Tiergarten ist ein anderes Wort für Zoo (Zoologischer Garten oder Tierpark). Häufiger ist mit Tiergarten jedoch ein Ortsteil im Bezirk Berlin-Mitte gemeint. Der Artikel befasst sich mit diesem Bezirk.
Der Tiergarten war bis zum Jahr 2000 ein selbständiger Verwaltungsbezirk im Westteil von Berlin und wurde im Zuge der Berliner Verwaltungsreform im Jahre 2001 mit den Bezirken Wedding und Mitte zu dem neuen Verwaltungsbezirk Berlin-Mitte fusioniert.
Die Besonderheit ist hierbei, dass zwei Bezirke aus dem ehem. Westteil der Stadt (Tiergarten und Wedding) mit einem Bezirk aus dem ehem. Ostteil zusammengelegt wurden. Diese Konstellation ergab sich noch einmal bei der Fusion von Friedrichshain und Kreuzberg.
Zahlen, Daten, Fakten
Der ehemalige Bezirk und heutige Ortsteil Tiergarten hat eine Fläche von 1.337 Hektar. Die 89 000 Einwohner des Teilbezirkes setzten sich zum größten Teil aus Menschen der unteren sozialen Mittelschicht und der oberen sozialen Unterschicht zusammen.
Das Haushalts-Nettoeinkommen (pro Monat) beträgt ca. 1.300,- € in Tiergarten und liegt damit am unteren Rand der Berliner Einkommensskala zwischen den Bezirken Zehlendorf im Süd-Westen mit ca. 2.200,- € und dem Bezirk Kreuzberg mit 1.230,- €.
Verglichen mit anderen Großstädten sind die Lebenshaltungskosten in Berlin generell relativ gering. Aufgrund der niedrigen Kaufkraftrate in Tiergarten, sind die Wohnungsmieten z.T. erstaunlich günstig. Es gibt jedoch auch eine Vielzahl von privaten Wohneinheiten auf dem Mietwohnungsmarkt, die nicht den heutigen Mindestanforderungen an den öffentlichen sozialen Wohnungsbau entsprechen.
Das Haushaltsvolumen des Großbezirkes Mitte liegt zwischen geplanten 650 Millionen Euro und möglichen 718 Millionen Euro p.a.
Die Bevölkerung des Bezirks stammt aus vielen verschiedenen Ländern. Die Kriminalitätsrate ist für Berliner Verhältnisse durchschnittlich. Einpersonenhaushalte und Mehrpersonenhaushalte halten sich in etwa die Waage.
- Durchschnittsalter - 38,9 J.
- Lebenserwartung Männer - 70,33
- Lebenserwartung Frauen - 78,47
- Sozialhilfeempfänger - 11,2 %
- Ausländeranteil ca. 28%
- Türken davon ca. 37 %
- EU-Länder davon ca. 12%
- Jugoslawen davon ca. 5 %
- Polen davon ca.5 %
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Es gibt aufgrund der ethnischen Zusammensetzung ein reichhaltiges kulturelles Leben mit multikulturellen Einflüssen, das die Bewohner nutzen können. Im Teilbezirk Tiergarten findet, neben einer Vielzahl kleinerer Veranstaltungen und nationaler Ereignisse, auch einmal jährlich die größte Techno-Party der Welt, die Love-Parade, statt.
Touristische Anlaufpunkte:
- Regierungsviertel mit
- Bundeskanzleramt und
- Reichstag
- Botschaftsviertel
- Großer Tiergarten (größte innerstädtische Grünfläche Berlins) mit
- Siegessäule
- Haus der Kulturen der Welt (ehemalige Kongresshalle)
- Hansaviertel (Internationale Bauausstellung von 1957)
- Potsdamer Platz mit
- Sony-Center
- Potsdamer-Platz-Arkaden
- Kulturforum mit
- Gemäldegalerie Berlin
- Kupferstichkabinett
- Musikinstrumentenmuseum Berlin
- Neue Nationalgalerie
- Philharmonie und Kammermusiksaal ("Kleine Philharmonie")
Geschichte des Tiergartens
1527 wurde in dem Wald westlich der Cöllner Stadtmauer, ein Tiergarten, der als Jagdrevier diente, angelegt.
Die Hugenotten, die anfangs des 18. Jahrhunderts nach Berlin kamen, züchteten Seidenraupen und legten Maulbeerplantagen an. Auf dem Gelände des späteren Lehrter Stadtbahnhofs wurde 1717 die so genannte Pulvermühle errichtet: hier wurde für das Heer Schießpulver hergestellt. Der Tiergarten wurde zu dieser Zeit militärisch gebraucht. In der Invalidenstraße lag die Ulanen-Kaserne, es gab Exerzierplätze, ein Artilleriedepot mit einem Pulverlaboratorium an der Kruppstraße. König Friedrich II. jagte nicht gerne, er ließ 1742 den Knobelsdorff in einen Lustpark umwandeln. An dessen Ostgrenze wurde 1788 bis -91 von Carl Gotthard Langhans das Brandenburger Tor errichtet.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begannen die Bauarbeiten für die Kolonie Neu-Moabit. Die definitive Umgestaltung des Tiergartens in einen Park erfolgte 1833-40 nach dem Plan von Peter Joseph Lennés.
1745 hatten Esaias Dortu und Martin Thomassin begonnen, neben der neu entstandenen Fasanerie - der Ursprung des Zoologischen Gartens - Zelte aufzustellen und Erfrischung zu verkaufen. Dort entstand die Straße In den Zelten. Der Berliner Zoo eröffnete 1844.
Bei der März-Revolution wurde auch der Berliner Tiergarten einbezogen. Die Revolutionäre forderten hier In den Zelten bei ihrer ersten Versammlung am 6. März 1848 die Abschaffung der Zensur. Die staatliche Justitia habe aber bereits rechtzeitig für zukünftige Unruhen vorgesorgt und 1847 das später berühmt-berüchtigte Gefängnis Moabit eröffnet. Der Ursprung des Ortsnamens Moabit liegt vermutlich im französischen: terre de moab, eingeführt durch die Hugenotten - nach dem alttestamentarische Moabiter-Land: bei ihrem Auszug aus Ägypten gewährte das Moabiter Land den Israeliten Asyl.
Während des zweiten Weltkriegs und in der Zeit der Berliner Blockade haben die frierenden und hungernden Berliner auch dem Tiergarten zugesetzt, die Bäume und Sträucher wurden verheizt, die Berliner bauten auf der Fläche auch ihr Gemüse an, verwilderte Hauskaninchen waren die wichtigsten Tiere des einstigen Tiergartens und willkommene Speise für diejenigen, die sie zu fangen verstanden. Ab 1950 wurde wieder aufgeforstet, aus der noch jungen Bundesrepublik kamen Tausende von gespendeten Jungbäumen in die ehemalige Hauptstadt. Die naturnahe Parklandschaft mit zahlreichen Wiesen und kleinen Wasserteichen war in den Jahren der Trennung und Isolation für die eingeschlossenen Großstadtbewohner ein wichtiges Naherholungsgebiet. Ein Hauch von Central Parc mitten in Berlin. Der Engel wacht darüber von einer hohen Siegessäule mitten im Park, ein Symbol für alle Berliner, nur mit der Freiheitsstatue von New York zu vergleichen. In der preußischen Hauptstadt ist es der Siegesengel, in München heißt jedoch die entsprechende Flügelgestalt der Friedensengel.
Die ehemalige Kongresshalle, heute Haus der Kulturen der Welt, war 1957 ein Geschenk an die Westberliner aus den USA, die Berliner haben für Schinkels Berlin das wohl gewöhnungsbedürftige Gebäude in "Schwangere Auster" umgetauft und jahrzehntelang so behandelt, wie es sich für derartige Geschenke gehört: liebevoll distanziert. Doch als einmal 1980 das Meisterwerk der US-amerikanischen Baukunst in sich zusammenstürzte, und sogar einen Passanten erschlug, bauten sie es, trotz aller Bedenken, diesmal mit deutscher Gründlichkeit, gleich selbst wieder auf.
Der Bahnhof Zoo, eigentlich gar kein richtiger Bahnhof für eine Großstadt, sondern nur eine etwas ausgebautere Station, war für Berlin lange Jahrzehnte, wie der Flughafen Tempelhof ein Symbol für die wichtige Verbindung mit der Bundesrepublik und die einzige Bahnhaltestelle für die internationalen Züge. Mit der auch verfilmten Geschichte vom Drogen- und Kinderprostitution - Christiane F.: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo - erlangte er wohl eine ungewünschte Berühmtheit. Der schmale Bahnhof und die ganze DDR-Reichsbahn waren, wie die auch Berliner Stadtbahn, hauptsächlich ein Zeichen für ein lang anhaltendes Provisorium.
Quellen:
- Statistisches Landesamt Berlin
- Entscheider-Studie, Berliner Zeitung 2001