Hölle

nach Auffassung zahlreicher Religionen ein Ort der Bestrafung
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Dieser Beitrag behandelt die kulturhistorischen Aspekte des Begriffs der Hölle. Bezüglich anderer Bedeutungen siehe Hölle (Begriffsklärung)


Hölle ist die Bezeichnung für die in vielen Religionen, Kulten und Sekten herrschende Vorstellung von der jenseitigen Unterwelt als Ort oder Zustand der Qual und Aufenthaltsort der Dämonen, an den Unbekehrte oder Übeltäter nach ihrem Tode gelangen.

Allgemeines

In christlichen und nichtchristlichen Religionsgemeinschaften und Sekten wird die Hölle meist als ein möglicher Ausgang des sogenannten Jüngsten Gerichts gesehen, als Strafe der Verdammnis, im Gegensatz zum Zustand absoluter Glückseligkeit (genannt "Paradies", "ewiges Leben" oder "Himmel") und in Abgrenzung zum Fegefeuer. In die Hölle gelange der Mensch, der sich nicht entsprechend gewisser Verhaltensregeln der jeweiligen Religionsgemeinschaft verhalte.

Während die Hölle in einigen Weltreligionen (s. u.) der Läuterung dient und ein Ende hat (entweder insgesamt oder zumindest für jeden einzelnen) und somit ein Mittel der Besserung ist, geht die Lehre der großen christlichen Religionsgemeinschaften von einer ewigen Hölle aus -- einer Strafe als unveränderlichem Zustand, nicht als endlichem Vorgang.

 
Miniaturen-Handschrift des Botticelli "Kuppler und Dirnen fliehen vor peitschenden Teufeln", Kupferstichkabinett Berlin

Die Hölle wird im westlichen Kulturraum häufig als Höllenrachen, als lodernder Flammenort und auch als Höllenberg dargestellt. Die Ostkirche kennt auch den Feuerfluss und den Drachenschlund. Berühmte Bildnisse stammen von Malern wie Hieronymus Bosch (1450-1516), Hans Memling (vermutlich 1433/1440-1494), Luca Signorelli (vermutlich 1445/50-1523), Peter Paul Rubens (1577-1640) Sandro Botticelli (1445-1510 ?) mit seinem Bildzyklus (siehe Auszug aus der Miniaturen-Handschrift rechts), Beschreibungen von Schriftstellern wie Dante Alighieri (1265-1321). Dantes Hauptwerk Die Göttliche Komödie ist eine Art literarische Jenseitswanderung durch Hölle, Fegefeuer und Paradies, mit Wiedertreffen alter Bekannter und Honoratioren aus Florenz, ein Ort fürchterlicher körperlicher Qual mit strafenden Riesen, lachenden Teufeln und abgestuften Strafen. Im hier gezeigten Bild peitschen Teufel z. B. Kuppler und Dirnen. In der Nachfolge Dantes entstand eine Vielzahl genauerer Ortspläne (so die sieben Sündenstufen, die 9 Höllenkreise die Vorhölle ist als zehnter Kreis gedacht), Lagebeschreibungen und Bewohnerverzeichnisse.

Die Hölle ist im mittelalterlichen Weltbild jener "Einschlagkrater" den Luzifer bei seinem Sturz aus dem Paradies hinterlassen hat. Er ist ein in 9 konzentrischen Kreisen angeordnetes Loch. Im Mittelpunkt der Erde, dem innersten Höllenkreis steckt Luzifer. Von dort geht es zur südlichen Hemisphäre und zum Purgatorium: dem Läuterungsberg mit seinen sieben Stufen oder Ringen hinauf zu Spitze, dem Ort des irdischen Paradieses, dem Garten Eden. Über ihm wölben sich neun himmlische Sphären, die wiederum umgeben sind vom Empyreum, jener höchst himmlischen Sphäre als Sitz der neun Engelsordnungen und Gottes. In den Höllentrichter kommt man durch das Höllentor. Ist man da hindurch, folgt eine Art Zwischenreich, wo diejenigen geplagt werden, die im Leben zu feige waren, sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden.

Es schließt sich der Höllenfluss Acheron an, auf dessen anderer Seite der Limbus liegt, wo die tugendhaften Heiden in gramvoller Sehnsucht, aber ohne körperliche Leiden, ihr Schattendasein fristen. Immerhin können beispielsweise - so argumentierte das westliche Mittelalter - die geehrten Philosophen und Schriftsteller des Altertums: Homer, Horaz, Ovid und Lucan, "nichts dafür", dass sie vor der Zeit Christi gelebt haben. Dennoch ist ihnen schon allein aus diesem Grund das Paradies verwehrt. Im zweiten Kreis der Hölle werden die Wollüstigen gepeinigt, im dritten die Schlemmer. Dann folgen die Kreise der Geizigen und Verschwender sowie der Jähzornigen und Trägen. Kreis 5 ist auch der Ort des Höllenflusses Styx und der Stadt Dis. Im 6. Kreis hausen die Ketzer und Gottlosen, im 7. Mörder, Selbstmörder, Gotteslästerer, Sodomiten, Wucherer. Der achte Kreis ist Kupplern vorbehalten, Verführern, Schmeichlern, Huren. Außerdem sind hier versammelt: Korrupte in kirchlichen oder öffentlichen Ämtern, Simonisten, Zauberer, Wahrsager, Heuchler, Diebe, Räuber, falsche Ratgeber, Häretiker und Zwietrachtstifter und, und, und. Im neunten Kreis schließlich steckt der ärgste Teufel, Luzifer, und peinigt die schlimmsten Sünder der Menschheitsgeschichte: Judas, Cassius und Brutus, die Mörder und Verräter des himmlischen und irdischen Kaisers.

Im Zeitalter der Aufklärung, und z. T. bis heute, wurde die Hölle als eine angstauslösende Metapher verstanden, welche durchaus für weltliche Zwecke eingesetzt wurde (und wird) und "die erfunden werden müsste, wenn es sie nicht gäbe" (Nicolas Sylvestre Bergier in der Encyclopädie Française von Denis Diderot, 1772), eine Einstellung, die nach Ansicht nicht nur von Kritikern die Autoren der Bibel viele Jahrhunderte früher vorweggenommen haben (Ijob (Buch)|Ijob]] 11,8; Mt 5,22; Mt 5,29; Mt 10,28; Mt 11,23; Mt 16,18; Mt 18,9; Mt 23,15; Mt 23,33; 1 Kor 15,55; Jak 3,6; Offb 1,18).


Das Tor zur Hölle
Mittelalterliche Darstellung des Eingangs zur Hölle

Wortgeschichte

Der deutsche Begriff Hölle hat seinen Ursprung im germanischen hel- oder hal- (verbergen) -- siehe auch Hel als dem germanischen Namen für Unterwelt bzw. die Totengöttin selbst.

Mythisches, Legenden, Sagen

- Der Gilgamesch-Epos (nach 2740 vor Christus) der sumerischen Frühkultur kannte die Totenbefragung zur Informationsgewinnung über das Jenseits.

Zoroastrismus

Schon in der uralten Religion des Zoroastrismus aus dem iranischen Raum (ab ca. 1200 v. Chr.) ist von einem Endgericht mit dem möglichen Ausgang einer Hölle die Rede. Der Zoroastrismus hat möglicherweise starken Einfluss auf das nach-exilische Judentum gehabt und so auch die jüdische und indirekt die christliche und die islamische Metapher der Hölle beeinflusst.

Germanen

Die Hölle in den germanischen Mythen (mit der Göttin Hel) war ein kalter, eintöniger und frostiger Platz.

Hinduismus

Im Hinduismus (ab 1500 v. Chr.) gibt es sogar 21 Höllen, die einen Teil des unendlichen Kreislaufs der Seelenwanderung darstellen. Als Folge ihrer Handlungen würden die Sünder in der Hölle wieder geboren, wo sie so lange gepeinigt werden würden, bis ihre Sünden endlich gesühnt seien und sie auf einer höheren Ebene wieder geboren werden würden.

Buddhismus

Der Buddhismus übernahm in modifizierter Form die hinduistischen Vorstellungen von Wiedergeburt und Hölle, allerdings abzüglich der Vorstellung von einer persönlichen Seele, die wiedergeboren werden kann. Nach der orthodoxen buddhistischen Kosmologie gehören zu den sechs "Bestimmungen" der sterblichen Existenz drei Bereiche, in denen diejenigen Daseinsfaktoren, die ein schlechtes Karma haben, wieder geboren würden. Wie im Hinduismus, so dienen auch hier die Qualen, die die Sünder in den jeweiligen „Bestimmungen” erleiden, dazu, die Seelen zu reinigen und zu befreien, so dass sie auf höherer Ebene wieder geboren werden könnten. Wie auch vieles anderes im Buddhismus werden solche Lehren von vielen Buddhisten eher symbolisch verstanden.

Islam

Im Islam wird die Hölle als Feuergrube gedacht, über die eine schmale Brücke in den Himmel führt. Alle Seelen der Toten müssten über diese Brücke gehen, und die Verdammten fielen in das Feuer hinunter, wenn sie nicht durch die Gnade Allahs erlöst würden. Im Koran ist oft von Himmel und Hölle die Rede, viel öfter und direkter als in der Bibel; so heißt es z. B. in der Sure 23,103 "Diejenigen aber, die leichte Waagschalen haben, sind dann ihrer selbst verlustig gegangen. Sie werden ewig in der Hölle weilen." und in Sure 11,106 "Die Unseligen werden dann im Höllenfeuer sein, wo sie laut aufheulen und hinausschreien, (107) und wo sie weilen, solange Himmel und Erde währen, - soweit es dein Herr nicht anders will. Dein Herr tut, was er will."

Judentum

Im Judentum wird die Vorstellung von der Hölle erst in apokryphen Schriften, welche später nicht in die hebräische Bibel aufgenommen wurden, historisch greifbar, wie z. B. dem Buch Henoch (geschrieben zwischen 130 und 68 v. Chr.). Dort wird der Aufenthaltsort der Verstorbenen mit vier tiefen Hohlräumen beschrieben, von denen drei dunkel sind und einer hell. In den dunklen Räumen wären die Sünder; die helle Abteilung sei für die Gerechten. Die Ungerechten würden von Engeln zu einem Platz gebracht, um für das Gericht vorbereitet zu werden. So heißt es "Entsprechend der Taten der Bösen werden sie in lodernden Flammen brennen, schlimmer als Feuer" (100.9). Und "niemand wird ihnen helfen" (100.4). "Und sei dir bewusst, dass sie [die Engel] eure Seelen in den Sheol [hebr. für Hades] bringen werden und sie [die Seelen] werden Böses erleiden und eine schwere Prüfung durchzustehen haben, in Dunkelheit, Fesseln und brennenden Flammen" (103.7). So wandelten sich viele ursprünglich ganz anders belegte Begriffe des AT wie Gehenna (21.10) und Sheol zu Begriffen für verschiedene Orte, in denen Menschen mit Feuer gequält wurden, sofern sie sich im Leben etwas zu Schulden kommen ließen. Es wurden drei verschiedene Gruppen unterschieden (22.13): die Gerechten, die Sünder, die noch nicht im Leben bestraft wurden und die "perfekten Kriminellen" (die vollständig Bösen). Auch der Geschichtsschreiber Josephus redet in seiner Schilderung des Totenreichs vom Schoß Abrahams und der großen Kluft zwischen den verschiedenen Aufenthaltsräumen. In dieser ebenfalls apokryphen Abrahamslegende wird beschrieben, dass der Erzvater, wenn die Seelen der Ungerechten genügend gebüßt und ihre Sünden gesühnt hätten, in den Sheol hinabsteigen und sie zu sich heraufholen dürfe.

Mithraskult

Der Mithraskult des Römischen Reichs -- der sich in mancher Hinsicht beim oben erwähnten Zoroastrismus bediente -- ging dagegen am Ende der Erde von einer großen Schlacht aus, zwischen den Kräften des Lichts und der Finsternis. Menschen, die den Dogmen der mithrischen Priester gefolgt sind, können sich vorher den "Geistern des Lichts" anschließen und sind somit gerettet, während Abweichler der Lehren zusammen mit Ahriman (dem Gegenspieler von Mithras , dem "Satan") und den gefallenen Engeln in einer "Hölle" landen.

Christentum

Im Christentum schrieben bereits mehrere Kirchenväter des ersten bis dritten Jahrhunderts (z. B. Clemens von Rom, Justin der Märtyrer, Irenäus von Lyon und Tertullian) explizit von einer ewigen Hölle. Auch in den nachbiblischen Apophthegmata Patrum (den volkstümlichen "Aussprüchen der Wüstenväter"), die großenteils aus dem christlichen Ägypten des 4. Jahrhunderts stammen, finden sich bereits sehr drastisch-bildliche Schilderungen der Hölle.

Im dritten Jahrhundert kam durch Origenes die Lehre von der Allversöhnung auf, die von einigen Kirchenvätern des vierten und fünften Jahrhunderts aufgenommen wurde. Gregor von Nyssa, Didymus der Blinde, Diodor von Tarsus und Theodor von Mopsuestia widersprachen ihnen allerdings. Durch Theodor von Mopsuestias Liturgie wurde die Sicht der Allaussöhnung in der Assyrische Kirche des Ostens übernommen.

Von der katholisch-orthodoxen Reichskirche wurde diese Sichtweise jedoch nicht übernommen. In einem lokalen Konzil vom 543 wurde die Allversöhnungslehre verurteilt, beeinflusst durch das von Kaiser Justinian I. verfasste Liber adversus Origenem das im Edikt contra Origenes endet. Das ökumenische zweite Konzil von Konstantinopel im Jahre 553 verabschiedete den Kanon: "Wenn einer sagt oder meint, die Bestrafung der Dämonen und der gottlosen Menschen sei zeitlich und werde zu irgendeiner Zeit ein Ende haben oder es werde eine Wiederbringung von Dämonen oder gottlosen Menschen geben, der sei anathema (verbannt)".

Im XVII. Artikel des Augsburgischen Bekenntnisses bekennt auch die Evangelisch-Lutherische Kirche: „Auch wird gelehrt, dass unser Herr Jesus Christus am jüngsten Tage kommen wird, zu richten, und alle Toten auferwecken, den Gläubigen und Auserwählten ewiges Leben und ewige Freude geben, die gottlosen Menschen aber und die Teufel in die Hölle und ewige Strafe verdammen. Derhalben werden die Wiedertäufer verworfen, so lehren, dass die Teufel und verdammten Menschen nicht ewige Pein und Qual haben werden.“

Das Christentum sieht sich aber eigentlich als Erlösungsreligion. Die der Sünde und dem Tod verfallenen Menschen würden von Jesus Christus gerettet. In dem Lehren und Wirken von Jesus Christus (auch durch Apostel, wie Paulus: Gal. 1,12), sei die Erlösung für alle Menschen angekündigt (Jes. 45,23-24, Phil. 2,9-11, Röm. 14,11, Off. 15,4). Die Hölle könne nur dann vermieden werden, wenn man sich in einer freien Entscheidung (sog. Bekehrung) dagegen entscheide und Jesus als seinen Herrn anerkenne. Andere christliche Gruppierungen meinen, dass es eine freie Entscheidung des Menschen für Gott nicht geben könne (es also keinen freien Willen gäbe), sondern Gott Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt auswähle; letztlich also alle Menschen gerettet würden (Allaussöhnung). Insbesondere Calvinisten und Reformierte meinen auch, dass Gott in völlig freier und unerforschlicher Entscheidung einige Menschen zum Himmel und die anderen zur Hölle vorherbestimme (Prädestination), und dass die schicksalhafte Belastung der Menschen mit der Erbsünde, den freien Willen ausschließe, da es nur noch den (selbst gottgegebenen) Glauben an das Selbstopfer Jesu Christi (Metapher: "Lamm Gottes") und an die Auferstehung Christi gäbe, um gerettet zu werden. Die größeren christlichen Religionsgemeinschaften (z. B. die katholische Kirche, die Lutheraner, und die Orthodoxen) bewegen sich in der Predigtpraxis irgendwo zwischen diesen beiden Polen, offiziell wird aber immer noch die Lehre der Hölle vertreten.

Nach Standpunkt anderer Theologen komme das heidnisch geprägte Bild von der Hölle in der Bibel gar nicht vor. Der Begriff Hölle sei nur durch fragliche Bibelübersetzungen (s. u.) in die Bibel gekommen, wodurch sich die eigentlich heidnische Lehre der Hölle weiter verbreiten konnte und mit dem Christentum in Verbindung gebracht wurde.

Die Ähnlichkeit der Höllenbilder in west- und ostkirchlicher christlicher Religionen springt ins Auge, wenn es auch im Detail ein paar Unterschiede gibt. Die Metapher Hölle ist in der Vergangenheit häufig für missionarische, politische und geschäftliche Zwecke mißbraucht worden (z. B. durch den von Luther kritisierten Ablassprediger Johannes Tetzel), fast immer als Drohbotschaft vermittelt, um Menschen zu eigenen Zielen hin zu manipuliere -- oft in Verbindung mit der Himmelsaussicht nach dem Prinzip "Zuckerbrot und Peitsche".

Durch die Geschehnisse des zwanzigsten Jahrhunderts wird die Bedeutung des Begriffs Hölle mit neuen, schrecklich realen Inhalten gefüllt, Inhalte, für die eigene, -- durch die Schwere der Schuld -- quasi religiöse Begriffe gefunden wurden: Auschwitz, Archipel Gulag, Srebrenica, Kigali in Ruanda, Killing Fields und andere. Begriffe, die häufig im Kontext des Begriffs Hölle genannt werden. Wie weit fundamentalistische Religionen und Sekten sowie zum teil religionsartige Ideologien mit ihrem Dogmenstreitigkeiten und zum Teil rassistischen Abgrenzungsbedürfnissen Anteil daran haben, ob dogmengestützte und auf Abweichung gerichtete Aggression dem Menschen angeboren ist, wie weit Erziehung, Ausbildung und Aufklärung solche Höllen verhindern können, ist Gegenstand soziologischer und anderer Forschung. Viele Aufklärer sehen real existierende Höllen nicht nur durch (u. a. religiöse) Dogmenstreitigkeiten hervorgerufen sondern durchaus auch als eine Begleiterscheinung von Aufklärung und Religionskritik (u. a. Horckheimer und Adorno in der "Dialektik der Aufklärung", s. u.).

Siehe auch: Verdammnis, Erlösung, Abaddon, Jüngstes Gericht, Fegefeuer, Teufel, Beelzebub, Luzifer, Himmel, Paradies, Garten Eden.

Biblische Begriffe, die teils mit "Hölle" übersetzt wurden

Mit Hölle wurden (und werden manchmal bis heute) das griechische Hades und Geenna übersetzt. Martin Luther übersetzte beispielsweise Hades fünfmal mit Hölle (z. B. in Mat. 16,18), außerdem zweimal mit Toten, zweimal mit Totenwelt, einmal mit "sein Reich". Geenna übersetzte Luther 8mal mit "Hölle“ (u. a. Mat. 5,22,29,30; 18,9; Mk 9,43,45; usw.); und viermal mit "höllisch".

Neuere Bibelübersetzungen gehen von dieser Vereinheitlichung meist wieder ab und übersetzen Hades/Scheol mit "Totenwelt", "Unterwelt", "Grab", "Gruftreich" o. ä., behalten aber "Hölle" als Übersetzung von "Gehenna" bei.

Der Hades des NT ist die griechische Übersetzung vom hebräischen Begriff "Sheol" aus dem AT (Ap. 2,27, Ps. 16,10). Im Hades bzw. Sheol passiert nach Aussagen des biblischen Buches Prediger Salomo allerdings nichts: "Kein Tun ist, noch Berechnung, noch Erkenntnis, noch Weisheit im Sheol, wohin du gehen musst" (Pred. 9,10; nach Buber) und "die Toten aber, sie erkennen nichts, und kein Lohn ist ihnen noch weiterhin, denn vergessen ist ihr Gedenken" (Pred. 9,5; siehe auch Ps. 89,49; 139,8; 4. Mose 16,30). "Der Herr tötet und macht lebendig; er führt in den Scheol hinab und führt herauf" (1. Samuel 2,6). In den Hades gehen die Seelen aller Menschen, ob gläubig oder nicht (Joh. 5,28-29; Hiob 3,11-19, 14,13; Hes. 32,18-32; Ps. 31,17; Dan. 12,2).

Geenna (bzw. Gehenna) ist eine Ortsbezeichnung. Es entstammt der hebräischen Sprache und bedeutet "Schlucht von Hinnom (Ge-Hinnom)". Diese Schlucht kann unterhalb von Jerusalem bis heute besichtigt werden. Zu alttestamentlicher Zeit wurden hier laut Bibel bei kultischen Handlungen dem Ammoniter-Gott Moloch Kinder geopfert (2. Könige 23,10). Diese Praxis wurde von den Israeliten unter der Regentschaft Solomons im 10. Jh v. Chr. und des Königs Menasseh im 7. Jh. v. Chr. in Krisenzeiten weitergeführt bis in die Zeit des babylonischen Exils (6. Jh. v. Chr.). Der Prophet Jeremia, der diesen Brauch scharf verurteilte, nannte dieses Tal "Schlucht der Umbringung" (Jer. 7,31-32; 19,5-9). Gehenna wurde später zu einer zentralen Müllhalde, u. a. um eine Wiedereinführung solcher Bräuche zu verhindern. Zu Zeiten Jesu wurden an diesem Ort nach Ansicht mancher Forscher auch die Leichen von Gesetzesübertretern nach ihrer Hinrichtung verbrannt. Die Vorstellung von brennenden Menschenleichen inspirierte demnach jüdische, wie danach auch christliche Theologen, hier ein Bild für die "Hölle" zu sehen.

Der Feuersee nach dem letzten Gericht in der Offenbarung (Kapitel 20,14) wird zwar nicht mit dem deutschen Wort "Hölle" übersetzt, aber doch gelegentlich damit inhaltlich gleichgesetzt. Dort werden nur drei Wesen, das "wilde Tier", Satan und der "falsche Prophet" in einem Feuer- und Schwefelsee für "die Äonen der Äonen" gequält werden (nach mancher Ansicht bedeutet das: zeitlich begrenzt, Offb. 20,10).

Unterchiedliche Ansichten der Theologen über die Hölle

Eng verbunden mit dem Begriff der Hölle ist in den christlichen Religionen der Begriff der Sünde. Der Sündenfall von Adam und Eva bestand darin, vom Baum der Erkenntnis eine Frucht (in der Kunst meist als Apfel dargestellt) zu essen. Sünde meint i. d. R. den Verstoss gegen religiöse Regeln, z. B. die Zehn Gebote. Durch Verkündigung von oben herab, dass es sich bei dem Regeln um göttliche Regeln handele, konnten Fragen der Zweckmäßigkeit und Sinnhaftigkeit aus politischen und anderen Interessen der Priesterkaste verhindert werden. Die Sünde erklärte implizit auch das Vorhandensein von so viel Leid (der Hölle) auf Erden. Dass so viele Verstösse gegen religiöse und weltliche Regeln -- bis hin zu staatliche verordneten Massenmorden -- nicht geahndet wurden, konnte mit Hilfe des Kunstgriffes Hölle geheilt werden: so war eine Bestrafung auf jeden Fall gewährleistet. In Zeiten von Resozialisierung und Ablösung religiös begründeter durch politisch begründeter Regeln, wird die Hölle mehr und mehr zur Metapher, auch weil Strafe von vielen Fachleuten ganz allgemein als ein schlechter Weg zur Sicherstellung der notwendigen Einhaltung von Gesetzen gesehen wird.

Inzwischen wenden sich auch viele Theologen gegen die Angstdrohung einer Strafe oder Verdammung, weil sie nicht mit Aussagen der Bibel oder mit den Eigenschaften Gottes wie Liebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit vereinbar sei. Ihrer Meinung nach verkünde das Neue Testament die Allversöhnung, die sich in den Evangelien schon andeute:

"Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte." (Matthäus 5, Vers 44,45)

"Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, dennoch euren Kindern gute Gaben geben könnt, wieviel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten!" (Matthäus 7, Vers 11)

"Lasst die Kinder zu mir kommen und schickt sie nicht weg. Denn gerade ihnen gehört das Himmelreich. Ja, ich sage euch: Wenn ihr Gottes Liebe nicht annehmt wie die Kinder, dann werdet ihr sie nie erfahren." (Markus 10, Vers 13-16, Matthäus 6, Vers 9-13)

Auch andere Bibelstellen, z. B. Lukas 15, Vers 11-32 (das Gleichnis vom verlorenen Sohn) oder 1 Korinther 15, Vers 20-28, sprächen nach dieser Ansicht gegen die Vorstellung von der ewigen Verdammung in einer Hölle.

Diese Interpretation war nicht immer üblich: es ist heute -- nicht erst seit Martin Luther -- gängige Meinung, dass Kirchen durch den Drohcharakter der Höllen-Metapher wenig segensreich in der Geschichte der Menschheit gewirkt haben, sondern vielmehr angstauslösend ganze Generationen gehindert haben, aus unverschuldeter Unmündigkeit herauszutreten. Bis heute dient die Höllen-Metapher als Drohkulisse, mit der politische und andere Ziele verfolgt werden. Davon auszugehen, dass der Höllenbegriff neutral einfach schon vorher existierende Ängste ausdrückt, übersieht, dass Wörter nicht nur heilen können, sondern auch Schäden anrichten. Der Begriff der Hölle wurde weder in der Bibel noch im Kirchenleben subversiv (stürzend) benutzt um Ängste zu beseitigen oder zu heilen.

Vermutlich aus diesen Überlegungen sehen die großen christlichen Religionsgemeinschaften die "Hölle" heute nicht mehr als körperliche Qual, sondern eher als Abstraktum, welche sich durch "Ferne von Gott" umschreiben läßt, so der römisch-katholische Papst Johannes-Paul II (siehe Weblinks). Kritiker sagen dazu, dass "Ferne von Gott" ohne Aussicht auf Änderung eher eine Verschärfung der Höllenidee sei, denn diese seelische Qual ist härter als rein körperliches Leid, das bisher angedroht wurde.

In der orthodoxen Kirche wird nach wie vor oft die entgegengesetzte Ansicht vertreten: Mit "Hölle" sei eine intime Nähe zu Gott gemeint (ebenso wie mit "Himmel"); diese werde aber von den Gerechten als freudig und segensreich, von den Bösen dagegen als qualvoll und voller Gewissensbisse erlebt. Agnostiker und Atheisten sehen definitionsgemäß eher die etymologischen und historischen Seiten der Höllen-Metapher.

Zur Semantik des Begriffs "Hölle"

Durch die im vorigen Abschnitt beschriebenen etymologischen und kulturhistorischen Eigenschaften des Wortes Hölle kommt man zur Frage, welche Funktion der Begriff "Hölle" erfüllt und ob mit dem Begriff Hölle gelogen werden kann. Harald Weinrich schreibt in seinem Essay "Linguistik der Lüge": "Begriffe können lügen, auch wenn sie für sich alleine stehen. Sie stehen nämlich nur scheinbar allein. Unausgesprochen steht ein Kontext hintern ihnen: die Definition. Lügende Begriffe - z.B. solche, mit denen verteufelt wird - gehören zu einem Begriffssystem und haben einen Stellenwert in einer Ideologie. Sie nehmen Verlogenheit an, wenn die Ideologie und ihre Lehrsätze verlogen sind." Nietzsche: "Die verschiedenen Sprachen nebeneinander gestellt zeigen, dass es bei den Worten nie auf die Wahrheit, nie auf einen adäquaten Ausdruck ankommt: denn sonst gäbe es nicht so viele Sprachen." Condillac: "L'algèbre est une langue bien faite, et c'est la seule: rien n'y paraît arbitraire." (Die Algebra ist eine wohlgeordnete Sprache, und zwar die einzige; nichts erscheint in ihr willkürlich.) Daraus den Schluß zu ziehen, einen Begriff wie die Hölle formal definieren zu können, um Schwierigkeiten mit der Wahrheit auszuweichen, ginge sicher zu weit. Aber den Gegenstandpunkt einzunehmen und den Begriff "Hölle" nur als Wort einer Sprache (z. B. deutsch) als korrekt interpretiert gelten zu lassen wäre ebenfalls Unwahrheit. Jean-Paul Satre: "Die Hölle, das sind die anderen." Herbert Achternbusch : "Die Hölle kann auch produktiv sein, der Himmel ist nur langweilig." Karl Popper, Philosoph : "Der Versuch den Himmel auf Erden zu verwirklichen, produzierte stets die Hölle." George B. Shaw: "Das Klima ist im Himmel sicher angenehmer, die Gesellschaft in der Hölle ist aber bestimmt interessanter." Friedrich Rückert: "Der Teufel hat die Welt verlassen, weil er weiß, dass die Menschen selbst einander die Hölle heiß machen."

Literatur

Italienische Literatur

  • Dante Alighieri: Divina Commedia (dt. Die Göttliche Komödie), Meisterwerk der Renaissance, gibt einen guten Einblick in die Höllensicht des Mittelalters (die von Dante allerdings ironisch aufgegriffen wird). Empfehlenswert die klassische Tonaufzeichnung von 1957 des bayerischen Rundfunks als Audiokassette/CD, mit lachenden Teufeln, allüberallem Schreien, Seufzen, Jammern, Zähneklappern und einem väterlichen Vergil als Reiseführer durch Hölle und Paradies. Regie [Otto Kurth] und gesprochen von u. a. Marianne Hoppe, Walter Süssenguth, Wolfgang Büttner, Helen Vita, Hans Clarin, Fritz Rasp, Bernhard Minetti. ISBN-3895848956

Serbokroatische Literatur

Französische Literatur

Argentinische Literatur

Deutschsprachige Literatur

  • Sigmund Freud:
  • Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: ,,Dialektik der Aufklärung", erschienen Amsterdam 1947 beim Querido Verlag, Amsterdam, 1969 Frankfurt am Main
  • Harald Weinrich: ,,Linguistik der Lüge", erschienen im Verlag C.H.Beck, becksche Reihe, Ersterscheinung 1966, Essay erhielt Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt als Antwort auf die Preisfrage: ,,Kann Sprache die Gedanken verbergen?"
  • Balthasar, Hans Urs von: Was dürfen wir hoffen?, Johannes Verlag, Einsiedeln, 1986. Vieldiskutiertes Buch des designierten Kardinals über die von ihm bejahte Frage, ob die Hölle am Ende leer sein könnte
  • Greshake, Gisbert (Hg.): Ungewisses Jenseits: Himmel - Hölle - Fegefeuer, Patmos Verlag, Düsseldorf, 1986. Mit Beiträgen der Professoren Joachim Gnilka (neutestamentliche Sicht), Leo Scheffczyk (dogmengeschichtliche Sicht), Werner Ross (Himmel und Hölle in der Literatur) und Gisbert Greshake (aktuelle katholische Position)
  • Loerzer, Sven; Berger, Monika: Berichte aus dem Jenseits: Vom Leben nach dem Tod, Pattloch Verlag, Augsburg, 1990. Jenseitsvorstellungen der Weltreligionen

Russische Literatur

Englischsprachige Literatur

  • Turner, Alice K.: The History of Hell , Harcourt Brace & Company, New York/San Diego/London, 1993
  • Prof. Alan E. Bernstein: The Formation of Hell: Death and retribution in the ancient and early Christian worlds, Cornell University Press, Ithaca/New York, 1993