Millenarismus
Millenarismus (von lat. millennium = Jahrtausend) oder Chiliasmus (griechisch χιλια (chilia): tausend, adj.: chiliastisch) ist christliche Eschatologie, die von einem zukünftigen tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden ausgeht, mit Israel als politisch und religiös dominierender Weltmacht.
Einordnung von Begrifflichkeiten
- Prämillenarismus: Dieser Begriff betont, dass Christus vor dem Millennium sichtbar wieder kommen wird (lat. Prä: vor). Inhaltlich meist gleichzusetzen mit Millenarismus.
- Postmillenarismus, realisierter Millenarismus: Christus kommt nach (lat. post = nach) dem Millennium und tritt dann erst seine Herrschaft an, d.h. das Millennium ist schon angebrochen, wird allerdings eher symbolisch, geistlich gesehen.
- Amillenarismus: Amillenaristen sehen die Zahl 1000 symbolisch, gehen aber meist auch von einer plötzlichen Wiederkehr Christi aus. Die obige Beschreibung eines Millenniums mit Israel als dominierender Nation lehnen sie ab und damit auch die wörtliche Lesart von Offb. 20. Die Abgrenzung zum Postmillenarismus ist schwierig. Die biblische Basis dieser Sicht ist unklar.
- Dispensationalismus: In dem Heilsplan des Dispensionalismus wird das Millennium als eigenständiger, vorletzter Äon betrachtet.
Biblische Begründung
Befürworter berufen sich in erster Linie auf die wörtliche Auslegung von Offb. 20:1-10. Dort heißt es in Vers 2, dass Satan für tausend Jahre gebunden wird und danach wieder losgelassen wird. Weiter heißt es, dass u.a. Märtyrer um Christi willen mit Jesus Christus 1000 Jahre herrschen und regieren werden (V. 4). Übrige Tote sind bis zum Abschluss dieser Zeit tot (V. 5). Nach den tausend Jahren wird der Satan wieder freigelassen (V. 7), verführt die Nationen der Erde und wird letztlich im Feuersee gequält (V. 10).
Einen weiteren Hinweis sehen sie in der Kombination der sieben Schöpfungstage mit dem Inhalt von Psalm 90, 4 („Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist und wie eine Nachtwache”).
Entsprechende Ausleger erläutern, dass sich im 1000-jährigen Reich die Verheißungen an Israel des AT erfüllen werden (Israel als nationaler Grossstaat (Dan.2:44), Missionierung der Völker (Mat.28:19-20, Dan.7:27)., Tempelbau und –dienst, Priesterdienst: Hes 40-46, Ap. 3:19-21).
So heißt es in Sacharja 8:3: So spricht Jewe: Ich kehre nach Zion zurück und wohne mitten in Jerusalem. Und Jerusalem wird Stadt der Treue genannt werden und der Berg Jewes der Heerscharen heiliger Berg. Das hat sich bis auf den heutigen Tag noch nicht erfüllt. Von dem Tag, da der König Sein Königreich antreten wird, sagt Sacharja: Und Seine Füße werden an jenem Tag auf dem Ölberg stehen, der vor Jerusalem im Osten liegt ... Dann wird Jewe, mein Gott, kommen und alle Heiligen mit Ihm ... Und es wird geschehen: Alle Übriggebliebenen von allen Nationen, die gegen Jerusalem gekommen sind, die werden Jahr für Jahr hinaufziehen, um den König, Jewe der Heerscharen, anzubeten und das Laubhüttenfest zu feiern. Und es wird geschehen, wenn eines von den Geschlechtern der Erde nicht nach Jerusalem hinaufziehen wird, um den König, Jewe der Heerscharen, anzubeten: über diese wird kein Regen kommen (Sach.14:4,5,16,17). Die Gehenna, ein Tal bei Jerusalem, wird wieder zum Friedhof, in dem Menschen, die die Gesetze Gottes übertreten, verbrannt werden (z.B. Mat. 5:22, Jes.66:24).
Im Millennium wird der sog. neue Bund mit dem Volk Israel geschlossen: Siehe, Tage kommen, spricht Jewe, da schließe Ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund. Nicht wie der Bund, den Ich mit ihren Vätern geschlossen habe an dem Tag, als Ich sie bei der Hand fasste, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen; diesen Meinen Bund haben sie gebrochen, obwohl ich doch ihr Herr war, spricht Jewe. Sondern das ist der Bund, den Ich mit dem Hause Israel nach jenen Tagen schließen werde, spricht Jewe: Ich werde Mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben. Und Ich werde ihr Gott sein, und sie werden Mein Volk sein. Dann wird nicht mehr einer seinen Nächsten oder einer seinen Bruder lehren und sagen: Erkennt Jewe! Denn sie alle werden Mich erkennen, von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten, spricht Jewe; denn Ich werde ihre Schuld vergeben und an ihre Sünde nicht mehr denken(Jer.31:31 34). Hes.36:27: Ich werde Meinen Geist in euer Inneres geben, und Ich werde machen, dass ihr in Meinen Ordnungen lebt und Meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut. Wenn Israel so in die Lage versetzt wird, Gottes Gesetz halten zu können, werden sich auch alle Segnungen erfüllen, die ihm verheißen sind. Da wird gelten, was in Jer.31:7 steht: Jubelt über Jakob mit Freuden und jauchzt über das Haupt der Nationen. Und es wird geschehen: Wie ihr ein Fluch unter den Nationen gewesen seid, Haus Juda und Haus Israel, so werde Ich euch retten, und ihr werdet ein Segen sein (Sach.8:13). Zu dem Guten, das Gott Israel tun wird, gehört nun auch, dass Er Israel zum Haupt über die Nationen machen wird (5. Mose 28:13). Schon Mose hatte im Voraus verkündigt: Du aber, du wirst umkehren und der Stimme Jewes gehorchen und wirst all Seine Gebote tun, die ich dir heute befehle. Und Jewe, dein Elohim, wird dir Überfluss geben bei allem Tun deiner Hand, an der Frucht deines Leibes und an der Frucht deines Viehs und an der Frucht deines Ackerlandes, für dich zum Guten. Denn Jewe wird Sich wieder über dich freuen zum Guten, wie Er Sich über deine Väter gefreut hat (5. Mose 30:8,9). Zum Herrschen braucht Israel das Gesetz: Denn von Zion geht hervor das Gesetz und das Wort Jewes von Jerusalem (Jes.2:3). Gottes Treue gegenüber Israel wird im elften Kapitel des Römerbriefs unmissverständlich hervorgehoben: Gott verstößt doch nicht Sein Volk?. Die Antwort ist ein klares Nein: Möge das nicht gefolgert werden! (Röm.11:1).
Von den irdischen Verheißungen an Israel sind die himmlischen Verheißungen an die Nationen zu trennen.
Während des Millenniums sehen sie den Zeitraum für das verheißene äonische Leben (auch mit "ewiges" Leben übersetzt).
Geschichte
Chiliasmus war die vorherrschende Lehre im Urchristentum. Frühchristliche Theologen wie Justin der Märtyrer und Irenäus von Lyon machten diesen Gedanken zum Dogma. Augustinus verwarf ihn aber nach anfänglicher Befürwortung zugunsten eines Konzeptes, das den Anbruch des Millenniums bereits mit dem ersten Erscheinen Jesu Christi gleichsetzte.
Joachim von Fiore hat sich des Themas im 12. Jh. wieder angenommen und es ausgebaut. Danach gibt es drei Reiche, nämlich das erste bis zum Erscheinen des Messias Jesus Christus, das zweite als das christliche Reich nach Christus und das dritte Reich als Reich des Heiligen Geistes. Es gibt aber unterschiedliche religiöse Interpretationen dieses Begriffs.
Im 16. Jahrhundert lebte der Prämillenarismus bei den Täufern und Taboriten wieder auf. Wohl vor allem um sich aus politischen Gründen von der Täuferbewegungen zu distanzieren, verwarfen reformatorische Bekenntnisse (Confessio Augustana 17; Confessio Helvetica posterior 11) den Chiliasmus schroff als Irrlehre. Erneut lebendig wurde der Chiliasmus im 17. Jahrhundert bei verfolgten Gemeinden in England und den Niederlanden, sowie bei den Quäker als auch später im Pietismus.
Die Vorstellung eines kommenden "tausendjährigen Reiches" hat aber auch von den Ketzerbewegungen des Mittelalters über die radikalen Bewegungen der Reformationzeit bis hin zu zahlreichen religiös bewegten Menschen besonders an den Schwellen zum 19. und 20. Jahrhundert zahlreiche Menschen inspiriert.
Heute erwarten beispielsweise die Adventisten und kleinere protestantischer Glaubensgemeinschaften ein Millennium. Die beiden großen deutschen Kirchen lehnen aus unklaren Gründen den Prämillenarismus heute immer noch ab und vertreten in der Praxis eine diffuse Mischung aus Postmillenarismus und Amillenarismus. Beispielsweise wird jetzt dazu aufgerufen, dass „Reich Gottes zu bauen“.
Weblinks
Literatur
- Hering, Karl Fr.: Die biblische Schau - Gottes Plan für dieses Zeitalter und die Stellung und Aufgabe der Gemeinde darin im Unterschied von Israel und den Völkern, Verlag R. Brockhaus, Wuppertal-Elberfeld, 1947
- Prolingheuer, Wilhelm: Israel - Ein Heiliger Überrest - und wir, Konkordanter Verlag Pforzheim, 1992
- Schumacher, Heinz: Der Plan der Zeitalter (Äonen) Gottes, Paulus Verlag Karl Geyer, Heilbronn, 1984