Ein Grundbuch ist ein amtliches Verzeichnis von Grundstücken, das unter anderem Lage, Eigentumsverhältnisse und mit einem Grundstück verbundene Rechte verzeichnet.
Geschichte
Entwicklung in England
Im Mittelalter wurden Grundstückserwerbungen oder Übereignungen einer Grundherrschaft in einem so genannten Traditionskodex aufgezeichnet. Das 1086 geschaffene Domesday Book war das große, unter Wilhelm dem Eroberer für England entworfene Grundbuch, das die Verteilung des Grundbesitzes genau festhielt.
Entwicklung in Deutschland
Die Stadtbücher der Mittelalterlichen Städte
Unabhängig von der Entwicklung in England entstanden in den deutschen Gebieten im Hochmittelalter in den Städten sogenannte Stadtbücher. Sie waren der erste Vorläufer des heutigen Grundbuchs[1].
Rezeption des römischen Rechts
Die nun folgende Zeit der Rezeption des römischen Rechts hemmte die Entwicklung und Verbreitung von Eintragungen von Immobiliareigentum, da überall dort, wo das lokale Recht keine eindeutigen Regelungen enthielt, fortan das gemeine Recht galt, das zur Formlosigkeit der Grundstücksübereignung neigte[2]. Allerdings konnte insbesondere in einigen Städten, in denen das Stadtrecht bereits ausdifferenziert war, das römische Recht nicht Fuß fassen, so dass dort der deutschrechtliche Grundsatz der Auflassung mit nachfolgendem Bucheintrag - teilweise in Gestalt von Mischformen - erhalten blieb[3].
Neuzeit
Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 bestanden viele Unklarheiten in den Eigentumsverhältnissen über Grund und Boden aufgrund nichtexistenter Aufzeichnungen. Im darauffolgenden Jahrhundert schließlich begann man sich auch unter dem Druck wirtschaftlichen Notwendigkeit des Merkantilismus wieder auf das Buchwesen zu besinnen, begünstigt nicht zuletzt durch die guten Erfahrungen mit den Stadtbüchern[4].
Hypotheken- und Pfandbuchsystem
In verschiedenen Teilen Deutschlands tauchten Hypotheken- oder Pfandbücher auf, in die jedoch meist lediglich die Belastung mit Grundschulden einzutragen war. Nicht immer war dabei die Eintragung auch notwendig, um das Recht zu begründen. Auch für Eigentumsübertragungen war noch nicht immer eine Eintragung erforderlich. Nur zum Teil wurde hier bereits nach dem Realfoliensystem gearbeitet (pro Grundstück also ein Grundbuchblatt), häufig wurde jedoch z. B. auch ein Blatt pro Eigentümer angelegt oder nach anderen Systemen geordnet.
In Preußen war dabei der Erlass der Allgemeinen Hypotheken-Ordnung für die gesamten Königlichen Staaten in der Fassung von 1783 ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Grundbuchs: Hier wurde bereits eine Eintragung nach dem Realfoliensystem festgelegt, es wurden Eigentumsverhältnisse, Grundschulden und die meisten dinglichen Belastungen niedergelegt, für die eine Eintragung zur Begründung bereits erforderlich war.
Auch in Bayern und Württemberg gab es in dieser Zeit ähnliche Entwicklungen. 1872 wurde die preußische Grundbuchordnung erlassen, die das Eintragungssystem schon weitgehend gemäß dem heutigen Grundbuch regelte.
Im März 1897 trat im Deutschen Reich die erste gesamtdeutsche Grundbuchordnung in Kraft, die mit Änderungen noch heute gültig ist. Sie überließ jedoch noch viele Fragen der Regelung der einzelnen Länder. Erst 1935 erhielt die Grundbuchordnung eine einheitliche und der heutigen Fassung im wesentlichen entsprechende Gestalt. Dabei wurde vor allem das preußische System, das dort seit 1872 galt, für Gesamtdeutschland übernommen.
Siehe auch: Urbar
Deutschland
Der Begriff des Grundbuchs wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und in der Grundbuchordnung (GBO) nicht einheitlich verwandt. Nach § 3 GBO erhält jedes Grundstück im Grundbuch eine besondere Stelle (Grundbuchblatt). Das Grundbuchblatt ist für das Grundstück als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen. Die Amtsgerichte sind als Grundbuchämter für die in ihrem Bezirk liegenden Grundstücke zuständig.
In Baden-Württemberg sind die staatlichen Grundbuchämter an Stelle der Amtsgerichte für die Grundbuchführung zuständig. Im badischen Rechtsgebiet befinden sich diese staatlichen Grundbuchämter bei den Gemeinden. Grundbuchbeamter ist der zuständige Badische Amtsnotar im Landesdienst (Richter-Notar) oder falls dem Notariat ein solcher zugewiesen ist, neben dem Notar ein Rechtspfleger. In elf größeren Gemeinden (Mannheim, Karlsruhe, Karlsruhe-Durlach, Freiburg i. Br., Heidelberg, Baden-Baden, Pforzheim, Konstanz, Offenburg, Lahr und Weinheim) befinden sich die staatlichen Grundbuchämter direkt bei den Notariaten. Im württembergischen Rechtsgebiet werden die Grundbücher von den Bezirksnotaren geführt.
Das Grundbuch enthält neben der Aufschrift ein Bestandsverzeichnis (Register), in dem Lage und Größe des Grundstücks entsprechend der Bezeichnung im Kataster (nach Gemarkung, Flur und Flurstück) vermerkt sind. Ferner werden in dem Register grundstücksgleiche Rechte wie z. B. das Wohnungseigentum oder das Erbbaurecht verzeichnet. Auch Gemeinderechte (z. B. ein Weiderecht auf einer Gemeindewiese) werden hier eingetragen. Ist das im Bestandsverzeichnis vorgetragene Grundstück in Bezug auf eine Grunddienstbarkeit das sogenannte „herrschende Grundstück“, also das begünstigte, kann dies ebenfalls im Bestandverzeichnis vermerkt werden.
Dem Bestandsverzeichnis folgen drei Abteilungen.
- Die Erste Abteilung enthält die Eigentümer oder Erbbauberechtigten, ggf. unter Angabe der jeweiligen Anteile oder des Gemeinschaftsverhältnisses (beispielsweise „in Erbengemeinschaft“ oder „als Gesellschafter bürgerlichen Rechtes“), und die Grundlagen der Eintragung.
- Die Zweite Abteilung verzeichnet alle Lasten und Beschränkungen, die nicht in der Dritten Abteilung einzutragen sind: Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Auflassungsvormerkungen (für die Zeit zwischen Abschluss eines Kaufvertrages und dessen endgültigem Vollzug) und Verfügungsbeschränkungen (Insolvenz- und Testamentsvollstreckervermerke usw.)
- Die Dritte Abteilung enthält die Grundpfandrechte: Hypotheken (auch Zwangssicherungshypotheken, die beispielsweise die Finanzämter für Steuerschulden in einem verkürzten Verfahren eintragen lassen können), Grundschulden und (sehr selten) Rentenschulden.
Löschungen im Grundbuch bedeuten nicht, dass ein Eintrag entfernt wird, da jede Maßnahme, auch die erledigte, im Grundbuch lesbar bleiben muss. Er wird vielmehr gerötet, also rot unterstrichen und die Löschung als Vermerk eingetragen. Inzwischen sind sehr viele Grundbücher bereits auf ein elektronisches Verfahren umgestellt worden.
Eintragungen und Veränderungen im Grundbuch setzen einen Antrag und die Bewilligung des voreingetragenen Betroffenen voraus. So bedarf im Vollzug des Kaufs einer Immobilie die Eigentumsübertragung (vergleiche Auflassung) der Eintragung im Grundbuch. Hierzu ist neben der notariellen Urkunde, die die Auflassung bezeugt, zusätzlich eine Steuerunbedenklichkeitserklärung des Finanzamtes erforderlich.
Gegen falsche Eintragungen gibt es keinen Rechtsbehelf. Mit der Beschwerde kann nur die Eintragung eines Amtswiderspruches oder in Ausnahmefällen einer Amtslöschung erreicht werden. Ansonsten ist die Berichtigung nur mit dem Willen des Eingetragenen beziehungsweise durch Verpflichtungsklage gegen den Eingetragenen zu erreichen. Der dingliche Berichtigungsanspruch verjährt nicht.
Einsicht in das Grundbuch ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein elektronisch geführtes Grundbuch kann gegebenenfalls auch über das Internet eingesehen werden.
Besondere Bedeutung für den Grundstückskauf hat der öffentliche Glaube des Grundbuchs gem. § 892 BGB. Danach wird die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs zu Gunsten des gutgläubigen Erwerbers fingiert. Geschützt ist allerdings nur der rechtgeschäftliche Erwerb von Rechten durch Verkehrsgeschäft. Im Bestandsverzeichnis beschränkt sich der öffentliche Glaube auf die Informationen zu den Flurstücksbezeichnungen; die Angaben über Größe, Lage und Wirtschaftsart gehören nicht dazu. Diese Informationen werden dem amtlichen Verzeichnis, in der Regel dem Liegenschaftskataster, entnommen. Die Flurkarte wiederum, auf der der reale Nachweis der Grundstücksbezeichnungen und Grenzen erfolgt, hat als amtliche Karte des Katasteramts Anteil am öffentlichen Glauben des Grundbuchs.
Wenn im Text einer Grundbucheintragung auf Urkunden Bezug genommen wird, gehört auch die zugehörige Grundbuchakte, die Ausfertigungen der im Grundbuch genannten Urkunden enthält (z. B. Grundschuldbestellungsurkunde), zum Grundbuchinhalt.
Um eine Einräumung oder eine Aufhebung im Bezug auf Grundstücke abzusichern kann eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen werden (§ 883 Abs.1 Satz 1 BGB). So kann beispielsweise der Eigentumsverschaffungsanspruch eines Käufers schon vor der tatsächlichen Eigentumsumschreibung durch die Eintragung einer Eigentumsvormerkung (Auflassungsvormerkung)abgesichert werden. Verfügungen, die nach der Eintragung der Vormerkung über das betroffene Grundstück oder Recht getroffen werden sind dem Berechtigten gegenüber unwirksam, als sie dessen Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würden („relative Unwirksamkeit“). Die Vormerkung ist zu dem durch sie gesicherten Anspruch akzessorisch.
Sollte das Grundbuch nicht allen Gegebenheiten entsprechen, also keine volle Richtigkeit besitzen, muss ein Berechtigter unverzüglich einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuches eintragen lassen (§ 899 Abs. 1 BGB). Der Widerspruch ist ebenfalls ein vorläufiger Eintrag, soll im Gegensatz zur Vormerkung jedoch ein bestehendes dingliches Recht sichern.
Österreich
Mit der Anlage des Grundbuchs wurde in Österreich unter Maria Theresia im Jahr 1770 begonnen; die Vermessungs- und Eintragungsarbeiten waren im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts beendet. Seitdem haben sich Grenzen der Katastralgemeinden kaum verändert. Rechtsquellen sind Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) sowie das Allgemeine Grundbuchsgesetz (GBG) von 6. 11. 1955. In Österreich wird das Grundbuch von den Bezirksgerichten verwaltet. Für jede Katastralgemeinde gibt es ein Hauptbuch genanntes öffentliches Verzeichnis, in dem für alle Liegenschaften (Grundbuchseinlagen) Folgendes eingetragen ist:
- Das so genannte Gutsbestandsblatt auf dem A-Blatt: Im A1-Blatt werden die Grundstücke mit ihrer Fläche und Benützungsart (etwa LN [=landwirtschaftliche Nutzfläche] oder Baufläche) eingetragen. Aus dem A2-Blatt ist - neben anderen Eintragungen - hauptsächlich ersichtlich, welche Rechte mit den eingetragenen Grundstücken verbunden sind. Das können z.B. Dienstbarkeiten (Servitute) sein, die einzelne oder alle Grundstücke dieser Grundbuchseinlage zu Lasten anderer (fremder) Grundstücke haben.
- Die Eigentumsverhältnisse auf dem B-Blatt: Hier sind die Eigentümer ersichtlich, ebenso die Anteile (ausgedrückt in Bruchzahlen) eventuellen Miteigentums. Auch eventuelle Rangordnungen werden hier angemerkt.
- Das so genannte Lastenblatt auf dem C-Blatt: Hier sind hauptsächlich eingetragen:
- Servitute (Dienstbarkeiten) zu Lasten von Grundstücken, die in dieser Einlage eingetragen sind, einschließlich der
- jeweils berechtigten Grundstücke in anderen Einlagen oder
- Leitungsunternehmen (z.B. Strom, Gas, Wasser)
- Pfandrechte für Schulden, die grundbücherlich verbürgt, also verbüchert sind
- Reallasten wie Ausgedingsrechte, Belastungs- und Veräußerungsverbote, Vor- oder Wiederkaufsrechte
- Servitute (Dienstbarkeiten) zu Lasten von Grundstücken, die in dieser Einlage eingetragen sind, einschließlich der
Nicht mehr aktuelle Eintragungen befinden sich im Verzeichnis der gelöschten Eintragungen. Die Urkunden, welche die Grundlage für die Eintragungen bildeten, werden in der Urkundensammlung aufbewahrt. Jedermann darf darauf vertrauen, dass die Eintragungen richtig sind (Materielles Publizitätsprinzip).
Eine Abschrift oder ein Ausdruck, der eine bestimmte Liegenschaft betrifft, wird als Grundbuchsauszug bezeichnet. Das Grundbuch ist öffentlich, das heißt, dass jedermann in das Grundbuch Einsicht nehmen und sich Auszüge auch von fremden Grundstücken erstellen lassen kann.
Außerdem gibt es noch das Eisenbahnbuch als Sondergrundbuch.
Folgende ehemalige Sondergrundbücher wurden inzwischen aufgelassen:
- Landtafeln für ehemalige adelige Güter Die Landtafel wurde nach § 24 Grundbuchumstellungsgesetz (GUG) BGBl. Nr. 550/1980 nach deren Erfassung mittels EDV in das allgemeine Grundbuch übergeführt. Mit Umstellung des gesamten österreichischen Grundbuches wurde die Landtafel somit aufgelassen.
- Das Bergbuch besteht zwar heute noch, jedoch sind Liegenschaften nach dem Berggesetz 1975 (BGBl. Nr. 259/1975) nicht mehr Gegenstand der Eintragung in das Bergbuch. In das Bergbuch werden nur mehr Bergwerksberechtigungen eingetragen (gem. §§ 40 bis 43 Mineralrohstoffgesetz BGBl. I Nr. 38/1999), ähnlich wie seit jeher in das Wasserbuch.
Ein ähnliches öffentliches Buch ist das Wasserbuch, in welches aber nie Liegenschaften eingetragen wurden. In das Wasserbuch werden Wasserrechte (sinngemäß der heutigen Bedeutung des Bergbuches) eingetragen. Dieses wird bei der Bezirksverwaltungebehörde geführt (gem. §§ 124 bis 126 Wasserrechtsgesetz 1959 BGBl.Nr. 215/1959).
Alle Grundstücke in Österreich (mit Ausnahme des öffentlichen Gutes – siehe unten) sind somit inzwischen entweder im Grundbuch oder im Eisenbahnbuch eingetragen. In einigen Bundesländern (z. B. Steiermark) wurde das öffentliche Gut nicht eingebüchert und ist somit nicht im Grundbuch zu finden. Es werden jedoch diese Grundstücke in so genannte Hilfsverzeichnissen geführt. Diese wurden auch in die ADV eingegeben („EZl.“ 50000 etc.) Da das Eisenbahnbuch und auch die Hilfsverzeichnisse mit der Grundstücksdatenbank (= Grundbuch und Kataster in einer gemeinsamen Datenbank) verknüpft sind, können alle Grundstücke und deren Eigentümer über die EDV-Grundstücksdatenbank ermittelt werden.
Das Hauptbuch des österreichischen Grundbuches wird flächendeckend in digitaler Form geführt. Mit 6. Februar 2006 wurde die Umstellung der Urkundensammlung des Grundbuches auf die elektronische Urkundensammlung begonnen. Diese soll im Laufe des Jahres 2006 abgeschlossen sein.
Siehe auch
Quellen
- ↑ Walter Böhringer, in: Georg Meikel/Horst Bestelmeyer: Grundbuchrecht, Bd. I, 9. Aufl., München 2004, Rn A19.
- ↑ Walter Böhringer, in: Georg Meikel/Horst Bestelmeyer: Grundbuchrecht, Bd. I, 9. Aufl., München 2004, Rn A23.
- ↑ Walter Böhringer, in: Georg Meikel/Horst Bestelmeyer: Grundbuchrecht, Bd. I, 9. Aufl., München 2004, Rn A24.
- ↑ Walter Böhringer, in: Georg Meikel/Horst Bestelmeyer: Grundbuchrecht, Bd. I, 9. Aufl., München 2004, Rn A26.
Literatur
- Clemens Stewing, Geschichte des Grundbuchs, in: Rpfleger (Der Rechtspfleger) 1989, S. 445 - 447
- zur Geschichte und zum internationalen Vergleich: Walter Böhringer, in: Georg Meikel/Horst Bestelmeyer: Grundbuchrecht, Bd. I, 9. Aufl., München 2004, S. 1 ff. ISBN 3-472-04533-7
- Josef Rieder, Stefan Rieder: Vormerkung und Widerspruch im Grundstücksverkehr. Deutscher Sparkassen Verlag, Stuttgart 5 2005, ISBN 3-09-305337-4