Stolberg (Rheinland)
Stolberg (Rhld.) [lies mit kurzem o, Mittelzentrum und eine kreisangehörige Stadt im Kreis Aachen in Nordrhein-Westfalen. Sie ist die bevölkerungsreichste und flächenmäßig zweitgrößte Stadt des Kreises Aachen. Stolberg gehört zum Regierungsbezirk Köln, zum Bezirk des Amtsgerichts Eschweiler sowie innerhalb der Polizeiinspektion Kreis Aachen zum Bezirksdienst Südkreis. Seit 2004 gehört Stolberg zur Städteregion Aachen. Der Name der Stadt stammt von der Burg, bei der die Ursprünge des Ortes liegen. Stolbergs Spitzname Kupferstadt weist auf die lange Tradition seiner metallverarbeitenden Industrie hin. Die Stadt feiert in diesem Jahr 150 Jahre Stadtrechte und 888 Jahre urkundliche Ersterwähnung. Aus diesem Anlass wurde auch von der Sparkasse Aachen eine Gedenkmedaille aus Silber geprägt.
] ist einStolberg | |
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Blick von der Terrasse der Burg Stolberg auf die Stolberger Innenstadt mit dem Rathaus | |
Wappen | Karte |
Stadtwappen der Stadt Stolberg (Rhld.) | ![]() |
Basisdaten | |
Bundesland: | Nordrhein-Westfalen |
Regierungsbezirk: | Köln |
Kreis: | Aachen |
Geografische Lage: | Vorlage:Koordinate Text Artikel |
Höhe: | 260 m ü. NN |
Fläche: | 98,52 km² |
Einwohner: | 58.023 (31. Dezember 2005) |
Bevölkerungsdichte: | 597 Einwohner je km² |
Postleitzahlen: | 52222, 52223 u. 52224 (alt 5190) |
Vorwahl: | 02402 (Venwegen 02408) |
Kfz-Kennzeichen: | AC |
Gemeindeschlüssel: | 05 3 54 032 |
Stadtgliederung: | 18 Stadtteile |
Adresse der Stadtverwaltung: | Rathausstraße 11–13 52222 Stolberg (Rhld.) |
Website: | www.stolberg.de |
E-Mail-Adresse: | info@stolberg.de |
Politik | |
Arbeitslosigkeit: | 15,6% (Nov. 05) |
Bürgermeister: | Ferdinand Gatzweiler (SPD) |
Geografie
Lage
Die Stadt Stolberg liegt in der Voreifel in einem vom Vichtbach durchflossenen Tal. Sie befindet sich in der Nähe zum Dreiländereck Deutschland-Belgien-Niederlande bei Aachen. Die Talsohle des Vichtbachs ist zwischen Hammerberg und Bauschenberg nur 300 m breit, zwischen Donnerberg und Burgstüttgen gar nur 250 m. Von der Talsohle, die 180 bis 200 m über NN liegt, beträgt der Anstieg bis zu den Höhenstadtteilen im Osten und Westen (Donnerberg, Münsterbusch) rund 90 m.
Aufschlüsselung der Fläche
- Gesamtfläche 9.831 ha, davon:
- Landwirtschaftlich genutzte Flächen 2.622 ha
- Waldflächen 4.822 ha
- Wasserflächen 130 ha
- Gebäude- und Freiflächen 1.404 ha
- Verkehrsflächen 414 ha
- Flächen anderer Nutzung 439 ha
- Größte Nord-Süd-Ausdehnung 13,35 km
- Größte Ost-West-Ausdehnung 13,50 km
- Höchster Punkt 483 m über NN (Stadtgrenze Stadt Stolberg - Gemeinde Hürtgenwald bis Raffelsbrand)
- Tiefster Punkt 160 m über NN (Kläranlage Steinfurt)
Berge
- Donnerberg (260 m über NN) (Aussicht)
- südlich von Gressenich: Triffelsberg (292 m über NN) (bewaldet)
- bei Mausbach: Weißenkopf (273 m über NN)
- bei Vicht: Großer Kranzberg (300 m über NN) (teilweise bewaldet)
- bei Vicht: Burgberg (308 m bzw. 333 m über NN) (bewaldet)
- bei Breinigerberg: Schlangenberg (276 m über NN)
- bei Venwegen: Brauneberg (284 m über NN), Schlaberg (285 m über NN)
- bei Zweifall: Hedchensknepp (335 m über NN) (bewaldet)
Gewässer
Das bedeutendste Fließgewässer Stolbergs ist der Vichtbach, der das Stadtgebiet von Süden nach Norden durchfließt und beim Stolberger Stadtteil Steinfurt-Velau in die Inde mündet, die nach dem Eintritt auf das Stadtgebiet hinter Aachen-Freund den Stolberger Stadtteil Münsterbusch umflossen und die Stadtteile Kohlbusch und Hamm durchflossen hat. Sie heißt auf Stolberger Gebiet auch Münsterbach, da die von ihr durchflossenen Gebiete zum Münsterländchen gehörten (nach der Abtei Kornelimünster). Weitere Fließgewässer des Stadtgebiets sind der Omerbach, der durch Gressenich fließt, und der Wehebach, der nach seinem Austritt aus der gleichnamigen Talsperre durch Schevenhütte fließt. Die Wehebachtalsperre, deren Staumauer sich auf Stolberger Gebiet befindet, bildet das größte Standgewässer. Daneben gibt es noch künstliche Teiche an der Vicht aus der frühneuzeitlichen Metallverarbeitung.
Geologie
Stolberg liegt am Rande des Rheinischen Schiefergebirges in der Niederrheinischen bzw. Kölner Bucht, einem von drei Haupterdbebengebieten in der BRD neben dem Oberrheingraben und einer Zone von Stuttgart bis zu Bodensee (Intensität VIII). Die nächste Bruchlinie verläuft westlich der Rurscholle. Das Stadtgebiet bietet von Südosten nach Nordwesten einen Aufriss durch die Erdgeschichte, der am besten im Tal der Vicht zu beobachten ist. Die Sedimente, die in horizontaler Schichtenfolge während mehrfacher Meereseinbrüche abgelagert wurden, stellten sich mit der Auffaltung der Eifel zum Gebirge quer.
Kambrium
Die ältesten Gesteine im Südwesten stammen aus dem Kambrium vor ca. 500 Mio. Jahren und sind größtenteils von Wald bedeckt. Nur Schevenhütte liegt in diesem Gebiet. Im Kambrium gab es einen tiefen, sauerstoffarmen Meeresraum, auf dessen Grund sich feine Tonschlämme ablagerten, die von einem Kontinent weit im Nordwesten stammten. Daraus entstand der dunkle Tonschiefer des heutigen Vennrückens. Mit dem allmählichen Zurückweichen des Meeres, das vor 480 Mio. Jahren abgeschlossen war, wurden die Sedimente gröber.
Devon
Als das Gebiet im Unterdevon vor ca. 400 Mio. Jahren wieder unter den Meeresspiegel absank, lagerten sich nacheinander Sande und Tone ab, die zu „bunten Schiefern“ gepresst wurden. Die gelegentlich auftretende starke Rotfärbung gab der Landmasse im Norden, von der diese Ablagerungen stammten, den Namen „Red Old“-Kontinent. Das Gebiet war von einem Fluss durchzogen. Diese Vichter Formation bzw. Vichter Konglomerat stammt aus dem mittleren Devon und besteht aus eier- bis faustgroßen Quarz- und Quarzitelementen sowie Sandbänken. Seine Mächtigkeit schwankt von einigen bis zu 21 Metern, nach anderen Quellen sogar 50 Metern. Es bildet das Naturdenkmal Kluckensteine und ist ein schlecht sortiertes Fanglomerat, das eine markante Klippe bildet und aufgrund von Pflanzenfunden der unteren Eifelstufe zuzuordnen ist. Die gesamte Kiesbank erstreckt sich mit einer Mächtigkeit von 10 bis 80 Metern bis nach Eupen. Mit Ausnahme der Siedlungen Zweifall, Vicht und Gressenich sind auch die Tone und Sande des Devons weitgehend von Eifelwald bedeckt. Die Waldgrenze fällt im Süden mit der Grenze zur nächsten geologischen Schicht zusammen.
Es sind dies die Ablagerungen aus Massenkalk und Dolomit von der Wende vom Mittel- zum Oberdevon vor 380 Mio. Jahren, die sich in einem schmalen Streifen von Venwegen über Breinig, Breinigerberg und Mausbach weiter nach Nordosten auf Werth zu erstrecken und Reste eines Korallenriffs sind, das in einem durch Inseln und Lagunen gegliederten Flachmeer von gesteinsbildenden Organismen gebildet wurde. Diese dickschaligen Brachiopoden, Korallen, ästigen und knolligen Stromatoporiden und Kalkalgen sind in einigen Bänken als Fossilien erhalten.
Karbon
Die 500 m mächtige Ablagerung, welche die Riffe gegen Ende des Devons überlagerte, wird in ihrem unteren, tonig-kalkigen Teil als Famenne-Schiefer und im oberen Teil als Condroz-Sandstein bezeichnet. Aufgrund einer Faltung wechseln sie dreimal auf der Linie von Dorff, Breinig, Breinigerberg, Büsbach, Mausbach bis Werth mit den mächtigen Kalksteinbänken, die im Unterkarbon vor 350 bis 325 Jahren angelegt wurden. Ihre Bezeichnung als Kohlenkalk ist irreführend, da sie geologisch keine Kohle enthalten, sondern nur im Karbon entstanden. Relikte von Sulfat-Mineralien im Stolberger Kohlenkalk lassen auf die Einlagerung von Evaporiten schließen. Der Oolith im Oberen Kohlenkalk, der aus millimetergroßen Kalkkügelchen entstanden ist, die von der Brandung des damaligen Korallenriffs rundgeschliffen wurden, bildet weißausgeblichen die Felsen des Jungfernsteins im NSG Bernhardshammer und der Burg.
Im Ober-Karbon bis vor 280 Mio. Jahren entstanden die Oberen und Unteren Stolberger Schichten, die sich von Münsterbusch über Oberstolberg bis zum Donnerberg erstrecken. In wechselndem Küstenverlauf wurden 2.000 m Ton abgelagert. Das Gedauer Konglomerat, wie das Vichter Konglomerat das Relikt eines großen Stromes, stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Es ist am Oberlauf der Inde am besten aufgeschlossen und zeigt sich im Bereich der gleichnamigen Flur Gedau als den gesamten Talhang überdeckende Steilwand, die im Volksmund Tatternsteine genannt wird. Aus ausgedehnten Küstenmooren entstanden nach Überschüttung die heutigen Steinkohlenflöze. Unbedeutend waren die Vorkommen der Unteren Stolberger Schichten auf der Liester und in Oberstolberg, während die Oberen Stolberger Schichten in Münsterbusch und auf dem Birkengang einige einst abbauwürdige Flöze enthalten.
Die gesamte Schichtenfolge bis zum Oberkarbon wurde von der variszischen Gebirgsbildung zu einem Faltengebirge geformt. Vor allem in Rissen der Kohlenkalkschichten stiegen hier Erzminerale empor und kristallisierten sich aus.
Die Lößauflage der Atscher Sande und Kiese wurde erst nach der letzten Eiszeit aufgelagert. Die jüngsten Schichten sind die Ablagerungen in den Tälern der Bäche.
Das aus ehemaligen Bergbaustollen im Kohlenkalk gewonnene Trinkwasser macht Stolberg unabhängig von der Rurtalsperre.
Mineralien
Neben Eisenerz und Blei finden sich verschiedene Erzmineralien, darunter
- Zinkverbindungen wie Wald- und Zinkblende (ZnS), Schalenblende, Goslarit, Hydrozinkit, Smithsonit bzw. Zinkspat oder edler Galmei. Galmei wird oberflächennahes Erzgestein mit hohem Zinkkarbonatanteil genannt, von dem es lohnende Lagerstätten in Breinigerberg im devonischen Massekalk sowie am Brockenberg, in Diepenlinchen und in der Albertsgrube bei Hastenrath im Kohlenkalk gab.
- Bleiverbindungen wie Bleiglanz (Galenit, PbS), Cerussit, Pyromorphit
- Die Blei-Eisen-Verbindung Jamesonit
- Eisenverbindungen wie Markasit (FeS2 rhombisch), Pyrit (FeS2 kubisch), Limonit, Manganosiderit (in braunen bis roten Kristallen)
- Kupferverbindungen wie Kupferkies (CuFeS2), Malachit
Keine Erzmineralien sind die Calciumminerale Calcit und Dolomit sowie die Siliziumverbindung Quarz (als winzige Rauchquarze und Morione).
Biotope und Naturschutz
Die geologische und landschaftliche Vielfalt des Stadtgebiets bildet die Voraussetzung für eine Vielzahl natürlicher Lebensräume, die einen großen Artenreichtum beheimaten. 1979 wies der Botaniker E. Savelsbergh 370 verschiedene höhere Pflanzen nach. W. Vorbrüggen identifizierte 1981 rund 300 unterschiedliche Tag- und Nachtschmetterlinge. Viele der gefundenen Arten stehen auf der „Roten Liste“. Diesen Reichtum versucht die öffentliche Hand seit dem ausgehenden 20. Jh. zu schützen. 1979 gab es erst ein Naturschutzgebiet in Stolberg (Werther Heide), zehn Jahre später bereits 18 Naturschutzgebiete oder geschützte Landschaftsbestandteile. Bis in die Gegenwart werden neue Schutzgebiete ausgewiesen oder alte erweitert.
80% des Freiraums stehen unter Landschafts- oder Naturschutz. Die Hälfte des Stadtgebiets ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Den Löwenanteil daran bildet der Naturpark Nordeifel, der in Stolberg Gebiete des Vennvorlands umfasst. Seine Nordgrenze verläuft auf dem Stadtgebiet von Südwesten nördlich von Venwegen, dann entlang der L 12 durch Breinig, Breinigerberg, Mausbach und Gressenich, wo sie sich entlang der K 23 nach Nordosten fortsetzt. Die Siedlungsgebiete von Venwegen, Zweifall und Schevenhütte liegen im Naturpark Nordeifel, von ihm sind sie die angrenzenden Orte Breinig, Breinigerberg, Mausbach und Gressenich ausgenommen. Ein weiteres Landschaftsschutzgebiet schließt sich östlich der L 238 an den Naturpark Nordeifel zwischen Mausbach, Diepenlinchen, Oberstolberg und Duffenter an. Es umfasst die NSG Binsfeldhammer und den GLB Bernhardshammer. Das NSG an Saubach und Lehmsief liegt in einem größeren Landschaftsschutzgebiet.
Stolbergs sechs geschützte Landschaftsbestandteile (GLB) und 14 Naturschutzgebiete schützen vielfältige Biotope mit zahlreichen Arten, die teilweise deshalb so selten sind, weil sie sich an die besonderen Bodenverhältnisse angepasst haben:
Galmeifluren
Dank der geogenen Verbreitung von Galmei im Boden gedeiht in Stolberg als Teil einer eiszeitlichen alpinen Reliktflora eine besondere Galmeivegetation. Zu ihr zählen als prominentester Vertreter das gelbblühende Galmei-Veilchen, aber auch das weißblühende Galmei-Täschelkraut und die weißblühende Galmei-Frühlingsmiere, die trotz ihres Namens bis in den Herbst blüht [[6]] [[7]] [[8]]. Der Ahn des Taubenkopf-Leinkrautes ist dagegen auf dem heimischen Trockenrasen anzutreffen. Die Herkunft der rosablühenden Galmei-Grasnelke, deren Verwandte vorwiegend in Küstendünen blühen, könnte im Kupferimport historischer Zeit zu suchen sein. Als sechste Pflanzenart komplettiert der Schafschwingel (festuca ovina ssp.), ein blau-grünes, borstiges Gras, welches einen lockeren Rasen bildet, die Galmei- oder Zinkveilchenflur. Unter diesem Namen beschrieb der Aachener Botaniker Prof. Dr. Mathias Schwickerath (1892-1974) 1931 erstmals diese eigenartige Pflanzengesellschaft. Galmeifluren dienten früher als sog. Zeigerpflanzen der Lokalisierung von Erzlagerstätten und wurden manchmal im Zuge des Abbaus zerstört. Historische Schürfgebiete hat die Galmeivegetation wiederbesiedelt, doch die hohe anthropogene Schwermetallbelastung neuzeitlicher Halden verträgt selbst sie nicht. Galmeifluren schützen das NSG am Napoleonsweg bei Werth (3,5 ha), das NSG Werther Heide am Weißenberg (9 ha), das NSG Hammerberg (25 ha), das NSG Münsterbusch (33 ha), das NSG mit dem Steinbruch Brockenberg-Hassenberg (21 ha), das NSG Bärenstein (23 ha) und das Naturschutzgebiet Schlangenberg (108 ha) um die ehemalige Erzgrube bei Breinigerberg [[9]], wo in einem geologischen und naturkundlichen Informationszentrum auch Führungen angeboten werden.
Kalkgebiete
Der zweite Lebensraum, der bodenbedingt sehr seltene Pflanzen beherbergt, sind kalkhaltige Böden, auf denen vornehmlich Orchideenarten wachsen. Durch Abholzung bleiben nur Reste von den zwei Orchideen-Buchenwäldern zwischen Breinigerberg und Vicht sowie im Gebiet des Steinbruchs Binsfeldhammer, die M. Schwickerath in seiner ausführlichen „Vegetationskarte von 1940“ beschrieb. Auf Kalkgebieten gedeiht der Seidelbast, ein Strauch, dessen rosa Blüten im Vorfrühling viele nektarliebende Insekten nähren. Der Wald, der Kalkgebiete bedeckt, heißt Orchideen-Buchenwald. Auf seinem dunklen Boden wachsen Pflanzen, die kaum Sonne und Insektenbestäubung benötigen, so die Orchideen Weißes Waldvöglein und Vogel-Nestwurz. Sie ist vollkommen braun ohne jegliches Chlorophyll und vollzieht ihren Stoffwechsel über einen Bodenpilz. Eine Übergangsform ist die Kleinblättrige Sumpfwurz, deren Refugium in der Nähe der Waldschänke bei Breinigerberg ist: Sie hat nur noch winzige, graugrüne Blättchen ohne Bedeutung für die Ernährung. Zur Reihe äußerst seltener Waldorchideen zählt auch der Bienenragwurz (Ophrys apifera). Die Reste der Waldorchideenflora schützt das NSG Schlangenberg bei Breinigerberg.
Die Trockenrasengebiete auf devonischem Massenkalk, die durch Rodung des Buchenwaldes entstanden, beherbergen die sehr seltenen Orchideenarten kleines Knabenkraut, Fliegenragwurz und Mücken-Händelwurz, außerdem zwei Enzianarten: Fransen-Enzian und Deutscher Enzian. Der Brockenberg ist eines der wenigen Verbreitungsgebiete des Steppenfenchels oder Steppensesels im Westen Deutschlands. Weitere Trockenrasengebiete schützen die NSG Schlangenberg (108 ha) und Auf der Rüst.
Steinbrüche
Steinbrüche haben oft Trockenrasengebiete zerstört und Wunden in der Landschaft hinterlassen. Doch in renaturiertem Zustand bieten die Gesteinshänge wertvolle Einblicke in die Erdgeschichte und einen Lebensraum für die sog. Ruderal- oder Schuttvegetation. Wärmeliebende Arten fühlen sich hier wohl. Außerdem dienen Steinbrüche als Refugien für eine Vielzahl von bedrohter oder neuer Tieren und Pflanzen. Auf den stickstoffarmen Gebieten der Steinbrüche gedeihen etliche Leguminosen, welche mit ihren Knöllchenbakterien diesen Nährstoff anreichern können. Manche dieser Arten zählen zu den Futterpflanzen von Bläulingsraupen. So nähren sich von Wundklee der Zwerg-Bläuling und der Rotklee-Bläuling, von der Wilden Möhre der Schwalbenschwanz. Die Geburtshelferunke mag Steinbrüche mit vernässter Sohle wie den Steinbruch Gehlen in der Innenstadt oder den Steinbruch in der Rüst.
Der GLB Wiesenstraße/Donnerberg um den Steinbruch Obersteinfeld (11,9 ha) schützt ein Wiesengelände mit nährstoffarmem Quellsumpf (Wollgras) und Brachflächen in verschiedenen Stadien. Der Kalksteinbruch Schomet südlich von Breinig (8 ha) bietet geologische Aufschlüsse und einen nährstoffarmen See. Sein Hainbuchenwald beherbergt Frühlingsgeophyten und eine Mädesüßhochstaudenflur.
Das Steinbruchareal Auf der Rüst (12 ha) bildet eine ökologische Einheit mit dem NSG Steinbruch Bärenstein am Bauschenberg (23 ha) und dem Naturschutzgebiet Steinbruchbereich Brockenberg. Das NSG Auf der Rüst bietet geologische Einblicke und beherbergt zwei Schlammteiche mit einer ausgedehnten Röhrichtzone und vielen Wasserpflanzen, Halbtrockenrasen und Gebüsch auf Kalkboden. Hier leben viele Arten, die auf der „Roten Liste“ stehen. Im NSG Steinbruch Bärenstein sind neben Galmeifluren und Kalkmagerrasen Rohrkolbenröhricht und Erlensumpf beheimatet. Im NSG Brockenberg leben viele Schmetterlinge.
Die Steinbrüche Binsfeldhammer (32 ha) und Bernhardshammer (GLB, 10 ha) bilden mit dem Waldgebiet auf dem Hammerberg (33 ha) ein zusammenhängendes Naturschutzgebiet. Das NSG Binsfeldhammer bietet geologische Aufschlüsse und beherbergt wärmeliebende Arten, auf der vernässten Sohle bedrohte Amphibienarten, die hier laichen, und an trockenen Stellen Ruderalflora. Der Kalksteinbruch im GLB Bernhardshammer bietet das umfassendste erdgeschichtliche Standardprofil links des Rheins. In seinem Gestein können Fossilien gefunden werden. Er ist ein Lebensraum für Ruderalvegetation und wärmeliebende Arten.
Feuchtgebiete
Einen Teil der Erlenbrüche des Würselener Waldes schützt das NSG an Saubach und Lehmsief bei Steinbachhochwald. Die Blätter der Erlen bilden die Nahrungsgrundlage dieses artenreichen, zeitweise überfluteten Biotops. Das Laub zersetzen hauptsächlich Mikroorganismen, aber auch eine Unmenge von Insektenlarven, Kleinkrebsen, Schnecken und Würmern und nicht zuletzt die Larven der Köcherfliegen. Vom Schwebstoff ernähren sich in großer Zahl Muschelkrebse. Grasfrösche suchen das Wasser zum Laichen auf.
Zwei weitere Feuchtbiotope liegen an der Inde, die in Stolberg Münsterbach heißt. Der GLB Gedautal (19 ha), kurz nach dem Eintritt der Inde auf das Stadtgebiet, siedelten sich in künstlichen Gewässern Restpopulationen von Amphibien des Tals an, so der Grasfrosch, die Erdkröte, der Teichmolch und die sehr seltene Gelbbauchunke. Die Feuchtwiesenvegetation und die Magertriftbereiche weisen eine große Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren auf. Der GLB Münsterbachtal zwischen Atsch und Kohlbusch (42 ha) schützt einen von Erlen, Eschen und Bruchweiden gesäumten Bachlauf, der einen artenreichen Fischbestand beherbergt (Regenbogenforelle, Döbel, Elritze, Stichling und die Kleinfische Koppe, Gründling, Schmerle). Der Fischreichtum lockt den Eisvogel an. Von Insekten ernähren sich die Wasseramsel und die Gebirgsstelze. Die Krautvegetation ist kalkbeeinflusst.
Der GLB Wehebachtäler und Leyberg liegt an der Grenze zur Gemeinde Hürtgenwald.
Heidegebiete
Das NSG Münsterbusch (33 ha) schützt einen Rest der Heidegebiete im Stolberger Norden, neben denen sich auch kleine Tümpel bildeten. Hier leben Insekten wie die Larven des Plattbauchs, die, im Boden begraben, den Zuckmückenlarven auflauern, die Kleine Pechlibelle, die Schwarze und die Gemeine Heidelibelle. Das Nebeneinander von Heide und Tümpeln bietet der Kreuzkröte einen idealen Lebensraum.
Täler der Voreifel
Der GLB in einen Seitental des Fischbachs beim Vichter Burgberg (5 ha) schützt die Reste eines wertvollen Biotops. Die Überdüngung der Feuchtwiesen ließ viele Pflanzen, die M. Schwickerath noch 1944 im Tal von Jägersfahrt fand, in Stolberg aussterben. Das Breitblättrige Knabenkraut ist ein Indiz für eine intakte, artenreiche Feuchtwiese.
Althochbuchenwald
Einen Althochbuchenwald schützt der GLB Villa Waldfriede (4,4 ha) in Knie von L 238 (Zweifaller Straße) und L 12 in Richtung Breinigerberg bei Nachtigällchen.
Weitere NSG befinden sich in der Innenstadt am Blankenberg, bei Mausbach-Fleuth und zwischen Weißenkopf und Kurt-Schuhmacher-Straße bei Mausbach.
Klima
Stolberg liegt in der kühl gemäßigten bis ozeanischen Klimazone, in der außerhalb des Vichttales feuchte Winde aus westlichen und südwestlichen Richtungen von der Nordsee vorherrschen. Hier fallen zu allen Jahreszeiten Niederschläge. Die Winter sind vergleichsweise mild und die Sommer verhältnismäßig kühl. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 8 bis 10 °C. Die Durchschnittstemperatur im Januar beträgt 1,8 °C, im Juli 17,8 °C [1]. In Stolberg gibt es eine größere Häufigkeit von Nordost-, Ost- und vor allem Südostwinden (letztere sind am Südosteingang des Stolberger Talraums besonders häufig). Als weitere Besonderheit ist die Windgeschwindigkeit im Stolberger Tal stark verlangsamt. Sie beträgt im Durchschnitt im Zentrum nur 0,7 m/s und in Stolberg-Süd 1,2 m/s gegenüber 2,8 m/s in Aachen. Im Unterlauf des engen Vichttals kann es deshalb im Sommer zu einer drückenden Schwüle kommen, während die Wintertemperaturen im eifelnäheren Süden tiefer liegen. Mehrgeschossige Bebauung führt im Vichtbachtal dazu, dass sich gerade im Bereich der Innenstadt bei austauscharmen Wetterlagen ein Kaltluftsee bildet, der Emissionen festhält. Die Höhen und die Stadtränder sind dagegen gut durchlüftet.
Nachbargemeinden
Im Westen grenzt das Stolberger Stadtgebiet an Aachen, im Norden und Nordosten an Eschweiler, im Osten an Langerwehe und Hürtgenwald (beide Kreis Düren) und im Süden an Simmerath und Roetgen.
Stadtgliederung
Stolberg ist unterteilt in die 17 Stadtteile Atsch, Breinig, Breinigerberg, Büsbach, Donnerberg, Dorff, Gressenich, Mausbach, Münsterbusch, Oberstolberg, Schevenhütte, Unterstolberg, Venwegen, Vicht, Vicht-Breinigerberg, Werth und Zweifall.
Keine offiziellen Stadtteile sind Mühle (der frühere Name des größten Teils von Unterstolberg), die Velau, Steinfurt, Duffenter und Birkengang am Donnerberg, die Hamm und Kohlbusch bei Atsch sowie Ortsteile von Stadtteilen (die Liester zwischen Büsbach und Münsterbusch; in Büsbach der Bauschenberg; Breinigerheide in Breinig; in Gressenich Buschhausen; in Mausbach Fleuth, Krewinkel und Diepenlinchen; Münsterau und Stollenwerk in Vicht; Finsterau in Zweifall).
Einwohnerstand
Stolbergs 58.023 Einwohner verteilen sich wie folgt auf die Stadtteile (Stand: 31.12.2005):
GeschichteStolbergs Geschichte ist durch die Lage in der Voreifel im engen Tal des Vichtbachs und seine Bodenschätze geprägt. Politisch beschränkte sich Stolberg bis ins 20. Jh. auf das untere Vichttal, während weite Teil des heutigen Stadtgebiets zur Abtei Kornelimünster, Eschweiler oder später auch selbständigen Gemeinden wie Büsbach und Gressenich gehörten. Die Geschichte dieser Gebiete wird ausführlich in eigenen Artikeln dargestellt und soll hier nur insoweit berücksichtigt werden, als sie für Stolbergs Gesamtentwicklung von Belang ist. ÜberblickEs lassen sich vier Phasen der wirtschaftlichen und vier Phasen der territorial-politischen Entwicklung unterscheiden. Wirtschaftliche Entwicklung:
Politisch-Territoriale Entwicklung:
Die vier politisch-territorialen Phasen lassen sich also nicht genau den vier wirtschaftlichen zuordnen. Landwirtschaft und Frühindustrialisierung fallen beide in die Zeit der Herrlichkeit Stolberg. Umgekehrt erstreckt sich die Phase als Industriestadt über drei Stadien der politisch-territorialen Entwicklung. Vorgeschichte, Kelten und RömerÄlteste Spuren menschlicher Besiedlung wurden um 1965 bei Büsbach auf dem waldfreien Brockenberg gefunden. Dort wurde eine Kulturschicht mit Kleingeräten der frühen Mittelsteinzeit (etwa um 10.000 v. Chr.) entdeckt. Weitere Funde am Brockenberg und bei Gut Tannenbusch stammen aus der Jungsteinzeit (um 5.000 bis 1.900 v. Chr.). Auch in Zweifall und Schevenhütte lassen Funde auf steinzeitliche Verweilplätze schließen. Aus dem Keltischen stammen in Stolberg die Gewässernamen Inde, Vicht und Wehe. In der Nähe der Staumauer der Wehebachtalsperre bei Schevenhütte wurden Reste einer keltischen Fliehburg aus der Eisenzeit gefunden. Es wird aufgrund der Namensähnlichkeit vermutet, dass die Eburonenfeste Aduatuca, die gemeinhin im heutigen Tongeren angesiedelt wird, mit dem Stadtteil Atsch identisch sei und dass sich die siegreiche Schlacht gegen eine Truppenabordnung Cäsars am Zusammenfluss von Inde und Vichtbach zugetragen habe. Wichtiger als solche Spekulationen sind Funde, die auf einen Ursprung der Stolberger Messing- und Eisenindustrie in der Kelten- und Römerzeit schließen lassen. In Atsch wurde in der Nähe des vermutlichen Schlachtfeldes eine Eisenschmelze ausgegraben. Wahrscheinlich betrieben die Römer die Anlagen mit keltischen Arbeitern weiter und übernahmen von den Kelten auch das Verfahren, aus Kupfer und Galmei das goldglänzende Messing herzustellen (lat. aurichalcum). Ausgedehnte Schlackehalden am Breinigerberg und zwischen Diepenlinchen und dem Römerfeld in der Mausbacher Heide lassen auf Metallverhüttung bereits in der Römerzeit schließen. Die bei Cuxhaven in einem germanischen Gräberfeld aus dem 2. und 3. Jh. gefundenen Hemmoorer Eimer wurden vermutlich in der Gegend um Gressenich gefertigt und heißen deshalb auch Gressenicher Eimer. Am Brockenberg – Hassenberg wurden Siedlungsspuren aus der Römerzeit, und zwar aus dem 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr., gefunden. Eine Nebenstrecke der Römerstraße von Bavay (Nordfrankreich) über Kornelimünster nach Köln verlief über Dorff und Hassenberg südöstlich von Büsbach in Richtung Jülich. Auf dem heutigen Burgfelsen vermutet man eine römische Straßenwarte. Vom Mittelalter bis zur frühen NeuzeitPolitischStolberg wird urkundlich erstmals 1118 erwähnt, als Reinardus von Staelburg die Gründungsurkunde des St. Georgs-Stifts zu Wassenberg mitzeichnet. Der Sitz der Herren von Stalburg war die Burg Stolberg. Burgherren waren im 13. und 14. Jh. eine Linie des Geschlechts von Salm-Reifferscheid, dann Reinhard II. von Schönforst (der heutige Aachener Stadtteil Forst). Stolberg kam Anfang des 15. Jh.s zum Herzogtum Jülich. Die Herzöge belehnten im 15. Jh. das Geschlecht der von Nesselrode, im 16. und 17. Jh. das Geschlecht der von Efferen mit der Unterherrschaft Stolberg. Gemäß J. Fabricius war Stolberg im Jülicher Herzogtum "ursprünglich eine Burg und ein Rittersitz im Amt Eschweiler an der Grenze zum Amt Wilhelmstein und dem jenseits des Vichtbaches gelegenen Gebiet der Reichsabtei Kornelimünster". Die Grenze der beiden Ämter markierte ein kleiner, in den Vichtbach mündender Wassergraben. Der zum Amt Wilhelmstein gehörige Teil hieß 'Berger Seite' und unterstand dem Gericht Nothberg. Am 28. Februar 1644 wurde dem Burgherrn erneut nach 1629 und diesmal definitiv die Jurisdiktion auf der Bergseite nach jahrelangen Kompetenzstreitigkeiten mit dem Amt Wilhelmstein und Gericht Nothberg verliehen. Nur die Steuern sollten nach wie vor an das Amt Wilhelmstein gezahlt werden. Bis 1789 blieb die Herrlichkeit Stolberg in den verschwägerten Linien der Familien von Frentz und Von Beissel und bildete eine eigene Unterherrschaft im Oberamt Jülich bzw. Herzogtum Jülich, die nur von Binsfeldhammer bis zum Zusammenfluss von Inde und Vichtbach reichte und sich über ein Territorium von 318 ha erstreckte. Nördlich lag das jülische Amt Eschweiler, das später im Amt Wilhelmstein aufging, und östlich die jülischen Ämter Wilhelmstein und Wehrmeisterei, das die heutigen Stadtteile Schevenhütte und Zweifall umfasste (östlich von Vicht und Hasselbach, der übrige Teil des Ortes gehört zum Amt Montjoie) und sich Gressenich und teilweise Vicht und Mausbach mit der Reichsabtei Kornelimünster teilte, die sich westlich und südlich der Unterherrschaft Stolberg erstreckte und außerdem die heutigen Stolberger Stadtteile Münsterbusch, Büsbach, Breinig, Dorff und Venwegen umfasste. 1324 wird erstmals das "dorf Staylburg" erwähnt, dessen jährlicher Zins sich auf 58 Kapaune und 8 Hühner belief. Im Schatten der Burg siedeln sich ab der Mitte des 15. Jahrhunderts Handwerker an, die Eisen, Kupfer, Blei, Gold und Silber verhütten. Im Jahre 1496 soll der Ort Stolberg nur aus zwei bis drei Häusern bestanden haben und selbst 1569 nur elf bis zwölf Häuser umfasst haben. Die farbige Karte, welche der Künstler Egidius Waschaple im Jahre für einen Rechtsstreit des Burgherrn mit dem Abt von Kornelimünster anfertigte, zeigt ebenfalls nur zwölf Häuser und drei Mühlen. Neben der Unterherrschaft entwickelte sich – wohl getragen durch das Selbstbewusstsein der Kupfermeister - bis zum Ende des 17. Jh. eine Ortsgemeinde mit Bürgermeister,[2] die als Anfang der kommunalen Selbstverwaltung in Stolberg angesehen werden können. Aus dem Jahre 1738 liegt das erste Protokoll einer Bürgermeisterwahl vor. Die Straßen und Gassen des Ortes waren Ende des 18. Jh.s die Hauptstraße (heute Burgstraße), die Katzhecke und die Enkerei. Frühindustrialisierung durch Kupfermeister und ReitmeisterUm 1600 gestattete der Burgherr von Effern protestantischen Kupfermeistern aus Aachen, die teilweise dorthin Mitte des 15. Jh. aus dem belgischen Dinant gekommen waren, die Übersiedlung in sein Gebiet. Konfessionelle Spannungen und Zunftzwänge in der katholischen Reichsstadt Aachen, aber auch günstige Standortfaktoren in Stolberg bewogen sie zu diesem Schritt. Sie brachten Kenntnisse der Messingherstellung mit, bei der Kupfer mit dem örtlichen Galmei bzw. Zinkblende legiert und unter Ausnutzung der Wasserkraft des Vichtbachs weiter verarbeitet wurde. Da man sich noch nicht über die Rolle des Zinks, das erst Anfang des 19. Jahrhunderts als Element erkannt wurde, im Klaren war, nannte man Messing auch „gelbes Kupfer“. Daher rühren die bis heute gebräuchlichen Bezeichnungen „Kupfermeister“ und „Kupferstadt“. Durch die Kupfermeister wurde ein wirtschaftlicher Aufschwung eingeleitet. Stolberg war eines von wenigen Zentren der Messingherstellung weltweit und hatte in Europa nahezu eine Monopolstellung. Seine Messingwaren wurden bis nach Kanada und Brasilien exportiert. Vor diesem Hintergrund nennt sich Stolberg heute gerne "älteste Messingstadt der Welt". Von dieser Blütezeit der Frühindustrialisierung künden noch heute zahlreiche Baudenkmäler wie die Kupferhöfe. Sie dienten nicht nur als Produktionsstätten und in unruhigen Zeiten als kleine Burgen, sondern belegen den aristokratischen Repräsentationswillen der Kupfermeistergeschlechter, der sich außerdem in Familienwappen äußert. Ferner wurde in Stolberg 1647 die Vogelsangkirche als erste linksrheinische lutherische Kirche errichtet, während auf dem Finkenberg eine calvinistische Kirche entstand. Bei ihr befindet sich der sog. Kupfermeisterfriedhof mit zahlreichen herrschaftlichen Gräbern. Am Oberlauf des Vichtbachs und an der Wehe in Schevenhütte betrieben die Reitmeister (von „(zu)bereiten“) in der frühen Neuzeit auf dem heutigen Stolberger Stadtgebiet Eisengewinnung und -verarbeitung. Ihre Produktionsstätten, die Reitwerke, sind teilweise noch heute erhalten (Junkershammer, Neuenhammer, Platenhammer), wobei die nördlicher gelegenen aus Holzkohlemangel im 18. Jh. zu Kupfermühlen umgebaut wurden (Bernardshammer). Ein Spross der bedeutendsten Reitmeisterfamilie des Vichttals, der Hoesch, gelangte über Düren ins Ruhrgebiet und begründete dort den gleichnamigen Stahlkonzern. FranzosenzeitWährend der Zugehörigkeit des linksrheinischen Gebiets zu Frankreich von 1794 bis 1815 bildete Stolberg eine Mairie, die – wie die Mairien Gressenich und Büsbach – zum Kanton Eschweiler im Département de la Roer gehörte. Die französische Munizipalverfassung von 1800 war streng zentralistisch und beseitigte alte Formen der kommunalen Selbstverwaltung. Der Gemeinde- bzw. Munizipalrat hatte nur beratende Funktion gegenüber dem vom Staat eingesetzten Maire. Die Kontinentalsperre verhalf der seit der zweiten Hälfte des 18. Jh.s angeschlagenen Stolberger Messingindustrie zu einer Atempause und letzten Blüte. Preußen und KaiserzeitPolitisch1814/15 fiel Stolberg nach dem Sturz Napoleons an Preußen und wurde 1816 eine Bürgermeisterei. Sie war mit knapp 2600 Einwohnern die kleinste Gemeinde im Kreis Aachen, dem Stolberg seither angehört. Außerdem wurde es dem Regierungsbezirk Aachen zugeordnet, dessen Teil es bis zu dessen Eingliederung in das Regierungspräsidium Köln 1972 war. Der Regierungsbezirk Aachen und damit auch Stolberg kam zuerst zur Provinz Niederrhein, die 1822 mit Jülich-Kleve-Berg zur Rheinprovinz vereinigt wurde. Die beiden protestantischen Gemeinden mussten sich auf Druck des preußischen Königs 1817 auch in Stolberg zu einer reformierten Gemeinde zusammenschließen. 1823 erhält Stolberg von Eschweiler den Stadtteil Mühle. Am heutigen Kaiserplatz wird 1837 ein neues Rathaus im klassizistischen Stil errichtet, das 1976 renoviert wird. Nach der Rheinischen Gemeindeordnung vom 23. Juli 1845 wurde das Stadtoberhaupt wie in der französischen Munizipalverfassung vom Staat auf Lebenszeit eingesetzt. Ein hohes Mindesteinkommen, das preußische Dreiklassenwahlrecht und die Ehrenamtlichkeit der Mandate beschränkten den Kreis der Gemeindevertreter auf die dünne Schicht des Besitzbürgtertums. Aufgrund der Rheinischen Städteordnung vom 15. Mai 1856 erhielt Stolberg, das zwar nicht die geforderten 10.000 Einwohner aufweisen konnte, in demselben Jahr auf Antrag die preußischen Stadtrechte, weil es wegen seiner gewerblichen Struktur Mitglied des Provinziallandtags wurde.[3] Stadtjubiläen werden bis heute nach diesem Datum gefeiert. IndustrialisierungDurch den Anschluss an Preußen verlor die Stolberger Metallindustrie ihre französischen Absatzmärkte und geriet in eine schwierige Lage, die jedoch durch den Einsatz moderner Techniken wie der Dampfmaschine und der neu entwickelten Zinkverarbeitung überwunden werden konnte. Blei und v.a. Zink lösten Messing als wichtigste Metalle der Stolberger Wirtschaft ab. Neben der Blei- und Zinkindustrie setzten die Glasindustrie und chemische Industrie die Diversifizierung der Wirtschaft fort, die bereits 1719 Mathias v. Asten mit dem Beginn von Tuchherstellung im Knautzenhof eingeleitet hatte. Im Rahmen dieses Strukturwandels wurden aus den Kupfermeisterfamilien Fabrikanten. Die Produktion verlagerte sich aus den Kupferhöfen, die aus Bruchstein gebaut waren, in ziegelgemauerte Fabriken. Die Industrialisierung wurde entscheidend durch die Gebrüder John und v.a. James Cockerill vorangetrieben. Man plante für Stolberg ein "zweites Seraing". In Münsterbusch und Mühle entstand eine der ersten Industrielandschaften Deutschlands. 1841 wird Stolberg mit Eröffnung der Bahnlinie Aachen-Köln ans einen Eisenbahnnetz angeschlossen und erhält einen eigenen Haltepunkt auf Eilendorfer Gebiet („Station Stolberg“). Durch den Bau der Stolberger Talbahn im Vichtbachtal 1867, 1881 und 1889 wird die Eisenbahnanbindung der Stolberger Firmen verbessert und Anschluss an die Vennbahn hergestellt. 1888 wird ein Bahnhof mit Namen „Stolberg Bf.“ (später „Stolberg Hbf.“) auf Eschweiler Territorium errichtet. ModernisierungDer Aufschwung der Industrialisierung schlug sich auch im Stadtbild nieder. Im Steinweg und der Rathausstraße entstanden gründerzeitliche Bürgerhäuser und Villen der Fabrikbesitzer (Villa Lynen), während in den heruntergekommenen Teilen der Altstadt (Vogelsang) die Unterschicht und die Fabrikarbeiter lebten. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. bemühten sich der evangelische, von Preußen eingesetzte Bürgermeister und Leutnant a.D. Friedrich von Werner und der katholische Pfarrer von St. Lucia Roland Ritzefeld, die sozialen Folgen der Industrialisierung abzumildern und die Modernisierung Stolbergs außerhalb der Wirtschaft voranzutreiben. Auf Betreiben Ritzefelds richtete die Pfarre St. Lucia im ehemaligen Kupferhof Steinfeld das Bethlehem-Krankenhaus ein. Um die Jahrhundertwende werden am Kaiserplatz ein Amtsgericht, eine Hauptpost und das Goethe-Gymnasium (1908) errichtet, ferner in unmittelbarer Nähe die Volksschule Grüntal. Ein Standbild des Kaisers Wilhelm I. aus dem Jahre 1897, das dem Kaiserplatz bis heute seinen Namen gab, wird im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen. Im Stadtteil Mühle entstehen die Pfarrkirche Mariä-Himmelfahrt und die Volksschule an der Herrmannstraße. 1913 kamen von der Gemeinde Büsbach die Gebiete Schneidmühle und Jordansberg zu Stolberg. Weimarer Republik: DemokratisierungInfolge des Versailler Vertrags war Stolberg von 1919 bis 1929 von Alliierten besetzt (Belgier und Franzosen). Wie dem übrigen Rheinland blieben ihm so die bürgerkriegsähnlichen Wirren zu Beginn der Weimarer Demokratie erspart. In Büsbach beendete die Bevölkerung ein separatistisches Intermezzo. Die Gründung der Weimarer Republik brachte es mit sich, dass die Bürgermeister nicht mehr von oben eingesetzt, sondern vom Stadtrat gewählt wurden. Das preußische Dreiklassenwahlrecht wurde zugunsten des gleichen Wahlrechts aufgegeben, das erstmals auch Frauen aktiv wie passiv ausüben konnten. Doch die Not ist drückend. In der Inflationszeit sieht Stolberg sich genötigt, zusammen mit Eschweiler Notgeld herauszugeben. Mitte der goldenen Zwanziger Jahre sind in Stolberg von ca. 17.000 Einwohner 1.800 erwerbslos. Die Stadt sucht mit Arbeiterwohnungsbau am Stadtrand Arbeit zu beschaffen. 1920 wurden von der Gemeinde Hastenrath das Gebiet Hammerberg und 1932 der Burgholzer Hof, Niederhof, Hochweger Hof und Steffenshof eingemeindet (sog. „Hastenrather Zipfel“). 1930 kann das Stadtbad in der Grüntalstraße eingeweiht werden. NS-Zeit und Zweiter WeltkriegDer Weg ins "Dritte Reich"Die KPD, die im Vogelsang die meisten Stimmen bekam und deren Treffpunkt das ehemalige Hotel Scheufen (Steinweg 76, heute Sanitätshaus Bajus) war, wurde bei der Kommunalwahl 1929 mit sechs Sitzen im Stadtrat doppelt so stark wie die SPD. Der NSDAP gelang nicht der Sprung in den Stadtrat. Erst der Beginn der Weltwirtschaftskrise verschaffte ihr Zulauf. Ende 1931 wurde Stolberg aufgrund einer Anordnung der Gauleitung Köln-Aachen Sitz der NSDAP-Kreisleitung für den Kreis Aachen, während in den umliegenden Städten Ortsgruppen verblieben. An der Ecke Schellerweg/Rathausstraße (Rathausstr. 49) stand das sog. Braune Haus, das Haus Metropol (Rathausstr. 85) wurde der Sitz des „Westdeutschen Beobachters“. Bei den Kommunalwahlen am 12.3.1933 erzielte bei einer Wahlbeteiligung von 74,4% das Zentrum 10 Sitze (minus 2), die NSDAP 9 Sitze (plus 9), KPD 4 (minus 2), SPD 3 (unverändert), die Kampffront Schwarz-weiß-rot 1, und die Prehlerpartei (ein Zusammenschluß kleiner Einzelhändler und Handwerker) 1. Sieben Zentrumsstadtverordnete sowie die Mandatsträger der Kampffront Schwarz-weiß-rot und der Prehlerpartei treten der NSDAP als Hospitanten bei; die Zentrumsabgeordnete Christine Büngens nahm die Wahl nicht an, ebenso die beiden KPD-Abgeordneten Reinhard Schirbach und Juliane Decker. Für sie durften nach dem Runderlaß des Ministers des Inneren vom 20.3.1933 keine Ersatzmitglieder nachrücken. Dieser Runderlaß verhinderte auch, dass die gewählten Ratsherren Peter Winterich und Jakob Radermacher für die KPD ihre Mandate antraten. Bis zum 14.7. legen ihre Stadtratmandate der Sozialdemokrat August Meurer und die Zentrumsabgeordneten Claus Robert, Matthias Souren und Louis Hülsen nieder. Ludwig Lude von der SPD darf aufgrund eines Runderlasses des Innenministers vom 23.6. nicht nachrücken, die übrigen Sozialdemokraten ihre Mandate gar nicht antreten. Hochrangige Vertreter des Zentrums verloren in der Stadtverwaltung und im Schulwesen ihre Stelle. Der Leiter der Stadtbücherei entfernte unaufgefordert dem Regime missliebige Literatur. Die HJ verbrannte öffentlich Bücher. Am 1.4.1933 rief die SA auch in Stolberg zum Boykott jüdischer Geschäfte auf. Am 1.5.1933 beschloss der Stadtrat umfangreiche Namensänderungen: Das Goethe-Gymnasium hieß fortan „Städtisches Langemarck-Gymnasium“ (1945 rückgängig gemacht), die Neustraße (heutige Salmstraße) Hindenburgstraße, die Oststraße Bismarckstraße, die Hastenrather Straße Horst-Wessel-Straße. Der Steinweg und Teile der Aachener Straße wurden in Adolf-Hitler-Straße umbenannt, dem neuen Reichskanzler und dem greisen Reichspräsidenten Hindenburg gar die Ehrenbürgerschaft verliehen. Walther Dobbelmann (DNVP), Bürgermeister 1906-1934, beantragte auf Druck der NSDAP seine Pensionierung, die am 1.10.1934 erfolgt. Anton Braun, Leiter der Gaurevisionsabteilung, fungiert als Bürgermeister in Stolberg. Dr. Engelbert Regh (NSDAP), nach 1945 bis 1955 für die FDP in Stadtrat und Kreistag, wird am 25.2.1935 mit Genehmigung des Gauleiters Grohé von Regierungspräsident Eggert Reeder als Bürgermeister eingeführt. Der Stadtrat verlor nach der deutschen Gemeindeordnung seine Entscheidungskompetenzen an den Bürgermeister, die Ratsherren wurden für sechs Jahre ernannt. Kommunale Neugliederung 1935Stolbergs Einwohnerdichte pro 100 ha war seit 1825 von 967 über 1.401 im Jahre 1849 und 3.721 im Jahre 1885 auf 4.705 kurz nach der Jahrhundertwende gestiegen (1905). Dies war die höchste Einwohnerdichte, „… die zwischen 1825 und 1925 von einer Gemeinde im Regierungsbezirk Aachen eingenommen wurde. Der Siedlungsraum Stolberg war unnatürlich klein im Verhältnis zu der reichen Industrie der Stadt“, so eine 1933 bei der TH Aachen eingereichte Dissertation [4]. Vor diesem Hintergrund fand 1935 eine Erweiterung des Stadtgebiets statt, welche auch die Einwohnerzahl um 11.000 wachsen ließ: Von Eschweiler erhielt Stolberg die Ortsteile Donnerberg, Duffenter, Birkengang, Velau, Steinfurt mit dem Hauptbahnhof Stolberg aus dem Jahre 1888 sowie den Südwesten des Propsteier Waldes (Steinbachshochwald). Dies waren rund 500 Hektar Gebiet mit rund 1.400 Einwohnern, zwei stillgelegten Zinkhütten und diversen Halden. Ferner erhielt Stolberg im Westen Atsch von Eilendorf und die Gemeinde Büsbach, die 9.000 Einwohner zählte und die Ortsteile Büsbach, Dorff, Münsterbusch und Kohlbusch umfasste. Verfolgung und WiderstandIn Stolberg wurde die Pogromnacht 1938 der Nachbarorte organisiert. Am 9.11.1938 verwüsteten SA und SS, die sich am Alten Markt gesammelt hatten, die beiden verbliebenen jüdischen Geschäfte in Stolberg (Schuhgeschäfte Bernhard Wächter und Sigmund Zinader). Juden wurde in der Folge durch eine städtische Anordnung der Besuch von Stadtbad und Stadtbücherei und die Benutzung öffentlicher Parkbänke untersagt. Der Betsaal hinter Haus Steinweg 78, wo heute Garagen stehen, wurde Anfang 1939 aufgelöst. Jüdische Geschäfte, so das Textilgeschäft von Berthold Wolff im Steinweg, wurden "arisiert". Durch Flucht und Deportation löste sich die kleine jüdische Gemeinde von 1933 76 Gläubigen vollständig auf. Zwei nichtjüdische Männer retten ihren jüdischen Frauen das Leben, weil sie sich nicht scheiden ließen (Hubert Faber, Amalia Faber, geb. Breuer, starb 24.9.1959, letzte jüdische Bestattung auf dem jüdischen Friedhof „Trockener Weiher“; Bock, verheiratet mit Else Bock, geb. Randerath). Nach dem Entzug der Lebensmittelkarten 1942 wurden sie von Stolbergern wie Ludwig Lude mitversorgt. Nachweislich sind unter der NS-Herrschaft mindestens 19 Stolberger Juden ermordet worden oder im Umfeld der sog. „Vernichtungslager“ im Osten verschollen. Am 28.2.1933 sollten nach dem Reichstagsbrand im Rosenmontagstrubel Kommunisten verhaftet werden: Matthias Bonny, Josef Henges, Peter Wilms, Leo und Anna Offermanns. Arnold Janz, Hubert König und Christian S. rechtzeitig gewarnt und konnten im närrischen Treiben untertauchen. Reinhard Schirbach und Leo Offermanns überlebten ihre Inhaftierung im KZ 1944. Im KZ kamen die Kommunisten Matthias Dolfen, der kommunistische Widerstandskämpfer Jakob Radermacher ums Leben, ferner Oskar Pongartz. Ein Herr Radermacher aus Münsterbusch ohne feste weltanschauliche Zugehörigkeit bezahlte seine Kritik am Nationalsozialismus 1944 mit dem Leben. Er kam in einem Lager in Frankreich um. Der Widerstand von SPD, KPD, „Kampfbund gegen den Faschismus“ und Reichbanner „war in Stolberg keineswegs die Sache einer Minorität.“ [5] Illegale SPD-Parteizellen organisierten der Sozialdemokrat Ludwig Philipp Lude, der parteilose Gewerkschafter Mathieu Wilms sowie Peter Spiegelmacher und Paul Arentsen. Widerstand kam auch aus dem katholischen Milieu durch Pastor Keller und den Kaplan Dunkel. Zwangsarbeit und DeportationDie metallverarbeitende Industrie, v.a. die Firmen Prym und Stolberger Metallwerke, stellte im Zweiten Weltkrieg auf Rüstungsproduktion um. Zwangsarbeiter, die produktionsnah in Baracken untergebracht wurden, ersetzten nicht nur die eingezogenen Arbeitskräfte der Industrie, sondern sicherten auch die Erfüllung von Großaufträgen für die Rüstung. Nach dem EBV war die Stolberger Industrie mit ca. 2.500 Zwangsarbeitern (davon 600 Kriegsgefangene) der größte Einsatzort für Zwangsarbeiter im Kreis Aachen. Im Juni 1944, drei Monate vor der Ankunft der US-amerikanischen Truppen in Stolberg, erreichte die Zwangsarbeiterbeschäftigung mit über 2.200 Zwangsarbeitern und 800 Kriegsgefangenen ihren Zenit. Der Anteil ausländischer Arbeiter in den industriellen und handwerklichen Berufen lag in Stolberg damals bei 40 % (Reichsdurchschnitt 29 %). Insgesamt gab es mindestens 38 größere Zwangsarbeiter- und Kriegsgefangenenlager im gesamten Stadtgebiet. Im November 1941 errichtete die Gestapo auf dem Gelände der Kali-Chemie AG an der Rhenaniastraße ein Lager für 121 jüdische Zwangsarbeiter, die bis Juni 1942 in den benachbarten Fabriken 12 Stunden pro Tag Zwangsarbeit verrichten mussten und Schikanen der Aufseher ausgesetzt waren. Nur kurze Zeit bestand im Sommer 1942 ein Durchgangslager in RAD-Baracken in Mausbach, in dem ca. 300 Juden unter unmenschlichen Bedingungen auf ihre Deportation warten mussten. William Prym beschäftigte während des Zweiten Weltkrieges rund 500 Insassen der Gefängnisse Köln und Aachen in sogenannter Heimarbeit. Im Sommer 1942 wurden der Stolberger Industrie osteuropäische Zwangsarbeiter in großer Zahl zugewiesen. Im Juni dieses Jahres brachte die Zinkhütte Münsterbusch 106 Männer auf ihrem Betriebsgelände in der Cockerillstr. unter, die Dalli-Werke 42 Frauen und die Aktienspinnerei 20 Frauen. Am 29.7.1942 quartierten die Stolberg Vereinigte Glaswerke in einem Lager auf ihrem Betriebsgelände 68 Männer ein. Ab August 1942 mussten bei der Fa. Kerpen & Co. und den Stolberger Metallwerken jeweils 22 extern untergebrachte Frauen, und bei William Prym 28 ebenso lokalisierte Männer Zwangsarbeit leisten. An fast allen Standorten sowie im Lager an der Rhenaniastraße nach der Deportation der jüdischen Insassen wurden auch Kriegsgefangene festgehalten, die zur Zwangsarbeit gezwungen wurden. Die Betriebsfeuerwehr galt wegen der von ihr verübten Misshandlungen als „Werks-SS“. Am 25. April 1944 wurden drei polnische Jugendliche in der Nähe ihres Lagers am Stolberger Bahnhof vor den Augen zahlreicher deutscher Zeugen und Gäste sowie hunderter polnischer Zwangsarbeitern von der Aachener Gestapo hingerichtet, weil sie einige Lebensmittel aus einem Waggon am Aachener Westbahnhof entwendet haben sollten. Insgesamt kamen in Stolberg 52 Zwangsarbeiter zu Tode, davon einer von sechs Landarbeitern im damaligen Stadtgebiet, der 16. Dezember 1942 auf einem Bauernhof in Büsbach - ganz in Einklang mit den Empfehlungen der Landesbauernschaft Rheinland - wegen angeblich mangelnder Arbeitsleistung durch Nahrungsverweigerung starb[6]. Am 2. März 1943 wurden fünf Roma-Familien (insgesamt 37 Menschen) von Stolberg nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Insgesamt haben 152 bis 177 Menschen infolge des NS-Regimes in Stolberg ihr Leben verloren. Alliierte Eroberung und BesatzungStollen unter der Burg und an der Zweifallerstraße dienten dem Luftschutz. Noch vor der alliierten Eroberung Aachens am 21. Oktober 1944 drangen US-amerikanische Truppen am 12. September 1944 bis Stolberg und Schevenhütte vor. Die Kämpfe um diesen sog. Stolberg-Korridor brachten Zerstörungen mit sich und erlegten der Zivilbevölkerung große Leiden auf. Evakuierungsbefehle der NS-Behörden wurden vom Bürgermeister weitgehend nicht befolgt. Etwa 10.000 Menschen blieben in Stolberg zurück. Ein Personenzug mit zahlreichen Evakuierten aus Stolberg geriet bei Jülich in einen britischen Tieffliegerangriff. Erst am 20. September wurde Stolberg nach heftigen Kämpfen ganz besetzt. Da die Front in der Nähe blieb, endeten die Beeinträchtigungen durch Kampfhandllungen erst nach dem Fall Eschweilers. Die von den Amerikanern eingesetzte Stadtspitze (Bürgermeister Dr. Friedrich Deutzmann), insbesondere der stellvertretende Bürgermeister Ludwig Philipp Lude, begann mit der Entnazifizierung der Stadtverwaltung. Am Ende des Zweiten Weltkrieges kommt Marlene Dietrich mit den ersten amerikanischen Truppen wieder nach Deutschland. In Stolberg wird sie von einer Deutschen erkannt und zu ihrer großen Überraschung mit Freude begrüßt. Diese unerwartete Reaktion sollte kein Einzelfall bleiben, andere Frauen des Ortes sammeln Zutaten für einen Willkommenskuchen, der nach ihren Angaben die köstlichste Speise ihres Lebens war. In Stolberg lebten bis zu ihrem Tode zwei bekannte Gegner des Nationalsozialismus, nämlich Ludwig Philipp Lude, stellvertretender Bürgermeister Stolbergs und der erste Regierungspräsident des damaligen Regierungspräsidiums Aachen nach dem Krieg, und Adolf Althoff, der die höchste Auszeichnung des Staates Israel bekam, weil er eine jüdische Familie in seinem Zirkus vor den Nazis rettete. NachkriegszeitNach dem Zweiten Weltkrieg wurde Stolberg Teil der britischen Besatzungszone und gehört seit 1947 zum Land Nordrhein-Westfalen. Flüchtlinge und Vertriebene bauten mit teilweise selbst gebrochenen Steinen die Donnerberger Siedlung. Auch in der Velau entstand ein Neubaugebiet für Flüchtlinge und Vertriebene. Am 25.10.1956 wird der Neubau des Bethlehem-Krankenhauses eingeweiht. 1956 wird ein neues Berufsschulgebäude Am Obersteinfeld eingeweiht. Die Trägerschaft der dort zusammengefassten verschiedenen Berufs- Berufsfach- und Handelsschulen geht am 1.1.1970 gemäß den Bestimmungen des Schulverwaltungsgesetzes von der Stadt auf den Kreis über. Die Realschule (I), 1956 als erste Realschule des Kreises Aachen gegründet, zog 1962 aus dem ehemaligen Berufsschulgebäude in der Salmstraße auf die Liester um und erhielt 1970 einen Anbau. Am 1.9.1961 konnte das vormalige Lyzeum, der Mädchenzug des Goethe-Gymnasiums, einen Neubau an der Ritzefeldstraße beziehen und erhielt zum Schuljahr 1966/67 einen Anbau. Der Bau der Stadthalle (25.11.1961 offiziell eröffnet) und die funktionale Neubebauung des Areals um den Bastinsweiher, der auch der Kupferhof Ellermühle zum Opfer fiel, waren wichtige Etappen der innerstädtischen Entwicklung. Deutschlandweit in den Medien präsent war die Stadt in den 1960er Jahren durch das von der in Stolberg ansässigen Pharmafirma Chemie Grünenthal GmbH produzierte Medikament Contergan; die Anhörungen und Prozesse jedoch fanden in Aachen und Alsdorf statt.Das Bekanntwerden von Gesundheitsschäden bei Kindern und Weidevieh durch Schwermetalle gab nach 1965 den Anstoß zu jahrzehntelangen erfolgreichen Umweltschutzbemühungen. Nach der kommunalen Gebietsreform 1972Ende der 1960ger Jahre sind ein Viertel der Schüler des Goethe-Gymnasiums und ein Drittel der Schülerinnen des Mädchengymnasiums Auswärtige. Bei der kommunalen Gebietsreform 1972 erfährt das Stadtgebiet entsprechend den Wünschen der Verwaltung nach einem "größeren Stolberg" eine beträchtliche Erweiterung nach Südosten in das "natürliche Verflechtungsgebiet" der Stadt und kann sich abermals mehr als verdreifachen. Eingemeindet wurden die Gemeinde Gressenich, welche auch die Orte Vicht, Mausbach (mit Diepenlinchen), Werth und Schevenhütte umfasste, sowie die Orte Breinig, Venwegen (von Kornelimünster) und Zweifall (von Roetgen) (Aachen-Gesetz § 6). Die Zuständigkeit für das Amtsgericht wurde am 1. April 1973 an das Eschweiler abgegeben (Aachen-Gesetz § 46 (4)). In den 1970er Jahren entstand das neue Rathaus in Form eines Hochhauses neben dem Alten Rathaus am Kaiserplatz, ferner das Stadion und Hallenbad Glashütterweiher. Auf der Liester und in Breinig wurden Neubaugebiete eingerichtet. Die Realschule II konnte 1978 aus dem ehemaligen Kupferhof Schardt in das Gebäude des Goethe-Gymnasiums am Kaiserplatz umziehen, das in einem Neubau auf der Liester ein neues Domizil fand. Das Mädchengymnasium Stolberg an der Ritzefeldstraße wurde nach Einführung der Koedukation 1977 im Jahre 1980 in Ritzefeld-Gymnasium umbenannt. In den 1980er Jahren konnten die Sanierung der Schwermetallhalden weitgehend abgeschlossen und die historische Altstadt in Oberstolberg restauriert werden. Im Steinweg siedelt sich ein Kaufhaus mit Läden an. Statt dem vierspurigen Ausbau der K 6 durch die Burgstraße die anliegenden historischen Häuser zu opfern, wie im politischen Raum diskutiert, schufen die Umgehungsstraße K 6n durch den Burgholzer Graben und die Rathausumgehung die Voraussetzung für die Verkehrberuhigung der Innenstadt: Der Steinweg wurde 1987 Fußgängerzone, die Salmstraße verkehrsberuhigt. Der ruhende Verkehr wurde vom Kaiserplatz in das Parkhaus Sonnental verlagert, auf dem Kaiserplatz ein steinerner Brunnen in Gestalt des Wappentiers der Stadt, des Löwen, angelegt. In der Innenstadt wurden viele Standbilder und Skulpturen unterschiedlicher Stile aufgestellt. Die Anzahl der von der Stadt Stolberg zu versorgenden Asylbewerber schnellte 1990 von 131 im Vorjahre auf 562 hoch. In den 1990er Jahren wurde in Buschmühle ein neuer Zentralfriedhof eingerichtet und 1996 das Museum Zinkhütter Hof eröffnet. Ferner wurde die L 238n fertiggestellt und unter dem Namen „Europastraße“ eingeweiht. Das Dienstleistungszentrum Münsterbusch und das Gewerbegebiet Steinfurt wurden ihrer Bestimmung übergeben. Auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofs siedeln sich Einkaufsmärkte an. Im umgebauten Gebäude der Brauerei Ketschenburg zieht 1998 die Verwaltung der EWV ein. Die Realschule II wird schrittweise vom Kaiserplatz nach Mausbach in das Gebäude der geschlossenen Hauptschule verlagert. In der geschlossenen Hauptschule Breinigerberg zieht der Jugendclub „Remember“ ein. 21. Jh.Im Jahre 2001 ging die euregiobahn mit neuen und umbenannten Haltepunkten in Betrieb. 2004 kauft Stolberg ein südliches Stück des Propsteier Waldes der Stadt Eschweiler ab um dort auf dem ehemaligen Militärgelände Camp Astrid ein neues Gewerbegebiet für Kleinbetriebe anzusiedeln. Überblick über die Gebietsentwicklung
1925 umfasst das Stadtgebiet 456 ha (bei ca. 17.000 Einwohnern)
Entwicklung der Bevölkerung
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