.
Geografie
Der Kraichgau erstreckt sich auf Teile der Landkreise Karlsruhe, Heilbronn, Enzkreis und Rhein-Neckar-Kreis in Baden-Württemberg.
Die größten Städte des Kraichgau sind Sinsheim, Eppingen und Bretten. Am westlichen Rande des Kraichgau liegt am Übergang zur Rheinebene die ehemalige Kreisstadt Bruchsal.
Das bedeutendste Fliessgewässer in dieser Landschaft ist der Kraichbach, der bei Sternenfels im Enzkreis entspringt, dann in Richtung Nordwesten fließt und bei Ketsch in den Rhein mündet.
Geschichte
Der Kraichgau zählt zu den ältesten Kulturräumen Europas. In diesem Gebiet war vor über einer halben Million Jahren unserer ältester europäischer Vorfahre, der Homo heidelbergensis zu Hause. Der Fund seines Unterkiefers in Mauer (Baden), zwischen Sinsheim und Heidelberg, aus dem Jahre 1907 sorgte weltweit für Aufsehen und neueste wissenschaftliche Berechnungen datieren sein Alter auf 750.000 bis 620.000 Jahre.
Klimatische Veränderungen schufen im Laufe der nachfolgenden Jahrtausende eine hügelige Landschaft mit Lösböden, so dass der gesamte Kraichgau als Senke zwischen Odenwald und Schwarzwald zu den leicht bebaubaren und ohne Schwierigkeiten zu durchquerenden Siedlungsgebieten wurde. In die Jungsteinzeit und die Bronzezeit weisen viele Einzelfunde von bspw. Steinbeilen, Getreidereiben, Dolchklingen, Lanzenspitzen und bronzezeitliche Bestattungen. Weitere Spuren hinterließen auch der keltische Volksstamm der Helvetier von denen Siedlungsspuren aus der Zeit um 400 v.Chr. existieren.
Besonders die Römerzeit hinterließ nachhaltige Spuren. Zahlreiche Funde zeugen von der Bedeutung dieses Raumes als Hinterland des Limes während der römischen Besetzung. Ein eindrucksvolles Beispiel gallo-römischer Kunst stellt die höchste und schönste Jupitergigantensäule Süddeutschlands dar, die 1959 in Steinsfurt zutage kam.
Von den landsuchenden Germanenstämmen drangen in der Folgezeit besonders Kimbern, Teutonen und Sueven nach Südwestdeutschland vor. Sesshaft wurden seit 260 die Alemannen (Spuren östlich von Sinsheim), zu deren Siedlungsgebiet der Kraichgau etwa bis zum Jahre 500 gehörte. Die Alemannen gerieten in Konflikt mit dem Fränkischen Reich, da sie ihr Gebiet nach Westen und Nordwesten ausdehnen wollten. Bei der entscheidenden Schlacht 497 gingen die Franken als endgültige Sieger hervor. Spätestens nach einem gescheiterten Aufstand der Alemannen 506/507 mußten sie ihr bisheriges Herrschafts- und Siedlungsgebiet an die Franken abtreten.
Der Kraichgau als fränkische Gaugrafschaft wurde erstmals im 8. Jahrhundert im Lorscher Codex als Craichgoia urkundlich dokumentiert. Die Herrschaft der Kraichgaugrafen sind für die Zeit von Mitte des 8. Jahrhundert bis Ende des 10. Jahrhunderts historisch überliefert. In der ehemaligen Burg von Bretten residierte vermutlich das Adelsgeschlecht der Herren von Lauf(f)en deren Linie um 1219 ausstarb.
Die Grafen von Eberstein, eine der bedeutendsten Familien im mittelbadischen Raum, hatten ab Ende des 11. Jahrhunderts bedeutende Besitztümer im Kraichgau. Sie waren auch verantwortlich für die Stadtgründungen von Bretten und Gochsheim um 1250. Durch den Niedergang des Adelsgeschlechts ab Ende des 13. Jahrhunderts fielen die Gebiete bis ins 17. Jahrhundert hinein nach und nach an den badischen Markgrafen bzw. an den Grafen von Württemberg.
Mitte des 14. Jahrhunderts bis Mitte des 16. Jahrhunderts wurde der Kraichgau von kleineren ritterschaftlichen Adelsherrschaften bestimmt. Die Reichsritterschaft des Kraichgaus war in einem eigenen Ritterkanton zusammengeschlossen.
Kraichgaugrafen
Name (Lebensdaten) | Herrschaft | Bemerkungen |
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Gerold (* um 730, † um 784/786) | ab spätestens 777 bis um 784/786 | Sohn eines fränkischen Grafen und Mitglied der fränkischen Reichsaristokratie. Verheiratet mit Imma, Tochter des alemannischen Herzogs Hnabi. Vater von Hildegard, die Ehefrau Karls des Großen |
Sieghard (* ?, † ?) | 858 bis 861 | Stammvater der Sieghardinger |
Otto von Worms (* 948, † 1004) | nach 956 bis 978 | 956 Graf im Nahegau, Graf im Speyergau, Wormsgau, Elsenzgau, Kraichgau, Enzgau, Pfinzgau und Ufgau, 978-983 und 995-1002 Herzog von Kärnten. Er war bei der Königswahl von 1002 Thronkandidat. |
Landwirtschaft
Der Kraichgau gilt durch seinen Lößboden, der durch eiszeitliche Ablagerungen entstand, als besonders fruchtbar und zählt daher zu den Kornkammern Süddeutschlands. Auch Obst- und Weinanbau (insb. auf den Keuperhöhen um Sinsheim und Sulzfeld) sind weit verbreitet. Ebenso werden Zuckerrüben und Tabak angebaut.