Hyperbolisch lemniskatischer Sinus

spezielle mathematische Funktion
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Der hyperbolisch lemniskatische Sinus oder sinus lemniscatus hyperbolicus (kurz sinlemnh oder slh) ist eine spezielle mathematische Funktion. Sie zählt zu den elliptischen Funktionen.

Definitionen

 
Rot: Sinus Lemniscatus HyperbolicusViolett: Cosinus Lemniscatus Hyperbolicus Gestrichelt: Ausgedehnter Graph des Kreistangens

Definition über den Sinus lemniscatus und Cosinus lemniscatus:

 

Definition über Jacobische elliptische Funktionen:

 

Definition über Thetafunktionen:

 

Definition über die Umkehrfunktion   des folgenden elliptischen Integrals:

 

Dann gilt:  

Dabei gelten folgende zwei[1] Integrale:

 
 

Durch Spiegelung an der senkrechten Achse beim x-Wert ϖ/sqrt(8) oder auch durch Kehrwertbildung entsteht der Cosinus Lemniscatus Hyperbolicus als Funktion:

 

Jedoch wird die Umkehrfunktion des Sinus Lemniscatus Hyperbolicus Areasinus Lemniscatus Hyperbolicus oder Arcussinus Lemniscatus Hyperbolicus genannt.

Der erste Begriff bezieht sich hierbei auf die Flächenmaße der Superellipse und der zweite Begriff bezieht sich auf die Bogenmaße der Lemniskate.

 

Daher gelten auch folgende[2] Identitäten:

 
 
 
 

Um jegliche Verwechselung der Umkehrfunktion mit dem Kehrwert des slh auszuschließen, wird bei der Umkehrfunktion die −1 in der Exponentenstellung in Dachklammern gesetzt.

Superellipse

 
Superellipse mit der Relation x^4 + y^4 = 1

In einer Superellipse der Gleichung x⁴ + y⁴ = 1 ist der Sinus lemniscatus hyperbolicus analog zum Tangens in einem Kreis definiert. Wenn der Koordinatenursprung und ein Punkt auf dem Bogen des Kreises durch eine Strecke miteinander verbunden sind, dann ordnet der Sinus lemniscatus hyperbolicus das Doppelte der zwischen dieser Strecke und der x-Achse eingeschlossenen Fläche A dem Quotienten der vertikalen Koordinate des Bogenpunktes dividiert durch seine horizontale Koordinate zu. Dies wird im nun Folgenden demonstriert.

Differentialgleichungssystem mit zwei Unbekannten

Die horizontalen und vertikalen Koordinaten dieser Superellipse sind in Abhängigkeit vom Doppelten der eingeschlossenen Fläche w = 2A müssen somit folgende Bedingungen erfüllen:

 
 
 
 
 

Die Lösungen dieses Gleichungssystems lauten wie folgt:

 
 

Der Für den Quotient gilt somit Folgendes:

 

Die Funktionen x(w) und y(w) werden Cotangens Lemniscatus Hyperbolicus und Tangens Lemniscatus Hyperbolicus genannt.

 
 

Aus der Skizze ist auch die Tatsache entnehmbar, dass die Ableitung der Funktion Areasinus Lemniscatus Hyperbolicus gleich dem Kehrwert der Quadratwurzel aus dem Nachfolger von der vierten Potenzfunktion ist.

Erster Beweis: Vergleich mit der Ableitung des Arkustangens

 
Bei gegebener Fermatscher Superellipse mit der Relation   ist der hyperbolisch lemniskatische Sinus das Analogon zur trigonometrischen Kreistangensfunktion. Hierbei gilt außerdem: sin₄(t) = tlh(t) und cos₄(t) = ctlh(t)

Auf der rechts abgebildeten Skizze befindet sich eine schwarze Diagonale. Der Abschnitt dieser diagonalen Strecke vom Koordinatenursprungspunkt bis zum Schnittpunkt dieser Strecke mit der cyanen Kurvenlinie der Superellipse hat in Abhängigkeit vom slh-Wert folgenden Wert:

 

Dieser Zusammenhang wird durch den Satz des Pythagoras beschrieben.

Ein analoger Einheitskreis ergibt bei der beschriebenen Flächenzuordnung den kreistrigonometrischen Arkustangens.

Für diesen gilt folgende Ableitung:

 

Für die Ermittlung der Ableitung des Areasinus Lemniscatus Hyperbolicus wird im Folgenden der Vergleich der infinitesimal kleinen Dreiecksflächen für die gleiche Diagonale bei der Superellipse und beim Einheitskreis aufgestellt. Denn die Aufsummierung der infinitesimal kleinen Dreiecksflächen beschreibt die Flächenmaße. Bei der Superellipse im Bild ist die Hälfte des betroffenen Flächenmaßes grün abgebildet. Wegen des quadratischen Verhältnisses der Flächen zu den Längen bei den Dreiecken mit gleichem infinitesimal kleinem Winkel am Koordinatenursprungspunkt gilt folgende Formel:

 

Zweiter Beweis: Integralbildung und Flächensubtraktion

Der Areatangens Lemniscatus Hyperbolicus ordnet im gezeigten Bild die Höhe des Schnittpunkts von Diagonale und Kurvenlinie dem Doppelten der grünen Fläche zu. Die grüne Fläche selbst entsteht als Differenz Integral der Superellipsenfunktion von Null bis zum betroffenen Höhenwert minus Fläche des anliegenden Dreiecks:

 
 

Es gilt folgende Transformation:

 

Und somit gilt nach der Kettenregel diese Ableitung:

 
 

Hyperbolisch lemniskatischer Tangens und Cotangens

Die Funktionen tlh und ctlh erfüllen auch folgende Identitäten:

 
 

Somit gilt für die Ableitungen:

 
 

Analog zur Ermittlung des uneigentlichen Integrals bei der Gaussschen Glockenkurvenfunktion kann zur Berechnung des Integrals von 0 bis ∞ bei der Funktion f(x) = exp(-x⁴) eine Koordinatentransformation verwendet werden. Im nun Folgenden werden die Beweise von beiden Integralen parallel aufgeführt:

Dies ist die Zylinderkoordinatentransformation bei der Gaussschen Glockenkurvenfunktion:

 
 
 

Und das ist die analoge Koordinatentransformation für den lemniskatischen Fall:

 
 
 

Kombinationen mit den hyperbolisch lemniskatischen Funktionen

Zusammenhang mit algebraischen Wurzelfunktionen

In Kombination mit dem Areasinus Lemniscatus Hyperbolicus können folgende Identitäten aufgestellt werden:

 
 

Das Quadrat vom Tangens Lemniscatus Hyperbolicus ist das Pythagoräische Gegenstück zum Quadrat des Cotangens Lemniscatus Hyperbolicus.

Denn die vierten Potenzen von tlh und ctlh ergeben addiert konstant den Wert Eins.

Das Halbierungstheorem des Sinus Lemniscatus Hyperbolicus lautet so:

 
 
 

Aus der zuletzt genannten Formel folgen diese Identitäten:

 
 

Elliptische Lambdafunktion

Diese beiden zuletzt genannten Ausdrücke haben in der Welt der elliptischen Funktionen eine hohe Bedeutung.

Denn einige elliptische Lambda-Stern-Funktionswerte ungerader Zahlen können so vereinfacht ausgedrückt werden:

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Bringsches Radikal

Auch für die Darstellung des quintischen Bringschen Radikals BR(y⁵ + y) = y in elliptischer Form[3] kommt die tlh-Funktion zum Einsatz. Denn für die Darstellung des Bringschen Radikals mit Elliptischem Nomen und Thetafunktion beziehungsweise Etafunktion muss der zugehörige elliptische Modul ermittelt werden. Dieser Modul und sein Pythagoräisches Gegenstück werden beim Bringschen Radikal nach Charles Hermite auf folgende Weise hervorgerufen:

 
 
 
 

Von diesen Modulen muss im Anschluss das elliptische Nomen für die elliptische Darstellung des Bringschen Radikals aufgestellt werden. Von diesem Nomen müssen dann nach Prasolov und Solovyev die fünfte Potenz und die fünfte Wurzel in die Thetafunktionen eingesetzt werden. Mit folgendem Verfahren können auf der Grundlage der genannten Thetafunktionen die Etafunktionswerte bestimmt werden:

 

Und diese Etafunktionswerte bilden in rationaler Bruch-Kombination nach dem Aufsatz von Prasolov und Solovyev den elliptischen Ausdruck für das Bringsche Radikal.

Auf der Basis der Theorie von Évariste Galois fanden die Mathematiker John Stuart Glashan, Carl Runge und George Paxton Young im Jahre 1885 heraus, dass die folgende quintische Gleichung als y-Lösungen immer derartige Werte hat, welche zu den Parametern 𝜇 und 𝜈 in elementar radikalischer Beziehung stehen:

 

Diese Tatsache beschrieb George Paxton Young in seiner Arbeit "Solvable Quintic Equations with Commensurable Coefficients" aus dem Jahre 1888. Für das Lösen einer quintischen Gleichung in Bring-Jerrard-Form mit vorzeichengleichem quintischen und linearen Glied wird regulär das Bringsche Radikal verwendet. Wenn der Allgemeinfall einer solchen Bring-Jerrard-Gleichung auf der Grundlage der Formel von Glashan, Runge und Young gelöst werden soll, dann müssen hierfür die Werte 𝜇 und 𝜈 ermittelt werden. Diese können nicht auf elementar radikalischem Wege ermittelt werden, weil der Allgemeinfall der quintischen Bring-Jerrard-Gleichung nach dem Satz von Abel-Ruffini nicht elementar radikalisch lösbar ist. Für die Ermittlung von 𝜇 und 𝜈 bei gegebener allgemeiner Bring-Jerrard-Form kann aber folgendes Verfahren herangezogen werden:

Gegeben sei die soeben genannte Gleichung:

 

Der Abszissenwert des zugehörigen Bringschen Radikals lautet dann so:

 

Der Abszissenwert x ist somit der Quotient absolutes Glied dividiert durch den Koeffizient des linearen Glieds hoch fünf Viertel.

Und der Wert 𝜈 kann im Anschluss so ermittelt werden:

 

Hierbei steht das Theta für die zugehörige Theta-Nullwertfunktion und das q für die elliptische Nomenfunktion.

Im Anschluss kann dann durch quartische Radizierung im Koeffizienten des linearen Glieds der Wert 𝜇 ermittelt werden.

Und elementar radikalische Kombinationen von den elliptisch ermittelten Werten 𝜇 und 𝜈 liefern dann die Lösung der verallgemeinerten Bring-Jerrard-Gleichung fünften Grades.

Theoreme und Ableitungen

Folgende algebraische Beziehung gilt für den Sinus lemniscatus hyperbolicus:

 

für 0 < x <  

Der Sinus Lemniscatus Hyperbolicus hat folgendes Additionstheorem:

 

Und für den Cosinus Lemniscatus Hyperbolicus gilt:

 

Für die Verdopplung gilt folgende Formel:

 

Für die Verdreifachung gilt Folgendes:

 
 

Aus dem Additionstheorem des Sinus Lemniscatus Hyperbolicus folgen diese weiteren Theoreme:

 
 

Und für den lemniskatischen Sinus und den lemniskatischen Cosinus gilt:

 
 

Diese vier Formeln sind für alle reellen Werte v und w gültig.

Der Sinus Lemniscatus Hyperbolicus hat diese Ableitung:

 

Der Cosinus Lemniscatus Hyperbolicus hat jene Ableitung:

 

Die Richtigkeit dieser beiden Ableitungen kann auch mit der Quotientenregel so gezeigt werden:

 
 

Spezielle Werte

Einzelne Funktionswerte für den Sinus lemniscatus hyperbolicus:

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Siehe auch

Literatur

  • Edward Neuman: Two-sided inequalitites for the lemniscate functions. Volume 1, Southern Illinois University Carbondale, USA, 2014
  • Ji-en Deng und Chao-ping Chen: Sharp Shafer-Fink type inequalities for Gauss lemniscate functions. Universität Henan (河南大学), China, 2014
  • Jun-Ling Sun und Chao-ping Chen: Shafer-type inequalities for inverse trigonometric functions and Gauss lemniscate functions. Universität Henan, China, 2016
  • Minjie Wei, Yue He und Gendi Wang: Shafer-Fink type inequalities for arc lemniscate functions. Hangzhou, China, 2019
  • Bruce Berndt: Ramanujan's Notebooks, Part IV. New York: Springer-Verlag, 1994. Seiten 255 – 258.
  • Charles Hermite: Sulla risoluzione delle equazioni del quinto grado. Annali di math. pura ed appl. 1, 1858. Seite 258.
  • Viktor Prasolov (Прасолов) und Yuri Solovyev (Соловьёв): Elliptic Functions and Elliptic Integrals. Volume 170, Rhode Island 1991. Seiten 149 – 159.

Einzelnachweise

  1. Eric W. Weisstein: Hyperbolic Lemniscate Function. Abgerufen am 24. Oktober 2021 (englisch).
  2. Wei-Mao Qian, Miao-Kun Wang, Wei-Mao Qian, Miao-Kun Wang: Sharp bounds for Gauss Lemniscate functions and Lemniscatic means. In: AIMS Mathematics. Band 6, Nr. 7, 2021, ISSN 2473-6988, S. 7479–7493, doi:10.3934/math.2021437 (aimspress.com [abgerufen am 24. Oktober 2021]).
  3. F. Brioschi: Sulla risoluzione delle equazioni del quinto grado: Hermite — Sur la résolution de l'Équation du cinquiéme degré Comptes rendus —. N. 11. Mars. 1858. 1. Dezember 1858, doi:10.1007/bf03197334 (zenodo.org [abgerufen am 24. Oktober 2021]).