Untreue (Deutschland)

Schädigung fremden Vermögens durch Verletzung einer Treuepflicht
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Als Untreue wird das Verhalten einer Person bezeichnet, die einer moralischen und/oder rechtlichen Verpflichtung gegenüber jemandem zuwiderhandelt. Man kann nicht nur anderen, beispielsweise einem Liebhaber, der eigenen Firma, seinem Stammgeschäft oder Stammlokal, sondern auch sich selbst, seinen Prinzipien und Grundsätzen gegenüber untreu werden.

Eng verwandt mit dem Begriff der Treue ist der Begriff Vetrauen (englisch trust), Trauung, Trauschein, [[Trost] und Loyalität. Die französische Sprachen hat ausgerechnet bei dem deutschen Erbfeind das Wort für Wafefnstillstand (la tregua oder la trêve) übernommen.

Die Untreue im geschäftlichen Sinne, wenn es also ums Geld oder gar Vermögen geht, wird Veruntreuung oder auch Betrug genannt - ein Bruch der Treue, die hier, beim Geschäftsgebaren und in der Arbeitswelt auch Ehrlichkeit und Rechtsschaffenheit (englisch = true - also auch wahr, echt, richtig!) heisst.

Umgangssprachlich und volkstümlich wird der Begriff Untreue jedoch besonders für die Untreue in der Liebe oder in der Sexualität benutzt - auch als Seitensprung oder gar Ehebruch bezeichnet.

Untreue in der Paarbeziehung

Unter Untreue in der Partnerschaft können Verletzungen der gegenseitigen Vertrauensbasis in einer Beziehung, insbesondere sexuelle Verhältnisse zu weiteren Personen, gewertet werden. Was konkret als Untreue gewertet wird, hängt von gesellschaftlichen Normen, den (meist unausgesprochenen) Regeln der Partnerschaft und dem subjektiven Empfinden ab.

Während in einigen Partnerschaften schon ein Flirt als Akt der Untreue verstanden wird, können in anderen Partnerschaften in einem bestimmten Rahmen auch sexuelle Verhältnisse zu anderen Personen akzeptiert oder toleriert sein. In solchen offeneren Partnerschaften werden häufig aber bestimmte Handlungen als Untreue verstanden:

  • beispielsweise kann es sein, dass nur einer Person entsprechende ausserpartnerschaftliche Beziehungen zugestanden werden
  • nur kurzfristige Seitensprünge akzeptiert werden, nicht aber ein längerfristiges Verhältnis
  • sexuelle Handlungen hingenommen werden, aber Anzeichen für Verliebtheit als Untreue gewertet werden
  • sexuelle Kontakte zu bestimmten anderen Personen (der besten Freundin, dem Chef, dem ärgsten Gegner ...) nicht akzeptiert werden
  • bestimmte in der Partnerschaft bedeutsame sexuelle Praxen oder Rituate ausserhalb der Partnerschaft nicht gestattet sind
  • das Erzählen oder Verschweigen eines Verhältnisses kann als Untreue gewertet werden
  • teilweise werden in besonders spießigen monogamen Partnerschaften sexuelle Dienstleistungen von Prostituierten für Männer als Ausnahme der Untreue gesehen.

Untreue ist ein häufiges Thema in der Literatur und im Film. Beispiele hierfür sind Claude Chabrols Die untreue Frau, die Rahmenhandlung von Tausendundeine Nacht oder James Joyces Ulysses.

Untreue ist keineswegs mit Ehebruch zu verwechseln, da sie einerseits auch in nicht-ehelichen Partnerschaften vorkommt und andererseits nicht jede Form des Ehebruchs als Untreue aufgefaßt werden muß.

Untreue im Deutschen Strafrecht

Die Untreue ist im Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland ein Vermögensdelikt, das in § 266 StGB geregelt ist. Inhaltlich ist die Untreue mit den Betrugsdelikten verwandt. Ebenso besteht eine Parallele zur Unterschlagung. Ein Unterfall der Untreue ist die Veruntreuung von Arbeitsentgelten nach § 266a StGB.

Tatbestand

Der Tatbestand der Untreue kennt zwei Alternativen: Den Missbrauch der Verfügungsbefugnis über fremdes Vermögen und den Treubruch, also die Verletzung der Vermögensfürsorgepflicht gegenüber dem Treugeber. Diese Tatbestandsalternative ist rechtlich zweifelhaft, da sie einerseits aus der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft stammt und zum anderen durchaus weit auszulegen ist. Der Bundesgerichtshof sieht diese Alternative jedoch noch mit dem Bestimmtheitsgebot nach Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar.
Die Untreue gehört zudem zu den sog. Sonderdelikten. D.h. der Täter muss in dem besonderen Pflichtverhältnis zum Vermögen stehen. Andere können daher nur Anstifter oder Gehilfen der Untreue sein.
Keine Einigkeit besteht bei der Frage, wie der Begriff des Vermögensnachteils, konkret des Vermögens, zu verstehen ist. Für den Nachteil soll jede Belastung des Vermögens (mit einer Verbindlichkeit o.ä.) genügen. Eine konkrete Vermögensgefährdung reicht ebenfalls aus. Für das Vermögen ist nicht der bürgerlich-rechtliche Begriff heranzuziehen. Überwiegend wird vertreten, dass der Begriff des Vermögens (in der Untreue) dem des Begriffs beim Betrug entspricht. Eine andere Auffassung hält sämtliche Ansprüche, die nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise in Geld messbar sind, für den Gehalt des Begriffes des Vermögens bei der Untreue.

Der Absatz 2 verweist auf den besonders schweren Fall des Betruges (§ 263 Abs. 3), der eine erhöhte Strafdrohung enthält. Die Vorschrift des § 243 Abs. 2 iVm. §§ 247, 248a StGB erklärt, dass besonders schwere Fälle (wie beim besonders schweren Fall des Diebstahls) ausgeschlossen sind, in denen eine geringwertige Sache (oder Summe) veruntreut werden (Strafantrag notwendig) oder die Untreue von einem Familienangehörigen begangen wird (Strafantrag notwendig).

Die Untreue ist von der Strafandrohung her ein Vergehen. Die Versuchsstrafbarkeit ist trotz anderslautender Überlegungen des Gesetzgebers nicht kodifiziert worden, da von erheblichen Beweisschwierigkeiten beim Tatentschluss auszugehen ist.

Konkurrenzen

Die Untreue tritt in der Regel zusammen mit anderen Delikten auf. Häufig ist dies der Betrug, die Unterschlagung, auch Diebstahl, Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung. Mit diesen Delikten liegt zumeist Tateinheit vor. Ein Sonderfall der Untreue ist in § 34 Depotgesetz geregelt.

Literatur

  • Martin O. Wegenast, Missbrauch und Treubruch - Zum Verhältnis der Tatbestände in § 266 StGB. Berlin 1994, ISBN 3428081323

Siehe auch