Lithografie

Flachdruckverfahren
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Als Lithografie bzw. Lithographie (v. altgriech.: lithos λίθος = Stein + graphein γράφειν = schreiben) werden bezeichnet:

  • die Steinzeichnung als künstlerisches Ausgangsprodukt zur Vervielfältigung mittels Steindruckverfahrens (dieses gehört zu den Flachdruck-Verfahren)
  • der Steindruck als das Ergebnis dieser Vervielfältigung
  • das handwerkliche oder maschinelle Steindruckverfahren an sich; in der Kurzform wird dieses ebenfalls als Steindruck bezeichnet
Spiegelbildliche Steinplatte und seitenrichtiger Abdruck einer Karte von München

Ein Lithograf ist eine Person, die als Steinzeichner (künstlerischer Part) oder Steindrucker (handwerklicher Part) an der Herstellung von Lithografien beteiligt ist oder beide Parts übernimmt.

Technik

 
Litografische Presse im Landesamt für Vermessung und Geoinformation München
Datei:C-M-Wieland-1933.jpg
Lithografie mit Christoph Martin Wielands Geburtshaus

Die zu druckende Zeichnung wird mit einer fetthaltigen Substanz auf den speziell zubereiteten (geschliffenen, gekörnten und entfetteten) feinporigen Kalkstein aufgebracht (z. B. Lithokreide oder -tusche). Um die fetthaltige Zeichnung auf dem Stein zu stabilisieren und die nicht zu druckenden Partien für die Farbe unempfindlich zu machen, wird der Stein mit Talk überwischt (damit es der so genannten Ätze möglich wird, an alle freien Stellen zu gelangen). Anschließend wird die Ätze (meist eine Mischung aus Gummi Arabicum und Salpetersäure) aufgetragen. Diese reagiert nun auf dem ungeschützten Grund der Zeichnung . Anschließend wird der Stein mit Gummi Arabicum überzogen, welches sodann von der Zeichnung herunter poliert wird, jedoch an den unbezeichneten Stellen im Stein verbleibt.

Ist der Stein getrocknet, wird die Farbe mit einem fetthaltigen Lösungsmittel (Terpentin, Lampenöl o. ä.) ausgewaschen, sodass auf dem Stein die Zeichnung nur noch als Fettgrund zurückbleibt, auf die die ebenfalls fetthaltige Druckerfarbe aufgetragen wird. Die Zeichnung stößt das Wasser ab (ist also hydrophob) und bindet die Farbe (ist lipophil), während der Stein das Wasser durch die in ihm abgelagerten Gummireste hält und deswegen keine Farbe annimmt.

Zum Drucken wird nun meist ein leicht befeuchtetes Blatt Papier auf die Steinplatte aufgelegt und mittels einer geeigneten Presse unter sehr starkem Druck (im Gegensatz zum Hochdruck) auf diese gepresst. Einen neuen Abzug zu erstellen ist ein relativ geringer Aufwand. Die Platte muss nur erneut eingefärbt und erneut Papier aufgepresst werden. Wie bei allen direkten druckgrafischen Techniken entsteht so ein spiegelbildlicher Abdruck der Zeichnung.

Der spiegelbildliche Abdruck kann jedoch durch eine spezielle Technik vermieden werden: Zur Übertragung der Zeichnung auf den Stein wird dabei ein spezielles Papier verwendet. Auf diesem erfolgt die Zeichnung mit lithografischer Kreide oder Tusche auf dem Papier und wird anschließend auf den Stein übertragen. Diese Technik wird auch Papierlithografie oder Autografie genannt. In der Wissenschaft von den grafischen Techniken gibt es Vertreter, die die Umdruck-Lithografie bereits als Grenzfall der Originalgrafik ansehen (siehe auch Grafik, Kapitel Original und Reproduktion). Viele Künstler haben sich jedoch des Umdruckpapiers bedient, neben Daumier und Toulouse-Lautrec auch Nolde, Barlach, Matisse und Kokoschka. Diese Technik hat allerdings einen Qualitätsverlust im Druckbild zur Folge.

Nach der Benutzung kann der Stein, in der Regel ein feinkörniger Kalkstein, durch Abschleifen wiederverwendet werden. In Deutschland wird oft Kalkstein aus der Gegend von Solnhofen (Bayern, Fränkischer Jura) benutzt.

Weitere Unterarten der Lithografie sind die Pinsel-Lithografie, die Feder-Lithografie und die Kreide-Lithografie.

Geschichte

 
Martha Washington, Ehefrau George Washingtons, Lithografie, 1864
 
Gargantua (Lithografie von Daumier)

Die Technik des Steindrucks wurde 1798 von Alois Senefelder entdeckt. Seit 1803 wurde diese Technik in Frankreich Lithographie genannt. Zunächst wurde der Steindruck nur für nichtkünstlerische Zwecke wie Text- und Notendruck verwendet. Der Musikverleger Johann Anton André aus Offenbach am Main veranlasste die Verwendung der Lithografie für die Vervielfältigung von bildnerischen Darstellungen. Er leitete damit die Entwicklung der Künstler-Lithografie ein.

Die Lithografie wurde von den damaligen Künstlern schnell aufgegriffen, denn von allen grafischen Verfahren kommt es der "handschriftlichen" Arbeit am nächsten. Weder braucht der Künstler spezielle chemische Kenntnisse (wie bei Radierung oder Aquatinta), noch muss er wie etwa beim Kupferstich mit Werkzeug die Widerstände des Materials überwinden. Darüber hinaus war die Lithografie in Verbindung mit Druckpressen ein wirtschaftliches Massendruckverfahren, das Vervielfältigungen in nahezu unbegrenzter Zahl erlaubte.

Die Lithografie wurde daher nicht nur schnell zur autonomen Kunstform, die es dem Maler und Zeichner erlaubte, den ursprünglichen Charakter der Zeichnung zu bewahren; sie war auch für die Presse in den Zeiten vor der Fotografie ein schnelles Medium, aktuelles Zeitgeschehen bildhaft wiederzugeben. Einer der Ersten, der dieses Medium deshalb aufgriff, war Honoré Daumier, der über seine in kritischen Zeitschriften veröffentlichten Karikaturen die politischen Zustände von ca. 1830 bis 1872 angriff.

1837 patentierte der französische Lithograph Godefroy Engelmann eine farbige Form der Lithografie unter dem Namen Chromolithografie, das bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts das gängige Verfahren für hochqualitative farbige Illustrationen sein sollte. So hochwertig die Chromolithografien auch sind - nach dem Lichtdruck das wohl beste Druckverfahren überhaupt - so aufwendig ist auch ihre Ausführung. Das farbig zu druckende Bild wurde in bis zu 21 Grundfarben zerlegt und anschließend in ebensovielen Schritten (wie weiter oben beschrieben) übereinander gedruckt. Das Ergebnis ist ein praktisch rasterfreies Bild, in seiner Auflösung nur beschränkt durch die Genauigkeit, mit der die Farbsteine bearbeitet wurden, das von der Farbqualität beinahe an echte Ölfarben herankommt. Große Verlagshäuser wie das Bibliographische Institut Leipzig und Wien beschäftigten gegen Ende des 19. Jahrhunderts riesige Abteilungen, die alleine mit dieser höchsten Kunstform der Lithografietechnik beschäftigt waren.

Die Lithografie wurde rasch auch von der Werbung aufgegriffen. Bedingt durch diese neue, preisgünstige Technik begannen Werbeplakate und Litfaßsäulen das Stadtbild zu verändern. Eine führende Rolle für die Entwicklung der frühen Plakate spielten französische Künstler und unter ihnen vor allem Toulouse-Lautrec. Er bevorzugte großformatige Blätter, verbunden mit einer leicht zu handhabenden Kolorierung von wenigen Farbsteinen in Gelb, Rot und Blau, die auch von der Ferne anziehend wirkten.

Der Siegeszug des Plakates erzeugte einen Bedarf an Spezialisten, aus dem sich um die Jahrhundertwende der Beruf des Plakatgestalters und Grafikdesigners entwickelte.

Da die Lithografie mit dem Aufkommen des bis heute gängigen Offsetdrucks, einem Flachdruck-Verfahren, ausstarb, sind vor allem Chromolithografien heute begehrte Sammelobjekte, die in Form ganzer Bücher teilweise enorme Preise erreichen.

Bekannte Lithografen

Siehe auch

Commons: Category:Lithography – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien