Der Begriff Monotheismus (von griechisch μονος monos = ein und θεος theos = Gott) bezeichnet Religionen bzw. philosophische Lehren, die nur einen allumfassenden Gott kennen und anerkennen. Damit werden diese in der Religionswissenschaft vom Polytheismus unterschieden, der viele Götter kennt und verehrt. Religionen, die viele Götter kennen, aber nur einen davon (als höchsten Gott) verehren, bezeichnet der Begriff Monolatrie.
Die bekanntesten dem Monotheismus zugeordneten Religionen sind
- das Judentum,
- der Zoroastrismus,
- das Christentum und
- der Islam.
Ausprägungen
Es gibt verschiedene Ausprägungen des Monotheismus:
- Der Theismus argumentiert für einen persönlichen Gott, der zu verehren ist; die Persönlichkeit unterscheidet den Gott von einer anonymen Gottheit, die nur durch ihre Wirkung und Kraft sichtbar wird.
- Der Deismus nimmt die Existenz eines Gottes an; dieser hält sich aber seit seiner Schöpfung der Welt fern. Gebetserhörungen oder Wunder finden nicht mehr statt.
- Im Pantheismus wird das ganze Universum als eins mit Gott angesehen. Einen personifizierten Gott gibt es hier nicht.
- Der Panentheismus sieht das Universum als Teil Gottes, aber nicht identisch mit ihm.
Das Gegenteil vom Monotheismus ist der Polytheismus, der eine Vielzahl von Göttern annimmt. Gibt es mehrere Götter und wird dabei einem der unbedingte Vorrang eingeräumt spricht man von Monolatrie. Der jüdische Monotheismus ist nach Auffassung aktueller Exegese aus einer Monolatrie hervorgegangen.
Der Dualismus kennt genau zwei Götter, die als Gut und Böse einander entgegenwirken.
Typische Kennzeichen klassisch monotheistischer Religionen
Im folgenden wird auf die besonderen Kennzeichen in erster Linie von Judentum, Christentum und Islam eingegangen.
Gottesvorstellung
Monotheistische Religionen bzw. Lehren erkennen nur einen einzigen Gott an. Es ist ein personaler Gott, der als Individuum erscheint und als eine Instanz jenseits von dieser Welt gedacht wird. Er hat den Kosmos erschaffen und kann in das Weltgeschehen eingreifen. Er wird als allwissend, allmächtig und allgegenwärtig angesehen. Des weiteren trägt er Eigenschaften, die in der menschlichen Gesellschaft gemeinhin als positiv erachtet werden, jedoch in absoluter Form: unfehlbare Gerechtigkeit, allumfassende Liebe und Güte.
Es werden ihm traditionell Bezeichnungen männlichen Geschlechts zugeschrieben, wie beispielsweise „Herr“, „Vater“.
Gottesabbildungen sind verboten (Bilderverbot), weil bzw. insofern die Gefahr besteht, dass der Mensch Dinge anbetet, die er von eigener Hand geschaffen hat (Götzendienst). Daraus folgt nämlich, dass er seine Eigenschaften oder auch nur einige davon in das Gottesbild projiziert und sich anschließend diesem Götzen unterwerfen muss, um seine projizierten Eigenschaften zurückzuerlangen. Er wird also in seiner Freiheit eingeschränkt und kann nicht mehr ohne den Götzen leben. Der Monotheismus zeichnet sich laut Erich Fromm eben dadurch aus, dass der Mensch nicht sein eigenes Werk anbetet, sondern einen unsichtbaren Gott.
Die Gläubigen können im Gebet mit ihrem Gott in Verbindung treten. Es gibt rituelle Gebetstexte, aber auch individuelle Gebete, die der Gläubige selbst gestaltet.
Menschenbild
Geist und Körper
Im Monotheismus besteht der Mensch aus einem physischen Körper und einer geistigen Seele (dem Geist). Im Christentum wird teilweise noch einmal unterschieden zwischen Seele und Geist. Die Seele 'besteht' aus dem Verstand und den Gefühlen. Der menschliche Geist ist durch die Annahme von Jesus Christus (Erweckung) mit dem Geist Gottes verbunden. Die Seele, bzw. der Geist wird dabei höher geschätzt als der Körper, da sie im Gegensatz zum Fleisch unsterblich sind und auch nach dem Tod des Körpers weiter bestehen. Auch wurden Körperlichkeit und Sexualität (im Christentum) tendenziell als sündhaft gesehen und in asketischem Anspruch zu überwinden versucht.
Tod und Sünde
Die Vorstellung von einer unsterblichen Seele des Menschen entstammt dem griechischen Weltbild und wurde erst spät in die Vorstellung der jüdischen Religion aufgenommen. Da mit der Vorstellung von der unsterblichen Seele auch jene von Hölle und Himmel übernommen wurde, stellte sich die Frage, wie der eine, gute Gott in seiner Schöpfung Sünde und Hölle zulassen konnte. Die letzte Antwort darauf wird i.a. in der menschlichen Willensfreiheit gesehen.
Nach monotheistischer Vorstellung hat jeder Mensch nur ein einziges Leben. Hier liegt eine lineare Zeitvorstellung zugrunde, im Gegensatz beispielsweise zur Reinkarnationslehre, derzufolge der Mensch in endlos ablaufenden Zyklen wiedergeboren wird.
Weltbild
In der monotheistischen Vorstellung beginnt die Welt mit ihrer Erschaffung durch Gott (vgl. creatio ex nihilo und Natürliche Theologie) und endet mit dem Tag des Jüngsten Gerichts. Die Welt wurde von Gott erschaffen und hat deshalb in gewisser Weise Teil an seinem göttlichen Wesen.
Offenbarung
Gott kann sich durch Propheten offenbaren.
Es gibt sogenannte heilige Schriften, die als Gottes Wort gelten und deshalb einen großen Stellenwert einnehmen.
- Im Judentum ist es der Tanach.
- Das Christentum erkennt zusätzlich zum Tanach, der hier Altes Testament genannt wird, das Neue Testament als Gottes Wort an. Die Testamente werden in der Bibel zusammengefasst.
- Im Mormonismus, einer eigenständigen Ausprägung des Christentums, sind für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zusätzlich zur Bibel das Buch Mormon, Lehre und Bündnisse und die Köstliche Perle maßgebend. Die Kirche Christi mit der Elias-Botschaft verwendet neben dem Bericht der Nephiten (eigene Ausgabe des Buches Mormon) noch 117 Botschaften mit dem Titel "Das Wort des Herrn" als weitere gleichwertige göttliche Offenbarungsquelle.
- Der Islam erkennt die jüdisch-christlichen Traditionen als von Gott geoffenbart an. Die vollkommenste Offenbarung, in der die Lehre Gottes endgültig dargelegt ist, ist für Muslime jedoch der Qur'an (Koran).
- Bei den Baha'i ist es u.a. der Kitab-i-Aqdas. Die Bibel und der Koran, aber auch die Schriften anderer Religionen (wie die Lehrgespräche Buddhas) werden als heilige Schriften verehrt und neben den umfangreichen Schriften Baha'u'llahs (siehe: Liste Heiliger Schriften) in den Häusern der Andacht rezitiert.
Beispiele
Monotheistische Religionen sind beispielsweise das Judentum, der Islam, das Christentum und die Neuzeitreligion der Baha'i.
Aus Sicht von Juden, Muslimen und Unitariern wird zum Teil in Frage gestellt, dass das Christentum eine monotheistische Religion ist. Diese Kritiker behaupten, die Trinität (Vater, Sohn, Heiliger Geist) sei ein Tritheismus, also der Glaube an drei Gottheiten. Im Sohn beteten die Christen zudem Jesus als Gott und als Menschen an, da er beides sei, ohne die menschliche Erbsünde.
Nach einer von mehreren bislang gleichberechtigt nebeneinander stehenden Theorien der Ägyptologen wäre der Monotheismus erstmals geschichtlich belegt, seit der ägyptische Pharao Echnaton (Amenophis IV.) Aton als alleinigen Gott Ägyptens bestimmt hätte. Dabei ist jedoch nach wie vor unklar, ob Echnaton die Existenz andere Götter bestritt oder nur Aton besondere Verehrung zukommen lassen wollte. (Eine ausführlichere Darstellung der verschiedenen Theorien siehe unter Echnaton.)
Zoroastrismus wird gelegentlich als älteste (bekannte) monotheistische Religion angesehen. Allerdings ist der Hauptgott Ahura Mazda nicht alleiniger Schöpfer.
Es wird allgemein angenommen, dass die altisraelitische/judäische Religion ihre monotheistische Lehre erst seit dem 5. Jhd. v. u. Z. unter Einflüssen von zoroastrischem und klassisch-griechischem Gedankengut entwickelt habe und vorher ihren Gott (Jahwe) nur als den eigenen Stammesgott (neben Göttern anderer Stämme oder Völker) verstand. Dies widerspricht allerdings dem Selbstverständnis der heutigen Religionen Judentum, Christentum und Islam, laut denen bereits der Abraham, der mythische Stammvater des Judentums ca. 1800 v. u. Z. Monotheist war.
Abgrenzungen
In der Praxis ist die Unterscheidung zwischen Monotheismus und Polytheismus nicht immer einfach. Anhänger polytheistischer Religionen sind oft de facto Monotheisten, da sie nur einen der Götter ihres Glaubenssystems verehren. Man spricht in diesem Falle von Henotheismus. Andererseits gibt es auch monotheistischen Religionen mit polytheistischen Elementen.
Die These von einem Urmonotheismus, wie sie etwa der katholische Pater Wilhelm Schmidt in seiner Schrift "Ursprung und Werden der Religion" von 1930 vertritt, ist empirisch nicht unumstritten. Nicht alle Religionen enthalten den Glauben an ein Höchstes Wesen; in vielen afrikanischen Religionen, wo heute ein solches vorgefunden werden kann, deutet nicht nur das Fehlen eines Kultes darauf hin, dass der Hochgott quasi durch christliche Missionare "gestiftet" wurde, sondern auch der Vergleich historischer Zeugnisse kann dies im Einzelnen belegen. Ein Beispiel für eine monotheistische afrikanische Religion (gepaart mit Ahnenkult) finden wir bei den Kikuyu in Kenia. Andererseits gibt es auch monotheistischen Religionen mit polytheistische Elemente, wie zum Beispiel die Marien- und Heiligenverehrung in der Römisch-Katholischen Kirche.
Ähnliche Bezeichnungen
- Abrahamitische Religionen: Gemeint sind diejenigen monotheistischen Religionen, die auf Abraham als Stammvater aufbauen (Judentum, Christentum, Islam, Bahai).
- Eingottglaube: deutsch für Monotheismus
- Offenbarungsreligionen: Dieser Begriff leitet sich daraus ab, dass die Lehre der monotheistischen Religionen im Laufe der Geschichte durch Gesandte Gottes offenbart wurde.
- Buchreligionen: Im Judentum, Christentum und Islam gibt es heilige Schriften, die als Gottes Wort gelten. Daher werden sie manchmal als Schriftreligionen bezeichnet.
Literatur
- Walter Simonis: Über Gott und die Welt. Gottes- und Schöpfungslehre, Düsseldorf 2004, ISBN 3-491-70375-1
- Walter Brugger: Philosophisches Wörterbuch, 21. Auflage, Freiburg 1992. ISBN ISBN 3-451-20410-X
- Wolfgang Cramer: Gottesbeweise und ihre Kritik – Prüfung ihrer Beweiskraft, Frankfurt am Main 1967. ISBN 3-465-00070-6
- Bernhard Kälin: Lehrbuch der Philosophie. Band I: Logik, Ontologie, Kosmologie, Psychologie, Kriteriologie und Theodizee, Sarnen 1957
- Alfons Lehmen: Lehrbuch der Philosophie auf aristotelisch-scholastischer Grundlage; Band III: Theodizee, fünfte, verbesserte Auflage, Freiburg im Breisgau 1923
- Hans Seidl (Hrsg. und Übersetzer): Die Gottesbeweise in der „Summe gegen die Heiden" und der „Summe der Theologie", zweite Auflage, Hamburg 1986. ISBN 3-7873-1192-0
- Thomas von Aquin: Summe der Theologie, deutsch-lateinische Ausgabe, hrsg. vom kath. Akademikerverband, Salzburg 1934
- Thomas von Aquin: Summe gegen die Heiden (Summa contra gentiles) Lateinisch – Deutsch, hrsg. und übersetzt von Karl Albert und Paulus Engelhardt unter Mitarbeit von Leo Dümpelmann, Sonderausgabe, Darmstadt 2001
- Vries, Josef de: Denken und Sein, Ein Aufbau der Erkenntnistheorie, Freiburg 1937
- Jan Assmann: Die mosaische Unterscheidung oder: Der Preis des Monotheismus. Carl Hanser Verlag, 2003; ISBN 3-446-20367-2
- Ilze Kezbere: "Umstrittener Monotheismus" -Wahre und falsche Apotheose im lukanischen Doppelwerk 1. Auflage 2006 ISBN 3-525-53960-6 Neuerscheinung: Oktober 2006
Siehe auch
Weblinks
- Eintrag in Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Graduiertenkolleg "Götterbilder-Gottesbilder-Weltbilder. Polytheismus und Monotheismus in der Welt der Antike" (Eine an der Universität Göttingen beheimatete, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Gruppe interdisziplinär arbeitender Nachwuchsforscher(innen), die sich mit verschiedenen antiken Religionen und dabei insbesondere mit dem Verhältnis von Polytheismus und Monotheismus beschäftigt)
- Thomas Assheuer, Streit um Moses: Wie gefährlich ist der Monotheismus? ("Die Zeit" Nr. 51/2002 - Buchbesprechung)