Berufung (Amt)

Ernennung in ein Dienstverhältnis in Deutschland
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. September 2006 um 00:23 Uhr durch 80.136.108.238 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Berufung ist die Aufforderung, einen Lehrstuhl oder eine Professur zu übernehmen.

Berufungsverfahren

Die Fakultät, die einen vakanten Lehrstuhl oder eine Professur zu besetzen hat, bedient sich in Deutschland üblicherweise eines Berufungsverfahrens, um einen Professor/eine Professorin auszusuchen.

Ein Berufungsverfahren ist eine Art Bewerbungsverfahren—jedoch mit engen rechtlichen Rahmenvorgaben, die allerdings meist via Mauscheln und Kungeln umgangen werden. Normalerweise sind die Berufungsordnungen inhaltlich in die Grundordnungen der Hochschulen und Universitäten eingebunden. In vielen Bundesländern befinden sich die Berufungsordnungen in einem Reformprozess.

Im Rahmen eines Berufungsverfahrens wird eine Berufungskommission (BK) eingesetzt, die in einer bestimmten Weise aus Vertreterinnen und Vertretern der Statusgruppen der Hochschullehrer, der Studierenden und der Wissenschaftlichen Angestellten zusammengesetzt sein muss. Zusätzlich werden in der Regel zwei Professoren fremder Hochschulen als Gutachter in die Berufungskommission einbezogen.

Die Stellen für Professuren müssen ausgeschrieben werden, d.h. es besteht eine öffentliche Ausschreibungsverpflichtung.

Die Berufungskommission erstellt eine Liste mit drei Kandidaten, die sogenannte Dreierliste. Die Kandidaten sind in einer Rangfolge unter Hinzufügung von Gutachten unabhängiger Professoren genannt, und werden über den Fachbereichsrat vom Senat rsp. Rektorat/Präsidium der Hochschule bestätigt. In der Regel wird der zuständige Landesminister den Erstgenannten aus der Dreierliste auswählen und ihm den Lehrstuhl oder Professur anbieten. Der Minister ist jedoch nicht an die Liste gebunden und kann auch einen anderen (geeigneten) Kandidaten bevorzugen.

In den folgenden Berufungsverhandlungen werden mit dem Kandidaten die Bedingungen für die Übernahme festgelegt. Sie betreffen außer beamten- und besoldungsrechtlichen Fragen die Pflichten und die Ausstattung des Lehrstuhls bzw. Professur in materieller und personeller Hinsicht.

Mit der Übertragung des Lehrstuhls bzw. Professur ist eine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit verbunden bzw. eine befristete Ernennung erfolgt. Es gibt allerdings auch Professoren im Angestelltenverhältnis.

Das Vorschlagsrecht geht auf Artikel 5 Absatz 3 GG zurück, das die Freiheit von Forschung und Lehre zusichert. Eine Berufung ist jedoch auch auf Grund eines Sondervotums möglich, das im Gegensatz zum Senatsvorschlag steht. In katholisch-theologischen Fachbereichen ist wegen der Ausbildung der Geistlichen auf Grund der Konkordate die Zustimmung des Ortsbischofs notwendig.

Die Berufung eines Professors aus der eigenen Hochschule wird als Hausberufung bezeichnet. In Deutschland sind Hausberufungen unüblich und nur unter besonderen Verfahren zulässig, aber durch die in Deutschland allseits herrschende Günstlingswirtschaft und Ämterpatronage gang und gäbe. In den USA sind Hausberufungen der Regelfall. Bei einer Hausberufung (in Deutschland) sollte der Kandidat sich in der Eignung erheblich von den restlichen Mitbewerbern abheben und dies auch begründbar sein.

Ein Berufungsverfahren dauert im Schnitt zwei Jahre.

Berufungsvoraussetzungen

Im Allgemeinen sind folgende Voraussetzungen für die Zulassung zu einem Berufungsverfahren zwingend einzuhalten, wobei die einzelnen Regularien (Grundordnung o.ä.) der Hochschulen detaillierte Informationen liefern:

  • Deutscher oder Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder andere Staatsangehörige, wenn an deren Gewinnung ein besonderes Interesse besteht. Die einwandfreie Beherrschung der deutschen Sprache gilt dabei als weiteres Kriterium.
  • Das 52. Lebensjahr darf noch nicht vollendet sein. Diese Alters-Vorschrift wird hinfällig, wenn der Professor als Angestellter geführt wird, was in best. Bundesländern (z.B. NRW) nach neueren Gerichtsbeschlüssen auch möglich ist.
  • Gesundheitliche Eignung, die auf Anforderung des Ministeriums durch eine amtsärztliche Untersuchung nachgewiesen wird.
  • Abgeschlossenes Universitäts-/Hochschulstudium; soweit das Hochschulstudium an einer Fachhochschule oder in einem Fachhochschulstudiengang absolviert wurde, ist außerdem eine Promotion nachzuweisen.
  • Pädagogische Eignung, die in der Regel durch Erfahrung in der Lehre und Ausbildung nachgewiesen wird.
  • Besondere Befähigung zu wissenschaftlicher und künstlerischer Arbeit, die in der Regel durch die Qualität einer Promotion nachgewiesen wird oder die sich durch die Qualität und Quantität bisheriger Veröffentlichungen nachweisen lässt (promotionsadäquate Leistungen).
  • Besondere Leistungen bei der Anwendung und Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mindestens fünfjährigen einschlägigen Berufspraxis, von der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübt werden müssen. Die fünfjährige Praxis muss zum Zeitpunkt der Berufung erfüllt sein.

.Probleme ergeben sich durch das völlig subjektive sog. "Selbstergänzungsrecht der Universitäten" (verbunden mit dem Kooptationsprinzip), durch das es wesentlich auf das "Genehm-Sein" (Günstlingswirtschaft) des resp. Kandidaten ankommt, eine Vorschrift, die eigentlich nach dem Grundgesetz nicht möglich ist, die aber in Deutschland dennoch kräftig angewandt wird. Oft wird dabei einfach irgendeine Vorschrift unterlaufen, die resp. gerichtliche Strafe von den Berufenden hingenommen, um den "Wunsch-Kandidaten" zu etablieren, wie erst kürzlich an der Uni Bonn geschehen. Der Wunsch-Kandidat kann dann trotz rechtswidriger Berufung auch gerichtlich nicht mehr entfernt werden, damit er etwa Platz für den besseren Kandidaten machen könnte.

siehe auch: Professur