Berlin Anhalter Bahnhof

ehemaliger Fernbahnhof und unterirdische Station der S-Bahn Berlin
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Der Anhalter Bahnhof (im Volksmund: der Anhalter oder das Tor in die blaue Ferne, benannt nach der mitteldeutschen Region Anhalt) war ein Bahnhof in Berlin, am Askanischen Platz nahe dem Potsdamer Platz. Als Kopfbahnhof angelegt wurde 1880 ein Neubau eingeweiht, der 1960 abgerissen wurde, nachdem der Fernbahnbetrieb bereits am 17. Mai 1952 eingestellt worden war. Heute werden nur noch die beiden im Jahre 1939 eingeweihten unterirdischen Bahnsteige der S-Bahn genutzt.

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Anhalter Bahnhof 1933

Fernbahnhof Anhalter Bahnhof

Der Anhalter Bahnhof stellt den nördlichen Endpunkt der 1841 eröffneten Anhalter Bahn dar und war damals außerhalb der Berliner Zollmauer, am Anhalter Tor, gelegen.

Geschichte

 
Fassadenfragment im Jahr 2002
 
Figuren auf dem Portikus: Nacht und Tag (während der Renovierung des Portikus vorübergehend im DTMB ausgestellt)

Als Berlin-Anhaltischer Eisenbahnhof wurde ein Neubau des Anhalters am 15. Juni 1880 von Kaiser Wilhelm I. und Otto von Bismarck eingeweiht. Seine Halle hatte eine Höhe von 34 Metern und überspannte die Gleise über 62 Meter. Der Architekt war Franz Schwechten, die Hallenkonstruktion indes erfolgte durch den eher als Schriftsteller bekannten Heinrich Seidel. Die Bauzeit dieses zweiten Bahnhofsgebäudes (das erste wurde am 1. Juli 1841 eingeweiht) an dieser Stelle dauerte von 1874 bis 1880.

Von hier aus verliefen die Eisenbahnstrecken nach Halle, Leipzig, Frankfurt/Main und München über die Anhalter Bahn sowie nach Dresden über die Dresdner Bahn. Es gab Züge die Berlin mit Wien, Rom und Athen verbanden. Später gab es auch eine Direktverbindung nach Neapel. Seit 1928 war der Bahnhof durch den längsten Hoteltunnel der Welt mit fünf unterirdischen Verkaufsräumen unter der Königgrätzer Straße (jetzt: Stresemannstraße) mit dem Hotel Excelsior verbunden.

Am 3. Februar 1945 wurde der Anhalter von alliierten Bomben schwer getroffen und brannte aus. Danach wurde er nur notdürftig wiederhergestellt und auch der Zugverkehr beschränkte sich auf wenige Fern- und Personenzüge in die Sowjetische Besatzungszone. Ab 1951 verkehrten nur noch wenige Nahverkehrszüge nach Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Im gleichen Jahr wurde die S-Bahn von Lichterfelde Süd nach Teltow verlängert, die bishergen Vorortzüge Anhalter Bahnhof – Teltow wurden eingestellt. Die Bedeutung des Bahnhofs sank somit weiter.

Im Vorfeld von Absperrmaßnahmen der Deutschen Demokratischen Republik und des Einreiseverbots von West-Berlinern am 1. Juni 1952, wurde der Zugverkehr am 18. Mai 1952 gänzlich eingestellt. Die Anlagen waren danach dem Verfall überlassen worden.

Nach seiner Sprengung 1959 blieb nur noch ein Teil der Vorderfassade (Portikus) als Erinnerung an den Anhalter stehen. Dieser Torso sollte mit abgetragen werden, obwohl es der Spregung stand hielt, aber Protest aus der Bevölkerung verhinderte dieses. Die beiden Figuren von Ludwig Brunow zu beiden Seiten der ehemaligen Uhr des Eingangsportals symbolisieren den Tag (in die Ferne schauend) und die Nacht (die Augen verbergend).

Auf dem ehemaligen Gelände des Anhalters wurde nach seiner Entwidmung als Bahngelände im Jahr 2002 die Veranstaltungsstätte Tempodrom eröffnet. Zwischen den ehemaligen Gleisanlagen, die sich südlich des Tempodroms anschließen, hat sich seit damals ein Waldgebiet etabliert, dass derzeit in eine Parkanlage umgebaut wird. Vielerorts sind darin noch die alten Güterbahnsteige zwischen den Bäumen auszumachen.

Das Deutsche Technikmuseum Berlin, das sich zu großen Teilen auf dem Gelände des ehemaligen BWs des Anhalter Bahnhofs befindet, zeigt ein umfangreiches Modell des Anhalter Bahnhofs im Zustand von 1939, einschließlich des Güterbahnhofs und des BWs sowie einiger umliegender Gebäude. Das Modell im Maßstab 1:87 lässt das Ausmaß der ehemaligen Gleisanlagen erahnen.

S-Bahnhof

Am 9. Oktober 1939 wurde der unterirdisch gelegene S-Bahnhof Anhalter Bahnhof eröffnet. Er nimmt die aus Richtung Süden (Papestraße und Schöneberg) fahrenden Züge am östlichen Bahnsteig, die aus dem Nord-Süd-Tunnel kommenden Züge am westlichen Bahnsteig auf. An diesem befinden sich auch Vorleistungen für eine ehemals geplante S-Bahnstrecke vom Görlitzer Bahnhof. Die Schienen dieses Gleis 1 wurden von der BVG erst 1987 eingebaut und dienten seitdem nur für Ausstellungen oder Sonderzüge. Außerdem wird das Gleis 1 nur zum Abstellen von Baufahrzeugen genutzt.

Die Strecke von Wannsee erreichte den Bahnhof am 9. Oktober 1939, die Strecke aus Richtung Papestraße wurde erst am 6. November 1939 in den Bahnhof eingeführt. Einen speziellen Zugang für Fernverkehrskunden zum eigentlichen Anhalter Banhof gab es erst ab dem 19. Dezember 1940.

Der S-Bahnhof wurde nach einem Entwurf von Richard Brademann gebaut, der trotz der Entstehungszeit moderne Züge aufweist. Der unterirdische Bahnhof ist als eine vierschiffige Halle mit flacher Decke ausgeführt, die im Grundriss quadratischen Stahlstützen sind in drei Reihen, jeweils an den Bahnhsteigsmittelachsen sowie zwischen den inneren Gleisen platziert. Seitliche Wände hinter den Gleiströgen wurden mit weißen Opakglas ausgekleidet (Plattenformat 53×32 cm), die Stützen mit grünen Glasplatten. Insgesamt wurde in der Halle etwa 4000 Quadtratmeter Glas eingebaut.

Nachkriegszeit

Durch die Sprengung des Nord-Süd-Tunnels in Höhe des Landwehrkanals Anfang Mai 1945 wurde der S-Bahn-Betrieb bis zum 2. Juni 1946 komplett im S-Bahnhof eingestellt – die Züge fuhren vorübergehend zum Potsdamer Ringbahnhof. Zuerst fuhren die Züge aus Richtung Friedrichstraße wieder in diesen Bahnhof ein, am 27. Juli folgten die Züge aus Wannsee, am 15. August die aus Lichterfelde Süd und am 21. September die Züge aus Rangsdorf. Am 15. November 1947 wurde der durchgehende Betrieb im Nord-Süd-Tunnel wieder aufgenommen.

Neubeginn

Als ab 9. Januar 1984, die BVG die Betriebsrechte der S-Bahn für West-Berlin übernommen hatte, war der S-Bahnhof wieder Endstation – nur für die Züge aus Richtung Lichtenrade, alle anderen Streckenäste waren jetzt stillgelegt. Nach Bürgerprotesten, die mehr S-Bahn für Berlin forderten und vom Berliner Fahrgastverband IGEB unterstützt worden waren, wurde der Betrieb ab dem 1. Mai über Friedrichstraße bis Gesundbrunnen aufgenommen.

Am 1. Februar 1985 fuhren auch wieder offiziell Züge vom Anhalter Bahnhof nach Wannsee – Überführungsfahrten über die Wannseebahn zur Bw Wannsee hatten auch in der Zeit stattgefunden, als diese Strecke nach dem Berliner S-Bahnstreik 1980 stillgelegt war.

Seit dem 28. Mai 1995 fahren auch die S-Bahn-Züge von Lichterfelde Ost wieder zum Anhalter Bahnhof.

Sanierung des Bahnhofs

Zwar erfolgte Mitte der 1950er Jarhe ein Grundreparatur des Bahnhofs, jedoch musste am 18. August 1991 der Bahnhof wieder Endbahnhof werden, weil der Nord-Süd-Tunnel substanziell und durchgreifend saniert und endlich der Schlamm vom Wassereinbruch 1945 entfernt werden musste. Seit dem 1. März 1992 fahren die Züge wieder weiter zur Friedrichstraße.

Am 10. August 2004 fing ein Triebwagen der Baureihe 480 der Berliner S-Bahn im Anhalter Bahnhof auf Gleis 2 Feuer und brannte völlig aus. Durch das Eingreifen des Triebwagenführers, der dort postierten Angestellten und eines mitreisenden freiwiligen Feuerwehrmanns konnte eine Katastrophe verhindert werden.

Nach diesem Vorfall war der Bahnhof bis zum 23. Dezember 2004 geschlossen, die S-Bahnen fuhren wie früher auf den Geisterbahnhöfen in Ostberlin ohne Halt hindurch. Danach war der Richtungsbahnsteig nach Norden wieder für die Öffentlichkeit geöffnet, die Züge in südlicher Richtung jedoch passierten den Bahnhof noch ein weiteres Jahr ohne zu halten.

Erst seit dem 20. Dezember 2005, damit fast 16 Monate nach dem Brand, halten auch die Züge Richtung Süden wieder im Anhalter Bahnhof. Die ursprünglichen Pläne, die Sanierung bis zum Juli 2005 abzuschließen, waren wegen des Konkurses des federführenden Planungsbüros ins Stocken geraten.

Güterbahnhof

Der Anhalter Güterbahnhof befand sich südlich des eigentlichen Bahnhofs auf einem Areal, das im Norden vom Gleisdreieck und dem Landwehrkanal, im Westen vom Potsdamer Güterbahnhof, im Süden von der Yorckstraße und im Osten von der Möckernstraße begrenzt wird.

Noch bis Anfang der 80er Jahre wurde der Güterbahnhof genutzt, danach lag das Gelände brach und verwilderte. Noch heute erinneren die zahlreichen sogenannten Yorckbrücken über die Yorckstraße an die Zeit als vielgenutzter Güterbahnhof.

1982 eröffnete im nördlichen Teil des Geländes das Deutsche Technikmuseum Berlin. In den 1990er Jahren richtete sich das Erlebnisrestaurant Pomp, Duck & Circumstance auf einem Teil im Zentrum des Geländes ein Domizil ein. Seit dem 26. August 2006 wird das Gelände des ehemaligen Anhalter sowie des Potsdamer Güterbahnhofs in die 35 Hektar große Parkanlage Park auf dem Gleisdreieck umgestaltet. Ende der Bauarbeiten soll im Jahr 2011 sein.

Siehe auch

Commons: Berlin Anhalter Bahnhof – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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