Suizid

willentliches Beenden des eigenen Lebens
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Selbstmord (synonym: Suizid, Freitod, Selbsttötung) ist die absichtliche gewaltsame Beendigung des eigenen Lebens durch einen eigenen aktiven Entschluss, nicht mehr weiterleben zu wollen. In Deutschland begehen jährlich etwa 10.000 Menschen Suizid.

Die Frage der moralischen Zulässigkeit des Selbstmords ist, insbesondere in der Religion, umstritten. Der griechische Philosoph Hegesias (3. Jahrhundert v. Chr.) betonte in seinen Vorträgen das Elend der menschlichen Existenz. Er schrieb dem Einzelnen das Recht zu, sich umzubringen. Das menschliche Leben hätte an sich keinen besonderen moralischen Wert.

Die christliche Lehre bezog lange Zeit nicht eindeutig Stellung zum Selbstmord. Der Kirchenvater Augustinus (354-430) verurteilte als erster in seinem Werk "De Civitate Dei" den Selbstmord als Übel. Später verurteilte die Kirche den Selbstmord kategorisch als Sünde. Lange Zeit wurde Selbstmördern die Bestattung in "geheiligter Erde" auf Friedhöfen verweigert.

Im Islam ist Selbstmord ebenfalls verboten, einigen Hadith zufolge wird Selbstmördern die Aufnahme ins Paradies verweigert und es droht ihnen ein ewiges Höllenfeuer.

In anderen Kulturen kann die rituelle Selbsttötung gesellschaftlich akzeptiert sein. Zu nennen wären hier das japanische Harakiri oder das indische Sati.

Der österreichische Psychologe Erwin Ringel untersuchte Methoden, Selbstmorde zu verhindern und gründete 1948 das erste Selbstmordverhütungszentrum.

Oft wird der Selbstmord vorher angekündigt, einschlägige Warnungen sind ernst zu nehmen. Viele Selbstmörder hinterlassen Abschiedsbriefe, in denen sie ihre Tat begründen.

Selbstmord kommt gehäuft vor bei allen Psychosen, vor allem aber bei Depressionen, sowie in Lebenskrisen wie der Trennung vom Partner, Versagensängsten oder dem wirtschaftlichen Ruin. Unter einem erweiterten Suizid versteht man einen Selbstmord mit vorausgehender Tötung anderer (meist Ehepartner, Kinder).

Bei jungen (meist körperlich gesunden) Menschen kommt der Prävention eines Selbstmords eine besondere Bedeutung zu. Er ist eine sehr häufige Todesursache unter Jugendlichen, da diese nur selten eines natürlichen Todes sterben. Bei alten, meist schwer kranken Menschen, sind Selbstmordgedanken aus medizinischer Sicht oft verständlich. Das Recht, einen unabwendbaren langen Leidensprozess abzukürzen, wird in verschiedenen Ländern durch die Gesetzgebung unterschiedlich unterstützt. Dies erregte in einigen Ländern eine Debatte um die gesetzliche Zulässigkeit aktiver und passiver Sterbehilfe.

Die Zahl der Selbstmordversuche ist bei Frauen weit höher als bei Männern. Allerdings ist die Zahl der erfolgreichen Selbstmorde bei Männern größer. Im Jahr 2000 waren 1,3% aller Todesfälle Suizide. Das Verhältnis der Suizidrate von Frauen zu Männern lag bei 1:3.
Zahlen 2001 (Deutschland): Von den 11.000 Menschen, die Selbstmord begingen, waren 74 Prozent Männer und 26 Prozent Frauen.

Der elsässisch-jüdische Soziologe Emile Durkheim hat 1897 mit seinem Werk über den Selbstmord (Le suicide) die sozialen Zusammenhänge des Selbstmords auf empirischer Grundlage analysiert. Er unterscheidet zwischen dem egoistischen, dem altruistischen und dem anomischen Selbstmord. In jedem Falle ist nach Durkheim eine soziale Desintegration eigentliche Ursache.

Es empfiehlt sich, Menschen, die einen Selbstmordversuch durchgeführt haben oder planen, in ein Krankenhaus einzuweisen. Meist werden sie dort auf einer geschlossenen psychatrischen Station überwacht, bis einigermaßen klar ist, dass keine Selbstmordgefährdung mehr besteht. Betont ein Patient, auch weiterhin einen Selbstmord begehen zu wollen, wird er meist in eine Psychiatrie zwangseingewiesen.

Die Bezeichnung Selbstmord wird überwiegend benutzt. In der wissenschaftlichen Fachsprache wird das Wort Suizid bevorzugt, in der juristischen Fachsprache häufig der Ausdruck Selbsttötung. Über die richtige Wortwahl tobt ein von einigen erbittert geführter Streit. So meinen manche, daß es keinen Selbstmord geben könne, da eine Selbsttötung (oder der Versuch dazu) nicht strafbar sei und damit kein Mord sein könne.


Bekannte Personen, die durch Selbsttötung aus dem Leben schieden:

Sokrates († 399 v. Chr.)
Seneca († 65)
Nero (37-68)
Heinrich von Kleist (1777-1811)
Carl Barth (1787-1853)
Paul Cassirer (1871-1926)
Kurt Tucholsky (1890-1935)
Ernst Toller (1893-1939)
Ernst Weiß (1882-1940)
Walter Benjamin (1892-1940)
Jochen Klepper (1903-1942)
Stefan Zweig (1881-1942)
Adolf Hitler (1889-1945)
Alan Turing (1912-1954)
Ernest Hemingway (1899 - 1961)
Bernd Alois Zimmermann (1918-1970)
Paul Celan (1920-1970)
Oskar Brüsewitz, Pfarrer in Zeitz (Selbstverbrennung am 18. August 1976)
Jean Améry (1912-1978)
Gert Bastian (1923-1992)
Petra Kelly (1947-1992) (?)
Hannelore Kohl (1933-2001)

Literatur

Siehe auch: Selbstmordanschlag, Tod, Todesursache