Zahnersatz ergänzt oder den ersetzt das natürliche Gebiss oder einzelne Zähne durch künstliche Prothesen.
Herausnehmbarer Zahnersatz
Der Unterschied bedingt und unbedingt herausnehmbar ist einfach am Beispiel einer Tür zu erklären: die Schwingtür geht "unbedingt" auf; die Haustür nur nach Aufschließen oder Entriegeln, also bedingtes Öffnen. (Solcher Zahnersatz hat einen winzigen Riegel, zum heraus nehmen ähnlich einem Scharnier mit dem Finger oder z. B. einer aufgebogenen Büroklammer zu öffnen.) Zahnersatz ist:
- in der einfachsten und preisgünstigsten Ausführung eine Kunststoffprothese mit aus Draht gebogenen Halte- und Stützvorrichtungen ("Klammern"); oder
- eine Modellgussprothese mit gegossenen Halte- und Stützvorrichtungen
- bis hin zur komfortablen Ausführung wie einer Teleskopprothese, die auf überkronten Zähnen sitzt und sich einfach aus dem Mund ziehen läßt
Jeder Zahn, der erhaltungsfähig und erhaltungswürdig ist, soll auch saniert werden (siehe Nr. B III 2 der Behandlungsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschuss - zu finden unter www.g-ba.de): Die natürlichen Zähne sind wichtig, sie festigen Zahnersatz und fangen Kaudruck elastisch ab. Das gilt besonders für den Unterkiefer. Wenn mehrere bzw. die letzten Zähne gezogen werden müssen, kann man den endgültigen Zahnersatz erst einsetzen, nachdem der Kiefer völlig ausgeheilt ist. Das dauert meist einige Monate, die eine provisorische Prothese überbrückt - in der Regel sofort nach dem Zahnziehen eingesetzt, während die schmerzlindernde Spritze noch wirkt. Da sich Wundgebiet und Kiefer ändern, kann es notwendig sein, den Sitz des Provisoriums mehrmals zu korrigieren. Als Prothesenmaterial ist Kunststoff am zweckmäßigsten. Die Zähne sollten aus abriebfestem Kunststoff sein. Keramikzähne sehen zwar den echten verblüffend ähnlich, zerbrechen aber eher als Kunststoffzähne und "klappern" außerdem beim Zusammenbeißen oft. (Bruchgefahr, z. B. im Waschbecken - unbedingt vor Herausnehmen Handtuch hineinlegen.)
Als Prothesenlager bezeichnet man die Bereiche der Mundschleimhaut mit den darunter liegenden Kieferknochen, welche die auf die Prothese auftreffenden Kaukräfte weiterleiten und die Prothese halten. Die Qualität des Prothesenlagers ist ausschlaggebend für eine optimale Funktionalität der (herausnehmbaren) Prothese.
Festsitzender Zahnersatz
Unter festsitzendem Zahnersatz versteht man Kronen, Brücken, Inlays aus Metall, Keramik oder Kunststoff, die ein Spezialkleber oder Zement im Mund auf die beschliffenen Zahnstümpfe befestigt. Waren die im Mund vorbereitet, erfolgte eine Abformung der Situation. In einem Dentallabor stellten Zahntechniker mit erheblichem technischen Aufwand feinhandwerklich den Zahnersatz her.
Ein mittlerweile weit verbreitetes und bewährtes Verfahren in der Zahnheilkunde ist das Implantat. Es hilft, wenn ein einzelner Zahn fehlt, die Nachbarzähne gesund sind, deshalb nicht beschliffen werden sollen - oder bei zahnlosem, sehr flachem Kiefer, wenn eine normale Prothese alleine nicht hält.
Der Kieferchirurg oder der Zahnarzt implantiert künstliche Wurzeln, z. B. aus einer Titanlegierung, in den Kieferknochen, was je nach Anzahl der Implantate ein bis drei Stunden dauert. Nach einigen Monaten Einheilzeit (Verwachsen des Titans mit der Knochensubstanz) fertigt der Zahnarzt eine Abformung im Mund an, die zur Herstellung des Zahnersatzes (Krone oder Brücke) in das Dentallabor kommt. Den fertigen Zahnersatz zementiert der Zahnarzt entweder ein oder verschraubt auf dem Implantat, dann kann er zwecks Kontrolle oder Reinigung bedingt herausnehmen.
(Anmerkung: Kronen, Teilkronen und Einlagefüllungen (Inlays) werden wegen des gleichen Herstellungsverfahrens oft zu Zahnersatz gerechnet, obwohl sie keinen fehlenden Zahn ersetzen.)
Neue Methoden in der Zahntechnik
Seit einiger Zeit entsteht Zahnersatz auch im CAD/CAM-Verfahren. Dies garantiert hohe und gleich bleibende Materialqualität bei unveränderten Kosten.
Neue Materialien für Zahnersatz sind Zirkoniumdioxid und Titanlegierungen (letztere werden schon relativ lange im Gussverfahren hergestellt). Die maschinelle Fertigung ermöglicht nun in sehr guter Qualität bei gleichzeitig günstigen Preisen fehlerlos herzustellen, weil die Rohmaterialien für Titanprodukte, nämlich Ilmenit, Rutil, Anatas und Brookit, weltweit in großen Mengen verfügbar sind.
Zirkoniumdioxid ist eine sehr harte Keramik, die mehrere positive Eigenschaften für Zahnersatz aufweist:
- die weiße Farbe
- die richtige Menge an Lichtdurchlässigkeit
- die Biokompatibilität.
Gegen den Einsatz von Zirkoniumdioxid spricht allerdings die noch fehlende Langzeiterfahrung und das häufig notwendige Einkleben mit wenig biokompatiblen Kunststoffzementen.
Zirkoniumdioxid dient als Unterbau für Kronen und Brücken, darauf wird eine kiefergelenkfreundliche weichere Keramik in der passenden Zahnfarbe aufgebrannt. So lassen sich natürliche Zähne deutlich besser nachahmen als es bei Kronen und Brücken mit Metallanteil erreichbar war. Die Kosten sind etwas höher als die herkömmliche Art, Kronen und Brücken herzustellen (Kombination Gold-Keramik). Da Goldlegierungen in den letzten Jahren jedoch teurer geworden sind, fällt die Entscheidung heute oftmals auf Zirkonoxid.
Zirkonoxid in der Zahntechnik
Außer Kronen und Brücken werden auch Implantate aus Zirkondioxyd hergestellt, die erstmalig völlig metallfreien Zahnersatz ermöglichen. Auch in der Teleskoptechnik ist durch neue Software ein metallfreies Primärteleskop möglich. Schlagende Vorteile von Zirkon:
- keine dunklen Kronenränder
- keine Unverträglichkeiten bekannt
- kaum Wärmeleitfähigkeit
- kein elektrisches Spannungspotential mit Metallen
Geschichte
Zähne aus Elfenbein, Holz, von Tieren oder Verstorbenen zurrten Golddrähte an verbliebene gesunde Frontzähne. Das wirkte nur ästhetisch, ohne die Kaufunktion zu unterstützen (immerhin sprach man damit manchmal besser). Die Teile lösten Entzündungen aus. Schon die Etrusker bekamen so etwas hin. Früheste archäologische Funde in Mitteleuropa stammen aus dem 17. Jahrhundert. Ende des 18. Jahrhunderts gab es das erste Porzellangebiss. Erst im 19. Jahrhundert ermöglichte Kautschuck funktionierenden Zahnersatz auch für breitere Bevölkerungsschichten.
Literatur
- Wolfgang B. Freesmeyer: Klinische Prothetik, Bd. 1: Festsitzender und implantatgetragener Zahnersatz. Heidelberg: Karl F. Haug Fachbuchverlag, 1995, ISBN 3830401256
- Wolfgang B. Freesmeyer: Klinische Prothetik, Bd. 2: Herausnehmbarer Zahnersatz und Gewebeersatz (Epithetik). Heidelberg: Karl F. Haug Fachbuchverlag, 1999, ISBN 3830401264