Schneidstoff
Schneidstoffe sind die Werkstoffe, aus denen die Schneiden von Bearbeitungswerkzeugen für die Zerspanung gefertigt werden. Von ihnen hängt im wesentlichen die Wirtschaftlichkeit der spanenden Produktion ab.
Anforderungen und Eigenschaften von Schneidstoffen
Schneidstoffe sind Belastungen wie schlagartigen Schnittkräften, hohen Temperaturen und Temperaturschwankungen sowie Reibung und Verschleiß ausgesetzt. Die Anforderungen an die Schneidstoffe sind teilweise gegensätzlich. Beispielsweise bestizt ein Schneidstoff mit hoher Zähigkeit keine hohe Härte. So setzt die Auswahl des richtigen Schneidstoff genaue Kenntnisse der speziellen Spanbedienungen voraus, bleibt aber immer ein Kompromiss aus den geforderten Eigenschaften.
Damit die Schneidstoffe den Belastungen stand halten können, müssen sie folgende Eigenschaften besitzen:
- Härte: Sie ist ein Maß für die Verschleißfestigkeit.
- Warmhärte oder auch Anlassbeständigkeit: Auch unter den hohen Temperaturen, die beim Spanen entstehen, muss der Schneidstoff seine Härte behalten.
- Zähigkeit: Sie beschreibt die Eigenschaft, die Rissausbreitung unter Beanspruchung zu unterbinden. Die Bruchzähigkeit Klc und die Biegefestigkeit sind dafür entscheidend.
- Warmfestigkeit: Sie ist ein Maß dafür, wie gut ein Schneidstoff bei hohen Temperaturen seine Festigkeit behält und damit mechanischen Beanspruchungen widersteht.
- Temperaturwechselbeständigkeit: Vor allem wenn die Schneide wie beim Fräsen immer nur kurz im Einsatz ist, muß der Schneidstoff die Temperaturschwankungen überstehen.
- Thermoschockbeständigkeit: Darunter versteht man die Eigenschaft, schlagartige Temperaturwechsel ohne Kantenausbrüche zu überstehen. Ein geringer Wärmeausdehnungkoeffizient sowie eine geringe Wärmleitfähigkeit erhöhen die Beständigkeit. Beim Fräsen oder bei mangelnder Kühlschmierstoffversorgung ist dies wichtig.
- Chemische Stabilität: Der Schneistoff sollte keine Verbindung mit den ihn umgebenden Stoffen eingehen. Vor allem gegenüber dem Span, aber auch dem Kühlschmierstoff und der Luft soll er chemisch Beständig sein.
Je verschleissfester ein Schneidstoff ist, um so empfindlicher reagiert er auf Schlagbelastung. Auch die Wärmeabfuhr muss gewährleistet sein. Deshalb ist bei der Auswahl des Schneidstoff nicht nur auf das Material des zu bearbeitenden Werkstückes zu achten, sondern auch auf auf dessen Form und die Art der Zerspanung.
Mögliche Werkstoffe
Unlegierte und legierte Werkzeugstähle
Die Arbeitstemperatur liegt bei unlegierten Werkzeugstähle bei maximal 200 °C. Sie finden deshalb nur noch bei Handarbeitsgeräten und Holzsägeblättern Verwendung. Der Kohlenstoffanteil bewegt sich zwischen 0,45 % und 1,5 %.
Legierte Werkzeugstähle besitzen je nach Gehalt an Legierungsbestandteilen bei einem C-Gehalt zwischen 0,2 % und 1,5 % eine zulässige Arbeitstemperatur bis zu 400 °C. Aufgrund ihrer guten Schneidhaltigkeit und dem günstigen Preis werden aus ihnen verschiedenste Schneidwerkzeuge gefertigt.
Schnellarbeitsstahl (HSS)
Ein Schnellarbeitsstahl ist ein hochlegierter Werkzeugstahl der sehr zäh und unempfindlich gegen schwankende Kräfte ist. Die Arbeitstemperatur kann bis zu 600°C betragen. Er wird verwendet für Werkzeuge, die wegen ihrer Form den Einsatz von Wendeschneidplatten nicht zulassen, z.B.Bohrer, Senker oder spezielle Fräser. Werkzeuge aus Schnellarbeitsstahl werden oft mit einer Hartstoffschicht von 2µm bis 4µm Dicke aus Titannitrid oder Titancarbid beschichtet, da diese Beschichtung sehr hart ist und ein anhaften des Spanes verhindert. Jedoch spielen sie in der industriellen Fertigung inzwischen eine untergeordnete Rolle.
Hartmetalle und Cermets
Hartmetalle sind durch Sintern hergestellte Verbundwerkstoffe. Sie bestehen aus keramischen Hartstoffen, z.B. Titan-, Wolfram- und Tantalcarbid, und metallischem Bindemittel, z.B.Cobalt.
Sie haben eine hohe Verschleißfestigkeit und ermöglichen eine Arbeitstemperatur bis 900°. Hartmetalle werden oft in Form von Wendeschneidplatten eingesetzt, es gibt aber auch Werkzeuge aus Vollhartmetall oder mit eingelöteten Hartmetall-Schneidplatten auf Werkzeugkörpern aus Stahl. Die Härte und Zähigkeit ist abhängig von der Zusammensetzung von TiC, TaC und WC. Mit einer geringen Menge Cobaltgehalt nimmt die Zähigkeit zu. Werkzeuge, die Hartmetallschneiden besitzen, können neben Stahl und Gusseisen auch harte Werkstoffe wie Glas und Porzellan spanend bearbeiten. Durch das Beschichten kann die Verschleißfestigkeit erhöht werden. Vor allem werden Wendeschneidplatten beschichtet. Dies geschieht indem man mehrere Hartstoffschichten aus Titancarbonitrid, Titannitrid und Wolframcarbid aufbringt. Der Vorteil von beschichteten Hartmetallplatten ist, dass sie im Gegensatz zu unbeschichteten Hartmetallplatten eine höhere Standzeit haben und eine höher Schnittgeschwindigkeit ermöglichen
Für die Bearbeitung von Stahlwerkstoffen eignen sich Cermets. Cermets sind hartmetallähnliche Sinterwerkstoffe, bei denen Wolframcarbid durch Titancarbid ersetzt wird. Dieser Schneidstoff ist verschleißfester.
Schneidkeramik
Schneidkeramik ist härter als Hartmetall.
Oxidkeramik besitzt keine metallische Bindung, hat eine hohe Verschleißfestigkeit und wird z.B. zur spanenden Bearbeitung von Gusseisen eingesetzt. Oxidkeramik aus reinem Aluminiumoxid besitzt eine hohe Verschleißfestigkeit und Härte bis 1200°C. Sie ist empfindlich gegen wechselnde Schnittkräfte und Temperaturwechsel und wird bei sehr gleichmäßigen Schnittbedingungen ohne Kühlung eingesetzt.
Zirkoniumdioxid (ZrO2) ist eine weitere Oxidkeramik, die sich durch die Eigenschaft auszeichnet, dass sie die Energie entstehender Risse umwandeln kann und daher weniger anfällig gegen Verschleiß ist.
Mischkeramik wird hergestellt aus Aluminiumoxid und Hartstoffen wie Titancarbid. Sie besitzt eine höheren Temperaturwechselfestigkeit und wird hauptsächlich zum Schlichtdrehen von Grauguss verwendet.
Nitridkeramik (Si3N4) ist ein nichtoxidische Schneidkeramik, die in fast allen Punkte die oxidischen übertrifft. Nur die Thermoschockbeständigkeit liegt niedriger und die Diffusions- und Adhäsionsneigung bei Stahl liegt höher.
Whiskerverstärkte Schneidkeramik sind mit SiC-Whisker verstäkte Keramiken auf Basis von Aluminiumoxid. Sie finden bei der Bearbeitung von Gusswerkstoffen Anwendung sowie beim High Performance Cutting, da beim HPC große Spankammern gefordert werden.
Diamant und Bornitrid
Monokristalliner Diamant (MKD) besitzt die größte Härte aller Stoffe und wird meist für Feinstarbeit verwendet. Diamantbestückte Werkzeuge eignen sich gut für NE-Metalleund ihre Legierungen, Grauguss, faser- und füllverstärktem Kunststoff, vorgesinterten Hartmetallen, Glas und Keramik.
Polykristalline Schneidstoffe (PKD) bestehen aus einem Hartmetallkern, auf den erst eine dünne Metallschicht und dann eine 0,5 bis 1,5 mm dicke Schicht aus polykristallinem Diamant aufgesintert wird.
Polykristallines kubisches Bornitrid (PKB oder CBN) wird hauptsächlich zur Bearbeitung von harten und abrasiven Eisenwerkstoffen mit einer härte von mehr als 50 HRC eingesetzt, da es, anders als das PKD, nicht mit dem Eisen reagiert.