Raila Odinga

kenianischer Politiker
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Raila Amollo Odinga (* 7. Januar 1945 in Maseno), ein Luo, ist einer der bekanntesten und spektakulärsten Politiker Kenias. Railas (wie er allgemein genannt wird) nicht minder berühmter Vater "Jaramogi" Oginga Odinga war einst unter Jomo Kenyatta der Vizepräsident des Landes. Raila saß schon ebenso mit seinem Vater gemeinsam im Parlament, wie er jetzt mit seinem Bruder Oburu Odinga die Parlamentsbank teilt. Bis zum 23. November 2005 war er in der Regierung von Mwai Kibaki Bauminister im Ministry of Roads, Public Works and Housing.

Leben

Raila wurde 1945 in Maseno, Kisumu-Distrikt in der Nyanza-Provinz geboren. Nach der Schule studierte er über ein staatliches Stipendium von 1965 bis 1970 an der Technischen Universität von Magdeburg, der Otto-von-Guericke-Universität. Zurückgekehrt in sein Heimaltland arbeitete der Diplom-Ingenieur als Dozent an der University of Nairobi, bis er ins Parlament gewählt wurde. 1975 wurde zum stellvertretnden Direktor des Kenya Bureau of Standards ernannt.

Verbannung

1982 fand in Kenia ein kurzer – und alsbald niedergeschlagener - Staatsstreich mit bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen statt, der von einer Gruppe von jungen Lufwaffen-Offizieren der Kenya Air Force ausging. Der damalige Präsident Daniel arap Moi ließ den oppositionellen Politiker mit anderen verhaften. Er wurde - trotz Leugnens - als Anführer des Staatsstreichs verurteilt und für sieben Monate unter Hausarrest gesetzt. Dann ging er ohne Verhandlung für sechs Jahre ins Gefängnis. Kaum war er am 6. Februar 1988 entlassen, wurde er im September 1988 erneut verhaftet. Man beschuldigte ihn im Einparteienstaat der Unterstützung einer Untergrundbewegung (Kenya Revolutionary Movement), die ein Mehrparteiensystem unterstützte. Am 12. Juni 1989 wurde er entlassen, um am 5. Juli 1990 schon wieder hinter Gitter gesperrt zu werden. Diesmal wurde er mit dem bekannten Geschäftsmann und Politiker Kenneth Matiba und dem Ex-Bürgermeister von Nairobi, Charles Rubia, verurteilt. Ein Jahr später, am 21. Juni 1991, wurde er wieder entlassen. Kurz drauf floh er im Oktober 1991 als Angst vor einer Ermordung durch die Regierung nach Norwegen.

Im Juli 2006 wurde mit Zustimmung des Porträtierten eine Biographie von Babafemi Badejo mit dem Titel: „Raila Odinga, an Enigma in Kenya Politics“ veröffentlicht, in der die Verwicklung von Raila und seines Vaters „Jaramogi“ Oginga Odinga in den Militärcoup von 1982 ausführlich dargelegt sind. Raila befehligte mit Wissen und Segen seines Vaters dabei das Beobachtungs- und Kommunikationszentrum der Putschisten in einer Wohnung an der Ngong road. Diese Veröffentlichungen riefen kontroverse und starke Meinungen in der Öffentlichkeit hervor: Railas Rolle wurde sowohl heftig verteidigt, als auch von anderer Seite die Verhaftung, ein Gerichtsverfahren und ggf. die Todesstrafe verlangt wurde.

Mehrparteien-Politik

1992, dem Jahr der ersten freien Präsidentenwahl im Land, kam Raila aus Norwegen nach Kenia zurück. Hier schloss er sich sofort dem von seinem Vater Jaramogi Oginga Odinga geführten Forum für die Wiederherstellung der Demokratie, (Forum for the Restoration of Democracy, FORD), an. FORD arbeitete an der Einführung des Mehrparteien-Systems. Raila wurde unter seinem Vater zum Vizepräsidenten des Aktionskomitees gewählt. Die FORD-Gruppe spaltete sich unterr Jaramogi in FORD-Kenya und unter Kenneth Matiba in FORD-Asili auf. Raila wurde stellvertretender Wahlkampfdirektor seiner Partei FORD-Kenya..

Im Januar 1994 verstarb Jaramogi. Anders als Raila es gehofft hatte, wurde nicht er, sondern Michael Wamalwa (Spitzname: Kijana = jung) zum Parteivorsitzenden gewählt. Verärgert schloss sich Raila nun der bedeutungslosen Partei National Development Party (NDP) an. Schnell gelang es ihm über diesen Weg eine starke und aktive Partei zu formen. Es gelang ihm auch zahlreiche Parlamentarier aus FORD-Kenya, meist aus der Luo-Provinz Nyanza, in seine Partei herüber zu ziehen.

Der großer Erfolg steltle sich für ihn persönlich aber erst ein, als er eine Nachwahl im Wahlkreis Langata von Nairobi mit großer Mehrheit gewann. Bei der Präsidentenwahl von 1997 schlug er seine Ex-Partei FORD-Kenya und wurde er hinter Moi und Kibaki respektabler dritter. Raila verfolgte weithin eine sprunghafte Schaukelpolitik, unterstützte Präsident Moi, der ihn für Jahre hinter Gitter gebracht hatte, bis er sogar seine Partei (NDP) mit der Partei seines Widersachers, der KANU, vereinigte. Zum Dank ernannte ihn Moi zum Energie-Minister und bei den Parteiwahlen 1997 wurde er zum Generalsekretär der KANU gewählt. Raila steuerte mit Macht auf die Nachfolge in der Präsidentschaft hin, denn Moi konnte aus verfassungsrechtlichen Gründen 2002 nicht mehr zur Wahl antreten. Doch Moi enttäuschte Raila 2002 auf der ganzen Linie, als Moi nicht ihn, sondern Uhuru Kenyatta, den ältesten Sohn des ersten Präsidenten der Republik Kenia, Jomo Kenyatta, zum Präsidentschaftskandidaten der KANU machte. Daraufhin tat sich Raila mit ganz unterschiedlichen Partnern zusammen, um die Wahl von Uhuru zu verhindern. Gemeinsam mit Kalonzo Musyoka, George Saitoti, Joseph Kamotho und anderen bildete er die parteiübergreifende Protestplattform Rainbow Movement (Regenogenbewegung), deren Ziel es sein sollte, einen gemeinsamen und geeigneten Präsidentschaftskandidaten für die Wahl von 2002 zu küren. Diese Regenbogen-Gruppe übernahm die unbekannte Liberal Democratic Party (LDP), um bald mit der National Alliance Party of Kenya (NAK), einer Koalition von verschiedenen kleineren Parteien, der auch der spätere Wahlsieger Mwai Kibaki angehörte, die erfolgreiche „Regenbogenkoalition“, die National Rainbow Coalition (NARC), zu bilden. Raila unterzeichnete mit Kibaki ein berühmt gewordenes Abkommen, ein so genanntes „Memorandum of Understanding“ (MoU), in dem ihm eine Verfassungsänderung zugesagt wurde, die ihn in weniger als 100 Tagen zum Ministerpräsidenten hätten machen sollen und der LDP die Hälfte aller Ministerposten im erwarteten Kabinett versprach. Mit diesem Versprechen unterstützte Raila und die LDP Kibaki, der gegen Ende noch einen mysteriösen Autounfall hatte und daraufhin lange angeschlagen wirkte, in seinem Wahlkampf, den Kibaki überzeugend gewann.

Wahlverlierer

Ganz im Gegensatz zum MoU ernannte der neu gewählte Präsident seinen Wahlkampfpartner nicht zum Ministerpräsidenten. Ebenso erhielt die LDP nicht die versprochenen Ministersessel. Ja, Kibaki ernannt darüber hinaus sogar Minister aus Oppositionsparteien KANU und FORD-people. Diesen Fehdehandschuh musste Raila aufnehmen. Der Bruch kam mit der neuen Verfassung, die ganz im Gegensatz zum MoU einen starken Präsidenten favorisierte – und damit Raila ohne den versprochene Macht lassen würde. Unter dem Bild der Orange lief eine große Kampagne gegen den vom Präsidenten favorisierten Verfassungsentwurf. Die Volksbefragung, die am 21. November 2005 stattfand, ergab mit 58% eine eindeutige Ablehnung der neuen Verfassung durch die kenianische Bevölkerung. Das war für Raila und ein großer Sieg. Nach dem Verlust des Refrendums entließ Präsident Kibaki am 23. November 2005 seine gesamte Regierungsmannschaft – somit auch Raila - und setzte nach langen Verhandlungen dem Banana-Flügel nahe stehende oder überlaufende Politiker (wieder) als Minister ein.

Raila – ein Luo - gilt in seiner Heimatprovinz, aber auch unter der Jungend der großen Städte als großer Politiker, ein Führer der Armen und der Grasswurzelbewegung. Im Bildungsbürgertum oder in den dörflichen Gebieten anderer Ethnien hat er dagegen nicht viele Anhänger. Ihm wird hier besonders ein mangelndes ökonomisches Konzept vorgehalten. Im Januar 2006 hat er der Polizei von erhaltenen Morddrohungen berichtet. Im Falle der „Armenien-Connection“ hat er offenbar über viel Hintergrundwissen verfügt und den Fall überhaupt erst ins Rollen gebracht (Kenia). Für die Präsidentschaftswahl 2007 steht er als Kandidat bereit, hat aber nicht nur gegen den jetzigen Präsidenten Kibaki und den KANU-Herausforderer (wahrscheinlich Uhuru Kenyatta), sondern auch gegen innerparteiliche Freunde und Gegner, wie etwa Kalonzo Musyoka, zu kämpfen.