Leon de Winter (* 24. Februar 1954 in 's-Hertogenbosch, Niederlande) ist ein niederländischer Schriftsteller.

Er ist Sohn niederländisch-orthodoxer Juden, die den Holocaust in einem Versteck, das ihnen von katholischen Priestern und Nonnen zu Verfügung gestellt worden war, überlebten. Winters Vater verdiente nach dem Krieg Geld als Altmaterialienhändler.
Leon de Winter hat an der Filmakademie in Amsterdam studiert, die er jedoch ein Jahr vor dem Abschlussexamen verließ. Winter veröffentlichte bereits im Alter von 24 Jahren seinen ersten Roman. Er lebt und arbeitet heute in Amsterdam. Er ist verheiratet mit der Schriftstellerin Jessica Durlacher. Sein Werk umfasst Romane, Erzählungen und Drehbücher, die er teilweise selbst realisierte. Der Himmel von Hollywood wurde von Sönke Wortmann verfilmt.
Kontroverse mit Theo van Gogh
Der Regisseur Theo van Gogh warf Winter „Vermarktung seines Judentums“ vor und attackierte ihn heftig mit teilweise als antisemitisch empfundenen Äußerungen seit 1984.
In einem Interview mit der Zeitung Die Welt äußerte Winter am 27. November 2004: „Ich hatte mir einmal vorgenommen, ein gutes Glas Wein auf die Nachricht vom Tode Theo van Goghs zu trinken. Für mich war er von jeher ein widerlicher Mensch. (...) Ich immunisierte mich gegen seine Attacken, aber ab und zu durchbrachen sie leider doch den Schutzpanzer. Etwa als er in einem viel gelesenen Amsterdamer Studentenblatt schrieb, meine Frau und ich könnten erst miteinander schlafen, wenn sie Stacheldraht um meinen Penis gewickelt hätte. Und ich würde dann auf dem Höhepunkt 'Auschwitz! Auschwitz!' rufen. Der Vater meiner Frau hatte Auschwitz überlebt.
Faszinierend bei solchen Angriffen ist das tiefe Schweigen im Umfeld. In der Redaktion des Studentenblatts war keinem aufgefallen, was van Gogh anrichtete. Beistand kam in all den Jahren praktisch nur von Juden; Kollegen blieben bis auf wenige Ausnahmen stumm. So hat van Gogh bei mir einen Hang verstärkt, den ich schon von Natur aus hatte: Ich habe mich seit seinen ersten Injurien aus literarischen und cineastischen Kreisen zurückgezogen.“[1]
Meinungen zu Islam und Islamismus
In einem Interview im Nachrichtenmagazin Der Spiegel mit Henryk M. Broder vertritt Winter den Einsatz nicht rechtsstaatlicher Mittel im Umgang mit islamistischen Terroristen, wie etwa die Behandlung der Häftlinge in Guantanamo und unter bestimmten Umständen die symbolische Verhängung der Todesstrafe, die nicht zu volliehen sei. Anlass ist unter anderem der Mord an dem Filmemachers Theo van Gogh. Im Sinne eines "'neuen Totalitarismus" äußert er im Interview: „Nach dem linken Faschismus der Sowjets, nach dem rechten Faschismus der Nazis, ist der Islamismus der Faschismus des 21. Jahrhunderts.'“'[1]
In einem Artikel in der [Die Zeit|Zeit]] urteilt er, daß selbst in den toleranten Niederlanden die islamischen Vorstellungen von Respekt, Ehre und Scham mit westlichen Werten nicht harmonieren können: Gerade die zunehmende "Selbstbefreiung" der Frauen nordafrikanischer Herkunft in den Niederlanden werde als Machtverlust und Bedrohung der Ehre ihrer mänlichen Verwandten empfunden. Es sei auch bemerkenswert, dass die meisten niederländischen Muslime den Mörder van Goghs nicht als frommen Muslim, der er auch sei, ansähen, sondern ihn als Häretiker brandmarkten, wodurch sie sich von ihm distanzierten und sich so jeder moralischen Verantwortung entledigten.[2]
Werke in deutscher Übersetzung (Auswahl)
- Die (Ver)Bildung des jüngeren Dürer, Roman, 1979 (dt. 1986; Neuausgabe unter dem Titel Nur weg hier! Die Abenteuer eines neuen Taugenichts 1992, TB ISBN 3-7466-1471-6)
- Place de la Bastille, Roman, 1981 (dt. 2005, ISBN 3-257-06496-9)
- Leo Kaplan, Roman, 1986 (dt. 2001, TB ISBN 3-257-23317-5)
- Hoffmanns Hunger, Roman, 1990 (dt. 1994, TB ISBN 3-257-22831-7)
- SuperTex, Roman, 1991 (dt. 1994, TB ISBN 3-257-22872-4)
- Sokolows Universum, Roman, 1992 (dt. 2001, TB ISBN 3-257-23288-8)
- Serenade, Roman, 1995 (dt. 1996, TB ISBN 3-257-22972-0)
- Zionoco, Roman, 1995 (dt. 1997, TB ISBN 3-257-23017-6)
- Der Himmel von Hollywood, Roman, 1997 (dt. 1998, TB ISBN 3-257-23143-1)
- Malibu, Roman, 2002 (dt. 2003, TB ISBN 3-257-23434-1);
Auszeichnungen
- 1973 Ontmoetingsprijs Stichting Literaire Dagen
- 1979 Reina Prinsen Geerligsprijs
- 2002 WELT-Literaturpreis
- 2006 Buber-Rosenzweig-Medaille
Quellen
- ↑ Manchmal haben wir nur die Wahl zwischen Desaster und Katastrophe, Interview mit L. de Winter, Henryk M. Broder, Der Spiegel, 1. August 2005. Artikel im Spiegelarchiv
- ↑ Vor den Trümmern des großen Traums, L. de Winter, Die Zeit, 18. November 2004
Weblinks
- Vorlage:PND
- The free west (englisch) - Blog auf www.welt.de
- Holländisches Tagebuch - nach van Goghs Ermordung für Die Welt geführt
- Leon de Winter über Theo van Gogh: 'Die Toleranz verteidigen' - hagalil.com, November 2004
- Poetenfest Erlangen 2001
- Officiële website van de roman God's Gym van Leon de Winter (niederländisch)
- Robert Misik: Einer, der lieber übertreibt. In: die tageszeitung, 6. März 2006
Personendaten | |
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NAME | Winter, Leon de |
KURZBESCHREIBUNG | niederländischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 26. Februar 1954 |
GEBURTSORT | Herzogenbusch, Niederlande |