Autorikscha

motorisierte Variante der ursprünglich aus Japan stammenden Rikschas
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. August 2004 um 07:24 Uhr durch Tsui (Diskussion | Beiträge) (Fahrpreis und Trinkgeld: typo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Eine Autorikscha (kurz Auto, nicht zu verwechseln mit dem Gebrauch des Wortes in der deutschen Sprache), auch Motorikscha oder Trishaw, ist die motorisierte Variante der ursprünglich aus Indien stammenden Rikschas, zwei- oder dreirädrigen, entweder von einer Person zu Fuß oder mit einem Fahrrad (siehe auch Fahrradrikscha), gezogenen kleinen Wagen zur Personenbeförderung.

Autorikschas gehören heute zu den wichtigsten Verkehrsmitteln in Indien, Pakistan, Nepal, Bangladesch und Sri Lanka und sind auch in vielen anderen asiatischen Ländern weit verbreitet. Spezielle Varianten sind das thailändische Tuk-Tuk (meist stärker motorisiert) und der von Daihatsu hergestellte Midget (en: Zwerg), der in Indonesien als Bajaj bekannt ist. Der Daihatsu-Midget wird auch in Peru verwendet, wo die Fahrzeuge Mototaxis (kurz Moto) genannt werden.

Fahrzeug

Eine typische Autorikscha besteht aus einer Fahrgastkabine aus Blech mit einer Sitzbank für zwei bis drei Personen, einer kleinen Kabine für den Fahrer und drei Rädern, zwei unter der Fahrgastkabine, eines vorne. In manchen Gegenden Indiens wird der Fahrer Wallah genannt, was eigentlich der Name der Führer domestizierter Elefanten ist.

Es gibt sowohl kommerziell hergestellte Modelle, wie den Midget von Daihatsu oder die Autorikscha von Suzuki, als auch in lokalen Werkstätten zusammengebaute Fahrzeuge. Letztere bestehen im Allgemeinen aus dem Vorderteil und Motor eines Mopeds und einem Anhänger für die Fahrgäste auf zwei Rädern.

Gewöhnlich sind Autorikschas mit Zweitakt-Dieselmotoren ausgestattet und werden, wie Morräder, mit einer Lenkstange gesteuert, nicht mit einem Lenkrad. Bei älteren Modellen befindet sich der Motor vorne, bei neueren hinten, unterhalb der Fahrgastkabine. In Nordindien gibt es eine weitere, mit Harley-Davidson Motoren ausgerüstete, Variante, die wegen des Motorenklanges Phat-Phati genannt wird. Allerdings werden diese Phat-Phatis heute kaum mehr verwendet weil der Schadstoffausstoß und der Lärm zu groß sind.

Problematisch sind Autorikschas vor allem aus sicherheitstechnischen Gründen. Selbst an sich leichte Unfälle können für die Passagiere schlimm ausgehen, da das dünne Blech kaum Schutz bietet. Im Gegensatz zu geschlossenen PKWs besitzen Autorikschas natürlich keine Klimaanlage und bieten nur wenig Schutz vor Regen.

Indien

Autorikschas sind nicht nur ein wesentlicher Bestandteil des öffentlichen Verkehrs Indiens, sie sind auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Viele Fahrer wären arbeitslos, gäbe es nicht die "Autos". Daneben fahren auch immer mehr Studenten, um sich ihr Studium zu finanzieren. Alle größeren Banken bieten spezielle Kredite um Menschen die Möglichkeit zu geben sich eine Autorikscha zu kaufen und damit als 1-Mann-Betrieb selbstständig zu machen.

Die meisten indischen Autorikschas sind weder mit Türen, noch mit Sicherheitsgurten ausgestattet, haben aber ein schattenspendendes Dach. Sie sind meist gelb und schwarz. Bauweise und Austattung variieren allerdings stark in den verschiedenen Städten.

Mancherorts sind die Sitzbänke mit zusätzlichen Plätzen versehen um einem vierten Passagier Platz zu geben. Auch wenn der Transport von mehr als drei Personen in vielen Orten verboten ist, ist es nicht ungewöhnlich, dass Autorikschas bis zu acht Fahrgäste auf einmal befördern. Oft werden umgebaute Autorikschas auch als "Schulbusse" benutzt. Ausgestattet mit einer zusätlichen Sitzbank gegenüber der normalen und weiteren schmäleren an den Seiten können diese Fahrzeuge bis zu 20 Kinder aufnehmen. Da es mit derart überladenen Autorikschas immer wieder zu folgenschweren Unfällen kommt, werden sie inzwischen oft streng kontrolliert - nicht zuletzt auf Drängen besorgter Eltern. Dennoch treffen viele Eltern fixe Vereinbarungen mit den Fahrern, um die Kinder täglich zur Schule und danach wieder nach Hause zu bringen. Auch viele andere Kunden fahren täglich zu bestimmten Zeiten mit der Autorikscha zur Arbeit.

Reparaturen werden meist sehr schnell in einer der unzähligen kleinen Werkstätten durchgeführt, die in allen indischen Städten zu finden sind.

In Städten wie Hyderabad, wo die Nummerierung der Häuser mitunter recht komplex ist, sind die Fahrer oft die zuverlässigsten Helfer um eine bestimmte Adresse zu finden.

Verkehr

Indische Autorikschas haben eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 50 km/h, die normale Fahrgeschwindigkeit liegt bei etwa 35 km/h. In den großen Städten des Landes wurden deshalb verschiedene Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass die allgegenwärtigen Autorikschas den öffentlichen Verkehr behindern.

In Mumbai (früher Bombay) dürfen die Fahrzeuge die alten Stadtteile südlich von Bandra, mit ihren engen Gassen, nicht befahren. Auf den Hauptverkehrsstraßen von Chennai (früher Madras) wurden separate Spuren für Autorikschas und Mopeds eingezeichnet.

Umweltverschmutzung

Im Juli 1998 bestimmte das indische Höchstgericht (Supreme Court of India), dass alle Autorikschas und öffentlichen Busse der Stadt Delhi auf den Betrieb mit Erdgas oder Flüssiggas umgestellt werden müssen. In der Folge konnte eine deutliche Verbesserung der Luftqualität verzeichnet werden, was gerade für eine Stadt wie Delhi, wo es nicht ungewöhnlich ist Fußgänger mit Schutzmasken zu sehen, einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität bedeutet. Die Versorgung ist allerdings noch nicht optimal gelöst. So müssen die Fahrer sich nicht selten in lange Warteschlangen einreihen, um die Gastanks wieder befüllen zu lassen. Andere regionale Regierungen versuchen darüber hinaus die Zweitaktmotoren allmählich durch Viertakter zu ersetzen.

Wissenschaftler des Indian Institute of Science entwickelten den Prototyp eines Hybridantriebs für Autorikschas, der sowohl mit fossilen Brennstoffen wie auch mit elektrischer Energie betrieben werden kann.

Fahrpreis und Trinkgeld

Taxameter sind grundsätzlich gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings verfügen viele Autorikschas über keinen, oder die Fahrer ziehen es vor ihn nicht zu benutzen und den Fahrpreis mit dem Fahrgast auzuhandeln.

Die Fahrer stehen in Indien im schlechten Ruf entweder fehlerhafte Taxameter zu verwenden oder Umwege zu fahren um den Fahrpreis in die Höhe zu treiben. Umgekehrt beklagen viele Fahrer und ihre in manchen Städten einflußreichen Gewerkschaften, dass die gesetzlich geregelten Preise die realen Kosten nicht decken.

 
Autorikscha in Mumbai

In einigen großen Städten wie Delhi, Mumbai (früher Bombay), Kolkata (Kalkutta), Chennai (Madras), Hyderabad und Bangalore wurden von den Stadtregierungen pre-paid Systeme eingeführt, bei denen Kunden Tickets zu festgelegten Preisen für bestimmte Entfernungen kaufen und den Fahrern nach der Fahrt übergeben. Die Fahrer können diese Tickets dann wiederum einlösen. Das System konnte sich bisher allerdings nicht durchsetzen, da nur wenige potentiellen Fahrgäste bereit sind sich zum Kauf der Tickets anzustellen und nicht statt dessen eine vorbeikommende Autorikscha anzuhalten und, wie gewohnt, den Preis auszuhandeln.

Da es nicht ungewöhnlich ist, dass sich mehrere Fremde mit ähnlichen Fahrzielen eine Autorikscha teilen, entstanden verschiedene größerer Versionen mit bis zu acht regulären Sitzplätzen. In Delhi werden sie Phat-a-phat genannt, die Version in Hyderabad heißt 8-seater auto (8-Sitzer Auto) und in Chennai fahren die Palamboo Vans. Der Preis ist ähnlich fixiert wie bei den Bussen der öffentlichen Verkehrsbetriebe, allerdings bieten diese Autorikschas eine flexiblere und oft auch zuverlässigere Alternative.

Es gibt keine einheitlichen, für ganz Indien geltenden, Regeln zum Geben von Trinkgeld. Allgemein üblich ist es allerdings, dass Fahrgäste zum nächsten vollen Betrag in Rupien aufrunden. Die Fahrer sind meist auch wenig begeistert, wenn ein Fahrgast darauf besteht das Kleingeld (Chillara) ausbezahlt zu bekommen.

Schmuck und Werbeträger

Autorikschas sind nur selten nicht mit Aufklebern, Postern oder Werbebotschaften geschmückt. Viele Fahrer tragen ihre Vorliebe für bestimmte Filme und Filmstars (siehe auch Bollywood) oder berühmte Cricket-Spieler zur Schau, indem sie deren Poster meist an der Rückseite ihres Fahrzeugs anbringen.

Daneben sind Glaubensbekundungen zu Ehren hinduistischer Götter wie "Jai Bajrang Bali" (zu Ehren des Hanuman) oder "Jai ma Kali" weit verbreitet. Auch "Jesus loves you", "Jehova, the lord is my protector" oder eine Kombination der Symbole der Weltreligionen (das hinduistisch-buddhistische Om, ॐ, das christliche Kreuz sowie Stern und Halbmond für den Islam) sind oft zu sehen. Letzters half schon manchem Fahrern sein Fahrzeug während der immer wieder ausbrechenden Konflikte zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen vor Schaden zu bewahren.

Auch weltliche Aussagen, wie der auf die Geburtenkontrolle bezogene Slogan "Small family, happy family" ("Kleine Familie, glückliche Familie") oder "Don't pollite the air" (kein Tippfehler, "Verschmutzt nicht die Luft") sind keine Seltenheit. Autorikschas dienen auch als Werbeträger. In Bangalore, dem "indischen Silicon Valley", findet sich zum Beispiel Werbung für Schulen die Unterricht in verschiedenen Programmiersprachen anbieten.

Mitunter sind Autorikschas auch mit Stereoanlagen ausgestattet, die die aktuellsten Hits abspielen - gewöhnlich so laut, dass sie den Motorenlärm halbwegs übertönen.

Die Fahrer selbst tragen meist Gewänder in khaki-Grün.

Verbrechen

In vielen südindischen Städten haben die Fahrer einen Reputation als notorische Kriminelle. Die Anschuldigungen reichen von Taschendiebstahl, über chain snatching (ein umgangssprachlicher Ausdruck für das Stehlen der Ketten wie sie von vielen indischen Frauen getragen werden), bis zu Extremfällen wie Entführung und Mord. Tatsächlich gab es in Chennai 1980 einen Fall eines Mörders, der Autorikscha-Fahrer war; in den Zeitungen wurde er Auto Shankar genannt. Das Bild der Fahrer in der öffentlichen Meinung hat in diesen Städten beträchtlich gelitten. Allerdings geht die Zahl krimineller Übergriffe durch Fahrer kontinuierlich zurück, nicht zuletzt auch weil immer mehr gut ausgebildete junge Männer diesen Beruf ausüben da er ihnen einen Weg in die Selbständigkeit eröffnet. Immer wieder berichten Zeitungen auch über Fahrer, die von Fahrgästen vergessene Gegenstände bei der Polizei abgeben oder gleich direkt zu den Kunden bringen.

Autorikschas im Kino

Die Fahrer werden in Bollywood-Filmen meist negativ charakterisiert, sind die Böswichte die Fahrgäste entführen oder zumindest um ihr Geld bringen. Eine Ausnahme ist der, vom tamilischen Schauspieler Rajinikanth dargestellte, Autorikscha-Fahrer der in dem Film Baasha als großer Wohltäter auftritt. Bilder des Schauspielers sind an den Autorikschas im Bundesstaat Tamil Nadu dementsprechend oft zu sehen.

Im 13. James Bond Film, "Octopussy", entkommen Bond und ein weiterer Agent ihren Feinden in einer Autorikscha.

Pakistan

Die in Pakistan am weitesten verbreitete Version von Autorikschas sind jene der Firma Suzuki. Wegen der durch die Abgase verursachten Luftverschmutzung werden sie in den großen Städten langsam zurückgedrängt. Environment Canada, das kanadische Umweltministerium, führt in Lahore, Karatschi und Quetta Pilotprojekte durch, um die Fahrzeuge auf den Betrieb mit Erdgas umzustellen.

2001 kam es in Peschawar zu einer Demonstration der Autorikscha-Fahrer gegen die von den USA angeführte Invasion in Afghanistan.

Datei:Daihatsu Midget.jpg
Modell eines Daihatsu Midget

Indonesien

In Indonesien ist das das Modell Midget von Daihatsu, hier Bajaj genannt, das meistbenutzte und steht in Konkurrenz mit den Becaks (siehe auch Fahrradrikscha) und gewöhnlichen Taxis.

Thailand

Die thailändischen Tuk-Tuks sind charakteristisch für das Straßenbild Bangkoks und der anderen großen Städte. Es gab sogar bereits eine Initiative, die Tuk-Tuks zu Thailands "nationalem Fahrzeug" zu erklären. Was allerdings bisher nicht geschah.

Das Tuk-Tuk ist die Weiterentwicklung eines japanischen Version der Fahrrad-betriebenen Rikscha aus den 1950er Jahren. Heutige Tuk-Tuks sind ungleich stärker motorisiert als die indischen Autorikschas, sind manchmal sogar schneller als die PKW-Taxis. Der Preis für eine Fahrt ist damit auch der selbe wie für eine Taxifahrt. Fahrgäste sollten, wie auch bei den Taxis in Thailand, darauf bestehen, dass der Fahrer den Taxameter einschaltet.

Peru

Wie in Indonesien, ist auch in Peru das Modell Midget von Daihatsu unter den kommerziell hergestellten Fahrzeugen das am weitesten verbreitete. Die Fahrzeuge werden hier Mototaxi, oder kurz Moto, genannt. Daneben gibt es aber auch viele selbst gebaute Motos, zusammengebaut aus dem Vorderteil eines Motorrads oder Mopeds und einem zweirädrigen Anhänger für die Passagiere.