Phasenverschiebung

Winkelabstand zwischen zwei Schwingungen oder Wellen
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Phasenverschiebung bzw. Phasendifferenz ist der relative Abstand der Phasen zweier verschiedener periodischer Vorgänge auf der Zeitachse. Der Abstand wird auch Gangunterschied genannt.

Erscheinungen der Phasenverschiebung treten vor allem in der Elektrotechnik, der Elektroakustik, der Akustik, in der Schwingungs-Mechanik und in der Optik auf. Eine Phasenverschiebung kennzeichnet den zeitlichen Versatz (Zeitversatz), den ein verzögertes Signal gegenüber einem Referenzsignal aufweist. Bei einem Sinussignal wird zur Ermittlung der Phasenverschiebung beispielsweise der Nulldurchgang zweier Schwingungszüge in zeitliche Relation gesetzt.

Bei harmonischen Schwingungen ist das Maß der Phasenverschiebung proportional zur zeitlichen Differenz der Nulldurchgänge zweier Schwingungen. Bei Schwingungen mit gleicher Periodendauer bzw. Frequenz setzt man die Periodendauer gleich 360° und gibt das Maß der Phasenverschiebung als Winkel Δ an. Dieser Winkel wird auch Phasendifferenz oder Phasenwinkel genannt.
Demnach bedeutet eine Phasenverschiebung auf der Zeitachse von einem Vielfachen von 2 , dass die Wellen „in Phase“ schwingen. Eine Phasendifferenz von einem ungeraden Vielfachen von hingegen, dass sich „Wellenberg“ und „Wellental“ gerade überlagern.

Elektrotechnik

Datei:Sinus-kap.jpg
Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung durch „kapazitive Belastung“
Datei:Sinus-ind.jpg
Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung durch „induktive Belastung“

In der Elektrotechnik kommt bei Wechselstrom eine Phasenverschiebung zwischen dem Strom und der ihn verursachenden Spannung zustande, das heißt, die Nulldurchgänge der Stromschwingung sind gegenüber den Nulldurchgängen der Spannungs-Schwingung zeitlich bzw. um einen bestimmten Winkel verschoben. Diese Erscheinung ergibt sich daraus, dass Bauteile mit induktiven Komponenten eine den Strom „bremsende“ und Bauteile mit kapazitiven Komponenten eine „saugende“ Wirkung gegenüber der sich ändernden Wechselspannung ausüben.

Im idealen Kondensator eilt der Strom der Spannung um 90° voraus, in der Spule bzw. Induktivität hinkt er ihr um 90° nach. Ein Merksatz für die Richtung der Phasendrehung ist folgender: "Induktivitäten, Ströme sich verspäten" bzw. "Kondensator: Strom eilt vor".

Die Phasenverschiebung wird häufig als Kosinus des Verschiebungswinkels   (phi), also  , angegeben. Eine Phasenverschiebung von 0 bedeutet keinen Energieaustausch, d. h.   ist anzustreben. Wenn der Winkel   positiv ist, spricht man von einer induktiven, wenn er negativ ist, von einer kapazitiven Phasenverschiebung.

Die Phasenverschiebung kann über die beteiligten ohmschen, induktiven und kapazitiven Widerstände berechnet werden.

Für die Reihenschaltung gilt:

 

und für die Parallelschaltung:

 

Messung der Phasendifferenz mit dem Oszilloskop

Gibt man die Sinus-Spannungen aus zwei Kanälen (L und R bei Stereo) auf den Y- und X-Eingang eines Oszilloskops, so kann die Phasendifferenz aus dem Seitenverhältnis der sich zeigenden Ellipse errechnet werden. Es ist:

  bzw.  .

Für   wird  

Für   wird  

Hochfrequenztechnik

Hier wird die Phasenverschiebung zur Phasenmodulation verwendet. Im zweiseitigen Frequenzspektrum bedeutet das, dass die Spektrallinie der Trägerfrequenz um die Frequenzachse rotiert werden und somit auf verschiedene Punkte in dem umschreibenden Kreis zeigen kann. Damit können Daten codiert werden.

Akustik bzw. Tontechnik

Werden zwei oder mehrere Schallwellen gleicher Frequenz überlagert, so ergibt sich als resultierendes Signal je nach Phasenwinkel ein entweder verstärktes oder gedämpftes Signal. Eine solche Überlagerung wird Interferenz genannt und ist ortsabhängig: Je nach Abstand und Position der Quellen ergeben sich an unterschiedlichen Betrachterpostionen alle möglichen Kombinationen von Verstärkungen und Abschwächungen.

Der Zusammenhang zwischen dem Phasenwinkel   im Bogenmaß und der Laufzeitdifferenz   ist:

 

Der Zusammenhang zwischen dem Phasenwinkel   im Gradmaß und der Laufzeitdifferenz   ist:

 
Wellenlänge  
Schallgeschwindigkeit   = 343 m/s bei 20 °C
 

Für eine feste Verzögerung von Δ t = 0,5 ms ergibt sich folgende frequenzabhängige Phasenverschiebung  :

       
360°   2000 Hz 0,1715 m
180°   1000 Hz 0,3430 m
90°   500 Hz 0,6860 m
45°   250 Hz 1,372 m
22,5°   125 Hz 2,744 m
11,25°   62,5 Hz 5,488 m


Zum akustischen Zusammenhang von Phasenverschiebung   und Laufzeitdifferenz bei Stereofonie,   siehe Laufzeitstereofonie. Mit digitaler Signalverarbeitung ist es heute möglich, die Phasenlage der verschiedenen Lautsprechern zugeführten Signale zu verstellen und damit die Tonabstrahlung zu steuern.

Die sogenannte Phasenverschiebung von 180°, die keine ist

Häufig wird in der Tontechnik von einer Phasenverschiebung um 180° gesprochen, wenn nur einfache b/a-Verpolung zweier Drähte statt a/b gemeint ist. Die Bezeichnung Phasenverschiebung ist in diesem Falle unrichtig, da es sich um eine Invertierung des Signals, also eine "Verpolung" handelt. Ein um 180° phasenverschobenes Signal muss aber eine Verschiebung auf der Zeitachse darstellen. Im Technikerjagon spricht man unrichtig vom phasenverkehrten Stereosignal oder von einer falschen Phasenlage eines Audiosignals, wenn einfach die beiden Adern eines der beiden Stereokanäle vertauscht wurden. Das Wort "Phase" hat hier aber nichts zu suchen.

Siehe auch

Andere Gebiete

In der Bautechnik wird mit Phasenverschiebung der Zeitraum zwischen dem Auftreten der höchsten Temperatur auf der Außenoberfläche eines Bauteils bis zum Erreichen der höchsten Temperatur auf dessen Innenfläche bezeichnet.

In der Optik werden Linsen entspiegelt, indem eine dünne Schicht auf der Glasoberfläche eine Doppelreflexion erzeugt, die bei einer bestimmten Wellenlänge eine Phasenverschiebung der beiden Reflexionen von 1/2 erreicht. Üblicherweise wird die Schichtdicke auf die Wellenlänge des gelben Lichts (ca. 600 nm) eingestellt.

Siehe auch