Jeremy Bentham

englischer Philosoph und Sozialreformer (1748-1832)
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Jeremy Bentham (* 15. Februar 1748 in London; † 6. Juni 1832) war einer der Begründer des Utilitarismus. Der englische Jurist und liberale Philosoph war ein ausgesprochener Gentleman, Vertreter des Freihandels und wurde auf grund seiner Sozialethik als rechtlicher und sozialer Reformer bekannt.

Leben

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Jeremy Bentham's Auto-Icon in University College London

Geboren in Spitalfields (London) in eine reiche Tory-Familie, ging er zur Westminster School und 1760 zum Queen's College, Oxford. Er erwarb sein Bachelor's degree 1763 und sein Master's degree in 1776.

Nach einer kurzen Zeit als Anwalt war Bentham bald desillusioniert von der Komplexität und Widersprüchlichkeit des englischen Common Law und entschloss sich, seine Zeit lieber damit zu verbringen das Recht zu reformieren anstatt es auszuüben. Der Tod seines Vaters 1792 ließ ihn finanziell unabhängig werden, er konnte sich als freier Schriftsteller in Westminster einrichten. Für fast vierzig Jahre lebt er dort und produziert jeden Tag zwischen 10 und 20 Seiten Text. Zu seinen zahlreichen anvisierten Reformprojekten gehörte eine Gefängnisreform. Die dabei entstandene Gefängnisform des Panoptikum blieb in seiner Zeit relativ einflusslos, wurde später aber von Michel Foucault und anderen als wichtige und bezeichnende Entwicklung der Moderne gesehen.

Utilitarismus

Bentham entwarf seine politischen und sozialen Reformen ausgehend von moralischen Prinzipien und entwickelte die Ethik des Utilitarismus. Diese Philosophie beruhte auf der Grundlage, dass das größte zu erreichende Gut dasjenige wäre, welches "das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl" erreichte (greatest happiness for the greatest number). Später schränkte er allerdings das 2.Prinzip etwas ein (als Anhänger des Empirismus) dachte er offenbar praxisnah) und sprach vom greatest happiness principle.
Er schlug auch eine Methode (felicific calculus) vor, um den moralischen Status verschiedener Tätigkeiten abzuschätzen und auch verbessern zu können. Er hat Ähnlichkeiten mit heutigen Encounter-Leitlinien.

Später wurde der Utilitarianismus überarbeitet und weiter ausgebaut, vor allem von seinem berühmter gewordenen Anhänger John Stuart Mill. Durch diesen wurde der "Benthamismus" eine wichtige Argumentationshilfe für liberal ausgerichtete Konzepte staatlicher Aufgaben.

Kritik am "Benthamismus"

In Zusammenhang mit der schwierigen Vereinigung von Fairness und Recht wird manchmal das Problem der Folter angesprochen. Einige Kritiker argumentieren, dass es nach Benthams moralisch sei, jemanden zu foltern. Die dadurch mögliche Bewahrung vor Schaden hebe die gesamtgesellschaftliche "Menge an Glück", was mehr wiege als das Leid des Betroffenen.

Die Gegenargumente fasst jedoch P. J. Kelly in seinem Buch Utilitarianism and Distributive Justice: Jeremy Bentham and the Civil Law [ISBN 0-19-825418-0] zusammen: Benthams Theorie des Rechts soll genau solchen Fällen vorbeugen. Für Bentham dienen die Gesetze zum Aufbau eines Rahmens der Zwischenmenschlichkeit - für adäquaten Umgang in der sozialen Interaktion - und sollen den Bereich der Unverletzlichkeit der einzelnen Personen abgrenzen, innerhalb dessen sie ihren eigenen Vorstellungen von Wohlbefinden nachgehen können (personal inviolability within which individuals can form and pursue their own conceptions of well-being.).
Bei Benthams Theorie findet sich demnach kein Argument, das Opfer einzelner dem Vorteil von Vielen vorzuziehen. Auch sein "felicific calculus" deutet darauf hin.

Bildungspolitik

Bentham wird oft mit der Gründung der Universität London assoziiert (University College London)¹, obwohl er bei ihrer Eröffnung 1828 80 Jahre alt war und ihrem Stand nicht (direkt) angehörte.

Da er jedoch für die Öffnung des Bildungswesens für ärmere Kreise eintrat, war die Gründung des College ganz in seinem Sinn. Es war nämlich die erste englische Hochschule, die für alle offen war - unabhängig von Konfession und Einkommen, Herkunft bzw. Rasse und politischer Einstellung. Die Studenten der traditionellen Universitäten von Oxford und Cambridge mussten mindestens die zwei ersten Kriterien voll erfüllen, und Bentham überwachte den Berufungsvorgang für einen seiner Schüler, John Austin genau, als dieser 1829 der erste Professor für Jurisprudenz wurde.

¹) Nach seinem Tod wurde Benthams Körper konserviert und in einem getäfelten Raum als "Auto-Icon" aufbewahrt. Es wird auf manchen Ausstellungen gezeigt und gilt als Wahrzeichen und "Ikone" des University College London. Der Kopf musste unlängst ersetzt werden, da sich Rugby-Spieler damit einen Scherz erlaubten.

Zitate

  • "Every law is an infraction of liberty."
  • "The greatest happiness of the greatest numbers is the foundation of morals and legislation."