Radiokarbonmethode

Verfahren zur radiometrischen Datierung kohlenstoffhaltiger Materialien
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. August 2004 um 14:01 Uhr durch Mathias Schindler (Diskussion | Beiträge) (Mathias Schindler - robot Ergänze:sv,ja). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Radiokarbonmethode oder C-14-Methode ist eine insbesondere in der Archäologie angewendete Methode zur Bestimmung des Alters von organischem Material, das von unserer Erde stammt. Sie basiert auf dem Zerfall des radioaktiven Kohlenstoff-Isotops 14C. Mit dieser Methode können Alter bis etwa 50.000 Jahre bestimmt werden. Sie wird überwiegend verwendet, um das Alter von Fossilien aus der Bronzezeit und nachfolgenden Epochen zu bestimmen. 1946 wurde diese Methode von Willard Frank Libby entwickelt.


Physikalische Grundlagen

Die drei Kohlenstoff-Isotope 12C, 13C und 14C kommen natürlicherweise in der Luft anteilig am Gesamtkohlenstoffgehalt zu etwa 98,89%, 1,11% und 0,0000000001% vor. Auf einen 14C-Kern kommen so statistisch 1012 12C-Kerne.

Während 12C und 13C stabil sind, zerfällt 14C mit einer Halbwertszeit von 5730 Jahren durch β--Zerfall zu 14N-Kernen. Gleichzeitig bilden sich in den oberen Schichten der Erdatmosphäre neue 14C-Kerne. Wenn die kosmischen Strahlung auf Atome der Atmosphäre trifft, werden Neutronen freigesetzt. Trifft ein solches den Kern eines Stickstoff-Isotops 14N, so erfolgt eine Kernreaktion, in der dieses Neutron eingefangen und dafür ein Proton abgespalten wird. Dadurch entsteht aus dem 14N-Kern ein 14C-Kern. Die Neubildung der 14C-Kerne und deren Zerfall war bis zu den ersten oberirdischen Atomwaffentests gleich groß. Die Konzentration der 14C-Kerne in der Atmosphäre war also konstant.

Vor allem durch die Photosynthese der Pflanzen gelangt Kohlenstoff in die Biosphäre. Da Lebewesen bei ihrem Stoffwechsel ständig Kohlenstoff mit der Atmosphäre austauschen, stellt sich in lebenden Organismen dasselbe Verteilungsverhältnis der drei Kohlenstoff-Isotope ein, wie es in der Atmosphäre vorliegt. Auch nicht-organische Stoffe, z.B. erschmolzene Metalle oder mit anderen thermischen Verfahren gewonnene Werkstoffe, weisen einen nennenswerten Kohlenstoff-Anteil auf.

Wird Kohlenstoff aus diesem Kreislauf herausgenommen (das heißt: wird er fossil), dann ändert sich das Verhältnis zwischen 14C und 12C, weil die zerfallenden 14C-Kerne nicht durch neue ersetzt werden und es gilt das Zerfallsgesetz:

 

Der hierfür entscheidende Zeitpunkt ist das Ende des Stoffaustausches mit der Atmosphäre, also der Tod des Lebewesens. So ist das Verhältnis zwischen 14C und 12C eines organischen Materials ein Maß für die Zeit, die seit dem Tod eines Lebewesens - z.B. dem Fällen eines Baumes und Verwendung dessen Holzes - vergangen ist. Mithin ist es ein Maß für das Alter des Materials.

Die Radiokarbonmethode ist somit die Messung des Verhältnisses der Mengen der Kohlenstoff-Isotope 14C zu 12C einer Probe sowie eines Standards, der das Verhältnis zu Beginn des Alterungsprozesses repräsentiert. Der 14C-Gehalt einer Probe kann entweder durch Zählung der zerfallenden 14C-Kerne im Zählrohr, im Flüssigkeits-Szintillations-Spektrometer oder durch Zählung der noch vorhandenen 14C-Kerne mit der Beschleuniger-Massenspektrometrie bestimmt werden. Letztere Methode benötigt weniger Material und Messzeit als die ersten beiden, ist dafür aber aufwendiger und teurer.

Radiocarbon-Jahre entprechen jedoch nicht den Kalenderjahren (tropischen Jahren), da die Produktion von 14C-Isotopen im Verlauf der erdgeschichtlichen Zeiten langfristigen und auch kurzfristigen Schwankungen unterworfen ist. 11000 Radiocarbon-Jahre entsprechen beispielsweise 13000 tropischen Jahren.

Daher gibt es eine Eichkurve (Kalibrationskurve), mit deren Hilfe das aus dem 14C-Gehalt berechnete Radiokarbonalter, welches sich unter der Annahme einer konstanten 14C Entstehungsrate ergibt, in ein Kalenderalter umgerechnet werden kann. Diese Eichkurve wird mittels anderer Datierungsmethoden (z. B. Baumringe, Dendrochronologie) ermittelt. Bei einem Radiokarbon-Alter ist es daher wichtig zu wissen, ob es sich um das radiologische oder das korrigierte "geeichte" Alter handelt. Das konventionelle 14C-Alter wird in B.P. (before present, Jahre vor 1950), das kalibrierte Kalenderalter in cal BP oder als Datum cal AD / cal BC nach christlicher Zeitrechnung angegeben, wobei die Abkürzungen AD für Anno Domini und BC für Before Christi stehen.

Datei:Kalibrierkurve.gif
Radiokarbon-Kalibrierkurve

Die Grafik zeigt die Abhängigkeit zwischen Radiokarbonalter und dem Dendro-Alter - durch Dendrochronologie bestimmtes Alter - für die vergangenen sieben Jahrtausende nach der derzeit gültigen internationalen Kalibrierkurve. Diese wurde mit dem Programm cal25 des Radiokohlenstofflabors in Groningen (Niederlande) erstellt.

Eine weitere Korrektur kann notwendig werden, wenn die gemessene Probe durch einen Stoff mit einem anderen Radiokarbonalter verunreinigt wurde und diese nicht durch die Reinigungsprozeduren bei der Probenvorbereitung vollständig beseitigt werden konnte. Je nach Umfang der Verunreinigung liegt dann das gemessene Radiokarbonalter zwischen dem Alter der Probe und dem Radiokarbonalter des verunreinigenden Stoffes. Ist der Umfang der Kontamination bekannt, gilt für die Verschiebung des gemessenen Radiokarbonalter zum wirklichen Alter der Probe folgende Formel:

 

  sind dabei die Verunreinigung in %, das Radiokarbonalter der Verunreinigung bzw. das Alter der Probe.

Probleme bei der Altersbestimmung

Um die Radiokarbonmethode zu eichen, wurde in der Anfangszeit die Dendrochronologie herangezogen, die zu diesen Zeitpunkt selbst noch in einem relativ frühen Entwicklungszustand steckte und selbst nicht geeicht war. Moderne Wissenschaftler, die sich auf die Chronologie (Lehre der Zeitrechnung) konzentrieren, überlegen deshalb, ob es sowohl bei der einen als auch bei der anderen Methode zu Unstimmigkeiten gekommen sein kann, die sich addiert haben und so in beiden Bestimmungsmethoden für nicht unerhebliche Fehler sorgten. So ist z.B. bekannt, dass es in einigen Regionen, die zur Aufstellung der Dendrochronologie-Theorien benutzt wurden, Perioden gab, aus denen nur Hölzer von weniger als einer Handvoll Bäumen zu analysieren waren, in anderen Zeiträumen hingegen mehrere hundert Baumfragmente. Da aber immer das Mittel der Wachstumsschichten möglichst vieler Bäume eines bestimmten Jahres zur Bestimmung herangezogen werden muss, kann der so errechnete Mittelwert deutlich von dem tatsächlichen abweichen. Weithin anerkannt ist hingegen, dass Radiocarbon-Jahre nicht unbedingt tropischen Jahren entsprechen. Denn zu unterschiedlichen erdgeschichtlichen Zeiten war die Produktion von 14C-Isotopen unterschiedlich hoch. Beispielsweise entsprechen 11000 Radiocarbon-Jahren 13000 tropischen Jahren.

In der Radiokarbonmethode spricht man von "Wiggles", wenn man Effekte meint, die das 14C-Alter stören. Unter diesen findet man den DeVries-Effekt, den Süss-Effekt, den Kernwaffen-Effekt, Fraktionierungseffekt und den Reservoir-Effekt.

Die eigentümliche Beziehung zwischen 14C-Alter und Dendrochronologie wird allgemein mit Schwankungen des 14C/12C-Verhältnisses erklärt.

Siehe auch: