DB-Baureihe 111

Elektrolokomotiv-Baureihe der Deutschen Bahn
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. September 2006 um 18:32 Uhr durch 84.151.227.224 (Diskussion) (Konstruktion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Baureihe 111
111 122 schiebt ihren Regionalexpress nach Rheine in den Bahnhof Solingen-Ohligs
Nummerierung DB 111 001 - 227
Hersteller AEG, BBC, Henschel, Krauss-Maffei, Krupp, Siemens
Indienststellung 1974 - 1984
Ausmusterung -
Gesamtserie 227 Stück
Achsformel Bo'Bo'
Dienstmasse 83,0 t
Achslast 20,8 t
Länge über Puffer 16.750 mm
Höchstgeschwindigkeit 160 km/h
Stromsystem 15 kV, 16 2/3 Hz
Anzahl der Motoren 4
Antrieb Gummiringfeder
Stundenleistung 3.700 kW
Leistungskennziffer 44,6 kW/t
Dauerleistung 3.620 kW
Anfahrzugkraft 274 kN
Zugsicherung Sifa/PZB90
Bremsbauart Knorr-Druckluftbremse; elektrische Bremse

Die Baureihe 111 ist eine Elektrolokomotive der Deutschen Bahn AG. Eingesetzt wird sie heute vor allem im Nahverkehr, früher jedoch auch vor Fernzügen.

Geschichte

Die Baureihe 111 ist die Nachfolgerin der Schnellzuglok Baureihe 110. Da nach Ende der 110er-Produktion noch immer Bedarf an weiteren schnellfahrenden E-Loks bestand, wurde Anfang der 1970er Jahre von der damaligen Bundesbahn entschieden, auf Basis bewährter Teile der BR 110 die Nachfolgereihe 111 zu entwickeln. Besonderes Augenmerk legte man dabei auf Verbesserung der Laufruhe bei hohen Geschwindigkeiten durch neue Drehgestelle und verbesserte Arbeitsbedingungen für den Lokführer. Hierzu wurde vom Bundesbahn-Zentralamt München und dem Hersteller Krauss-Maffei der DB-Einheitsführerstand entwickelt, der nach neuesten ergonomischen Erkenntnissen gestaltet wurde und bis heute bei den meisten Neubau-Lokomotiven und Steuerwagen zum Einsatz kommt.

 
111 123-6 im Hauptbahnhof von Münster (April 2006)

Die erste Lokomotive, 111 001, verließ die Krauss-Maffei-Werke im Dezember 1974. Bis 1984 folgten weitere 226 Maschinen, an deren Bau neben Krauss-Maffei auch Henschel und Krupp, sowie Siemens, AEG und BBC für den elektrischen Teil beteiligt waren. Die letzte Serie wurde von der DB eigentlich gar nicht benötigt, sondern sollte dazu dienen, in der deutschen Lokomotivbau-Industrie Arbeitsplätze zu sichern (heute ist man allerdings froh, dass man die Loks hat, da sie sich vielseitig verwenden lassen, zuverlässig und kostengünstig sind). 111 227 sollte eigentlich die letzte neu beschaffte E-Lok der Bundesbahn in konventioneller Wechselstrom-Technik sein, danach wollte man nur noch Loks in Drehstrom-Asynchrontechnik beschaffen (die Baureihe 120, die erste deutsche Drehstromlokomotive, stand bereits in den Startlöchern). Nach der Wende entschied man sich jedoch 1991, wiederum aus politischen Gründen, zusammen mit der Deutschen Reichsbahn der ehem. DDR noch die Baureihe 112.1 in konventioneller Technik zu beschaffen.

 
111 015-4 am Hauptbahnhof Dortmund (November 2005)

1979 entschied man sich, die Baureihe 111 vor den lokbespannten Wendezügen der neuen S-Bahn Rhein-Ruhr einzusetzen. Die Loks 111 111 - 111 188 wurden daher in S-Bahn-Farben lackiert und mit S-Bahn-Equipment ausgerüstet, z.B. Zugzielanzeigern und der erstmals verwendeten zeitmultiplexen Wendezugsteuerung über die IS-Leitung des Zuges. Im gleichen Jahr wurde der InterCity endlich mit einer 2. Wagenklasse ausgerüstet, um ihm zu größerem wirtschaftlichen Erfolg zu verhelfen. Gleichzeitig sollte das IC-Netz erweitert werden und auf den wichtigsten Linien im Stundentakt gefahren werden. Es war bereits bekannt, dass die als reine IC-Lok gebaute Baureihe 103 Probleme bekam, wenn sie ihre Geschwindigkeit von 200 km/h nicht ausfahren konnte: Auf den Einsatz vor langsamen, aber schweren Zügen reagierten die hochgezüchteten Motoren der BR 103 mit starkem Verschleiß. Jetzt zahlte sich aus, dass man bei der BR 111 konsequent die Laufgüte der Drehgestelle optimiert hatte und auch leistungsmäßig noch Luft nach oben hatte. Ab Mai 1980 durften alle 111er bis zu 160 km/h fahren, und kamen fortan vor InterCity-Zügen zum Einsatz.

Konstruktion

Die Konstruktion der BR 111 lehnt sich im wesentlich an die der BR 110 an, wurde jedoch in Teilen entschieden verbessert bzw. erweitert. Im mechanischen Teil ist dabei insbesondere auf die neuartigen Drehgestelle zu verweisen; die Radsätze werden hierin über Lemniskatenlenker geführt. Für die Kastenabstützung kommen Flexicoilfedern zum Einsatz. Im elektrischen Teil der BR 111 wurden die Fahrmotoren WB 372 der E10/E40 und deren Transformator weiterverwendet. Nachdem ursprünglich angedacht war, die Antriebskräfte über einen Gummiring-Kardanantrieb ähnlich dem der BR 103 zu übertragen, blieb man nach Versuchen mit der dazu umgebauten 110 466 beim bewährten Gummiringfederantrieb der BR 110, da der Antrieb der BR 103 erst jenseits von 160 km/h wesentliche Vorteile hatte. Auf dem Dach sollten eigentlich die neuen Einholm-Stromabnehmer Bauart SBS 65 zum Einbau kommen, jedoch standen diese zum Ablieferungszeitpunkt der ersten Serie nicht zur Verfügung, da sie für die BR 103 benötigt wurden. Deshalb fahren Loks der ersten Serie (bis 111 070) teilweise bis heute mit Scheren-Stromabnehmern DBS 54a. Die S-Bahn-111er sowie diejenigen für IC-Einsätze in Doppeltraktion erhielten von Anfang an den SBS 65.

Die Platzierung des Trafos aufrecht in der Mitte des Maschinenraums wurde beibehalten, die Maschinenraumaufteilung jedoch so modifiziert, dass es vor und hinter dem Trafo nur einen, mittigen Maschinenraumgang gibt. Die Schaltung der Fahrmotoren erfolgt in bewährter Manier hochspannungsseitig in 28 Fahrstufen über Thyristor-Lastschalter. Die Motoren können als elektrische Bremse genutzt werden, sie arbeiten dann jeder auf einen eigenen Bremswiderstand. Bremsleistung und Bremskraft konnten im Vergleich zur BR 110 gesteigert werden. Die entstehende Wärme wird über Dachlüfter abgeführt. Geregelt wird die Bremse über einen Hallgenerator, wie er bereits bei der letzten 110er Serie zum Einsatz kam. Bei Bremsvorgängen wird die elektrische Bremse mit der mehrlösigen Druckluftbremse Bauart Knorr gekoppelt. Bei wirkender E-Bremse bleibt die Druckluftbremse jedoch vorgesteuert.

Die Fahrzeugsteuerung wurde erheblich moderner als bei der BR 110 ausgeführt: Die Lok lässt sich wahlweise über eine Impulssteuerung ("Auf-/Ab-Steuerung") oder eine elektronische Zugkraftregelung steuern. Diese sog. Z-Steuerung sorgt dafür, dass die Motorzugkraft bei steigender Fahrgeschwindigkeit auf einen vorher eingestellten Wert konstant gehalten wird. Ergänzt wird die Steuerung durch eine Anfahrüberwachung, die dafür sorgt, dass die zulässigen Maximalwerte für Motor- und Oberstrom sowie Fahrmotorspannung eingehalten werden. In die Anfahrüberwachung integriert ist auch ein selbsttätiger Schleuderschutz, welcher bei niedrigen Haftwerten und Schleuderneigung auf das Schaltwerk und die Schleuderschutzbremse wirkt. Sämtliche Maschinen verfügen über die konventionelle Wendezug- und Doppeltraktionssteuerung über das 36-polige Steuerkabel. Die für den S-Bahn-Verkehr vorgesehenen 111 111 - 188 erhielten teils ab Werk, teils erst später die dafür benötigte zeitmultiplexe Wendezugsteuerung (ZWS) sowie eine Funktionserweiterung ("ZWS-Zusatz") zur Steuerung von Funktionen des Wagenzuges, die heutige "frequenzmultiplexe Zugsteuerung" (FMZ). Mittlerweile wurden auch fast alle anderen 111er mit ZWS/ZDS und FMZ sowie z.T. GPS-Fahrgastinformationssystem nachgerüstet. Einige wenige Maschinen verfügen auch über die linienförmige Zugbeeinflussung (LZB).

Einsatz in der jüngeren Zeit

 
111 047-7 schiebt Doppelstock-RE durch Stuttgart-Österfeld (Juni 2005)

Nach der dritten Stufe der Bahnreform wurde die BR 111 der DB Regio zugeordnet, so dass sich ihr Einsatz zunehmend auf den Regionalverkehr konzentriert(e). Etwa ab 1998 gingen die Einsätze im Fernverkehr insbesondere mit Interregio-Zügen stark zurück und beschränken sich mittlerweile auf seltene Ersatzleistungen für Fernverkehrsloks. Im strapaziösen S-Bahn-Verkehr wurde die 111 beginnend ab 1993 nach und nach durch für diese Zwecke umgerüstete Elloks der Baureihe 143 der Ex-DR ersetzt; die letzten 111er konnten jedoch erst im Juni 1997 aus dem S-Bahn-Dienst freigesetzt werden. Einsätze vor Güterzügen waren bei der 111 abgesehen von ihren ersten Betriebsjahren schon immer eine exotische Ausnahmeerscheinung und fanden in den letzten Jahren nicht mehr statt. Die BR 111 ist heute die Nahverkehrslok schlechthin. Insbesondere mit den ab Anfang der 90er Jahre in grosser Zahl gelieferten Doppelstockwagen prägte die 111 in den letzten Jahren das Bild des modernen Nahverkehrs auf Hauptstrecken. Auch weiterhin ist sie häufig mit konventionellen, einstöckigen Wendezügen anzutreffen. Immer wieder profitiert sie von ihrer technischen Vielseitigkeit, welche ihre Einsatzmöglichkeiten beträchtlich erweitern. Eine Ablösung der 111 ist derzeit noch nicht in Sicht, da Freisetzungen durch neuangelieferte Loks der Baureihe 146 bisher nur Leistungsverschiebungen zu Ungunsten anderer Fahrzeugbaureihen zur Folge hatten und dieses Ablösepotential bei weitem noch nicht erschöpft ist. Konkurrenz droht ihr allerdings auch durch im Fernverkehr entbehrlich gewordene Loks der Baureihe 112.

Literatur

  • Gustav Nagel: Baureihe 111. Im Führerstand. In: LOK MAGAZIN. Nr. 253/Jahrgang 41/2002. GeraNova Zeitschriftenverlag GmbH München, ISSN 0458-1822, S. 54-57.

Vorlage:Navigationsleiste Deutsche E-Loks