Neugriechische Sprache

Sprache
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Neugriechisch (Νέα Ελληνικά) ist eine der 21 offiziellen Amtssprachen der EU. Es wird von ca. 12,3 Millionen Menschen als Muttersprache gesprochen, von denen etwa 10,5 Millionen in Griechenland leben. Die anderen Muttersprachler sind auf 35 andere Staaten verteilt. Im griechischen Teil Zyperns ist Griechisch ebenfalls Amtssprache (etwa 0,7 Millionen Sprecher). Außerdem ist es in einigen südalbanischen und süditalienischen Gemeinden, in denen Angehörige der griechischen Minderheit leben, als lokale Amts- oder Schulsprache zugelassen. Siehe: Griko in Italien

Neugriechisch

Gesprochen in

Griechenland, Zypern, Albanien, Mazedonien, Türkei, Bulgarien, in isolierten Sprachinseln in Süditalien (Kalabrien und Apulien) und überall dort, wohin Griechen ausgewandert sind (USA, Australien, Deutschland usw.)
Sprecher 12,3 Millionen [1]
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in Griechenland, Zypern, Europäische Union
Sprachcodes
ISO 639-1

el

ISO 639-2 (B) gre (T) ell

Geschichte

Übersicht: Griechische Sprache
(siehe auch: Griechisches Alphabet)
Urgriechisch (ca. 2000 v. Chr.)
Mykenisch (ca. 1600–1100 v. Chr.)
Altgriechisch (ca. 800–300 v. Chr.)
Dialekte:
Äolisch, Arkadisch-Kyprisch,
Attisch, Dorisch, Ionisch
Koine (ca. 300 v. Chr. – 600 n. Chr.)
Variante: Neutestamentliches Griechisch
Mittelgriechisch (ca. 600–1500)
Neugriechisch (seit ca. 1500)
Heutige Amtssprache
Volkssprache: Dimotiki
Bildungssprache: Katharevousa
Dialekte:
Griko, Jevanisch, Kappadokisch,
Pontisch, Tsakonisch, Zypriotisch

Hauptartikel: Griechische Sprache

Neugriechisch gehört zur indoeuropäischen Sprachfamilie und hat sich aus dem klassischen Altgriechischen entwickelt. Den Beginn der neugriechischen Epoche setzt die Forschung wechselweise im 11. Jahrhundert (erste Epen in weitgehend neugriechischer Sprache), um das Jahr 1453 (Fall Konstantinopels) oder in der Mitte des 17. Jahrhunderts (Kretische Renaissance) an. Innerhalb der heute noch gesprochenen indoeuropäischen Sprachen steht das Griechische isoliert, d. h. es ist mit keiner weiteren Sprache näher verwandt.

Bis 1976 wurde das Neugriechische unterschieden in Dimotiki (Δημοτική), der traditionellen Volkssprache, und Katharevousa (Καθαρεύουσα, „die Reine“), einer künstlichen, an das klassische Griechisch angelehnten Hochsprache. Mit der Kunstsprache Katharevousa versuchten national gesinnte, gebildete Kreise des jungen griechischen Staates die Kontinuität zur „großen“ klassischen Vergangenheit zu unterstreichen. Die kompliziertere Grammatik und der veraltete Wortschatz wurden von der Bevölkerung nicht angenommen, trotzdem tobte ein jahrzehntelanger Sprachstreit zwischen den Attizisten (Befürwortern der an den attischen Dialekt des Altgriechischen angelehnten Katharevousa mit Zentrum an der Universität in Athen) und den Demotizisten (Anhängern der Volkssprache mit Zentrum an der Universität in Thessaloniki). Nach Ende der Papadopoulos-Diktatur wurde die Katharevousa durch Parlamentsbeschluss als Amtssprache abgeschafft und spielt heute nur noch in Dokumenten der Kirche, in Inschriften oder in anderen schriftlichen Bereichen vereinzelt eine Rolle (z. B. die Zeitung Estia). Die Volkssprache hat sich in den letzten Jahrzehnten endgültig als gesprochene wie auch geschriebene Sprache Griechenlands durchgesetzt. Vielen gelehrten Redewendungen und Wörtern aus der Katharevousa gelang es jedoch, Eingang in die gesprochene Sprache des Volkes zu finden, so dass sich das heutige Neugriechisch als eine Synthese der Dimotiki und der Katharevousa darstellt, mit einem Mischungsverhältnis zugunsten ersterer. Das breite stilistische und lexikalische Spektrum der heutigen Sprache, resultierend aus den erwähnten volkstümlichen wie auch gelehrten Einflüssen, macht einen wichtigen Aspekt des besonderen Reichtums des Neugriechischen aus.

Beispiele für Wörter, die in der traditionellen Volkssprache nicht existent waren, heute aber trotz ihrer "gelehrten" Herkunft zum griechischen Grundwortschatz gehören, sind etwa λάθος (Fehler), τουλάχιστον (wenigstens), ενδιαφέρων (interessant) oder εγχείρηση (Operation).

Dialekte

Die neugriechische Sprache wird heute vergleichsweise einheitlich gesprochen und ist nur wenig dialektal zergliedert. Ein Besucher Griechenlands muss kaum damit rechnen, auf griechische Menschen zu treffen, mit denen keine Verständigung auf Standardgriechisch möglich ist.

Trotzdem weichen die in manchen Landesteilen - z. B. in Kreta, im Epiros, in Thrakien (hier vor allem in Nord-Evros) oder auf Zypern - gesprochenen Idiome soweit von der Hochsprache ab, dass man von neugriechischen Dialekten spricht, auch wenn die Abweichungen zur Hochsprache nicht so groß sind, wie es beispielsweise bei einigen deutschen Dialekten der Fall ist.

Bestimmung neugriechischer Dialekte

Der erste Versuch, die neugriechischen Dialekte zu ordnen, stammt von Georgios N. Hatzidakis. Anhand der Entwicklung der unbetonten halboffenen und geschlossenen Vokale teilte er die neugriechischen Dialekte in Nördliche und Südliche ein. Dieser Einteilung zufolge wandeln sich in den nordgriechischen Dialekten alle unbetonte /o/ und /e/ in /u/ bzw. /i/, während alle unbetonten /i/ und /u/ ganz verstummen. In den südgriechischen Dialekten hingegen bleiben diese Vokale unverändert (G.N. Hatzidakis 1892, 342). Beispiele: πεθαίνω [pɛ'θɛno]> [pi`θɛnu], κουλούρι[ku'luri]> [klur], σκυλί [sci'li]> [ skli].

Eine mögliche Isoglosse, die neugriechischen Dialekte einzuteilen, ist der Erhalt oder Verlust des [ n] - Auslautes bei Nomina. Gemäß dieser Isoglosse werden die Dialekte eingeteilt in die östlichen, in denen der Auslaut n erhalten [τυρίν] bleibt oder gar erweitert wird [στόμαν] und in Westlichen, in denen er gar nicht vorkommt.

Eine andere Isoglosse ergibt sich aus der Entwicklung des sogenannten „irrationalen“ intervokalischen Stützlautes [ γ]: In vielen Teilen Griechenlands (Kykladen, Lesbos, Ikaria, Kreta) kann man zwischen Vokalen im Auslaut eines Wortes den eingeschobenen Konsonanten [ γ] vorfinden, so z. B. bei κλαίω > κλαίγω (kléo > kléγο). In manchen Regionen Griechenlands entwickelt sich der Stützlaut [γ] (auf Zypern der Laut k) zwischen dem Stammauslaut [ v] und der Endung -ω im Präsens, z. B. δουλεύω > δουλεύγω (δulévo > δulévγo und auf Zypern δuléfko). Weiterhin wurden als Basis für die Einteilung der neugriechischen Dialekte folgende phonetische, morphologische und syntaktische Phänomene vorgeschlagen (Triandafyllidis 1938, 66-67):

  1. Die Entnasalierung der Konsonantenkomplexe mb, ng, nd: vgl. κουμπί (ku'mbi > ku'bi)
  2. Der Wandel des Lautes [ ç] in [ ʃ]: ['çɛri] > ['ʃɛri].
  3. Der Erhalt des Augments: εδένατε - δένατε (ε'δεnatε - 'δεnatε)
  4. Der Verlust des Genitivus Personalis und Ersatz durch den Akkusativ bei den nördlichen neugriechischen Dialekten: σου λέω > σε' λέω [su 'lεo > lεo]
  5. Die Nachstellung der unbetonten Formen des Personalpronomens> μου λέει > λέει μου [ mu 'lεi> 'lεi mu], μου δίνει > δίνει μου> [mu 'δini> 'δini mu]

Einfluss altgriechischer oder mittelalterlicher Sprachformen auf heutige Dialekte

Die neugriechische Umgangssprache beruht auf der Koine und damit dem altgriechischen attischem Dialekt (siehe auch: Geschichte der griechischen Sprache).

In manchen kleinräumigen, abgelegenen Gebieten haben jedoch einige griechische Mundarten fortgelebt, deren Entwicklung stark von anderen altgriechischen Dialekten geprägt war oder die aus ihnen hervorgegangen sind: dem Dorischen oder dem Ionischen.

  • Tsakonisch wird noch in zehn Dörfern in der Region Lakonien auf dem Peloponnes aktiv gesprochen, es hat sich aus dorischen Wurzeln entwickelt.
  • Ebenfalls dorisch geprägt ist die Mundart einiger Dörfer auf der Insel Karpathos (bekannt vor allem Olympos).
  • Das Pontische und das Kappadokische dagegen weisen starke ionische Einflüsse auf. Pontisch war der verbreitete Dialekt der griechischen Siedlungen rund um das Schwarze Meer, während Kappadokisch in Zentralanatolien gesprochen wurde. Im Rahmen des Bevölkerungsaustausches mit der Türkei im Jahr 1922 wurden diese Volksgruppen in verschiendene Teile Griechenlands umgesiedelt. Im Gegensatz zum Kappadokischen ist das Pontische noch nicht ausgestorben und wird noch aktiv gesprochen. In von pontischen Umsiedlern besiedelten Gegenden ist es auch heute noch allgemeine Verkehrssprache, die auch das Standardgriechische oft pontisch gefärbt sprechen. Im Raum Thessaloniki gibt es sogar pontischsprachige Radiosender. Allerdings geht die Sprecheranzahl weiter zurück, was auch daran liegt, dass die Hellenische Republik das Pontische - wie auch die Geschichte der Pontier allgemein - offiziell bis vor wenigen Jahren vollkommen ignorierte. Kenntnisse des Standardgriechischen sind nicht ausreichend, um Pontisch zu verstehen.
  • Das Griko (κατωιταλιώτικα) wird noch in wenigen Dörfern Kalabriens gesprochen. Die Bewohner dieser Dörfer sind wahrscheinlich Nachfahren der griechischen Kolonisation Süditaliens. Das Griko ist ebenfalls stark vom dorischen Altgriechisch geprägt.
  • Das Zypriotische Griechisch: Bedingt durch die lange politische und räumliche Isolation im Mittelalter und in der Neuzeit konnten sich bis zur türkischen Invasion 1974 auf der Gesamtinsel und danach im griechischen Teil der Insel Zypern bis heute (2006) einige sprachliche Archaismen aus dem Mittelalter halten. Dadurch weicht die Umgangssprache der Zyperngriechen merklich von der griechischen Hochsprache ab. Letztere wird trotzdem in allen formellen Zusammenhängen (Politik, Medien, Schule) und in Schriftform benutzt.

Weitere dialektale Exklaven des Griechischen im Ausland sind:

Phonologie

Unterschiede zum klassischen Griechisch

Die wichtigsten phonologischen Veränderungen fanden wahrscheinlich schon während der hellenistischen Periode statt:

  • Veränderung der stimmlosen aspirierten Verschlusslaute — Phi //, Theta // und Chi // — zu stimmlosen Reibelauten /f/, /θ/ und /x/ bzw. /ç/.
  • Veränderung der stimmhaften Verschlusslaute — Beta /b/, Delta d und gamma g — zu stimmhaften Reibelauten /v/, /ð/ und /ɣ/ bzw. /j/.
  • Vereinfachung des Vokal- und Diphthong-Systems: Veränderung von /ɛː/, /y/, /ei/ und /oi/ zu /i/, Veränderung von /ai/ zu /ɛ/, Veränderung von /au/ und /eu/ zu /av/ und /ɛv/, Verlust der Unterscheidung zwischen langen und kurzen Vokalen.

Diese phonologischen Entwicklungen haben sich nicht in der Orthographie niedergeschlagen.

Vokale

Das Neugriechische besitzt 5 Monophthonge.

Monophthonge des Griechischen
  vorne zentral hinten
hoch i   u
mitte ɛ   ɔ
tief   a  

Aussprachehinweise

Alle Vokale werden kurz ausgesprochen, „e“ und „o“ stets offen, „i“ und „u“ geschlossen. Das „e“ klingt also wie deutsches „ä“ in „hätte“, nicht wie „heben“ und das „o“ wie in „offen“, nicht wie in „Ofen“; „i“ entspricht der (korrekten) Aussprache in „Minute“, „u“ der in „Musik“ (also kurz, aber geschlossen). Unbetontes „i“ vor einem anderen Vokal wird oft zu einem „j“-ähnlichen Laut abgeschwächt (μια -> /mja/) oder palatalisiert den vorangehenden Konsonanten: (ελιά -> /eʎa/).

Die im Wortschatz seltenen Vokalfolgen αϊ, εϊ oder οϊ tauchen sowohl silbisch als auch unsilbisch gesprochen auf, nur im letzteren Vorkommen liegt ein Diphthong vor.

Konsonanten

Das Griechische hat 28 Konsonanten.

  bilabial labio-
dental
dental alveolar palatal velar
stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth.
Plosive p b         t d c ɟ k g
Affrikaten             ts dz        
Nasale   m   ɱ       n   ɲ   ŋ
Vibranten               r        
Frikative     f v θ ð s z ç j x ɣ
Laterale               l   ʎ    

Zur Erläuterung der Artikulationsorte siehe die Grafik unter Phonetik. Die Abkürzung „stl.“ steht hier für „stimmlos“ und „sth.“ für „stimmhaft“. Die gelb gefärbten Laute stellen das Phoneminventar des Neugriechischen dar. Die hellgrün gefärbten Laute [c], [ɟ], [ç], [j], [ʎ] und [ɲ] können empirisch als Phoneme betrachtet werden, aus Sicht der Sprachentwicklung sind es Allophone von [k], [g], [x], [ɣ] [ l] und [ n].

Aussprachehinweise

Schreibweise Lautwert Beschreibung Beispiel
MΠ, μπ b stimmhafter bilabialer Plosiv – Im Anlaut stets als [b], im Inlaut entweder als [mb] oder als [b], manchmal auch als [mp] μπαίνω [ˈbɛno], αμπέλι [aˈmbɛli] oder [ aˈbɛli], καμπάνια, [ kaˈmpaɲa]
ΝΤ, ντ d stimmhafter alveolarer Plosiv – Im Anlaut stets als [d], im Inlaut entweder als [nd] oder als [d]. ντύνω [ˈdin ɔ], αντί [aˈndi] oder [aˈdi]
ΓΚ, γκ+ [ -vorderer Vokal] (am Wortanfang und im Wortinneren), ΓΓ, γγ+ [ -vorderer Vokal] (nur im Wortinneren), g stimmhafter velarer Plosiv – Im Anlaut stets als [g], im Inlaut entweder als [ŋg] oder als [g]. γκολ [gɔl], αγκώνας [aˈgɔ nas] oder[aˈŋgɔnas], αγγούρι [ aˈguri] oder [aˈŋguri]
ΓΚ, γκ+ [ +vorderer Vokal] (am Wortanfang und im Wortinneren), ΓΓ, γγ+ [ +vorderer Vokal] (nur im Wortinneren), ɟ stimmhafter palataler Plosiv – Im Anlaut stets als [ɟ], im Inlaut entweder als [ŋɟ] oder als [ɟ] γκιώνης [ˈɟɔnis], αγκινάρα [ aɟi'nara] oder [ aŋɟi'nara] άγγιγμα [ 'aŋɟiγma] oder [ 'aɟiγma]
Π, π p stimmloser bilabialer Plosiv παπάς [ pa'pas]
Τ, τ t stimmloser alveolarer Plosiv τέτανος [ tetanɔs]
Κ, κ+ [ -vorderer Vokal] k stimmloser velarer Plosiv κάτι, ['kati]
Κ, κ+ [ +vorderer Vokal], c stimmloser palataler Plosiv κύμα, [ 'cima]
Φ, φ/ ΕΥ, ευ oder ΑΥ, αυ + [ - stimmhafter Konsonant], f stimmloser labiodentaler Frikativ φέρνω [ 'fɛrnɔ], ευχαριστώ [ efxari'stɔ], αυτός [ aft'ɔs]
Θ,θ θ stimmloser alveolarer Frikativ θύμα[ 'θima],
Χ, χ + [ -vorderer Vokal] x stimmloser velarer Frikativ χαρά [xar'a],
Χ, χ+ [ +vorderer Vokal], ç Stimmloser palataler Frikativ χημεία [ çi'mia] ,
Β, β/ ΕΥευ oder ΑΥ,αυ + [ + stimmhafter Konsonant] und [ Vokal], v stimmhafter labiodentaler Frikativ βορράς [ vo'ras], Εύα[ 'eva], αυγά [ a΄vγa]
Γ, γ + [ -vorderer Vokal] γ stimmhafter velarer Frikativ γάλα [΄γala]
Γ, γ + [ +vorderer Vokal] j stimmhafter palataler Approximant γιατί [ ja'ti],
Μ, μ m stimmhafter bilabialer Nasal μήτρα [ 'mitra]
Ν, ν n stimmhafter alveolarer Nasal Κίνα [ 'cina]
Ν, ν + unbetontes i + [Vokal]

oder Μ, μ + unbetontes i + [Vokal]

ɲ Stimmhafter palataler Nasal πανιά,[ pa'ɲa],έ νοια, [ 'ɛɲa], καμιά [ka'mɲa]
ΓΚ γκ, ΓΓ γγ, ΓΧ γχ (alle drei Konsonantenverbindungen tauchen in dieser Aussprache nur im Wortinneren auf) ŋ Stimmhafter velarer Nasal άγχος ['aŋxos], siehe auch oben γγ, γκ
Λ. λ l stimmhafter lateraler alveolarer Approximant λίπασμα [ 'lipazma]
λ+ /i/ [Vokal] (bei unbetontem [i]) ʎ Stimmhafter lateraler palataler Approximant λιακάδα [ ʎa'kaδa], ελιά [ ε'ʎa]
Ρ, ρ r stimmhafter alveolarer Vibrant ρύζι ['rizi]
Μ, μ + [ stimmhafter] oder [ stimmloser labiodentaler Frikativ] ɱ stimmhafter labiodentaler Nasal αμφιβολία [ aɱfivɔ'lia], έμβολο [ 'eɱvɔlɔ]
Σ, σ, ς (als Minuskel am Wortende) s stimmloser alveolarer Frikativ σύρμα [ 'sirma], μήνας [ 'minas]
Ζ, ζ oder Σ,σ + v, δ, γ, b, m, r z stimmhafter alveolarer Frikativ καζάνι [ ka'zani], σβούρα [ 'zvura] ‚ προσδοκία [ prɔzδɔk'ia] , σγουρός [ zγu'rɔs], σμπαράλια [ zba'raʎa], σμάρι [ 'zmari], Ισραήλ [ izra'il]. Vor [ r] ist die Aussprache als [ z] von dem Sprecher abhängig, z. B. Χοσρόης [ x ɔ'srɔis] Chosrau
TΣ, τσ t͡s stimmloser alveolarer Affrikat ατσάλι[ a't͡sali],
ΤΖ, τζ d͡z stimmhafter alveolarer Affrikat. Im Anlaut stets als d͡z, im Inlaut manchmal auch als nd͡z. τζ άμι [ 'd͡zami], γά(ν)τζος [ 'γad͡zɔs] oder [ 'γan d͡z ɔs]

Die Plosive p, t, k und b, d, g werden weniger behaucht, also weicher als im Deutschen ausgesprochen.

Das griechische Gamma (γ) , meist mit „g“ transkribiert, ist kein velarer Verschlusslaut sondern ein Reibelaut, ähnlich einem stimmhaften „ch“ was dem deutschen „Zäpfchen-R“ nicht unähnlich klingt. Es ist ungefähr der gleiche Laut wie „g“ in Berlinerisch „Wagen“.

Das Chi (χ) hat die gleichen beiden Ausprachevarianten (Allophone) wie das deutsche „ch“, nämlich palatal wie in „ich“ oder velar wie in „ach“. Allerdings richtet sich die Aussprache nicht wie im Deutschen nach dem vorangehenden Vokal, sondern nach dem folgenden. Vor Konsonanten findet sich immer die velare Aussprache.

Betonung

Die Betonung einer Silbe erfolgt im Neugriechischen nicht durch Längung des tragenden Vokals, sondern durch die Lautheit der Aussprache (Dynamischer Akzent). Als bedeutungsunterscheidendes Merkmal (siehe Phonem, Morphem) spielt die korrekte Betonung eines Wortes eine sehr viel größere Bedeutung als in romanischen oder germanischen Sprachen. Nicht korrekt betonte Worte werden von Muttersprachlern meist falsch- oder missverstanden. Beispielsweise bedeutet πότε "wann" aber ποτέ "nie".

Die Betonung muss auch in gramatischen Regeln berücksichtigt werden (z. B. verschiebt sie sich im Aorist auf die drittletzte Silbe, hat das Verb nur 2 Silben, wird ein sogenanntes Augment-„ε“ vor das Verb gesetzt, das dann die Betonung trägt: κάνω (ich mache) -> έκανα (ich machte)). Dieses Phänomen bringt Probleme für viele Grammatiktheorien der 80er Jahre mit sich, die suprasegmentale Merkmale wie Akzentverschiebung nicht berücksichtigen konnten.

Eine Grundregel für die Betonung ist die sogenannte „Dreisilbenregel“: Keine Silbe, die vor der drittletzten Silbe (Antepaenultima) liegt, bekommt den Akzent, er liegt immer auf einer der drei letzten.

Da der Dynamische Akzent schon eine semantische oder syntaktische Aufgabe übernommen hat, muss pragmatische Betonung durch andere spachliche Mittel realisiert werden. Der Unterschied zwischen „ich SAH dich“ (aber hörte dich nicht) versus „ich sah DICH“ (und nicht deine Freundin) wird beispielsweise durch eine Verdoppelung des Personalpronomens ausgedrückt: Σε είδα (ich SAH dich) versus Εσένα σε είδα (ich sah DICH). Umgangssprachlich ist auch Silbenlängung und Stimmhebung als Mittel der inhaltlichen Akzentuierung zu beobachten.

Grammatik

Die neugriechische Sprache hat einen Großteil der altgriechischen Grammatik vereinfacht, ist aber immer noch eine stark flektierende Sprache. Sie ist eine der wenigen indogermanischen Sprachen, die eine synthetische (also nicht mit Hilfsverben konstruierte) Diathese (d.h. eigene Endungen für Aktiv und Passiv) beibehalten hat, genauso wie die konsequente Unterscheidung der Verb-Aspekte Einmalig/Abgeschlossen (Aorist) und Dauernd/Wiederholt (Paratatikos).

Unterschiede zum Altgriechischen

Das heutige Griechisch ist stark von Archaismen und von vom Altgriechischen direkt übernommenen Formen durchsetzt, die größtenteils auf die Katharevusa zurückgehen. Im folgenden bleiben diese unberücksichtigt.

Wichtige Änderungen der neugriechischen Grammatik gegenüber dem Altgriechischen sind u.a.:

  • Der Dativ ist verloren gegangen und wird syntaktisch meist durch eine Präpositional-Konstruktion mit se (in, zu) oder gia (für) + Akkusativ ersetzt.
  • Die Verkleinerung der Anzahl von Deklinationen (Zusammenfall von a-Deklination und konsonantischer Deklination) und der verschiedenen Formen in jeder Deklination.
  • Verlust des Infinitivs (wird durch Nebensätze ersetzt „Ich will kaufen“ -> „Ich will, dass ich kaufe“, untergeordneter Nebensatz mit „να“ na angeschlossen).
  • Verlust des Modus Optativ zugunsten von Konstruktionen mit „να“ na oder „ας“ as.
  • Verlust des Duals (wird durch den Plural ersetzt).
  • Die neue Modalpartikel θα (aus θέλω να („ich will, dass...“) > θε' να > θα) für das Futur und Konditional.
  • Einführung des Hilfsverbs έχω haben, z.B. το έχω δοκιμάσει ich habe es probiert.
  • Reduzierung der Partizipien auf das Partizip Perfekt Passiv (-μένος) und das Gerund (-οντας/-ώντας).
  • Erweiterung des Futurs auf die Aspektunterscheidung zwischen dauerhaftem/wiederholtem und einmaligen Futur.
  • Verlust der dritten Person Imperativ.
  • Neue Pronomen für die 2. Person Plural, da die alten wegen der Lautveränderung (Itazismus) akustisch nicht mehr von denen der 1. Person Plural zu unterscheiden waren.
  • Verlust der Reduplikation
  • Reduzierung des Augments auf die Fälle, wo es betont ist.

Besonderheiten

Gerade die beibehaltene Aspekt-Unterscheidung der „einmaligen, abgeschlossenen Handlung“ (gebildet mit dem Aorist-Stamm der Verben) und der „andauernden oder wiederholten Handlung“ (gebildet mit dem Präsens-Stamm) als eigene, in vielen anderen Sprachen unbekannte grammatische Kategorie verlangt vom Neugriechisch Lernenden besondere Aufmerksamkeit. Zu konkreten Informationen über die Aspektunterscheidung im Neugriechischen siehe die Artikel „Aorist“ und „Paratatikos“. Eine weitere grammatische Besonderheit des Neugriechischen ist die reichhaltige Wortgruppe so genannter Deponentien - Verben, die mit passivischen Endungen gebildet werden, aber trotzdem rein aktivische Bedeutung haben (έρχομαι, ich komme).


Rechtschreibung

Im Neugriechischen wird das griechische Alphabet verwendet. Da die schriftliche Form viel stärker den klassischen oder vorklassischen Sprachstand wiedergibt als die gesprochene Sprache, ist die neugriechische Orthographie teilweise schwer erlernbar. Dieses Problem teilt sich die griechische Sprache mit allen Sprachen, deren Verschriftlichung lange zurückliegt und in denen aus „sprachpflegerischen“ Gründen keine entsprechend konsequente Rechtschreibreform stattfand. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang zuallererst das Phänomen des Iotazismus, welches das lautliche Zusammenfallen mehrerer im Altgriechischen noch unterschiedlich klingender Vokale zu "i" beschreibt. So gibt es im modernen Griechisch sechs verschiedene Schreibweisen des Lautes „i“ (ι, η, υ, ει, οι und υι), darüber hinaus zwei für „o“ (ο und ω) und zwei für "e" (αι und ε), d. h. es gibt im Vokalbereich viel mehr Grapheme als Phoneme. Lesend kann man mit hoher Treffsicherheit die Lautung auch unbekannter Wörter erschließen (s.u.), umgekehrt ist die korrekte Schreibung der vorgenannten Vokale nur erlernbar oder aus Kenntnis des Altgriechischen etymologisch erschließbar. Aber auch die vielen griechischstämmigen Fremdwörter und Namen im Deutschen können hilfreich sein: Wird das Wort auf Deutsch mit „ö“ gesprochen, lässt das auf ein „οι“ schließen (Phönix / φοίνιξ), ein „ä“ auf „αι“ (Hämoglobin / αίμα), ein „y(ü)“ auf „υ“ (Hydraulik / ύδωρ). Hilfreich ist auch folgende Regel: Bei einem i-Laut im Griechischen, dessen deutsches Fremdwort-Pendant mit e geschrieben wird, handelt es sich um ein η: ηρωικός heroisch, Σωκράτης Sokrates, μαγνητικός magnetisch.

Ambiguität in der neugriechischen Orthographie

Wie oben erwähnt, ist im Neugriechischen meist jedem Graphem (oder jeder Gruppe von Graphemen) ein bestimmtes Phonem (oder eine Gruppe von Phonemen) zugeordnet, d.h. man kann von der Schreibung fast sicher auf die korrekte Aussprache schließen. Jedoch gibt es auch einige Fälle, in denen die Aussprache nicht vollständig aus der geschriebenen Form ersichtlich wird. Dies ist der Fall

  • bei Graphemen, die dem Phonem i entsprechen, wenn dieses unbetont vor einem Vokal steht; bei volkstümlichen Wörtern wird dieses i dann konsonantisch ausgesprochen oder palatalisiert den vorausgehenden Konsonanten, bei gelehrten Wörtern wird das i vokalisch ausgesprochen. Hier ermöglicht (abgesehen natürlich vom Auswendiglernen) erst die Kenntnis darüber, ob das jeweilige Wort der volkstümlichen oder der gelehrten Tradition entstammt, die korrekte Aussprache.

Beispiele: άδεια - άδεια (adja - adia), ποιος - ποιότητα (pjos/pchos - piotita), έννοια - έννοια (ennja - ennia), λιακάδα - Ιλιάδα (ljakada - Iliada), μυαλό - μυαλγία (mjalos - mialjia)

  • bei den Konsonantkombinationen μπ, ντ, γκ, γγ sofern sie nicht am Wortanfang stehen; unter jedem dieser Digraphen sind zwei Aussprachevarianten vereint: b/mb, d/nd, g/ng, g/ng.

Beispiele: τούμπα - ταμπού (tumba - tabu), άντρας - ξεντύνω (andras - ksedino), αγκαλιάζω - ογκρατέν (angaliazo - ograten), άγγελος - επαγγελματίας (angelos - epagelmatias).

Immer wieder wird in der wissenschaftlichen Literatur auch das Beispiel βεντέτα zitiert, das strenggenommen zwei Homographen in sich vereint, also je nach Aussprache seine Bedeutung verändert: vendetta Blutrache - vedetta Berühmtheit.

Allerdings muß betont werden, daß die akkurate Unterscheidung zwischen den jeweiligen phonetischen Alternativen von vielen Griechen sprachlich nicht immer realisiert wird; für viele besteht beispielsweise gefühlsmäßig kein fundamentaler Unterschied zwischen den Lauten d und nd, weswegen ein Wort wie αντίο, was eigentlich als adio ausgesprochen werden müßte, mitunter auch als andio begegnet; dementsprechend unterscheiden die meisten Griechen in der Aussprache auch die beiden Varianten von βεντέτα nicht, und sogar in Lexika finden sich widersprüchliche Aussprachehinweise (ksedino und ksendino für ξεντύνω). Vor allem bei nicht-griechischen Namen und Fremdwörtern ist dieses Phänomen der Unschärfe gegeben; wird z.B. das Phonem d aus der Fremdsprache im Griechischen mit ντ wiedergegeben, kann es hinterher von griechischen Lesern fälschlicherweise als "nd" interpretiert werden. Auf diese Art und Weise entstehen sogar so exotische Aussprachevarianten wie Brand Pit (von Μπραντ Πιτ = Brad Pitt) oder Srender (von Σρεντερ = Schröder). Bei vielen Wörtern ist jedoch eine bestimmte Aussprache obligatorisch; so wäre es z.B. falsch, λάμπα (lamba = Lampe) als laba auszusprechen.

Diakritische Zeichen

Mit der Rechtschreibreform von 1982 wurden u.a. die bis dahin verwendeten Hauchzeichen (Spiritus asper und Spiritus lenis) sowie alle Akzente bis auf den Akut (´) „οξεία“ abgeschafft. Als orthographischer Ballast wurden sie bis dahin als Erbe des Altgriechischen mitgeschleppt, obwohl sie für die Aussprache des Neugriechischen keine Rolle mehr spielten.

Der weiter verwendete Akut zeigt immer die betonte Silbe eines mehrsilbigen Wortes an, bei den Digraphen (οι, αι, ει, ου, ευ, αυ) wird das Akzentzeichen immer auf den zweiten Buchstaben gesetzt. Um Ambiguitäten in der Orthographie zu vermeiden, wird der Akut bei einigen einsilbigen gleichlautenden Wortpaaren zur graphischen Unterscheidung eingesetzt, so z. B. bei η "die" (Artikel Fem. Sg.) vs. ή "oder", που (allg. Relativpronomen) vs. πού "wo" und πως "dass" vs. πώς "wie". Dies gilt nicht für das Homographenpaar δε/δε:

  • Εγώ δε διαβάζω. (beim Sprechen leichte Betonung auf dem δε) Ich lese nicht.
  • Εγώ δε διαβάζω. (beim Sprechen δε unbetont und enklitisch) Ich hingegen lese.

Das δε des zweiten Beispielsatzes entstammt der gelehrten Tradition des Griechischen und kommt meist nur in schriftlichen Texten, z.B. in Zeitungsessays, zur Anwendung. In fast allen Fällen handelt es sich bei δε um die Verneinungspartikel δε(ν) (= nicht)

Teilweise wird die bedeutungsunterscheidende Funktion des Akut kontextsensitiv gehandhabt: z. B. bekommt das einsilbige Personalpronomen μου "mir" nur dann einen Akzent, wenn es an seiner Position im Satz mit dem gleichgeschriebenen Possessivpronomen verwechselt werden könnte:

  • Η γυναίκα μου είπε ... Meine Frau sagte ...
  • Η γυναίκα μού είπε ... Die Frau sagte mir ...
  • Η γυναίκα μου μου είπε ... Meine Frau sagte mir ...

Der Doppelpunkt über den Vokalen ι oder υ (das „Trema“) ist kein Betonungszeichen, sondern typographischer Hinweis darauf, dass eine Buchstabenkombination aus 2 Vokalen nicht wie üblich als ein Laut, sondern als zwei getrennte Laute gesprochen werden soll (Diärese). Ohne Trema würde z. B. das Wort προϊστάμενος /pro-is-´tamenos/ (der Vorgesetzte) /pris´tamenos/ gesprochen. Fällt der Akzent auf den ersten der beiden Vokale, erübrigt sich das Trema und wird nicht gesetzt (κέικ /ke-ik/ Kuchen).

Transkriptionstabelle für modernes Griechisch

Zur Umschrift der griechischen Schreibung mit lateinischen Buchstaben siehe die Tabellen der Wikipedia Namenskonvention Neugriechisch. Die Transkription Neugriechisch/Deutsch wird nicht einheitlich gehandhabt, eine existierende ISO-Norm konnte sich bislang nicht durchsetzen. In der Namenskonvention Neugriechisch wird die Umschrift dargestellt, die zur einheitlichen Verwendung in der Wikipedia empfohlen wird.

Siehe auch

Literatur

  • Geschichte:
    • Francisco R. Adrados: Geschichte der griechischen Sprache von den Anfängen bis heute. Tübingen/Basel 2002.
    • Hans Eideneier: Von Rhapsodie zu Rap. Aspekte der griechischen Sprachgeschichte von Homer bis heute. Tübingen 1999.
    • Geoffrey C. Horrocks: Greek: A History of the Language and Its Speakers. Longman Linguistics Library. London (u.a.) 1997.
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