Kosher Nostra
Kosher Nostra ist die (durchaus auch ironisch gemeinte) Bezeichnung für eine Teilgruppe des organisierten Verbrechens an der Ostküste der USA mit dem Schwerpunkt New York und Umgebung in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts.
Der Name ist eine Anspielung auf die jüdische Herkunft vieler führender Mitglieder in Anlehnung an die Bezeichnung Cosa Nostra, darunter Meyer Lansky, Bugsy Siegel, Dutch Schultz, Louis Buchalter, Mordechai Dusl, Jack Daimond, Dan Jüllig, Mickey Cohen und Abner Zwillman.
Diese "Jüdische Mafia" hat nichts mit der antisemitischen Propaganda einer „Weltverschwörung des Judentums“ zu tun, wie sie z. B. (geradezu religiös) vom Nationalsozialismus in Deutschland vertreten wurde. Vielmehr handelt es sich hier um ein historisch und lokal begrenztes Phänomen der Lebensumstände vor allem ost-europäischer Einwanderer mit jüdischem Hintergrund in den Ghettos von New York am Anfang des 20. Jahrhunderts.
Allein zwischen 1881 und 1910 waren rund 1,6 Mio. jüdische Einwanderer nach New York gekommen, von denen etwa 1,2 Millionen an der heruntergekommenen "Lower East Side" lebten.
Ihr Leben in den dunklen heruntergekommen Mietskasernen, in denen anfänglich auch schon einmal Tuberkulose und Cholera ihre Opfer fordern konnten, ließ grundsätzlich nur die Möglichkeit als „Working poor“ für Hungerlöhne zwölf Stunden in den zahlreichen Kleinmanufakturen ("sweat-shop") zu arbeiten. Die Aufstiegsmöglichkeiten z. B. reicher oder ausgebildeter Westeuropäer hatte diese Auswanderergruppe also in der Regel nicht.
Einen schnelleren sozialen Aufstieg versprachen dagegen die vielfältigen illegale Aktivitäten, um (in letzter Konsequenz) vielleicht sogar als schwerkrimineller Berufsverbrecher in die ertragreichen 'Sparten' von Schutzgelderpressung, Zuhälterei und Glücksspiel vorzudringen, wie Teile anderer ethnisch orientierte Gruppen auch.
Rekrutierte sich die italienische Mafia fast ausnahmslos aus italienischen Einwanderern, die eventuell schon in Italien mit der Mafia verbunden waren, oder deren Nachkommen, so spielte in der Kosher Nostra das Verbrechen eine eher nur sozial-transitäre Rolle. Die 'Karriere' als Gangster war sozusagen nur das Phänomen einer Generation und - überspitzt ausgedrückt - diese ′Kultur des Verbrechens′ wurde im Gegensatz zur Cosa Nostra in der Regel nicht an die Nachkommen weitergegeben und blieb sogar nachfolgenden Generationen häufig weitgehend verborgen.
Mit dem Tod dieser ersten und einzigen Gangster-Generation der Kosher Nostra endete deshalb diese spezielle Facette des organisierten Verbrechens, während sich die italienischstämmige Mafia noch heute immer wieder erneuert und weiterhin verbrecherischen Aktivitäten nachgeht.
Das letztendlich in den Ghettos von New York entstandene Bündnis zwischen der "Cosher Nostra" und den Italienerm, das damals vor allem gegen die konkurrierenden irischen Gangs geschlossen worden war, hat viel zur Aufweichung des eigentlich ethnisch eindeutigen Begriffs der Mafia beigetragen, da die 'Mitglieder' einfach der Cosa Nostra zugerechnet wurden. Sogesehen kann und wird die Zusammenfassung dieses bestimmbaren Personenkreises zur "Cosher Nostra" auch dazu beitragen, die aktuellen Konturen des Organisierten Verbrechens besser zu verstehen, da diese 'Verwischungen' der Zugehörigkeit und Rekrutierung wieder aufgelöst werden können.
WebLink
- Die jüdische Mafia im New York der 30er Jahre "Moses der Unterwelt?" Von Tekla Szymanski
- Ausstellung zur Kosher Nostra
Literatur
- Rich Cohen: "Tough Jews. Fathers, Sons and Gangster Dreams". Simon & Schuster, New York 1998. ISBN 0-684-83115-5
- Robert A. Rockaway: Meyer Lansky, Bugsy Siegel & Co. Lebensgeschichten jüdischer Gangster in den USA. Hamburg. Konkret-Literatur-Verlag. ISBN 3-89458-170-0