Die Transferrinsättigung (TFS, auch TfS oder TSAT;[1] englisch % Saturation of transferrin[2]) ist ein abgeleiteter Parameter des Eisen-Stoffwechsels, der sich als Quotient aus der Konzentration von Eisen und Transferrin im Serum errechnet. Eisen wird im Plasma nicht frei, sondern gebunden an das Eisen-Transportprotein Transferrin transportiert. Der Wert der Transferrinsättigung erlaubt eine Aussage über den Füllungszustand der Eisenspeicher des Körpers warmblütiger Säugetiere. Eine erniedrigte Transferrinsättigung (ungenügende Beladung des Transferrins mit Eisen) spricht für einen Eisenmangel, eine erhöhte Transferrinsättigung spricht für eine Eisenüberladung (Hämochromatose) oder eine vermehrte Eisenfreisetzung (Hämolyse).
Physiologie
Für die Beantwortung der Frage, ob ein Eisenmangel vorliegt, kann die Bestimmung der Transferrinsättigung unter Umständen hilfreich sein. Ein Nachteil der reinen Ferritin-Bestimmung ist, dass Ferritin als Akute-Phase-Protein bei Infektionen, bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen und bei einer Niereninsuffizienz auch bei einem Eisenmangel falsch-normal oder sogar erhöht sein kann. Transferrin verhält sich in Akut-Phase-Reaktionen eher umgekehrt, d. h. die Synthese ist vermindert. Bei einer TFS-Bestimmung soll daher der Wert für das C-reaktive Protein (CRP) nicht erhöht sein, da ansonsten ein fehlerhafter Wert gemessen wird. Da Transferrin in den Hepatozyten synthetisiert wird, steigt der Transferrinwert bei einer Leberschädigung an und beeinflusst damit auch den Wert der TFS. Der Patient soll bei der Blutentnahme nüchtern sein und diese soll morgens erfolgen. Ein Nachteil der TFS ist auch, dass der Parameter relativ unempfindlich ist. Eisenmangelzustände ohne deutliche Anämie werden nicht erfasst.
Berechnung
Die Transferrinsättigung TFS errechnet sich wie folgt aus den Werten für Eisen (Fe) [µg/dl] und Transferrin (TF) [mg/dl]:
Der Normalwert der Transferrinsättigung liegt bei Erwachsenen zwischen 16 und 45 %. Für Kinder gelten andere Referenzbereiche.[3]
Beispielrechnung: Der Referenzbereich für das Serumeisen beträgt 35 bis 150 µg/dl. Der Normwert für Transferrin liegt zwischen 200 und 400 mg/dl. Annahme: Fe = 100 µg/dl und TF = 300 mg/dl. Dann gilt TFS = 100 µg/dl : 300 mg/dl × 70,9 = 100 µg/dl : 300.000 µg/dl × 70,9 = 0,333 × 70,9 : 1000 = 23,6 : 1000 = 0,0236 = 2,36 %. Bei Anwendung des unten angegebenen Online-Rechners erhält man als Ergebnis jedoch 23 %. Vermutlich muss man bei der Berechnung in der Schätzformel die Maßeinheiten µg/dl und mg/dl vor dem Rechnen ersatzlos streichen. Also: 100/300 × 70,9 = 23,6 %.
Alternative Definition
Tinsley Randolph Harrison definiert die „Transferrinsättigung als Quotient aus Serumeisen (× 100) und der Eisenbindungskapazität TEBK. Das normale Serumeisen liegt zwischen 9 und 27 µmol/l (50–150 µg/dl) und die TEBK zwischen 54 und 64 µmol/l (300–360 µg/dl). Die Transferrinsättigung liegt normalerweise bei 25 bis 50 %. Tagesschwankungen des Serumeisens führen zu einer veränderten prozentualen Transferrinsättigung. In diesem Zusammenhang ist die Bestimmung der TEBK weitgehend durch die direkte Transferrinbestimmung und die Berechnung der Transferrinsättigung nach der Formel
- Transferrinsättigung [%] = Serumeisen [µmol/l] / Transferrin im Serum [mg/dl] × 398
ersetzt worden.“[4]
Rechenbeispiel für die alternative Definition mit den Annahmen Fe = 15 µmol/l und TEBK = 60 µmol/l: Daraus errechnet sich eine TSAT = 15 µmol/l : 60 µmol/l × 100 = 0,25 × 100 = 25 %.
Interpretation
Erhöht
Eine erhöhte Transferrinsättigung kann z. B. auftreten bei Hämolytischer Anämie, Aplastischer Anämie, Anämien durch Vitamin B12-, B6- oder Folsäuremangel, Hämochromatose, multiplen Bluttransfusionen oder Lebererkrankungen.[5]
Bei einer Hämochromatose liegt die TSAT bei Frauen über 45 % und bei Männern über 50 %.[6] „Im Serum resultiert [bei einer Leberinsuffizienz] eine verminderte Transferrinkonzentration und reziprok eine erhöhte Transferrinsättigung.“[7]
Normal
Eine normale Transferrinsättigung findet sich z. B. bei Eisenverteilungsstörungen (Tumoranämie, chronische Entzündungen, Rheuma, chronische Niereninsuffizienz).[5]
Erniedrigt
Die Transferrinsättigung kann erniedrigt sein bei Eisenmangel bzw. Eisenmangelanämie.[5]
Weblinks
Literatur und Quellen
- Lothar Thomas: Labor und Diagnose. 7.5 Transferrin-Sättigung (TFS). 6. Auflage 2005. TH-Books Verlagsgesellschaft, ISBN 3-9805215-5-9.
- Clara Camaschella: Iron-Deficiency Anemia. In: NEJM. Jahrgang 372, Heft 19, 2015, doi:10.1056/NEJMra1401038, S. 1832–1843.
Einzelnachweise
- ↑ Gerd Harald Herold: Innere Medizin 2021, Selbstverlag, Köln 2020, ISBN 978-3-9821166-0-0, S. 33.
- ↑ The Merck Manual. 20. Auflage. Kenilworth 2018, ISBN 978-0-911910-42-1, S. 1097.
- ↑ Bertin Dufaux, Michael Zimmer, Angelika Vogel, Dieter Münstermann: Laboratoriumsuntersuchungen, Labor Krone, 7. Auflage, Bad Salzuflen / Herford 2010, S. 615.
- ↑ Tinsley Randolph Harrison: Harrisons Innere Medizin, 20. Auflage, Georg Thieme Verlag, Berlin 2020, 1. Band, ISBN 978-3-13-243524-7, S. 482 und 850 f.
- ↑ a b c Transferrin-Sättigung. In: DocCheck. Abgerufen am 27. Oktober 2019.
- ↑ Gerd Harald Herold: Innere Medizin 2021, Selbstverlag, Köln 2020, ISBN 978-3-9821166-0-0, S. 545.
- ↑ Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 268. Auflage. De Gruyter Verlag, Berlin / Boston 2020, ISBN 978-3-11-068325-7, S. 1787.