Gertrud Schröter (* 23. Juli 1913 in Celle als Gertrud Elsner; † 26. Juni 1999 in Torgau) war eine deutsche Antifaschistin, langjährige niedersächsische Landesvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), Mitbegründerin der AG Bergen-Belsen und Trägerin des Niedersächsischen Verdienstordens und der Ehrenmedaille des deutschen Widerstandes.
Leben
Gertrud Elsner machte nach der Schulzeit eine Lehre im Konsum. Mit 32 Jahren wurde sie Verkaufsstellenleiterin. Nach der Heirat mit Rudolf Schröter (1937) wurde 1939 ihre Tochter Edith geboren. Ihr Mann wurde 1940 zum Militär eingezogen und kam erst 1947 wieder nach Hause. Ihr Vater Otto Elsner[1] war Mitglied der KPD und im KZ Sachsenhausen interniert.[2][3]
Einsatz für Kinder und weiteres Leben
„Ich habe mich für Kinder eingesetzt. Das hatte einen persönlichen Grund. Ich wollte so gern Lehrerin werden, aber dieser Wunsch hat sich leider nicht erfüllt.“
Ab 1954 organisierte Gertrud Schröter Ferienfreizeiten für Kinder aus sozial schwachen Familien – preiswerte Reisen in Ferienlager der DDR. Sie arbeitete mit in der Arbeitsgemeinschaft "Frohe Ferien für alle Kinder"[4][5].
Nach dem Verbot der KPD (1956) wurde Gertrud Schröter "wegen landesverräterischer Beziehungen" angeklagt – gemeint waren die Kinderferienlager in der DDR. Sie erhielt am 7. Juni 1961 eine 502-seitige Anklageschrift[6]. Der Prozess begann am 21. September 1961 vor dem Landgericht Lüneburg. Die Verteidigung übernahm Diether Posser[7] Am 4. November 1961 folgte die Urteilsverkündung: 1 Jahr Haft und 5 Jahre Ehrverlust. Die Haft trat sie am 3. März 1963 im Frauengefängnis Vechta an. Ihren 50. Geburtstag beging sie im Gefängnis – dabei durfte sie keine Blumen empfangen. Ein Antrag auf Verkürzung der Strafe wird abgelehnt, aber kurz vor Weihnachten wird sie entlassen.[8] 1963 trat Gertrud Schröter in die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes ein. 1995 erhielt sie den Niedersächsischen Verdienstorden. Sie starb am 26. Juni 1999 in Torgau bei ihrer Tochter Edith Jäger.[9]
Mitarbeit in der AG Bergen-Belsen
Im März 1985 war Schröter Mitbegründerin der AG Bergen-Belsen. Bis zu ihrem Tod war sie im Vorstand tätig. Über lange Jahre hin führte sie Besucher über die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen und bot mit anderen Mitgliedern Informationen am Büchertisch der AG Bergen-Belsen in der Gedenkstätte an.
„Als ich 1978 mit meiner Konfirmandengruppe die Gedenkstätte des KZ Bergen-Belsen besuchen wollte, war ich froh, auf Gertrud Schröter aufmerksam geworden zu sein. Es gab sonst niemanden, der uns durch das Dokumentenhaus und über das Gelände hätte führen und über das dortige Geschehen aufklären können. Meines Wissens war sie zu der Zeit die einzige kompetente Person, die das seit 1963 tat.“
Wenn sie gefragt wurde, ob sie im KZ gewesen sei, antwortete sie: "Nein, ich nicht, aber mein Vater. und ich habe damals nicht einmal gewusst, wo er inhaftiert war."[10]
Politische Arbeit und Nachleben
In Celle wurde von Frauenrechtlerinnen am 8. März 2020 der Thaerplatz in Gertrud-Schröter-Platz umbenannt.[11][12] Die Straßenbenennung in Celle erregte Unwillen auch beim "Projekt Celle im Nationalsozialismus.[13] Das Mahnmal zum Massaker von Celle hat Gertrud Schröter in der Entstehungsphase stark kritisiert: ""Ein Hohn! Von den 250 eingereichten Entwürfen der weitaus schlechteste!" schimpft die Celler Bürgerin Gertrud Schröter, die noch heute, mit 82 Jahren, Führungen durch Bergen Belsen leitet. "Im Kasten spielen die Kurdenkinder. Und wenn der Baum in der Mitte die Blätter abwirft, ist der Text zugedeckt. So soll es wohl auch sein"!"[14]
Literatur
- Maria von Fransecky: Alles, was vergessen wird, geschieht, Verlag: Atelier im Bauernhaus Fischerhude, 1988, ISBN-13: 9783881320740
- AG Bergen-Belsen: Gertrud Schröter – Kämpferin gegen das Vergessen. Beilage zum Rundbrief 37, 0ktober 2020.
- Rolf Gössner: Nachruf auf eine "Landesverräterin", Neues Deutschland vom 1. September 1999
- Lutz Lehmann: legal & opportun. Politische Justiz in der Bundesrepublik. Voltaire-Verlag, 1966
Einzelnachweise
- ↑ DKP Celle (Herausgeber): Otto Elser. Ein Celler Arbeiterfunktionär (1985)
- ↑ Rudolf Schröters Vater war kommunistischer Abgeordneter im Celler Stadtparlament. Nach dem Reichstagsbrand 1933 kam er ins KZ Sachsenhausen.
- ↑ Mai 1945 ernannten die Engländer meinen Vater zum Dezernenten für Wohnungs- und Siedlungswesen. Später wurde mein Vater als Abgeordneter in den Rat der Stadt Celle gewählt und genoß unter der Bevölkerung hohes Ansehen. (Quelle: Maria von Fransecky, S. 25)
- ↑ Burga Kalinowski, Kinderfreizeit vor Gericht Westdeutsche Kinder in DDR-Ferienlager. Verbot der Aktion »Frohe Ferien für alle Kinder«, in: Junge Welt, Dienstag, 13. April 2021, Nr. 85
- ↑ Jens Niederhut, Frohe Ferien in der DDR/Kommunismus und Antikommunismus in den 1950er Jahren, 16. November 2011 im Deutschlandarchiv der Bundeszentrale für Politische Bildung
- ↑ Thomas Gerlach beschreibt in einem Artikel der taz das Engagement von Gertrud Schröter und ihrer Freundin Elfriede Kautz. Thomas Gerlach: Anklägerin im leeren Raum, taz, 29. Juni 2000
- ↑ Diether Posser - Anwalt des Rechtsstaates in restaurativen Zeiten
- ↑ Es hatte viele Proteste von Persönlichkeiten wie Gustav Heinemann, Heinrich Albertz, Martin Niemöller u. a. gegeben.(siehe Eckard Bretzke/AG Bergen-Belsen, Gertrud Schröter - Kämpferin gegen das Vergessen, (o. J.), S. 4)
- ↑ Rolf Gössner, Nachruf auf eine "Landesverräterin", Neues Deutschland vom 1. September 1999
- ↑ Eckard Bretzke, Kämpferin gegen das Vergessen, siehe Literatur, S. 3
- ↑ Gertrud-Schröter-Platz in Celle eingeweiht
- ↑ Weltfrauentag: Aus Thaerplatz wird Gertrud-Schröter-Platz (Celle heute, 10. März 2020)
- ↑ Gertrud Schröter hat gefordert, eine Straße nach ihrem Vater, dem Kommunisten Otto Elsner zu benennen.
- ↑ in: Peter Schneider, Was die Zwanzigjährigen der Holocaust angeht
Personendaten | |
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NAME | Schröter, Gertrud |
ALTERNATIVNAMEN | Elsner, Gertrud (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | Antifaschistin |
GEBURTSDATUM | 23. Juli 1913 |
GEBURTSORT | Celle |
STERBEDATUM | 26. Juni 1999 |
STERBEORT | Torgau |